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EuGH 16.11.2016 - C-2/15
EuGH 16.11.2016 - C-2/15 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer) - 16. November 2016 ( *) - „Vorlage zur Vorabentscheidung — Richtlinie 97/67/EG — Art. 9 — Postdienste in der Europäischen Union — Verpflichtung, einen Beitrag zu den betrieblichen Aufwendungen der Regulierungsbehörde des Postsektors zu leisten — Umfang“
Leitsatz
In der Rechtssache C-2/15
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 17. Dezember 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Januar 2015, in dem Verfahren
DHL Express (Austria) GmbH
gegen
Post-Control-Kommission,
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça (Berichterstatter), der Richterin M. Berger sowie der Richter A. Borg Barthet, E. Levits und F. Biltgen,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
der DHL Express (Austria) GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt P. Csoklich,
der Post-Control-Kommission, vertreten durch E. Solé,
der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
der belgischen Regierung, vertreten durch J. Van Holm und S. Vanrie als Bevollmächtigte,
der spanischen Regierung, vertreten durch A. Rubio González als Bevollmächtigten,
der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas und R. Coesme als Bevollmächtigte,
der norwegischen Regierung, vertreten durch I. Thue und J. T. Kaasin als Bevollmächtigte,
der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun und P. Costa de Oliveira als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. März 2016
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 9 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. 1998, L 15, S. 14) in der durch die Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 (ABl. 2008, L 52, S. 3) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 97/67).
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der DHL Express (Austria) GmbH (im Folgenden: DHL) und der Post-Control-Kommission (Österreich) wegen eines Bescheids der Letztgenannten, mit dem DHL verpflichtet wurde, Finanzierungsbeiträge zu den betrieblichen Aufwendungen der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (im Folgenden: RTR) zu leisten.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Die Erwägungsgründe 27 und 28 der Richtlinie 2008/6 lauten:
Postdiensteanbieter können gehalten sein, zur Finanzierung des Universaldienstes beizutragen, wenn ein Ausgleichsfonds vorgesehen ist. Bei der Entscheidung darüber, welche Unternehmen für Beiträge zu einem Ausgleichsfonds herangezogen werden, sollten die Mitgliedstaaten prüfen, ob die von diesen Unternehmen angebotenen Dienstleistungen vom Standpunkt der Nutzer als Dienste, die unter den Universaldienst fallen, gelten können, da sie einen ausreichenden Grad an Austauschbarkeit mit dem Universaldienst aufweisen, wobei die Merkmale dieser Dienstleistungen, einschließlich Mehrwertaspekte, sowie ihre vorgesehene Nutzung und die Preisgestaltung zu berücksichtigen sind. Diese Dienste müssen nicht notwendigerweise alle Merkmale des Universaldienstes aufweisen, z. B. tägliche Zustellung oder vollständige Abdeckung des Hoheitsgebiets.
Um sich bei der Bestimmung des Beitrags zu den Kosten der Universaldiensterbringung in einem Mitgliedstaat, der von diesen Unternehmen verlangt wird, an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu halten, sollten die Mitgliedstaaten transparente und nicht diskriminierende Kriterien wie z. B. den Anteil dieser Unternehmen an den Aktivitäten, die in den Bereich des Universaldienstes fallen, verwenden. Die Mitgliedstaaten können von Anbietern, die für Beiträge zu einem Ausgleichsfonds herangezogen werden, verlangen, dass sie eine geeignete Form der getrennten Rechnungslegung einführen, damit das Funktionieren des Fonds sichergestellt ist.“
Im 47. Erwägungsgrund dieser Richtlinie wird ausgeführt:
„Die nationalen Regulierungsbehörden werden wahrscheinlich weiterhin eine zentrale Rolle spielen, vor allem in den Mitgliedstaaten, in denen der Übergang zum Wettbewerb noch nicht abgeschlossen ist. Nach dem Grundsatz der Trennung hoheitlicher und betrieblicher Funktionen sollten die Mitgliedstaaten die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden garantieren, um die Unparteilichkeit ihrer Beschlüsse sicherzustellen. Die Anforderung der Unabhängigkeit berührt weder die institutionelle Autonomie und die verfassungsmäßigen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten noch den Grundsatz der Neutralität im Hinblick auf die Eigentumsordnung in den verschiedenen Mitgliedstaaten nach Artikel 295 des Vertrags. Die nationalen Regulierungsbehörden sollten in Bezug auf Personal, Fachwissen und finanzielle Ausstattung über alle zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben notwendigen Mittel verfügen.“
Art. 2 Nr. 14 der Richtlinie 97/67 bestimmt:
„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
…
‚Genehmigung‘ jede Erlaubnis, in der für den Postsektor spezielle Rechte und Verpflichtungen festgelegt werden und in der Unternehmen gestattet wird, Postdienste zu erbringen und gegebenenfalls ihre Netze für die Bereitstellung derartiger Dienste zu errichten und/oder zu betreiben, und die in Form einer ‚Allgemeingenehmigung‘ oder ‚Einzelgenehmigung‘ entsprechend den nachstehenden Definitionen erteilt wird:
‚Allgemeingenehmigung‘ ungeachtet einer Verpflichtung zu Registrierungs- oder Meldeverfahren jede Genehmigung, die aufgrund einer ‚Gruppengenehmigung‘ oder aufgrund allgemeiner Rechtsvorschriften einen Postdiensteanbieter davon entbindet, vor der Ausübung der aus der Genehmigung herrührenden Rechte die ausdrückliche Zustimmung der nationalen Regulierungsbehörde einzuholen;
‚Einzelgenehmigung‘ eine durch eine nationale Regulierungsbehörde erteilte Genehmigung, die einem Postdiensteanbieter bestimmte Rechte verleiht oder die Tätigkeit des Unternehmens bestimmten Verpflichtungen, gegebenenfalls in Ergänzung der Allgemeingenehmigung, unterwirft, sofern der Postdiensteanbieter die entsprechenden Rechte ohne Zustimmung der nationalen Regulierungsbehörde nicht ausüben kann“.
Nach Art. 2 Nr. 19 dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck „Grundanforderungen“„die im allgemeinen Interesse liegenden Gründe nichtwirtschaftlicher Art, die einen Mitgliedstaat veranlassen können, für die Erbringung von Postdiensten Bedingungen vorzuschreiben. Diese Gründe sind die Vertraulichkeit der Sendungen, die Sicherheit des Netzes bei der Beförderung gefährlicher Stoffe, die Beachtung von Beschäftigungsbedingungen und Systemen der sozialen Sicherheit, die gemäß den gemeinschaftlichen und nationalen Rechtsvorschriften durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften und/oder Tarifverträge, die zwischen den nationalen Sozialpartnern ausgehandelt wurden, geschaffen wurden, sowie in begründeten Fällen der Datenschutz, der Umweltschutz und die Raumplanung. Der Datenschutz kann den Schutz personenbezogener Daten, die Vertraulichkeit übermittelter oder gespeicherter Informationen sowie den Schutz der Privatsphäre umfassen“.
Art. 7 der Richtlinie sieht in seinen Abs. 3 und 4 vor:
„(3) Stellt ein Mitgliedstaat fest, dass die Universaldienstverpflichtungen aufgrund dieser Richtlinie mit Nettokosten verbunden sind, die unter Berücksichtigung von Anhang I berechnet werden, und eine unverhältnismäßige finanzielle Belastung für den/die Universaldiensteanbieter darstellen, so kann er Folgendes einführen:
einen Ausgleichsmechanismus, um das/die betroffene(n) Unternehmen mit öffentlichen Mitteln zu entschädigen; oder
einen Mechanismus für die Aufteilung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen auf die Anbieter der Dienstleistungen und/oder Nutzer.
(4) Werden die Nettokosten gemäß Absatz 3 Buchstabe b aufgeteilt, so können die Mitgliedstaaten einen Ausgleichsfonds einrichten, in den Beiträge von Diensteanbietern und/oder Nutzern fließen und der von einer vom/von den Begünstigten unabhängigen Stelle verwaltet wird. Die Mitgliedstaaten können die Erteilung von Genehmigungen an Diensteanbieter gemäß Artikel 9 Absatz 2 mit der Verpflichtung verknüpfen, einen finanziellen Beitrag zu dem Fonds zu leisten oder Universaldienstverpflichtungen zu erfüllen. Die in Artikel 3 genannten Universaldienstverpflichtungen des/der Universaldiensteanbieter(s) können auf diese Weise finanziert werden.“
Art. 9 der Richtlinie 97/67 lautet:
„(1) Für Dienste, die nicht zum Universaldienst gehören, können die Mitgliedstaaten Allgemeingenehmigungen einführen, soweit diese erforderlich sind, um die Erfüllung der Grundanforderungen zu gewährleisten.
(2) Für Dienste, die zum Universaldienst gehören, können die Mitgliedstaaten Genehmigungsverfahren einschließlich Einzelgenehmigungen einführen, soweit diese erforderlich sind, um die Erfüllung der Grundanforderungen zu gewährleisten und die Bereitstellung des Universaldienstes zu gewährleisten.
Die Bewilligung der Genehmigungen kann
mit Universaldienstverpflichtungen verknüpft werden;
erforderlichenfalls und in begründeten Fällen Anforderungen in Bezug auf Qualität, Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit der betreffenden Dienste vorsehen;
gegebenenfalls an die Verpflichtung gebunden sein, einen finanziellen Beitrag zu den in Artikel 7 aufgeführten Ausgleichsmechanismen zu leisten, wenn die Erbringung des Universaldienstes dem/den gemäß Artikel 4 benannten Universaldiensteanbieter(n) Nettokosten verursacht und für ihn/sie eine unverhältnismäßige Belastung darstellt;
gegebenenfalls an die Verpflichtung gebunden sein, einen finanziellen Beitrag zu den betrieblichen Aufwendungen der in Artikel 22 genannten nationalen Regulierungsbehörde zu leisten;
gegebenenfalls von den in den nationalen Rechtsvorschriften festgelegten Arbeitsbedingungen abhängig gemacht werden oder eine Verpflichtung zu deren Einhaltung auferlegen.
Die im ersten Gedankenstrich und in Artikel 3 genannten Verpflichtungen und Anforderungen können nur benannten Universaldiensteanbietern auferlegt werden.
Außer im Falle von Unternehmen, die gemäß Artikel 4 als Universaldiensteanbieter benannt wurden, dürfen Genehmigungen nicht
zahlenmäßig beschränkt sein;
dazu führen, dass für die gleichen Elemente eines Universaldienstes oder Teile des Hoheitsgebiets Universaldienstverpflichtungen und gleichzeitig finanzielle Beiträge zu einem Ausgleichsmechanismus auferlegt werden;
zu Parallelauflagen für Unternehmen aufgrund anderer, nicht sektorspezifischer nationaler Rechtsvorschriften führen;
mit anderen technischen oder betrieblichen Auflagen verbunden sein als denen, die zur Erfüllung der Verpflichtungen dieser Richtlinie erforderlich sind.
(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Verfahren, Verpflichtungen und Auflagen müssen transparent, zugänglich, nichtdiskriminierend, verhältnismäßig, präzise und eindeutig sein, vorab der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und auf objektiven Kriterien beruhen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gründe für die völlige oder teilweise Verweigerung oder Zurücknahme einer Genehmigung dem Antragsteller mitgeteilt werden; sie legen ein Rechtsbehelfsverfahren fest.“
Art. 22 der Richtlinie 97/67 sieht vor:
„(1) Jeder Mitgliedstaat bestimmt eine oder mehrere nationale Regulierungsbehörden für den Postsektor, die von den Postbetreibern rechtlich getrennt und betrieblich unabhängig sind. Mitgliedstaaten, die weiterhin an Postdiensteanbietern beteiligt sind oder diese kontrollieren, müssen eine wirksame strukturelle Trennung der Regulierungsfunktionen von den Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Eigentum oder der Kontrolle sicherstellen.
Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission mit, welche nationalen Regulierungsbehörden sie für die sich aus dieser Richtlinie ergebenden Aufgaben benannt haben. Sie veröffentlichen die von den nationalen Regulierungsbehörden wahrzunehmenden Aufgaben in leicht zugänglicher Form, insbesondere wenn diese Aufgaben mehr als einer Stelle übertragen werden. Die Mitgliedstaaten gewährleisten gegebenenfalls die Konsultation und Zusammenarbeit zwischen diesen Behörden und den für die Anwendung des Wettbewerbs- und des Verbraucherschutzrechts zuständigen nationalen Behörden in Fragen von gemeinsamem Interesse.
(2) Aufgabe der nationalen Regulierungsbehörden ist insbesondere die Gewährleistung der Einhaltung der sich aus dieser Richtlinie ergebenden Verpflichtungen, vor allem durch die Einrichtung von Überwachungs- und Regulierungsverfahren zur Sicherstellung der Erbringung des Universaldienstes. Sie können auch beauftragt werden, die Einhaltung der Wettbewerbsvorschriften im Postsektor zu überwachen.
Die nationalen Regulierungsbehörden arbeiten innerhalb der geeigneten Stellen eng zusammen und leisten sich Amtshilfe, um die Anwendung dieser Richtlinie zu erleichtern.
(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass es auf nationaler Ebene wirksame Verfahren gibt, nach denen jeder Nutzer oder Postdiensteanbieter, der von einer Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde betroffen ist, bei einer von den beteiligten Parteien unabhängigen Beschwerdestelle Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung einlegen kann. Bis zum Abschluss eines Beschwerdeverfahrens bleibt die Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörde in Kraft, sofern nicht die Beschwerdeinstanz anders entscheidet.“
Österreichisches Recht
§ 34 des Bundesgesetzes über die Einrichtung einer Kommunikationsbehörde Austria („KommAustria“) (KommAustria-Gesetz – KOG), der die Finanzierung der österreichischen Regulierungsbehörde betrifft, sieht vor:
„(1) Zur Finanzierung des in Erfüllung der Aufgaben nach § 17 Abs. 2 und 4 sowie Abs. 7 entstehenden Aufwandes der RTR-GmbH betreffend die Telekommunikationsbranche dienen einerseits Finanzierungsbeiträge und andererseits Mittel aus dem Bundeshaushalt. Der Zuschuss aus dem Bundeshaushalt in Höhe von jährlich 2 Millionen Euro ist der RTR-GmbH in zwei gleich hohen Teilbeträgen per 30. Jänner und 30. Juni zu überweisen. Über die Verwendung dieser Mittel ist von der RTR-GmbH jährlich bis 30. April des Folgejahres dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zu berichten und ein Rechnungsabschluss vorzulegen. Die Gesamtsumme des durch Finanzierungsbeiträge zu leistenden übrigen Aufwandes der RTR-GmbH darf jährlich höchstens 6 Millionen Euro betragen. Die genannten Beträge vermindern oder erhöhen sich ab dem Jahr 2007 in jenem Maße, in dem sich der von der Bundesanstalt Statistik Österreich verlautbarte Verbraucherpreisindex 2005 oder der an seine Stelle tretende Index des Vorjahres verändert hat.
(2) Die Finanzierungsbeiträge sind von der Telekommunikationsbranche zu leisten. Die Branche Telekommunikation umfasst jene Bereitsteller, die nach § 15 TKG [Telekommunikationsgesetz] 2003 zur Anzeige verpflichtet sind, soweit es sich nicht um die Bereitstellung von Kommunikationsnetzen und -diensten zur Verbreitung von Rundfunk und Rundfunkzusatzdiensten handelt (Beitragspflichtige).
(3) Die Finanzierungsbeiträge sind im Verhältnis des jeweiligen Umsatzes des Beitragspflichtigen zum branchenspezifischen Gesamtumsatz zu bemessen und einzuheben, wobei alle im Inland aus der Erbringung von Telekommunikationsdiensten erzielten Umsätze für die Berechnung heranzuziehen sind.
…
(13) Für den Fall, dass ein Unternehmen der Verpflichtung zur Entrichtung des Finanzierungsbeitrages nicht oder nicht ordnungsgemäß nachkommt, hat die Telekom-Control-Kommission die Entrichtung des Finanzierungsbeitrages mit Bescheid vorzuschreiben. Ebenso sind Gutschriften und Nachforderungen iSd Abs. 12 auf Antrag bescheidmäßig festzustellen.“
§ 34a KOG lautet:
„(1) Zur Finanzierung des in Erfüllung der Aufgaben nach § 17 Abs. 3 und 4 entstehenden Aufwandes der RTR-GmbH betreffend die Postbranche dienen einerseits Finanzierungsbeiträge und andererseits Mittel aus dem Bundeshaushalt. Der Zuschuss aus dem Bundeshaushalt in Höhe von jährlich 200000 Euro ist der RTR-GmbH in zwei gleich hohen Teilbeträgen per 30. Jänner und 30. Juni zu überweisen. Über die Verwendung dieser Mittel ist von der RTR-GmbH jährlich bis 30. April des Folgejahres dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zu berichten und ein Rechnungsabschluss vorzulegen. Die Gesamtsumme des durch Finanzierungsbeiträge zu leistenden übrigen Aufwandes der RTR-GmbH darf jährlich höchstens 550000 Euro betragen. Die genannten Beträge vermindern oder erhöhen sich ab dem Jahr 2012 in jenem Maße, in dem sich der von der Bundesanstalt Statistik Österreich verlautbarte Verbraucherpreisindex 2005 oder der an seine Stelle tretende Index des Vorjahres verändert hat.
(2) Die Finanzierungsbeiträge sind von der Postbranche zu leisten. Die Postbranche umfasst jene Postdiensteanbieter, die nach § 25 Postmarktgesetz zur Anzeige verpflichtet sind oder über eine Konzession nach § 26 Postmarktgesetz verfügen.
(3) § 34 Abs. 3 bis 15 gilt sinngemäß, wobei an die Stelle der Telekom-Control-Kommission die Post-Control-Kommission tritt.“
Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits und Vorlagefragen
DHL ist ein Unternehmen, das auf dem Gebiet von Kurier- und Expressdienstleistungen tätig ist. Zu ihren Tätigkeiten gehören die Abholung, die Sortierung, der Transport und die Zustellung von Paketen bis 31,5 kg, von Schriftstücken und von Dokumenten. Begleitend bietet DHL eine Reihe von Mehrwertleistungen an, wie die Sendungsverfolgung und die garantierte Einhaltung von Zustellzeiten.
Mit Bescheid vom 23. April 2012 verpflichtete die Post-Control-Kommission DHL zur Zahlung von Finanzierungsbeiträgen an die RTR für die Zeiträume vom 1. Juli bis 30. September 2011 und vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2011.
Der Bescheid wurde auf § 34 Abs. 9 und 13 und § 34a KOG gestützt, wonach zur Finanzierung der Tätigkeit der RTR einerseits Finanzierungsbeiträge der auf dem inländischen Markt tätigen Postdiensteanbieter und andererseits Mittel aus dem Bundeshaushalt dienen.
DHL erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde vor dem vorlegenden Gericht.
Sie stützt die Beschwerde darauf, dass nach Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 nur Unternehmen, die zum Universaldienst gehörende Dienste erbrächten, verpflichtet werden könnten, einen Beitrag zu den betrieblichen Aufwendungen der RTR zu leisten. Mit der Auferlegung einer solchen Verpflichtung sowohl gegenüber Unternehmen, die Dienste anböten, die zum Universaldienst gehörten, als auch gegenüber Unternehmen, die Dienste erbrächten, die nicht zum Universaldienst gehörten, laufe das KommAustria-Gesetz dieser Bestimmung zuwider.
In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof (Österreich) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Steht die Richtlinie 97/67, insbesondere deren Art. 9, einer nationalen Regelung entgegen, wonach Postdiensteanbieter unabhängig davon zur Mitfinanzierung der betrieblichen Aufwendungen der nationalen Regulierungsbehörde verpflichtet sind, ob sie Universaldienstleistungen erbringen?
Für den Fall der Bejahung der ersten Frage:
Ist es für eine Finanzierungspflicht ausreichend, wenn der betroffene Anbieter Postdienstleistungen erbringt, die nach der nationalen Regelung als Universaldienstleistungen zu qualifizieren sind, aber über das verpflichtende Mindestangebot an Universaldienstleistungen nach der Richtlinie hinausgehen?
Ist bei der Bemessung des Anteils des jeweiligen Unternehmens an den Finanzierungsbeiträgen in gleicher Weise vorzugehen wie bei der Bemessung der Finanzierungsbeiträge zum Ausgleichsfonds nach Art. 7 Abs. 4 der genannten Richtlinie?
Erfordert dann das Gebot der Einhaltung der Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit im Sinne des Art. 7 Abs. 5 der genannten Richtlinie und die Berücksichtigung der „Austauschbarkeit mit dem Universaldienst“ im Sinne des 27. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2008/6, dass auf Mehrwertleistungen, also nicht dem Universaldienst zuordenbare Postdienstleistungen, die aber mit dem Universaldienst in einem Zusammenhang stehen, entfallende Umsatzanteile herausgerechnet und bei der Anteilsbemessung nicht berücksichtigt werden?
Zu den Vorlagefragen
Zur ersten Frage
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, die die Verpflichtung, einen Beitrag zur Finanzierung der Regulierungsbehörde des Postsektors zu leisten, allen Anbietern dieses Sektors auferlegt, einschließlich derjenigen, die keine zum Universaldienst gehörenden Dienste erbringen.
Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass für die Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen sind, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden. Die Entstehungsgeschichte einer Vorschrift des Unionsrechts kann ebenfalls relevante Anhaltspunkte für deren Auslegung liefern (vgl. Urteil vom 2. September 2015, Surmačs, C-127/14, EU:C:2015:522, Rn. 28).
Insoweit ist als Erstes daran zu erinnern, dass Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 97/67 den Mitgliedstaaten gestattet, nicht zum Universaldienst gehörende Dienste von Unternehmen des Postsektors von Allgemeingenehmigungen abhängig zu machen, während Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten vorsieht, für Dienste, die zum Universaldienst gehören, Genehmigungsverfahren einzuführen.
Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 dieser Richtlinie zählt die Verpflichtungen auf, an die die Bewilligung der Genehmigungen geknüpft werden kann, ohne dass klargestellt wird, auf welche Kategorie von Genehmigungen – diejenigen, die nur Dienste, die zum Universaldienst gehören, betreffen, oder diejenigen, die sämtliche Postdienste betreffen – sich dieser Unterabsatz bezieht.
Anhand des Wortlauts von Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 97/67 an sich lässt sich nicht feststellen, ob die Verpflichtungen, die unter den verschiedenen Gedankenstrichen dieser Bestimmung aufgezählt werden, alle Postdienste oder nur die zum Universaldienst gehörenden Dienste betreffen, da der dort verwendete Begriff „Genehmigungen“ weder auf die Regelung nach Art. 9 Abs. 1 noch auf die Regelung nach Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 1 ausdrücklich verweist.
Als Zweites ergibt sich aus einer Analyse des Gesamtgefüges von Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 97/67, dass die darin vorgesehenen Verpflichtungen je nachdem, um welche Verpflichtung es sich handelt, entweder allein den Anbietern, die einen Universaldienst oder einen als solcher geltenden Dienst erbringen, oder allen Postdiensteanbietern auferlegt werden können.
Zum einen sieht nämlich Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 3 dieser Richtlinie ausdrücklich vor, dass die in deren Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 erster Gedankenstrich genannten Verpflichtungen und Anforderungen nur benannten Universaldiensteanbietern im Sinne von Art. 4 der Richtlinie auferlegt werden können.
Außerdem können die Mitgliedstaaten nach Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 dritter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 die Bewilligung der Genehmigungen an die Verpflichtung knüpfen, einen Beitrag zu dem in Art. 7 Abs. 4 dieser Richtlinie vorgesehenen Ausgleichsfonds zu leisten. Ihrem Wortlaut nach stellt diese Bestimmung gewiss nicht ausdrücklich auf die Universaldiensteanbieter ab. Aus Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie ergibt sich aber, dass die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, einen solchen Fonds einzurichten, mit der für sie bestehenden Möglichkeit zusammenhängt, einen Mechanismus für die Aufteilung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen einzuführen, wenn Letztere eine unverhältnismäßige Belastung für die Anbieter darstellen. Vor allem geht aus dem 27. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/6 betreffend die Verpflichtung der Postdiensteanbieter, zur Finanzierung des Universaldienstes beizutragen, wenn ein Ausgleichsfonds vorgesehen ist, klar hervor, dass die Mitgliedstaaten bei der Entscheidung darüber, welche Unternehmen für Beiträge zu diesem Fonds herangezogen werden, prüfen sollten, ob die von diesen Unternehmen angebotenen Dienstleistungen vom Standpunkt der Nutzer aus als Dienste, die unter den Universaldienst fallen, gelten können.
Zum anderen gestattet Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 den Mitgliedstaaten, bei der Bewilligung der Genehmigungen die Einhaltung von Anforderungen in Bezug auf Qualität, Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit der betreffenden Dienste vorzusehen. In Ermangelung näherer Angaben zu den von dieser Verpflichtung betroffenen Diensten ist mit dem Generalanwalt (Nr. 42 seiner Schlussanträge) hervorzuheben, dass sich aus den Vorarbeiten zur Richtlinie 2008/6 ergibt, dass der Unionsgesetzgeber nicht nur die letzten Hindernisse für die vollständige Marktöffnung mit Blick auf bestimmte Universaldiensteanbieter, sondern auch alle sonstigen Hindernisse für die Erbringung von Postdiensten beseitigen wollte. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte und unter Berücksichtigung der Natur der betreffenden Verpflichtung ergibt sich somit, dass alle Postdiensteanbieter der Verpflichtung gemäß Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 unterworfen werden können.
Desgleichen können die Mitgliedstaaten nach Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 die Bewilligung der Genehmigungen davon abhängig machen, dass die im nationalen Recht festgelegten Arbeitsbedingungen eingehalten werden. Wie aber die österreichische Regierung zu Recht geltend macht, kann einer engen Auslegung dieser Bestimmung dahin, dass sie nur die Universaldiensteanbieter betrifft, nicht gefolgt werden, da Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie die Bewilligung von Allgemeingenehmigungen – die Dienste betreffen, die nicht zum Universaldienst gehören – an die Erfüllung der Grundanforderungen im Sinne des Art. 2 Nr. 19 der Richtlinie 97/67 knüpft, die die Beachtung von im nationalen Recht vorgesehenen Beschäftigungsbedingungen umfassen.
Somit ergibt sich aus der Analyse des Gesamtgefüges von Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 97/67, dass der dort verwendete Begriff „Genehmigungen“ sowohl die Genehmigungen im Sinne von Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 1 dieser Richtlinie als auch die Genehmigungen im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie bezeichnet.
Als Drittes ist zu der spezifischen Verpflichtung, einen Beitrag zur Finanzierung der Regulierungsbehörde des Postsektors zu leisten, die in Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 genannt wird und Gegenstand der ersten zur Vorabentscheidung vorgelegten Frage ist, festzustellen, dass die Tätigkeiten, die den nationalen Regulierungsbehörden zukommen, den gesamten Postsektor und nicht nur die zum Universaldienst gehörenden Dienstleistungen betreffen.
Art. 22 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht nämlich vor, dass die Mitgliedstaaten eine oder mehrere nationale Regulierungsbehörden für den Postsektor bestimmen. Nach Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie ist zwar Aufgabe dieser Behörden die Gewährleistung der Einhaltung der sich aus der Richtlinie ergebenden Verpflichtungen, vor allem durch die Einrichtung von Überwachungs- und Regulierungsverfahren zur Sicherstellung der Erbringung des Universaldienstes. Dieselbe Bestimmung sieht jedoch auch vor, dass die besagten Behörden beauftragt werden können, die Einhaltung der Wettbewerbsvorschriften im gesamten Postsektor zu überwachen.
Daher ist, wie der Generalanwalt in Nr. 46 seiner Schlussanträge ausführt, Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67, da die Rolle der nationalen Regulierungsbehörden und die ihnen übertragenen Aufgaben nach der Intention des Unionsgesetzgebers allen Akteuren des Postsektors zugutekommen müssen, dahin auszulegen, dass sämtliche Postdiensteanbieter im Gegenzug verpflichtet werden können, einen Beitrag zur Finanzierung der Tätigkeiten dieser Behörden zu leisten.
Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegensteht, die die Verpflichtung, einen Beitrag zur Finanzierung der Regulierungsbehörde des Postsektors zu leisten, allen Anbietern dieses Sektors auferlegt, einschließlich derjenigen, die keine zum Universaldienst gehörenden Postdienste erbringen.
Zur zweiten Frage
In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage braucht die zweite Frage nicht beantwortet zu werden.
Kosten
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 vierter Gedankenstrich der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität in der durch die Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegensteht, die die Verpflichtung, einen Beitrag zur Finanzierung der Regulierungsbehörde des Postsektors zu leisten, allen Anbietern dieses Sektors auferlegt, einschließlich derjenigen, die keine zum Universaldienst gehörenden Postdienste erbringen.
Da Cruz Vilaça
Berger
Borg Barthet
Levits
Biltgen
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. November 2016.
Der Kanzler
A. Calot Escobar
Der Präsident der Fünften Kammer
J. L. da Cruz Vilaça
( *) Verfahrenssprache: Deutsch.
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