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BSG 14.12.2017 - B 5 R 202/17 B
BSG 14.12.2017 - B 5 R 202/17 B - Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - sozialgerichtliches Verfahren - Verfassungswidrigkeit
Normen
§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, GG
Vorinstanz
vorgehend SG Hannover, 11. Mai 2015, Az: S 12 R 51/11
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 17. Mai 2017, Az: L 2 R 386/15, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17. Mai 2017 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
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Mit Urteil vom 17.5.2017 hat das LSG Niedersachsen-Bremen einen Anspruch der Klägerin auf höhere Rente wegen voller Erwerbsminderung abgelehnt.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensfehler.
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Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
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Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),
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das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
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ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
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Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG nicht dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.
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Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
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Die Klägerin hält folgende Fragen für grundsätzlich bedeutsam:
1)
"Ist die Regelung des § 75 Abs. 2 SGB VI mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG vereinbar?"
2)
"Fällt eine regelmäßige Rentenanpassung unter den eigentumsrechtlichen Schutz des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG und wenn ja in welchem Umfang?"
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Ob die Klägerin hiermit hinreichend bestimmte Rechtsfragen formuliert hat, kann offen bleiben. Jedenfalls ist die Klärungsbedürftigkeit nicht ausreichend dargelegt. Wer mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich dabei nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Grundrechte beschränken. Vielmehr muss die Beschwerdeführerin unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substantieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe der jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des Grundgesetzes im Einzelnen dargelegt werden. Es ist aufzuzeigen, dass der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten und in willkürlicher Weise verletzt hat (vgl BSG Beschluss vom 8.9.2016 - B 9 V 13/16 B - Juris RdNr 7 mwN). Ausreichende Darlegungen liegen dazu nicht vor. Vielmehr hätte im Einzelnen aufgezeigt werden müssen, dass und warum nach dem bisherigen Stand der Rechtsprechung Vorleistungen entgegen allgemeinen Prinzipien des Versicherungsrechts auch für die Bemessung von Leistungen aufgrund eingetretener Risiken berücksichtigungsfähig sein könnten. Ebenso bleibt hinsichtlich des behaupteten Eigentumsschutzes von Rentenanpassungen offen, warum die vom LSG angesprochene Rechtsprechung (BVerfG Beschluss vom 3.6.2014 - 1 BvR 79/09) sowie auch andere höchstrichterliche Rechtsprechung (zB BVerfG <Kammer> Beschluss vom 26.7.2007 - 1 BvR 824/03 ua - sowie BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 13 R 13/08 R - SozR 4-2600 § 255e Nr 1 - und BSG Beschluss vom 28.10.2010 - B 13 R 229/10 B - SozR 4-1500 § 192 Nr 1) nicht zur Klärung beitragen könnte. Die Beschwerdebegründung geht schließlich auch nicht ansatzweise darauf ein, dass die Höhe der Beitragspflicht zur Krankenversicherung jedenfalls keinen Einfluss auf die Höhe einer Pension hat (BVerfG <Kammer->Beschluss vom 7.4.2008 - 1 BvR 2325/07 - Juris) und warum ggf für Renten Abweichendes gelten könnte. Die Darstellung der eigenen Rechtsansicht genügt dafür nicht.
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Schließlich fehlt es an der Darlegung der Klärungsfähigkeit. Die Beschwerdebegründung lässt insbesondere offen, ob gerade auf der Grundlage des vom LSG festgestellten und für das BSG im angestrebten Revisionsverfahren grundsätzlich verbindlichen (§ 163 SGG) Sachverhalts notwendig über die angesprochene Problematik zu entscheiden ist (Klärungsfähigkeit). Soweit ein Sachverhalt geschildert wird, bleibt im Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben offen, wem dieser nach Auffassung der Beschwerdeführerin zuzurechnen sein soll. Eine Sachverhaltsschilderung gehört jedoch zu den Mindestvoraussetzungen der Darlegung bzw der Bezeichnung des Revisionszulassungsgrundes. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil selbst herauszusuchen (s nur BSG Beschluss vom 23.7.2007 - B 13/4 R 381/06 B - Juris RdNr 8 mwN).
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Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
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Die Klägerin hat einen Verstoß gegen Art 100 Abs 1 GG nicht schlüssig bezeichnet.
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Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist nach dieser Vorschrift das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichts des Landes, wenn es sich um die Verletzung des Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des BVerfG einzuholen. Dabei muss das vorlegende Gericht von der Verfassungswidrigkeit überzeugt sein (Pieroth in Jarras/Pieroth, GG, 14. Aufl 2016, Art 100 RdNr 15 mwN). Dass das LSG von seinem Rechtsstandpunkt aus von der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes (welches?) überzeugt gewesen ist, dennoch aber von einer Vorlage an das BVerfG abgesehen hat, lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen. Allein der Umstand, dass die Klägerin aus ihrer Sicht klärungsbedürftige Fragen verfassungsrechtlicher Art aufwirft, begründet keine Vorlagepflicht. Die Beschwerdebegründung geht schließlich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf ein, warum das LSG auf einen gesonderten Antrag der Klägerin hätte hinwirken müssen bzw den "Antrag" der Klägerin auf Vorlage an das BVerfG formell durch einen gesonderten und zu begründenden Beschluss hätte verbescheiden müssen, obwohl über die Vorlage nach Art 100 Abs 1 GG stets von Amts wegen zu entscheiden ist.
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Auch die Rüge des rechtlichen Gehörs iS von Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG ist nicht ausreichend dargetan.
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Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) liegt ua vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist (sog Erwägensrüge, vgl BVerfG SozR 1500 § 62 Nr 13 S 12; BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 19 S 33 mwN) oder sein Urteil auf Tatsachen und Beweisergebnisse stützt, zu denen sich die Beteiligten nicht haben äußern können (sog Überraschungsentscheidung iS von § 128 Abs 2 SGG; vgl BVerfGE 98, 218, 263; BSG SozR 3-1500 § 62 Nr 12 S 19). Zur Begründung eines entsprechenden Revisionszulassungsgrundes ist nicht nur der Verstoß gegen diesen Grundsatz selbst zu bezeichnen, sondern auch darzutun, welches Vorbringen ggf dadurch verhindert worden ist und inwiefern die angefochtene Entscheidung darauf beruhen kann (BSG SozR 1500 § 160a Nr 36 S 53). Ferner ist Voraussetzung für den Erfolg einer Gehörsrüge, dass der Beschwerdeführer darlegt, seinerseits alles getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 22 S 35; vgl auch BSGE 68, 205, 210 = SozR 3-2200 § 667 Nr 1 S 6). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Es fehlen jedenfalls Ausführungen dazu, in welcher Weise sich die angeblich unberücksichtigt gebliebenen oder unterbundenen Darlegungen der Klägerin ausgehend von der maßgeblichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts auf dessen Entscheidung ausgewirkt hätten.
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Der von der Klägerin persönlich vorgelegte Schriftsatz vom 1.9.2017 kann nicht als ordnungsgemäße Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde angesehen werden. Das BSG hat bereits entschieden, dass die bloße Vorlage eines von dem prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt unterzeichneten, sonst aber unveränderten Schriftsatzes des Beteiligten selbst keine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung darstellt (vgl BSG Beschluss vom 24.2.1992 - 7 BAr 86/91 - SozR 3-1500 § 166 Nr 4 S 9 f). Dies gilt wegen des Vertretungszwangs vor dem BSG (§ 73 Abs 4 SGG) erst recht, wenn sich ein Beteiligter mit einem von ihm selbst unterzeichneten Schriftsatz unmittelbar an das Gericht wendet. Der Bitte der Klägerin um Hinweis wegen des weiteren Vorgehens ist der Senat insoweit nachgekommen, als er den Schriftsatz vom 1.9.2017 an den Prozessbevollmächtigten weitergeleitet hat. Darüber hinaus ist der Senat nicht verpflichtet, die anwaltlich vertretene Klägerin vor einer Entscheidung auf Mängel oder Ergänzung der Beschwerdebegründung hinzuweisen. Die Bestimmung des § 106 Abs 1 SGG gilt insoweit nicht. Das Gesetz unterstellt vielmehr, dass ein Rechtsanwalt auch ohne Hilfe des Gerichts in der Lage ist, eine Nichtzulassungsbeschwerde formgerecht zu begründen (Senatsbeschluss vom 10.8.2011 - B 5 RS 40/11 B - BeckRS 2011, 75710 RdNr 9 sowie BSG Beschlüsse vom 31.5.2011 - B 13 R 103/11 R - BeckRS 2011, 73429 RdNr 10 und vom 21.7.2010 - B 7 AL 60/10 B - Juris RdNr 7). Gerade dies ist ein Grund für den Vertretungszwang des § 73 Abs 4 SGG (BSG Beschluss vom 16.11.2011 - B 13 R 317/11 B).
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Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
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