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BFH 24.08.2010 - VII R 49/09
BFH 24.08.2010 - VII R 49/09 - Entgeltlicher Erwerb eines Mitgliederstammes rechtfertigt nicht ohne weiteres die Rücknahme der Anerkennung eines Lohnsteuerhilfevereins - Organisation und Tätigkeit von Lohnsteuerhilfevereinen - Kostendeckungsprinzip
Normen
§ 14 StBerG, § 20 Abs 1 StBerG, § 13 StBerG, § 26 Abs 2 StBerG
Vorinstanz
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, 30. September 2009, Az: 2 K 1/09, Urteil
Leitsatz
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Eine Vereinbarung, durch die ein Lohnsteuerhilfeverein von einem anderen Verein, der seine Tätigkeit einstellen will, dessen Mitgliederstamm "erwirbt", widerspricht nicht generell Zweck und Wesen eines Lohnsteuerhilfevereins und rechtfertigt deshalb nicht ohne weiteres die Rücknahme der Anerkennung des Vereins .
Tatbestand
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I. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) hat die dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) im September 2002 erteilte Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein zurückgenommen, weil die Anerkennungsvoraussetzungen nicht vorgelegen hätten.
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Das FA hält dem Kläger insoweit vor, Anfang 2002 mit dem in X ansässigen Steuerberater M eine Vereinbarung getroffen zu haben, nach der M dem Kläger die Mitglieder des eingetragenen Vereins Y, den M nicht mehr weiter betreuen wollte, gegen eine Abfindung überlassen sollte; M habe die bis dahin unterhaltene Beratungsstelle des Vereins Y auflösen wollen, um sich von seinem Sitz in X aus nicht mehr in Z betätigen zu müssen. Es sei vereinbart worden, einen neuen Verein zu gründen, die Mitglieder des Vereins Y nach dessen Anerkennung anzuschreiben und ihnen ihre zukünftige Beratung durch den neuen Verein --den Kläger-- anzubieten.
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Nachdem auf diese Weise 300 ehemalige Mitglieder als Mitglieder des Klägers gewonnen werden konnten, ist im Jahre 2004 die Abfindung von M in Höhe von 300 x 1 1/2 Jahresbeiträgen auf ... € festgesetzt und später in Raten ausbezahlt bzw. durch "Bar- und Arbeitsleistung" des Herrn ... abgegolten worden, der dafür vom Kläger eine Erstattung erhalten bzw. diesem ein entsprechendes Darlehen gewähren sollte.
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Als dem FA dieser Sachverhalt bekannt geworden war, hat es die Anerkennung des Klägers zurückgenommen. Die hiergegen erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG), das die Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid in § 20 Abs. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) sieht, durch das in Entscheidungen der Finanzgericht 2010, 173 veröffentlichte Urteil abgewiesen.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers. Er trägt im Wesentlichen vor:
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§ 20 Abs. 1 StBerG sei nicht einschlägig, weil eine Vereinbarung über eine Abfindung in Höhe von 36.000 € erst 2004, also nach der Anerkennung des Klägers getroffen worden sei. Es gebe aber auch keinen Grund für einen Widerruf der Anerkennung nach § 20 Abs. 2 StBerG. Denn die Vereinbarung einer Abfindung für den übernommenen Mitgliederstamm laufe den Bestimmungen des StBerG nicht zuwider. § 9 StBerG richte sich nicht an Lohnsteuerhilfevereine. Zudem lasse diese Vorschrift nach allgemeiner Rechtsauffassung den Verkauf einer Praxis bzw. eines Mandantenstammes im Ganzen zu. Anders als das FG meine, liege auch ein Verstoß gegen § 14 StBerG nicht vor. Jeder Lohnsteuerhilfeverein müsse zu Beginn seiner Tätigkeit Verbindlichkeiten begründen, um die notwendigen organisatorischen und strukturellen Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung seiner Tätigkeit schaffen zu können. Um die dafür aufgewendeten Verbindlichkeiten tilgen zu können, müsse er das Ziel haben, die Zahl der betreuten Mitglieder zu steigern, um kostendeckend arbeiten zu können.
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Die Zahlung einer Abfindung an M laufe dem Sinn und Zweck einer Selbsthilfeeinrichtung nicht zuwider; denn auch für Werbemaßnahmen, die zur Gewinnung einer entsprechenden Anzahl von Mitgliedern hätten beitragen können, hätte der Kläger ebenfalls erhebliche Aufwendungen machen müssen. Das Kostendeckungsprinzip verbiete nicht, Eigenkapital für Erweiterungsinvestitionen oder zur Tilgung von Schulden zu erwirtschaften. Dass ein Lohnsteuerhilfeverein keine Schulden habe, gehöre nicht zu den Anerkennungsvoraussetzungen.
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Im Übrigen meint die Revision, dass das FA unbeschadet des Wortlauts des § 20 StBerG, welcher der Aufsichtsbehörde keinen Ermessensspielraum einräume, nicht von einer freien Rücknehmbarkeit der Anerkennung habe ausgehen dürfen, nachdem der Kläger im Vertrauen auf den Fortbestand seiner Anerkennung entsprechende Dispositionen getroffen habe. Die Schwere des ihm vorgeworfenen Rechtsverstoßes, die seit der Anerkennung verstrichene Zeit und insbesondere auch die Art und Weise, wie es zu der angeblich fehlerhaften Anerkennung gekommen ist, müssten berücksichtigt werden. Dem Kläger sei die Rechtswidrigkeit seines Handelns nicht bewusst gewesen. Die Vorwürfe des FA richteten sich im Übrigen eigentlich nicht gegen das Verhalten des Klägers, sondern beanstandeten das Verhalten des M. Der Kläger habe zugesichert, das beanstandete Verhalten nicht zu wiederholen. Unter diesen Umständen sei es nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit geboten gewesen, ein milderes Mittel wie z.B. die Androhung eines Widerrufs der Anerkennung für den Wiederholungsfall anzuwenden.
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Das FA macht sich im Wesentlichen die Argumentation des Urteils des FG zu eigen.
Entscheidungsgründe
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II. Die zulässige Revision des Klägers führt zur Aufhebung des Urteils des FG und der angegriffenen Behördenbescheide (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO). Entgegen der Ansicht des FG ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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1. Die Behörde, die die Aufsicht über Lohnsteuerhilfevereine führt --hier das beklagte FA--, hat nach § 20 Abs. 1 StBerG die Anerkennung eines Lohnsteuerhilfevereins zurückzunehmen, wenn sich nach der Anerkennung ergibt, dass sie hätte versagt werden müssen. Die damit vom Gesetz in Bezug genommenen Anerkennungsvoraussetzungen ergeben sich in erster Linie aus § 14 Abs. 1 und 2 StBerG; an diesen Voraussetzungen hat es bei der Anerkennung des Klägers im September 2002 nicht gefehlt. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren ist allerdings, was das FA zur Rücknahme veranlasst hat, vor der Anerkennung des Klägers im Januar 2002 mit M eine Abrede getroffen worden, nach der Anerkennung mit Hilfe des M die Mitglieder des bisher in Z tätigen Vereins Y für eine Mitgliedschaft bei dem Kläger zu gewinnen und dies M zu entgelten, worin das FA einen Tatbestand sieht, der die Anerkennung des Klägers als Lohnsteuerhilfeverein ausschließt. Dabei ist in tatsächlicher Hinsicht davon auszugehen, dass der Abschluss einer solchen Vereinbarung im Januar 2002, also vor der Anerkennung des Klägers, vom FG in den erkennenden Senat bindender Weise festgestellt worden ist (§ 118 Abs. 2 FGO).
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Das Urteil des FG verhält sich dazu zwar nicht ausdrücklich, geht aber aufgrund des eigenen Vortrags des Klägers, eine solche Absprache sei im Januar 2002 getroffen worden, erkennbar davon aus, dass dies tatsächlich so war, wie sich nicht zuletzt daran zeigt, dass das FG § 20 Abs. 1 StBerG ohne weiteres für einschlägig gehalten hat. Das ist, anders als die Revision offenbar geltend machen will, frei von Rechtsirrtum, weil es nicht darauf ankommt, wann aufgrund einer solchen Vereinbarung die sog. Abfindung an M gezahlt worden ist und dass ihre Höhe --wie überdies offenbar von Anfang an vorgesehen-- erst zu einem späteren Zeitpunkt genau festgelegt worden ist, als sich nämlich gezeigt hatte, in welchem Umfang der Kläger Mitglieder für sich hat gewinnen können, die bisher von der Beratungsstelle in Z des Vereins Y beraten worden waren.
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Die fragliche Absprache, von deren Bewertung mithin die Anwendbarkeit des § 20 Abs. 1 StBerG abhängt, steht, wie keiner näheren Ausführung bedarf, zu dem Wortlaut keiner der in § 14 Abs. 1 und 2 StBerG aufgeführten Anerkennungsvoraussetzungen in Widerspruch. Freilich bedarf ebenso wenig der Ausführung, dass das Gesetz stillschweigend die Anerkennung eines Vereins als Lohnsteuerhilfeverein davon abhängig machen will, dass dieser nicht bereits bei seiner Gründung ein Geschäftsgebaren an den Tag legt, das zu Sinn und Zweck eines Lohnsteuerhilfevereins in fundamentalem Widerspruch steht, wie bereits an § 14 Abs. 1 Nr. 1 StBerG deutlich wird. Insbesondere kann ein Verein ungeachtet diesbezüglicher ausdrücklicher Regelungen des Gesetzes nicht anerkannt werden, dem es von vornherein an den Grundlagen für eine dem Sinn des § 13 StBerG entsprechende Betätigung fehlt, wie es das FA sinngemäß im Hinblick auf den Kläger annimmt, weil sich dieser einen Teil seines Mitgliederstammes (oder sogar den gesamten ursprünglichen Mitgliederstamm) in mit § 13 StBerG nicht vereinbarer Weise verschafft und sich zudem dafür unzulässig verschuldet habe.
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2. Entgegen der Auffassung des FA und des angefochtenen Urteils stellt es jedoch kein zu beanstandendes Geschäftsgebaren dar, wenn ein Lohnsteuerhilfeverein den Mitgliederstamm eines anderen Vereins bzw. einer bestimmten Beratungsstelle, welche ihre künftige Beratungstätigkeit nicht fortführen will, in dem Sinne erwirbt, dass er mit deren Träger vereinbart, die betreffenden Mitglieder auf die Einstellung der Tätigkeit der Beratungsstelle und zugleich auf die Möglichkeit künftiger Beratung durch den neuen werbenden Verein hinzuweisen, ihm einen Beitritt zu diesem Verein nahezulegen und dem betreffenden Träger dafür eine an der Zahl der übernommenen Mitglieder und deren Beitragsaufkommen orientierte Abfindung zu versprechen.
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Lohnsteuerhilfevereine sind Selbsthilfeeinrichtungen von Arbeitnehmern zur Hilfeleistung in Steuersachen für ihre Mitglieder. Aus dieser grundlegenden Bestimmung des § 13 StBerG folgt, dass Lohnsteuerhilfevereine körperschaftlich organisierte Gebilde sind, deren Zweck es sein muss, (ausschließlich) ihren Mitgliedern aufgrund ihrer Mitgliedschaft --gegenständlich beschränkt auf die in § 4 Nr. 11 StBerG bezeichneten steuerlichen Angelegenheiten-- steuerliche Hilfe zu leisten, welche durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten wird; sie dürfen dafür, wie sich aus § 14 Abs. 1 Nr. 5 StBerG ergibt, kein weiteres Entgelt erheben und nach § 26 Abs. 2 StBerG auch keiner anderen wirtschaftlichen Tätigkeit als der Hilfeleistung in Lohnsteuersachen nachgehen, selbst wenn diese --wie z.B. die Vermittlung von Krediten zur Vorfinanzierung von Steuererstattungen (Urteil des Senats vom 2. Februar 1982 VII R 62/81, BFHE 135, 136, BStBl II 1982, 360)-- mit ihren steuerlichen Aufgaben zusammenhinge.
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Diese sich aus dem Gesetz ergebenden weitreichenden Vorgaben für Organisation und Tätigkeit von Lohnsteuerhilfevereinen unterscheiden diese maßgeblich von Steuerberatungsgesellschaften und Steuerberatern. Indes ergibt sich aus den gesetzlichen Vorgaben für Lohnsteuerhilfevereine nicht, dass diese anders als Steuerberaterpraxen gleichsam von der Spontanität ihrer Mitglieder bzw. derjenigen Lohnsteuerpflichtigen leben müssten, die sich um eine Mitgliedschaft in dem Lohnsteuerhilfeverein bewerben oder sich zur Gründung eines Lohnsteuerhilfevereins zusammenzutun gedenken. Bei vernünftiger lebensnaher Betrachtung bedarf es vielmehr keiner Ausführung, dass Lohnsteuerhilfevereine in der Regel dauerhaft verfasste Organisationen darstellen, die notwendigerweise ein von ihren jeweiligen Mitgliedern weitgehend unabhängiges Eigenleben führen und nicht allein von den seitens wechselnder Mitglieder gerade artikulierten Beratungsbedürfnissen getragen werden, sondern vielmehr auch von dem Bestreben der Organe und Mitarbeiter des Lohnsteuerhilfevereins, ihre Tätigkeit für die Vereinsmitglieder zu einer dauerhaften und angemessen ertragreichen Grundlage ihrer Lebensführung zu machen.
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Sofern bei diesem Bestreben nicht das Interesse der Mitglieder des Vereins, aus welchem sich dessen Existenzberechtigung im Kern herleitet, hintangestellt wird, sachgemäß und gewissenhaft gegen einen für die Erfüllung dieser Aufgabe bei deren wirtschaftlichen Wahrnehmung angemessenen Beitrag steuerlich beraten und vertreten zu werden, liegt darin nichts vom Gesetzgeber Missbilligtes und der Verein wird dadurch auch nicht als wirtschaftliche Pfründe von den Organen des Vereins und seinen Mitarbeitern für deren Erwerbsinteressen (vgl. dazu allerdings die Begründung des Entwurfs des Dritten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes, BTDrucks 7/2852, S. 29 f.) missbraucht. Folglich ist es auch einem Lohnsteuerhilfeverein gestattet, für sich zu werben und das Bestreben zu verfolgen, seine Tätigkeit nach Art eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zu organisieren, seinen Tätigkeitsbereich zu vergrößern und dadurch als Organisation zu wachsen. § 26 Abs. 1 StBerG setzt insbesondere die Befugnis, für sich zu werben, erkennbar voraus. Er beschränkt sie auch nicht etwa auf das Maß dessen, was zur Selbsterhaltung des betreffenden Vereins unbedingt erforderlich ist, welcher freilich, was ebenfalls keiner näheren Darlegung bedarf, auf eine bestimmte Mindestzahl von Mitgliedern angewiesen ist, um deren Beratungsbedürfnisse gewissenhaft und zu wirtschaftlich vertretbaren Mitgliedsbeiträgen befriedigen zu können, und zwar eine mit zunehmender Komplexität des Steuerrechts nicht geringe Zahl, deren Steigerung zudem mitunter Rentabilitätseffekte mit entsprechenden Auswirkungen auf die Beitragslast versprechen wird. Bei der Neugründung eines Vereins, um die es im Streitfall geht, haben diese Gesichtspunkte besonderes Gewicht und werden den Verein mitunter dazu zwingen oder es für ihn doch als naheliegend erscheinen lassen, Vorkehrungen dafür zu treffen --wie den "Erwerb" des Mitgliederstammes eines Vereins, der seine Tätigkeit oder eine Beratungsstelle aufgeben will--, dass er von Anfang an über eine ausreichende (Mindest-)Zahl von Mitgliedern verfügt, um überhaupt Hilfe in den Steuersachen i.S. des § 4 Nr. 11 StBerG sachgemäß leisten zu können.
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Diese Überlegungen entziehen von vornherein einer Argumentation den Boden, Lohnsteuerhilfevereine dürften nur das aktuelle Beratungsbedürfnis ihrer jeweiligen Mitglieder im Auge haben und nicht darauf aus sein, ihre Leistungen fremden Dritten anzubieten und dadurch Beitragseinnahmen zu erzielen (so aber offenbar Wilhelm, Betriebs-Berater 1987, 175). In einem solchen Verhalten liegt insbesondere keine bei einem Lohnsteuerhilfeverein zu beanstandende "Gewinnerzielungsabsicht", so als ob damit feststünde, dass den Organen und Mitarbeitern des Vereins Einnahmen verschafft werden sollen, die ihnen als nach der Marktlage angemessenes Entgelt für die dem Verein erbrachten Leistungen nicht zustünden. In dieser Hinsicht bzw. hinsichtlich der Beitragshöhe eine Aufsicht auszuüben, mögen sich zwar die zuständigen Behörden angelegen sein lassen; das Bestreben eines Vereins, seinen Mitgliederstamm zu vergrößern bzw. sich einen hinreichend großen von Beginn an zu sichern, kann als solches hingegen von ihnen nicht beanstandet werden.
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Anders als das FA offenbar meint, ist es daher nicht als ein mit dem Wesen eines Lohnsteuerhilfevereins nicht vereinbares Verhalten zu beanstanden, wenn ein solcher Verein sich durch entsprechende Absprachen mit einem anderen darum bemüht, dessen Mitgliederstamm oder die (abgrenzbare) Klientel einer Beratungsstelle eines anderen Vereins zu übernehmen bzw. --wie es anscheinend im Streitfall geschehen ist-- eine solche Übernahme überhaupt erst zur Grundlage seiner eigenen Vereinstätigkeit zu machen. Steuerberatern bzw. Steuerberatungsgesellschaften und anderen vergleichbaren Berufen wie z.B. Rechtsanwälten ist der entgeltliche Erwerb einer fremden Beratungspraxis trotz § 9 StBerG nach allgemeiner Meinung ohnehin nicht verboten, welche Meinung sich auf den durch das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20. Januar 1965 VIII ZR 53/63 (BGHZ 43, 46) eingeleiteten diesbezüglichen Wandel der höchstrichterlichen Rechtsprechung berufen kann. Die besondere Struktur und Aufgabe von Lohnsteuerhilfevereinen rechtfertigt es nicht, bei diesen im Gegensatz dazu einen "Erwerb" des Mitgliederstammes eines anderen Vereins grundsätzlich als unzulässig anzusehen.
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Dass die Mitglieder, auf die eine solche Abrede über den "Erwerb" des Mitgliederstammes zielt, durch diese nicht verpflichtet werden, dem neuen Verein beizutreten und sich künftig von ihm beraten und vertreten zu lassen, begreift sich; ebenso allerdings, dass sie dies (häufig oder sogar in der Regel) tun werden, insbesondere wenn ihr alter Verein ihnen dies empfiehlt oder zumindest durch Überlassung seiner Mitgliederkartei dem neuen ermöglicht, die betreffenden Mitglieder gezielt anzusprechen. Darin ist in der Regel nichts Anstößiges zu sehen, weil die Mitglieder sich frei entscheiden können, ob sie der Empfehlung folgen oder von dem Angebot Gebrauch machen wollen. Der Erwerb verschafft also im Grunde nur eine Chance, das von dem alten Verein erworbene Vertrauen der Mitglieder auf den neuen überzuleiten (vgl. BGH-Urteil in BGHZ 43, 46).
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3. Anders als das FA meint, ist es aber auch nicht als ein mit dem Wesen eines Lohnsteuerhilfevereins nicht vereinbares Verhalten zu beanstanden, wenn ein Verein dem anderen Verein in einer diesbezüglichen Absprache ein (angemessenes) Entgelt zu zahlen verspricht.
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Dass sich in dem Mitgliederstamm eines Lohnsteuerhilfevereins ein wirtschaftlicher Wert verkörpert, lässt sich schwerlich übersehen. Dass niemand einen solchen Wert unentgeltlich aus der Hand geben wird, liegt in der Natur der Sache. Der Verein muss mithin, will er sein --wie dargelegt, nicht zu beanstandendes-- Bestreben verwirklichen, seinen Mitgliederstamm zu vergrößern bzw. sich einen solchen überhaupt erst zu verschaffen, dafür Aufwendungen machen und diese unter Umständen zunächst durch Kreditaufnahme, Ratenzahlungsvereinbarung oder dergleichen finanzieren. Ein Verstoß gegen das den Lohnsteuerhilfevereinen vorgegebene Kostendeckungsprinzip (Urteil des Senats vom 9. September 1997 VII R 108/96, BFHE 183, 333, BStBl II 1997, 778) liegt darin nicht, wenn dieses Prinzip nicht dahin missverstanden wird, die aktuellen Einnahmen des Vereins an Mitgliedsbeiträgen müssten stets den Ausgaben entsprechen, die für die konkreten von dem Verein in dem betreffenden Zeitraum erbrachten Beratungsleistungen aufgewandt werden mussten. In Wahrheit verbietet das Kostendeckungsprinzip nur, die Mitgliedsbeiträge über das Maß dessen hinaus festzusetzen --etwa weil solche Beiträge nach Marktlage durchsetzbar wären--, was bei einer mittelfristig angelegten Bilanzierung zur Deckung der von dem Verein in zulässiger Weise getätigten oder geplanten Aufwendungen erforderlich ist. Das Kostendeckungsprinzip verbietet es auch nicht etwa, zur Finanzierung solcher Aufwendungen ggf. maßvoll einen Kredit aufzunehmen oder sonst Schulden zu machen (ebenso wenig wie es die Bildung von Rücklagen für künftige Ausgaben ausschließt), es sei denn, die dadurch entstehenden Kosten nebst den Aufwendungen für Tilgung, Raten oder dergleichen trieben die Mitgliedsbeiträge in einem Maße in die Höhe, dass bei der gebotenen mittelfristigen Betrachtung auf die gegenwärtigen Vereinsmitglieder nicht im Wesentlichen die ihrer steuerlichen Beratung und Vertretung zugute kommenden oder solche Aufwendungen umgelegt werden, die sonst erforderlich wären, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, zu verbessern oder zu sichern, dass eine qualifizierte steuerliche Beratung und Vertretung durch den Verein in wirtschaftlicher Weise geleistet werden kann. In diesem Rahmen sind auch Aufwendungen für den "Erwerb" (oder Hinzuerwerb) eines Mitgliederstammes von einem anderen Verein insbesondere jedenfalls in dem Maße vertretbar, wie sie anderenfalls notwendige Aufwendungen, etwa für Werbung, aber auch z.B. die Deckung von Anfangsverlusten, vermeiden helfen.
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Allerdings ergibt sich aus diesen Überlegungen zugleich, dass dem Wirtschaften eines Lohnsteuerhilfevereins in dieser Hinsicht engere Grenzen gesetzt sind als einem Steuerberater oder einer Steuerberatungsgesellschaft, die keine Beiträge zu ihren Kosten, sondern Gebühren für ihre dem Mandanten erbrachten Leistungen erheben. Sie sind deshalb insbesondere auch in der Bemessung des Entgelts für den Erwerb eines Mandantenstammes --vorbehaltlich des Verbots sittenwidriger Vereinbarungen (dazu BGH-Urteil in BGHZ 43, 46)-- weitgehend frei. Der Kläger hat sich im Streitfall möglicherweise in Verkennung seiner besonderen, aus dem Kostendeckungsprinzip herrührenden Verpflichtungen an den insofern unter Steuerberatern üblichen Entgelten orientiert, indem er das Eineinhalbfache des Jahresbeitrags (vgl. dazu Kuhls, Steuerberatungsgesetz, 1. Aufl. 1995, Vor §§ 69-71 Rz 33) eines jeden für ihn gewonnenen Mitglieds an M gezahlt hat (wobei in diesem Verfahren dahinstehen muss, ob M oder nicht vielmehr der Verein Y Anspruch auf das betreffende Entgelt hatte, dieses also nicht mittelbar den Mitgliedern dieses Vereins zugute kommen musste und möglicherweise tatsächlich zugute gekommen ist).
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Das FA und das FG haben sich bisher, von ihrem Rechtsstandpunkt aus nachvollziehbar, zu der Vertretbarkeit der M versprochenen Zahlungen nicht verhalten. Es bedarf dazu aber auch aus der rechtlichen Sicht des erkennenden Senats keiner Entscheidung. Denn selbst wenn dem Kläger auch unter Berücksichtigung des ihm zuzugestehenden Bewertungsvorrechts vorzuhalten sein sollte, dass die M versprochene und geleistete Zahlung nach den vorstehend dargelegten Kriterien unvertretbar hoch ist und nicht dem Umstand Rechnung trägt, dass der bei der Überlassung eines Mitgliederstammes an einen anderen Lohnsteuerhilfeverein realisierbare Wert eines solchen Mitgliederstammes nicht ohne weiteres mit dem (Markt-)Wert des Mandantenstammes eines Steuerberaters gleichgesetzt werden kann, rechtfertigte dies einen Widerruf der Anerkennung des Klägers nicht.
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Wäre dem FA schon bei der Erteilung der Anerkennung des Klägers bekannt gewesen, dass dieser seinen Mitgliederstamm gegen Zahlung einer Abfindung von dem Verein Y übernommen hat, hätte dies nicht zur Versagung der Anerkennung führen dürfen. Denn nicht jedes Verhalten in der Gründungsphase eines Lohnsteuerhilfevereins, das der Aufsichtsbehörde an sich Anlass zu einer Beanstandung gibt, rechtfertigt die Versagung der Anerkennung des Vereins. Vielmehr hätte es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten, die Anerkennung davon abhängig zu machen, dass die M versprochene Abfindung gemäß den erläuterten Grundsätzen (geringer) bemessen oder im Übrigen nicht zu Lasten des Beitragsaufkommens bestritten wird.
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Dass solche Maßnahmen --möglicherweise zu Unrecht, allerdings aus der Sicht des FA unvermeidlich-- unterlassen worden sind, rechtfertigt ebenso wenig wie die Rücknahme der Anerkennung deren Widerruf nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 StBerG. Denn diesem steht entgegen, dass durch ihn die aufgrund der (vermeintlich) zu Unrecht erteilten Anerkennung entstandenen Folgen --Verstoß gegen das Kostendeckungsprinzip aufgrund unvertretbarer Beitragshöhe infolge der für die Abfindung aufzubringenden Mittel-- nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Im Übrigen waren jene aus dem Kostendeckungsprinzip (möglicherweise) herzuleitenden Beanstandungen des (vermeintlich) rechtswidrigen Verhaltens des Klägers im Zusammenhang mit seiner Gründung im Jahre 2002 bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des FG durch Rückführung der genannten Kredite weitgehend und sind sie heute offenbar vollständig obsolet, so dass nicht erkennbar ist, weshalb dem Verein nicht jedenfalls heute eine Anerkennung erteilt werden könnte. Besteht aber ein gegenwärtiger Anspruch auf eine solche Entscheidung, so verstößt die Aufhebung derselben wegen zurückliegender, erledigter Hinderungsgründe nach der Rechtsprechung des Senats gegen Treu und Glauben (vgl. Urteil vom 22. August 1995 VII R 63/94, BFHE 178, 504, BStBl II 1995, 909).
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