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BSG 15.05.2024 - B 8 SO 3/22 R
BSG 15.05.2024 - B 8 SO 3/22 R
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Oktober 2020 wird als unzulässig verworfen.
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Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Oktober 2020 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Rechtsanwältin zu bewilligen, wird abgelehnt.
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Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des behinderten, in einer Pflegefamilie betreuten volljährigen Klägers auf Leistungen der Eingliederungshilfe, insbesondere in Form eines angemessenen Barbetrags zur persönlichen Verfügung. Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat die Klage - unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts (SG) Mainz vom 3.4.2019 - abgewiesen (Urteil vom 29.10.2020). Gegen das seinem damaligen Betreuer zugestellte Urteil hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte am 18.1.2022 die durch Beschluss des Senats vom 14.12.2021 (ihr zugestellt am 23.12.2021) zugelassene Revision eingelegt. Die Revisionsbegründungsfrist wurde antragsgemäß bis 23.3.2022 verlängert.
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Die Revisionsbegründung ist am 22.3.2022 über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen. Der Schriftsatz trägt weder eine qualifiziert elektronische noch eine einfache Signatur (Wiedergabe des Namens am Ende des Textes). Der Senat hat die Klägerbevollmächtigte auf § 65a Abs 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen (Schreiben vom 29.3.2022). Diese hat die Revisionsbegründung daraufhin am 1.4.2022 erneut über das beA beim BSG eingereicht (diesmal unter Wiedergabe ihres Namens am Ende des Schriftsatzes) und Wiedereinsetzung der versäumten Begründungsfrist in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie sei als Einzelanwältin ohne Mitarbeiter tätig. Wegen Erkrankungen ihrer beiden Töchter und ihr selbst an Corona habe sie sich in einer absoluten persönlichen Ausnahmesituation befunden und sei daher handlungsunfähig gewesen. Normalerweise kontrolliere sie ihre Fristen selbst zuverlässig und in alleiniger Verantwortung. Üblicherweise führe sie nach Abschluss der Schriftsätze eine redaktionelle Korrektur durch. Die (einfache) Signatur erfolge gewöhnlich immer bei der letzten Korrektur. Dies sei wegen der geschilderten Situation im vorliegenden Fall nicht erfolgt.
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II. Die Revision ist unzulässig und daher durch Beschluss zu verwerfen (§ 169 Satz 2 und 3 SGG). Der Kläger hat sie nicht formwirksam innerhalb der bis zum 23.3.2022 verlängerten Frist nach § 164 Abs 2 Satz 1 und 2 SGG begründet. Elektronisch eingereichte Dokumente - wie hier die Revisionsbegründung - müssen nach § 65a Abs 3 Satz 1 SGG mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein, oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Die (einfache) Signatur meint die einfache Wiedergabe des Namens der verantwortenden Person am Ende des Textes (vgl zB BSG vom 18.11.2020 - B 1 KR 1/20 B - SozR 4-1500 § 65a Nr 6 RdNr 12 ff mwN; BSG vom 16.2.2022 - B 5 R 198/21 B - juris RdNr 7 ff; Bundesarbeitsgericht <BAG> vom 14.9.2020 - 5 AZB 23/20 - NJW 2020, 3476, 3477). Daran fehlt es hier.
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Die Prozessbevollmächtigte hat die Revisionsbegründung zwar innerhalb der Frist am 22.3.2022 beim BSG über das beA und damit einen sicheren Übermittlungsweg iS des § 65a Abs 4 Satz 1 Nr 2 SGG eingereicht. Der Schriftsatz war aber weder qualifiziert elektronisch, noch einfach signiert. Denn am Ende des Textes war kein Name der verantwortenden Person wiedergegeben. Der am 1.4.2022 erneut über das beA eingereichte - einfach signierte - Schriftsatz ist nicht fristgemäß eingegangen.
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Die qualifizierte elektronische Signatur erfüllt das Schriftformerfordernis. Gleiches gilt für elektronische Dokumente, die mit Namensnennung einfach signiert, aber über einen sicheren Übermittlungsweg gemäß § 65a Abs 4 SGG - wozu das beA gehört - eingereicht werden. Ein solches Dokument steht zumindest im gerichtlichen Verfahren einem handschriftlich unterschriebenen Dokument gleich. Eine (einfache) elektronische Signatur besteht gemäß Art 3 Nr 10 der Verordnung (EU) Nr 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.7.2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (eIDAS-VO) aus Daten in elektronischer Form, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder logisch mit ihnen verbunden werden und die der Unterzeichner zum Unterzeichnen verwendet. Bei der durch bzw mit einem Textverarbeitungsprogramm zum Abschluss des Schriftsatzes angebrachten Namenswiedergabe des Verfassers handelt es sich um solche Daten. Die einfache Signatur iS des § 65a Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGG meint also die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes. Hierzu kann entweder der (Nach-)Name ins Dokument elektronisch eingefügt oder eine Unterschrift eingescannt werden. Nicht genügend ist das Wort "Rechtsanwalt" ohne Namensangabe. Die einfache Signatur soll - ebenso wie die eigene handschriftliche Unterschrift oder die qualifizierte elektronische Signatur - die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Verfahrenshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen (vgl Bundesgerichtshof <BGH> vom 7.9.2022 - XII ZB 215/22 - RdNr 11; BSG vom 16.2.2022 - B 5 R 198/21 B - RdNr 9; BAG vom 14.9.2020 - 5 AZB 23/20 - juris RdNr 19; Stäbler in jurisPK-SGG, 2. Aufl, § 65a SGG, Stand 5.2.2024, RdNr 49.1).
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Von den die Authentizität absichernden Formerfordernissen des elektronischen Rechtsverkehrs kann grundsätzlich selbst dann nicht ausnahmsweise abgesehen werden, wenn sich aus begleitenden Umständen die Urheberschaft und der Wille, das elektronische Dokument in den Verkehr zu bringen, hinreichend sicher ergibt. Denn elektronische Dokumente zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht nur mittels Datenverarbeitung erstellt werden und auf einem Datenträger gespeichert werden können, sondern ausschließlich in elektronischer Form von einem Computer zum anderen über das Internet übertragen werden. Während die prozessuale Schriftform allein die Urheberschaft eines Dokuments gewährleisten soll, dienen die hohen Anforderungen an die Signatur elektronischer Dokumente zusätzlich dem Schutz vor nachträglichen Änderungen, also ihrer Integrität. Abstriche von den dafür normierten Sicherheitsanforderungen können daher nicht zugelassen werden (vgl Sächsisches Oberverwaltungsgericht <OVG> vom 7.9.2023 - 6 E 50/23 - RdNr 3; Bundesverwaltungsgericht <BVerwG> vom 12.10.2021 - 8 C 4/21 - RdNr 9; H. Müller in Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 3, 2. Aufl, § 65a SGG, Stand 27.2.2024, RdNr 169.1). Auch allein der Umstand, dass der Prüfvermerk den Absender ausweist, genügt nicht, denn dies betrifft nur die Übertragung, nicht die Urheberschaft. Eine der einfachen Signatur vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft einer den Schriftsatz verantwortenden Person und deren Willen, den Schriftsatz in den Rechtsverkehr zu bringen, bieten zudem weder die Verwendung des Briefbogens der Kanzlei noch die maschinenschriftliche Wiedergabe des Namens oben auf der ersten Seite des Schriftsatzes (OVG Lüneburg vom 31.1.2023 - 13 ME 23/23 - RdNr 9; H. Müller in Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 3, 2. Aufl, § 65a SGG, Stand 27.2.2024, RdNr 221.1).
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Auf eine einfache Signatur kann im elektronischen Posteingang der Gerichte auch dann grundsätzlich nicht verzichtet werden, wenn es sich bei dem Absender um einen Einzelanwalt ohne Mitarbeiter handelt. Der Senat lässt offen, ob - wie beim Fehlen einer Unterschrift unter einem in Papierform versandten Schriftsatz - das Fehlen einer einfachen Signatur bei einem Einzelanwalt ohne Mitarbeiter ausnahmsweise dann unschädlich sein kann, wenn aufgrund anderer Umstände zweifelsfrei feststeht, dass der Prozessbevollmächtigte die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernommen hat (vgl hierzu BAG vom 14.9.2020 - 5 AZB 23/20 - juris RdNr 19; Oberlandesgericht <OLG> Hamm vom 28.4.2022 - 30 U 32/22 - RdNr 22; ablehnend BVerwG vom 12.10.2021 - 8 C 4/21 - RdNr 9; OVG Schleswig-Holstein vom 18.12.2019 - 1 LA 72/19 - RdNr 4). Dabei müsste aber nicht nur die Identität des Absenders feststehen, sondern auch, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, dass es also dem Gericht mit Wissen und Willen des Berechtigten zugeleitet worden ist. Beides ist hier nicht der Fall.
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Zum einen ist die Prozessbevollmächtigte zwar als Einzelanwältin ohne Mitarbeiter tätig, führt die Kanzlei aber in einer Bürogemeinschaft mit einer anderen Rechtsanwältin. Aus der Gerichtsakte ergibt sich, dass die andere Rechtsanwältin im Verhinderungsfall (auch im hiesigen Verfahren) für die Prozessbevollmächtigte im eigenen Namen (in Vertretung) tätig wird, indem sie zum Beispiel Empfangsbekenntnisse unterschreibt. Die Verwendung des Briefkopfes der Prozessbevollmächtigten trifft keine Aussage darüber, ob diese für den sodann folgenden Inhalt der Berufungsbegründung auch die Verantwortung übernehmen will. Es lässt sich demnach ohne einfache Signatur nicht feststellen, ob die als Absender ausgewiesene Person identisch mit der den Inhalt des Schriftsatzes verantwortenden Person ist.
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Zum anderen lässt sich gerade auch mit dem Vortrag der Prozessbevollmächtigten nicht sicher feststellen, dass es sich bei dem am 22.3.2022 eingegangenen Schriftsatz nicht mehr um einen Entwurf gehandelt hat. Vielmehr hat die Prozessbevollmächtigte selbst ausgeführt, dass sie regelmäßig nach Erstellung eines Schriftsatzes eine redaktionelle Korrektur durchführt und erst dann ihren Namen unter das Dokument schreibt (signiert). Das ist hier nicht geschehen, sodass noch keine Endkorrektur ersichtlich war. Zudem enthält der 278-seitige nur wenig strukturierte Begründungsschriftsatz in weiten Passagen wörtlich die Ausführungen des damaligen Betreuers des Klägers im Verfahren betreffend die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG. Mit einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung soll aber erreicht werden, dass der Prozessbevollmächtigte die Rechtslage genau durchdenkt, bevor er durch seine Unterschrift die Verantwortung für die Revision übernimmt (BSG vom 20.1.2005 - B 3 KR 22/03 R - RdNr 16). Auch dies lässt sich der ohne Signatur übersandten Begründung nicht entnehmen.
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Die vom Kläger beantragte Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungsfrist ist abzulehnen, weil er einen Wiedereinsetzungsgrund nicht glaubhaft gemacht hat und auch sonst nicht ersichtlich ist, dass er ohne Verschulden an der Fristwahrung gehindert war (§ 67 Abs 1 SGG).
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Zwar kann eine (eigene) Krankheit das Verschulden einer Fristversäumnis entfallen lassen. Jedoch ist dies nur dann der Fall, wenn die Erkrankung in verfahrensrelevanter Form Einfluss auf die Entschluss-, Urteils- und Handlungsfähigkeit des Beteiligten hat. Die Erkrankung muss demnach so schwer sein, dass der Beteiligte selbst nicht handeln kann und auch zur Beauftragung eines Dritten nicht in der Lage ist (vgl BSG vom 12.4.2018 - B 12 KR 10/17 R - RdNr 7; BSG vom 20.1.1989 - 5 BJ 281/88 - RdNr 3; BVerfG vom 17.7.2007 - 2 BvR 1164/07 - NJW-RR 2007, 1717; BVerwG vom 22.7.2008 - 5 B 50/08; Senger in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl, § 67 SGG, Stand 21.12.2023, RdNr 51). Dies hat der Kläger nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Er hat zwar vortragen lassen, seine Prozessbevollmächtigte und deren Töchter seien in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Ablauf der Revisionsbegründungsfrist an Covid19 erkrankt. Daraus ergibt sich indes nicht, dass sie aufgrund dieser Erkrankung nicht in der Lage gewesen wäre, einen Vertreter zu benachrichtigen und diesen zumindest zu bitten, in der Sache um Verlängerung der Frist zu bitten (vgl hierzu zB BGH vom 26.9.2013 - V ZB 94/13 - NJW 2014, 228 RdNr 11 mwN) oder ihren Namen unter das Dokument zu schreiben.
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Zu den Sorgfaltspflichten auch eines Einzelanwalts gehört es, allgemeine Vorkehrungen dafür zu treffen, dass das zur Wahrung von Fristen Erforderliche auch dann unternommen wird, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall, zB durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen treffen (vgl zB BSG vom 16.2.2010 - B 2 U 318/09 B - RdNr 7 mwN; BGH vom 26.9.2013 - V ZB 94/13 - NJW 2014, 228 RdNr 7 mwN; zum Erfordernis der Vertreterbestellung bei Verhinderung wegen der Corona-Pandemie vgl zB auf der Heiden, NJW 2020, 1023, 1025). Hierzu verhält sich die Begründung des Wiedereinsetzungsantrags nicht. Es ist auch weder vorgetragen noch sonst erkennbar, dass die Klägervertreterin einen temporären Ausfall infolge einer Infektion mit Covid19 (zB wegen der damit ggf zusammenhängenden Quarantänepflichten) nicht hätte vorhersehen können. Dass die Prozessbevollmächtigte grundsätzlich in der Lage war, fristwahrende Schriftsätze zu versenden, zeigt sich im Übrigen bereits daran, dass der Schriftsatz selbst fristwahrend beim BSG eingegangen ist, nur eben unsigniert. Geht der Rechtsanwalt seiner Tätigkeit trotz krankheitsbedingter Einschränkungen nach, trägt er hierfür die Verantwortung. Eine Fehleinschätzung des Rechtsanwalts bezüglich seiner Leistungsfähigkeit kann das Verschulden einer Fristversäumnis allenfalls dann ausschließen, wenn sie selbst krankheitsbedingt ist (zB infolge einer krankheitsbedingten Beeinträchtigung der Geistestätigkeit). Dies behauptet die Prozessbevollmächtigte zwar, führt aber auch dazu in der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags nichts weiter aus und legt auch keine Mittel zur Glaubhaftmachung (etwa ein ärztliches Attest) vor.
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Stressbedingte Arbeitsüberlastung eines Rechtsanwalts ohne Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit ist nur ausnahmsweise geeignet, einen Fehler des Prozessbevollmächtigten auszuräumen (vgl hierzu zB BGH vom 8.5.2013 - XII ZB 396/12 - NJW 2013, 2035; BVerwG vom 11.3.2015 - 9 B 5/15 - RdNr 6; BAG vom 7.11.2012 - 7 AZR 314/12 - NJW 2013, 1467, 1470). Die Sorge um Familienangehörige kann die Konzentrationsfähigkeit zwar beeinträchtigen, zB bei der Fristberechnung oder - wie hier - der ordnungsgemäßen elektronischen Übermittlung. Damit ist die Schwelle, ab der zur Fristversäumnis führende Ereignisse in der Sphäre des Rechtsanwalts größeres Gewicht zukommt als dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit (Eintritt von formeller Rechtskraft), aber nicht erreicht. Käme es maßgeblich auf die subjektive Reaktion des Prozessbevollmächtigten auf in seinem familiären Umfeld liegende Umstände an, die nicht - wie zB eine Depression oder schwere physische Erkrankung - weiter objektiviert werden können, verlören Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen weithin ihre Bedeutung (vgl BSG vom 12.4.2018 - B 12 KR 10/17 R - RdNr 7).
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Schließlich liegt auch keine die Wiedereinsetzung gebietende Fürsorgepflichtverletzung des Revisionsgerichts vor, obgleich das Fehlen jeglicher Signatur erkennbar war. Ein Prozessbeteiligter kann zwar erwarten, dass offenkundige Versehen in angemessener Zeit bemerkt und innerhalb eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs die notwendigen Maßnahmen getroffen werden, um ein drohendes Fristversäumnis zu vermeiden (vgl BVerfG vom 20.6.1995 - 1 BvR 166/93 - BVerfGE 93, 99, 114 f; BSG vom 9.5.2018 - B 12 KR 26/18 B - SozR 4-1500 § 65a Nr 4 RdNr 11, vom 17.11.2015 - B 1 KR 130/14 B - juris RdNr 5, vom 30.1.2002 - B 5 RJ 10/01 R - SozR 3-1500 § 67 Nr 21 S 61 und BSG Großer Senat <GrS> vom 10.12.1974 - GS 2/73 - BSGE 38, 248, 261 f = SozR 1500 § 67 Nr 1 S 11 f). Da die Revisionsbegründung aber erst am Tag vor Fristablauf um 15:01 Uhr über das beA beim BSG einging, hätte ein unverzüglicher Hinweis an die Klägerbevollmächtigte innerhalb eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs nach richterlicher Prüfung nicht mehr erfolgen können. Die Erfassung eingehender elektronischer Dokumente durch die Geschäftsstelle und richterliche Prüfung, ob alle Formalien eingehalten sind, erfolgt innerhalb eines ordnungsgemäßen Geschäftsgangs nicht bis zum Ablauf des Folgetages. Ursächlich für die Versäumung der Begründungsfrist war mithin allein das Verhalten der Prozessbevollmächtigten, nicht hingegen eine etwaige Verletzung prozessualer Fürsorgepflichten des Gerichts.
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Da die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs 1 SGG, § 114 Abs 1 Zivilprozessordnung <ZPO>) bietet, ist dem Kläger auch keine PKH zu bewilligen. Mit der Ablehnung von PKH entfällt auch die Beiordnung des Rechtsanwalts (§ 121 ZPO).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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