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BAG 23.03.2010 - 1 AZR 832/08
BAG 23.03.2010 - 1 AZR 832/08 - Sozialplan - Ungleichbehandlung wegen des Alters
Normen
§ 75 Abs 1 BetrVG, § 3 Abs 1 AGG, § 7 Abs 1 AGG, § 10 S 3 Nr 6 Alt 2 AGG, § 237 Abs 3 SGB 6 vom 19.12.2002, § 10 S 2 AGG, Art 6 Abs 1 S 1 EGRL 78/2000
Vorinstanz
vorgehend ArbG Wesel, 14. Februar 2008, Az: 5 Ca 3251/07, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 22. August 2008, Az: 10 Sa 573/08, Urteil
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. August 2008 - 10 Sa 573/08 - wird zurückgewiesen.
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Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Höhe einer Sozialplanabfindung.
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Der im Juli 1946 geborene Kläger war vom 24. Mai 1965 bis zum 30. November 2007 bei der Beklagten zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 3.160,39 Euro beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung der Beklagten wegen einer Betriebsstilllegung.
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Die Beklagte und der Betriebsrat schlossen am 23. März 2007 einen Interessenausgleich und einen Sozialplan für die von der Betriebsstilllegung betroffenen Arbeitnehmer. Nach Ziff. 2 des Interessenausgleichs sollten deren Arbeitsverhältnisse durch eine nach dem 1. April 2007 ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen und einzelvertraglichen Fristen oder durch Aufhebungsvertrag beendet werden. Der Sozialplan enthält unter Ziff. 3 Buchst. c und d folgende Regelungen:
-
„c)
Abfindungsformel
Anspruchsberechtigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben einen Anspruch auf eine individuell berechnete Abfindung, die sich nach der folgenden Formel berechnet:
Lebensalter x Betriebszugehörigkeit x Bruttomonatsentgelt
X
Der Faktor ‚X’ wird wie folgt bestimmt:
Die Gesellschaft stellt für diesen Sozialplan eine Summe zur Verfügung, welche die Einigungsstelle durch Spruch festlegen soll.
Die Betriebspartner legen gemeinsam die Zahl der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen fest, welche nach den Regeln dieses Sozialplans anspruchsberechtigt sind.
Danach errechnen sie gemeinsam die Summe der Zahlungen nach Ziffer 3 e dieses Sozialplans.
Diese Summe ziehen sie von der durch Spruch der Einigungsstelle festgesetzten Gesamtdotierung ab und errechnen sodann gemeinsam den sich nunmehr ergebenden Divisor bis zur ersten Stelle hinter dem Komma, wobei die zweite Stelle kaufmännisch auf- oder abgerundet wird. Danach wird diese Zahl in die obige Formel anstelle des Buchstabens ,X’ eingesetzt.
…
d)
Abfindung für ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und bei außerordentlicher Eigenkündigung
Die Abfindung nach Ziffer 3c vermindert sich für Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen nach Vollendung des 60. Lebensjahres für jeden weiteren Monat um 1/60stel. Stichtag ist der letzte Tag des rechtlichen Bestandes des Arbeitsverhältnisses.
…“
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Der Gesamtbetrag für die Abfindungen wurde durch einen Spruch der Einigungsstelle auf 4,55 Mio. Euro festgesetzt.
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Die Beklagte zahlte dem Kläger, der zum Zeitpunkt seines Ausscheidens 61 Jahre und 5 Monate alt war, einen Abfindungsbetrag von 113.017,66 Euro. Der sich aus der Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans ergebende Kürzungsbetrag betrug beim Kläger rechnerisch 43.495,36 Euro.
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Mit der am 29. November 2007 erhobenen Klage hat der Kläger eine weitere Abfindung in Höhe des Kürzungsbetrags begehrt. Er hat gemeint, die Regelung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans sei unwirksam, da sie eine unzulässige Ungleichbehandlung aufgrund des Alters enthalte.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 43.495,49 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29. November 2007 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt dieser seinen Klageanspruch weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht der geltend gemachte weitere Abfindungsanspruch nicht zu.
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I. Die Beklagte hat die sich aus dem Sozialplan vom 23. März 2007 ergebenden Ansprüche des Klägers erfüllt. Seine Abfindung beträgt nach Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans 153.513,02 Euro. Hinzu kommen weitere 3.000,00 Euro als Ausgleich für den beim Kläger festgestellten Grad der Behinderung. Nach der für ältere Arbeitnehmer geltenden Kürzungsbestimmung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans ermäßigt sich die Abfindung um 43.495,36 Euro auf 113.017,66 Euro. Diesen Betrag hat der Kläger erhalten.
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II. Der Kläger hat keinen weitergehenden Abfindungsanspruch aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz(§ 75 Abs. 1 BetrVG). Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans, der eine Kürzung der nach Ziff. 3 Buchst. c berechneten Sozialplanansprüche von Arbeitnehmern vorsieht, die zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Betrieb das 60. Lebensjahr vollendet haben, ist wirksam. Die unmittelbar auf dem Merkmal des Alters beruhende Ungleichbehandlung dieser Arbeitnehmergruppe ist nach § 10 Satz 3 Nr. 6, Satz 2 AGG in der ab dem 12. Dezember 2006 geltenden Fassung zulässig.
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1. Sozialpläne unterliegen, wie andere Betriebsvereinbarungen, der gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle. Diese sind daraufhin zu überprüfen, ob sie mit höherrangigem Recht wie insbesondere dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar sind.
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a) Arbeitgeber und Betriebsrat haben nach § 75 Abs. 1 BetrVG darüber zu wachen, dass jede Benachteiligung von Personen aus den in der Vorschrift genannten Gründen unterbleibt. § 75 Abs. 1 BetrVG enthält nicht nur ein Überwachungsgebot, sondern verbietet zugleich Vereinbarungen, durch die Arbeitnehmer aufgrund der dort aufgeführten Merkmale benachteiligt werden. Der Gesetzgeber hat die in § 1 AGG geregelten Benachteiligungsverbote in § 75 Abs. 1 BetrVG übernommen. Die unterschiedliche Behandlung der Betriebsangehörigen aus einem in § 1 AGG genannten Grund ist daher nur unter den im AGG normierten Voraussetzungen zulässig. Sind diese erfüllt, ist auch der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt.
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b) Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen dieses Benachteiligungsverbot verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Der Begriff der Benachteiligung bestimmt sich nach § 3 AGG. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung kann aber nach § 10 AGG unter den dort genannten Voraussetzungen zulässig sein. § 10 Satz 1 und 2 AGG gestatten die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters, wenn diese objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und wenn die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.
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c) Nach § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG können die Betriebsparteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung vorsehen, in der sie die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigen, oder auch Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausschließen, weil diese, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld I, rentenberechtigt sind. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber den Betriebsparteien einen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum eröffnet, der es ihnen unter den in der Vorschrift bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, das Lebensalter als Bemessungskriterium für die Sozialplanabfindung heranzuziehen.
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aa) Die den Betriebsparteien in § 10 Satz 3 Nr. 6 2. Alt. AGG eingeräumte Möglichkeit, ältere Arbeitnehmer unter den dort genannten Voraussetzungen von Sozialplanleistungen auszuschließen, verstößt nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung im Recht der Europäischen Union. Die nationale Regelung ist iSv. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf(Richtlinie 2000/78/EG) durch ein im Allgemeininteresse liegendes sozialpolitisches Ziel des deutschen Gesetzgebers gerechtfertigt. Dieser wollte es den Betriebsparteien entsprechend dem zukunftsgerichteten Entschädigungscharakter von Sozialplanleistungen ermöglichen, diese bei „rentennahen“ Arbeitnehmern stärker an den tatsächlich eintretenden wirtschaftlichen Nachteilen zu orientieren, die ihnen durch den bevorstehenden Arbeitsplatzverlust und eine darauf zurückgehende Arbeitslosigkeit drohen. Durch diese Gestaltungsmöglichkeit kann das Anwachsen der Abfindungshöhe, das mit der Verwendung der Parameter Betriebszugehörigkeit und/oder Lebensalter bei der Bemessung der Abfindung zwangsläufig verbunden ist, bei abnehmender Schutzbedürftigkeit im Interesse der Verteilungsgerechtigkeit begrenzt werden ( vgl. dazu die ausführliche Begründung in BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 33 bis 40 sowie Rn. 48 f., AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31).
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bb) Nach der Rechtsprechung des Senats sind die zur Beurteilung der Zulässigkeit von § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG heranzuziehenden Grundsätze zum Verständnis und zur Anwendung von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG offenkundig, jedenfalls aber durch die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs(22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Slg. 2005, I-9981; 16. Oktober 2007 - C-411/05 - [Palacios de la Villa] Slg. 2007, I-8531; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] NZA 2009, 305) geklärt, so dass ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 Abs. 3 EGV (nunmehr: Art. 267 Abs. 3 AEUV) nicht geboten ist (26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 41, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31). Die Aussetzung des vorliegenden Verfahrens zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Nichtberücksichtigung von Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr bei der Berechnung der gesetzlichen Kündigungsfrist in § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB veranlasst (19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] NZA 2010, 85). In dieser Entscheidung hat der Gerichtshof lediglich seine vom Senat bereits berücksichtigten Grundsätze zur Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen wegen des Alters auf die Regelung in § 622 Abs. 2 BGB fallbezogen angewandt (19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 33 bis 43, aaO).
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d) § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG erfasst nach seinem Wortlaut nur den Ausschluss von älteren Arbeitnehmern, die entweder unmittelbar nach dem Ausscheiden oder im Anschluss an den Bezug von Arbeitslosengeld I durch den Bezug einer Altersrente wirtschaftlich abgesichert sind. Die Vorschrift ist gleichermaßen anwendbar, wenn die betroffenen Arbeitnehmer zwar nicht unmittelbar nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I rentenberechtigt sind, die Abfindung aber ausreichend bemessen ist, um die wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen, die sie in der Zeit nach der Erfüllung ihres Arbeitslosengeldanspruchs bis zum frühestmöglichen Bezug einer Altersrente erleiden. Dies ist stets der Fall, wenn die Abfindungshöhe für diesen Zeitraum den Betrag der zuletzt bezogenen Arbeitsvergütung erreicht. Die von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer sind dann wirtschaftlich so gestellt, als wäre das Arbeitsverhältnis bis zu dem Zeitpunkt fortgesetzt worden, in dem sie nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I nahtlos eine Altersrente beziehen können.
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e) § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG ermöglicht danach den Betriebsparteien unter den dort bestimmten Voraussetzungen eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung in einem Sozialplan. Die Vorschrift bestimmt aber nur das legitime Ziel iSv. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG und eröffnet den Betriebsparteien einen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum. Dessen Ausgestaltung unterliegt noch einer weiteren Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 10 Satz 2 AGG. Die von den Betriebsparteien gewählte Sozialplangestaltung muss geeignet sein, das mit § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG verfolgte Ziel tatsächlich zu fördern und darf die Interessen der benachteiligten (Alters-)Gruppe nicht unverhältnismäßig stark vernachlässigen.
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2. Danach verstößt die Kürzungsregelung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans nicht gegen das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG.
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a) Die Regelungen des Sozialplans vom 23. März 2007 sind nach dem am 18. August 2006 in Kraft getretenen AGG idF des Gesetzes zur Änderung des Betriebsrentengesetzes und anderer Gesetze vom 2. Dezember 2006(BGBl. I S. 2742) und nach § 75 Abs. 1 BetrVG in der seit dem 18. August 2006 geltenden Fassung zu beurteilen.
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b) Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans führt zu einer unmittelbar auf dem Alter beruhenden Ungleichbehandlung. Von der Kürzung der nach Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans berechneten Abfindung sind nur Arbeitnehmer betroffen, die zum Zeitpunkt der Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse das 60. Lebensjahr vollendet haben.
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c) Die Voraussetzungen des § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG liegen vor.
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aa) Nach Ziff. 2 des Interessenausgleichs vom 23. März 2007 konnte die Beklagte betriebsbedingte Kündigungen erst nach dem 1. April 2007 aussprechen. Unter Berücksichtigung der längsten gesetzlichen Kündigungsfrist hätte eine solche Kündigung die in Betracht kommenden Arbeitsverhältnisse zum Ablauf des 30. November 2007 beendet. Von der Kürzungsregelung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans waren danach nur Arbeitnehmer betroffen, die im November 1947 oder früher geboren worden sind.
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bb) Die bis einschließlich Juni 1947 geborenen Arbeitnehmer, zu denen auch der Kläger zählt, konnten bei einem Ausscheiden am 30. November 2007 nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I nahtlos eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit beziehen. Nach § 237 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB VI iVm. der Anlage 19 liegt das Alter für die vorzeitige Inanspruchnahme einer solchen Altersrente für bis zum Juni 1947 geborene Personen bei 61 Jahren und 6 Monaten oder darunter. Bis zum Erreichen des frühestmöglichen Renteneintrittsalters war diese Arbeitnehmergruppe durch den Bezug von Arbeitslosengeld I abgesichert. Die Anspruchsdauer für Arbeitslose, die bei der Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld das 55. Lebensjahr vollendet hatten, betrug nach einer Dauer des Versicherungspflichtverhältnisses von 36 Monaten 18 Monate(§ 127 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 2 SGB III idF des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 [BGBI. I S. 3002]).
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cc) Die zwischen Juli und November 1947 geborenen Arbeitnehmer konnten eine vorzeitige Altersrente wegen Arbeitslosigkeit zwar erst mit 61 Jahren und sieben bzw. elf Monaten in Anspruch nehmen. Ihre Einbeziehung in die Kürzungsregelung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans ist aber gleichermaßen nach § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG zulässig. Die Betriebsparteien konnten nach der Berechnungsformel für die Abfindungen, die sich an den Faktoren Betriebszugehörigkeit, Lebensalter sowie Bruttomonatsverdienst orientiert, und dem von der Einigungsstelle festgesetzten Sozialplanvolumen davon ausgehen, dass die für diese Beschäftigtengruppe zur Verfügung stehenden Abfindungsbeträge ausreichend bemessen waren, um die wirtschaftlichen Nachteile, die diese nach dem Bezug des Arbeitslosengeldes I und der vorzeitigen Inanspruchnahmemöglichkeit einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit erleiden würden, vollständig auszugleichen. Die Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit und des Lebensalters führte zu einem überproportionalen Ansteigen der Abfindungshöhe bei älteren Arbeitnehmern mit längerer Betriebszugehörigkeit. Überdies mussten die nach dem Juni 1947 geborenen und von der Kürzungsregelung betroffenen Arbeitnehmer lediglich einen Abschlag zwischen 1/60 und 5/60 von der nach Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans ermittelten Abfindung hinnehmen.
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d) Die Kürzungsregelung in § 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans ist angemessen und erforderlich iSd. § 10 Satz 2 AGG.
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aa) Nach der Senatsrechtsprechung haben Sozialpläne eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Geldleistungen in Form einer Abfindung stellen kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste dar, sondern sollen die voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen Folgen eines durch Betriebsänderung verursachten Arbeitsplatzverlustes ausgleichen oder zumindest abmildern. Die Betriebsparteien können diese Nachteile aufgrund ihres Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums in typisierter und pauschalierter Form ausgleichen(26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 23, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31). Dazu können sie die übermäßige Begünstigung, die ältere Beschäftigte mit langjähriger Betriebszugehörigkeit bei einer am Lebensalter und an der Betriebszugehörigkeit orientierten Abfindungsberechnung erfahren, durch eine Kürzung für rentennahe Jahrgänge zurückführen, um eine aus Sicht der Betriebsparteien verteilungsgerechte Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Betriebsänderung zu ermöglichen.
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bb) Die in Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans vereinbarte Abfindungsformel führt zu einer überproportionalen Begünstigung von älteren Arbeitnehmern mit längeren Beschäftigungszeiten. Eine Kürzung der mit dem Alter und der Betriebszugehörigkeit ansteigenden Abfindungsbeträge war aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit geboten. Bei den rentennahen Jahrgängen war absehbar, dass diese bei fortbestehender Arbeitslosigkeit nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I durch den Bezug einer vorgezogenen Altersrente weitgehend wirtschaftlich abgesichert waren. Von einer vergleichbaren Absicherung konnten die Betriebsparteien bei den rentenfernen Jahrgängen nicht ausgehen. Entgegen der Auffassung des Klägers hält es sich auch im Rahmen des den Betriebsparteien zustehenden Gestaltungsspielraums, wenn sie die Abfindung nach Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans bei Arbeitnehmern, die im unmittelbaren Anschluss an die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses eine Anschlussbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber aufnehmen, nicht gleichermaßen einer Kürzung unterworfen haben. Denn auch dieser Personenkreis verliert seine bisherige kündigungsschutzrechtliche Stellung und gehört bei künftigen Personalreduzierungen regelmäßig zu den Arbeitnehmern, die wegen ihrer kurzen Betriebszugehörigkeit vorrangig entlassen werden.
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cc) Die Interessen der älteren Arbeitnehmer sind bei der Ausgestaltung der Kürzungsregelung in Ziff. 3 Buchst. d Satz 1 des Sozialplans genügend beachtet worden. Die Betriebsparteien haben die über 59-jährigen Arbeitnehmer nicht von Sozialplanleistungen ausgeschlossen, sondern nur Abschläge von der nach Ziff. 3 Buchst. c des Sozialplans berechneten Abfindung vorgesehen. Sie haben keinen Systemwechsel bei der Bemessung der Sozialplanabfindung vorgenommen und die mit Stichtagsregelungen regelmäßig verbundenen Härten weitgehend vermieden. Die Kürzungsregelung orientiert sich entsprechend dem von § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG verfolgten Zweck an dem Zeitpunkt, in dem die entlassenen Arbeitnehmer eine Regelaltersrente (§ 35 SGB VI idF der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002 [BGBl. I S. 754]) beanspruchen können, durch deren Bezug sie wirtschaftlich abgesichert sind. Die Abschläge betragen 1/60 für jeden Monat nach der Vollendung des 60. Lebensjahres, so dass nur Arbeitnehmer, die im Monat ihres Ausscheidens das 65. Lebensjahr vollenden, keine Abfindung erhalten. Die wirtschaftlichen Nachteile der übrigen von der Kürzungsregelung betroffenen Arbeitnehmer werden aufgrund ihrer überproportionalen Begünstigung durch die verwandte Abfindungsformel und der moderat bemessenen Abschläge durch den Sozialplan in nicht zu beanstandender Weise abgemildert oder im Einzelfall sogar vollständig ausgeglichen.
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