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BSG 11.10.2017 - B 6 KA 34/17 B
BSG 11.10.2017 - B 6 KA 34/17 B - Sozialgerichtliches Verfahren - keine revisionsgerichtliche Klärung des Ineinandergreifens von Regelungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (juris: EBM-Ä 2008) und des Bundesmantelvertrags-Ärzte (BMV-Ä) - Berechtigung der Vertragspartner auf Bundesebene zur Festlegung von Vergütungsregelungen für die Teilnahme von Vertragsärzten an besonders qualitätsgesicherten Behandlungsprogrammen
Normen
§ 82 Abs 1 S 1 SGB 5, § 87 Abs 1 SGB 5, § 87 Abs 2 SGB 5, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, Kap 26 EBM-Ä 2008, Nr 26315 EBM-Ä 2008, Anl 7 Anh 2 Teil A Nr 86512 BMV-Ä, Anl 7 Anh 2 Teil B Nr 8 BMV-Ä
Vorinstanz
vorgehend SG Düsseldorf, 2. September 2015, Az: S 33 KA 254/11, Urteil
vorgehend Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 5. Oktober 2016, Az: L 11 KA 83/15, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. Oktober 2016 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
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Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2986 Euro festgesetzt.
Gründe
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I
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Umstritten ist die Berichtigung der vertragsärztlichen Abrechnung des als Urologe im Bezirk der beklagten KÄV niedergelassenen Klägers.
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Die Beklagte berichtigte in der Abrechnung des Klägers für die Quartale III/2010 und IV/2010 in allen Fällen den Ansatz der Gebührenordnungsposition (GOP) 26315 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für die ärztlichen Leistungen (EBM-Ä) und ersetzte diese durch die Kostenpauschale nach Nr 86512 gemäß Anhang 2 der Anlage 7 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) (Onkologie-Vereinbarung). Der Kläger habe die Kostenpauschalen nach der Onkologie-Vereinbarung, an der er teilnimmt, abgerechnet, und nach der Leistungslegende zu den Kostenpauschalen nach Nr 86510, 86512 und 86514 seien neben diesen ua die GOP Nr 26315 EBM-Ä nicht berechnungsfähig.
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Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Das LSG hat ausgeführt, nach dem Wortlaut der Kostenerstattungsregelungen nach Nr 86512 des Anhangs 2 der Onkologie-Vereinbarung sei neben dem Ansatz dieser Positionen die Leistung nach Nr 26315 EBM-Ä, die allen, auch den an der Onkologie-Vereinbarung nicht teilnehmenden Vertragsärzten zur Verfügung steht, nicht berechnungsfähig. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht liege darin nicht; die Partner der Bundesmantelverträge (BMV), die die Onkologie-Vereinbarung geschlossen hätten, seien berechtigt, nicht nur zusätzliche GOP zu schaffen, sondern auch Harmonisierungsregelungen zu den allgemeinen Leistungspositionen des EBM-Ä vorzusehen (Urteil vom 5.10.2016).
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Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil macht der Kläger geltend, im Rechtsstreit seien Fragen von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
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II
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, weil sie entweder nicht klärungsbedürftig oder nicht klärungsfähig sind.
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1. Der Kläger hält für klärungsbedürftig, ob "die Vertragsparteien berechtigt" sind, "außerhalb des Bewertungsausschusses die Berechnungsfähigkeit von Gebührenordnungspositionen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes auszuschließen, mit der Folge, dass die Beklagte befugt ist, die entsprechende EBM-Position sachlich-rechnerisch zu berichtigen". Diese Rechtsfrage ist, soweit sie sich im hier zu beurteilenden Rechtsstreit stellt - nicht klärungsbedürftig, sondern im Sinne der Rechtsauffassung des LSG eindeutig zu bejahen.
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Zunächst wäre die aufgeworfene Frage nur begrenzt klärungsfähig, weil nach dem Kontext, in dem der Kläger diese Frage aufwirft, nicht generell zu entscheiden wäre, ob die Partner der BMV berechtigt sind, im BMV-Ä oder einer seiner zahlreichen Anlagen Abrechnungsausschlüsse von Positionen des EBM-Ä zu formulieren. Zu entscheiden wäre vielmehr nur, ob dann, wenn im BMV-Ä ein Leistungsbereich - hier die onkologische Versorgung von Versicherten - ergänzend zu den gesetzlichen und vertraglichen Regelungen im Übrigen speziell normiert wird, und auf bundesmantelvertraglicher Grundlage zusätzliche Vergütungstatbestände für Vertragsärzte geschaffen werden, die an der entsprechenden qualifizierten Versorgung krebskranker Patienten teilnehmen, die Partner des BMV-Ä berechtigt sind, das Verhältnis der zusätzlich geschaffenen Vergütungstatbestände zu den allgemeinen Regelungen im EBM-Ä zu regeln, und in diesem Rahmen auch wechselseitige Ausschlussregelungen zu formulieren. Es bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um entscheiden zu können, dass die Vertragspartner dazu berechtigt sind.
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Der Senat hat sich in seinem Urteil vom 3.8.2016 - B 6 KA 42/15 R (SozR 4-2500 § 87 Nr 33) - mit dem Ineinandergreifen von Regelungen der Partner der BMV und solchen des Bewertungsausschusses als Normgeber des EBM-Ä befasst und insbesondere auf die Änderungen der gesetzlichen Grundlagen durch das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16.7.2015 hingewiesen. Selbst wenn - wie der Kläger zu Recht betont - die vom Senat am 3.8.2016 zu beurteilenden Rechtsfragen hinsichtlich der Streichung eines Kapitels des EBM-Ä durch die Partner der BMV die hier zu beurteilende Konstellation nicht unmittelbar betreffen, ergibt sich aus dem Urteil jedoch, dass die grundsätzlichen Fragen des Ineinandergreifens von Regelungen des EBM-Ä und des BMV-Ä keiner weiteren revisionsgerichtlichen Klärung bedürfen. Für die hier zu beurteilenden Fragen gilt das in besonderer Weise.
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Das LSG hat nämlich zutreffend darauf hingewiesen, dass dann, wenn die Vertragspartner generell nicht berechtigt wären, Regelungen über die Vergütung von bundesmantelvertraglich besonders geregelten Behandlungskonzepten zu treffen, der Kläger von vornherein keinen Anspruch auf die Vergütung der von ihm angesetzten Kostenpauschale nach Nr 86512 Anhang 2 der Anlage 7 zum BMV-Ä haben könnte. Dann hätte er sein Prozessziel nicht erreichen können, denn die Beteiligten stellen zu Recht nicht in Frage, dass die Vergütung der Kostenpauschale nach Nr 86512 für den klagenden Vertragsarzt günstiger ist als die allgemeine Zusatzpauschale für die Betreuung eines Patienten mit einer gesicherten onkologischen Erkrankung bei laufender onkologischer Therapie oder Betreuung der Nachsorge nach Nr 26315 EBM-Ä. Sind die Vertragspartner auf Bundesebene aber - wie es der Rechtsprechung des Senats entspricht - nicht nur berechtigt, spezielle Behandlungsaufträge zu formulieren, sondern auch Vergütungsregelungen für die Teilnahme von Vertragsärzten an solchen besonders qualitätsgesicherten Behandlungsprogrammen festzulegen, kann es keinem Zweifel unterliegen, dass sie auch berechtigt sind, das Verhältnis der in diesen Vereinbarungen geschaffenen speziellen Vergütungstatbeständen zu den allgemeinen Regelungen des EBM-Ä näher zu bestimmen.
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Patienten mit Tumorerkrankungen auf dem urologischen Fachgebiet können sowohl von Vertragsärzten behandelt werden, die - wie der Kläger - an der Onkologie-Vereinbarung teilnehmen als auch von Vertragsärzten, die diesen Weg nicht gehen. Für die eine Gruppe stehen die speziellen höherbewerteten Pauschalvergütungen nach Anhang 2 der Onkologie-Vereinbarung zur Verfügung, für die anderen verbleibt es zur Abgeltung des besonderen Aufwands der Versorgung eines krebskranken Patienten bei der pauschalen Zuschlagsregelung der Nr 26315 EBM-Ä.
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2. Der Kläger hält weiterhin für klärungsbedürftig, ob "die bloße Behauptung der Bundesmantelvertragsparteien, einzelne Vergütungspositionen innerhalb einer gesetzlich vorgeschriebenen Vereinbarung zur Regelung ganzer Versorgungsbereiche bei erkannter Rechtswidrigkeit eines einzelnen Abrechnungsausschlusses anders vereinbart zu haben, für die Annahme einer Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung" ausreicht. Diese Frage wäre in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, weil sie unterstellt, das Berufungsgericht habe es insoweit bei der "bloßen Behauptung" der Partner der BMV bewenden lassen. Das trifft nicht zu. Das LSG hat im Einzelnen dargestellt, weshalb es sich die Überzeugung gebildet hat (§ 128 SGG), dass die Vereinbarung von wechselseitigen Abrechnungsausschlüssen hinsichtlich der speziellen Kostenpauschalen nach Anhang 2 der Onkologie-Vereinbarung und der allgemeinen Abrechnungspositionen nach dem Kapitel 26 EBM-Ä (Urologie) untrennbarer Teil des Anhangs 2 der Onkologie-Vereinbarung war und ist. Das LSG ist auf dieser Basis zu der Auffassung gelangt, ohne Umsetzbarkeit der wechselseitigen Abrechnungsausschlüsse sei nicht anzunehmen, dass die Vertragspartner die Vergütungsregelungen der Onkologie-Vereinbarung vereinbart hätten. Das stellt keine schlichte Übernahme einer "Behauptung" der Vertragspartner dar.
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Im Übrigen hat die Beklagte zu Recht dargelegt, dass nach Nr 8 Teil B des Anhangs 2 der Onkologie-Vereinbarung, in dem die Berechnung der Kostenpauschalen nach Anhang A der Höhe festgelegt worden sind, der Grundsatz der weitgehenden Kostenneutralität festgeschrieben wird. Auch das spricht dafür, dass die Vertragspartner keinesfalls zulassen wollten, dass alle an der Onkologie-Vereinbarung teilnehmenden Urologen neben den Kostenpauschalen nach Anhang 2 der Onkologie-Vereinbarung in allen Behandlungsfällen auch die Leistung nach Nr 26315 EBM-Ä abrechnen konnten. Insofern handelt es sich nicht um ein Randphänomen, sondern um den Regelfall: Es ist nicht zu erkennen, in welchen Konstellationen der Behandlung eines krebskranken Patienten die Leistungslegende nach Nr 86512 erfüllt sein könnte, ohne dass zugleich auch der Tatbestand der "Behandlung und/oder Betreuung eines Patienten mit einer gesicherten onkologischen Erkrankung" im Sinne der Nr 26315 EBM-Ä erfüllt ist. Insoweit liegt der typische Fall der Doppelabrechnung von Leistungen vor, die regelmäßig im EBM-Ä selbst im Sinne des Vorrangs der einen oder anderen GOP geregelt wird. Wenn eine ergänzende, für die Vertragsärzte wirtschaftlich günstigere Zusatzvergütung im BMV-Ä vereinbart wird, liegt es auf der Hand, dass die Vertragspartner des BMV-Ä bestimmen können, welche Leistungen des EBM-Ä, die sich mit den neu in der Onkologie-Vereinbarung geregelten Vergütungstatbeständen weitgehend überschneiden, neben den Spezialtatbeständen nicht abgerechnet werden können.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 iVm § 154 Abs 2 VwGO.
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4. Der Streitwert entspricht dem wirtschaftlichen Wert der mit der Klage angefochtenen Honorarberichtigung (§ 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG).
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