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BVerfG 07.10.2021 - 1 BvR 609/21
BVerfG 07.10.2021 - 1 BvR 609/21 - Nichtannahme einer mangels hinreichender Substantiierung unzulässigen Verfassungsbeschwerde, soweit sie nicht für erledigt erklärt worden ist - Ablehnung der Auslagenerstattung (§ 34a Abs 3 BVerfGG) bei Unzulässigkeit mangels Rechtswegerschöpfung
Normen
Art 103 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 34a Abs 3 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 92 BVerfGG
Vorinstanz
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 18. März 2021, Az: 1 S 774/21, Beschluss
vorgehend VG Freiburg (Breisgau), 3. März 2021, Az: 8 K 435/21, Beschluss
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1) wird, soweit sie nicht bereits für erledigt erklärt wurde, nicht zur Entscheidung angenommen.
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Der Antrag der Beschwerdeführenden auf Anordnung der Erstattung ihrer notwendigen Auslagen wird abgelehnt.
Gründe
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Die mit Eilanträgen verbundenen Verfassungsbeschwerden betreffen Entscheidungen des Landratsamts und - im einstweiligen Anordnungsverfahren - der Verwaltungsgerichte im Zusammenhang mit dem Antrag der Beschwerdeführerin zu 1) auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Wiedereröffnung des mit einer Senioreneinrichtung verbundenen gastronomischen Betriebs.
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1. Die Beschwerdeführerin zu 1) betreibt unter anderem eine Senioreneinrichtung für betreutes Wohnen mit einem angegliederten Gastronomiebetrieb, der auch als Gemeinschaftsraum für die Bewohnerinnen und Bewohner dient. Der Beschwerdeführer zu 2) ist Bewohner der Einrichtung und, wie nahezu alle Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtung, zweifach gegen SARS-CoV-2 geimpft.
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Die Beschwerdeführerin zu 1) beabsichtigte, den Betrieb als Gemeinschaftsraum der gastronomischen Versorgung und Betreuung ausschließlich für diejenigen Bewohnerinnen und Bewohner und Mitarbeitenden zu öffnen, die geimpft waren oder eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus überstanden hatten. Das Landratsamt lehnte den Antrag ab. Vor dem Verwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof blieb die Beschwerdeführerin zu 1) mit einem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO jeweils erfolglos.
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2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügten die Beschwerdeführenden ursprünglich eine Verletzung der Beschwerdeführerin zu 1) in ihren Rechten aus Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG und des Beschwerdeführers zu 2) in seinen Rechten aus Art. 2 Abs. 1, 2 Satz 1 sowie Art. 3 Abs. 1 GG.
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Den Erlass einer einstweiligen Anordnung hielten sie im Hinblick auf die erheblichen Beeinträchtigungen und Gefährdungen der psychischen Gesundheit des Beschwerdeführers zu 2) für angezeigt. Werde der Betrieb geöffnet, bleibe nur ein "vernachlässigbares" beziehungsweise "extrem geringes" Restrisiko von Infektionen.
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3. Im Anhörungsrügeverfahren gegen seinen den Erlass einer einstweiligen Anordnung ablehnenden Beschluss unterbreitete der Verwaltungsgerichtshof einen Vergleichsvorschlag, der - unter Aufhebung der Kosten - vorsah, dass der Beschwerdeführerin zu 1) gestattet werde, den gastronomischen Betrieb als Gemeinschaftsraum mit Zugangsmöglichkeiten ausschließlich für Bewohnerinnen und Bewohner sowie Mitarbeitende, die gegen das SARS-CoV-2-Virus geimpft sind oder nachweislich eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus überstanden haben und nicht mehr infektiös sind, wiederaufzunehmen. Nach Protokollierung des Vergleichs erließ das Landratsamt einen entsprechenden Bescheid.
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4. Die Beschwerdeführenden haben daraufhin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der Beschwerdeführer zu 2) auch seine Verfassungsbeschwerde und die Beschwerdeführerin zu 1) ihre Verfassungsbeschwerde mit Ausnahme der Grundrechtsrügen von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 und Art. 103 Abs. 1 GG für erledigt erklärt.
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I.
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Soweit die Verfassungsbeschwerden und die Eilanträge für erledigt erklärt wurden, sind Gegenstand des Verfahrens nur noch die Anträge auf die Erstattung der Auslagen. Sie haben keinen Erfolg.
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1. Nach Erledigung der Verfassungsbeschwerde ist über die Erstattung der den Beschwerdeführenden entstandenen Auslagen nach Billigkeitsgesichtspunkten zu entscheiden (§ 34a Abs. 3 BVerfGG). Eine summarische Prüfung der Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde kommt jedoch regelmäßig nicht in Betracht, wenn nicht die Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde offensichtlich war und unterstellt werden kann oder wenn die verfassungsrechtliche Lage geklärt worden wäre. Allerdings kann dem Grund, der zur Erledigung führte, entscheidende Bedeutung zukommen. Hilft die öffentliche Gewalt von sich aus der Beschwer ab und kann davon ausgegangen werden, dass sie das Vorbringen der Beschwerdeführenden selbst für berechtigt gehalten hat, kann es billig sein, diesen ihre Auslagen zu erstatten (vgl. BVerfGE 85, 109 114 f.>; 87, 394 397>; 91, 146 147>; 133, 37 38 Rn. 2>; dazu auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 30. September 2020 - 1 BvR 2869/18 -, Rn. 2). Das ist aber regelmäßig nicht der Fall, wenn die Verfassungsbeschwerde unzulässig war (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 13. April 2011 - 1 BvR 689/11 -, Rn. 4; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Oktober 2014 - 2 BvR 550/14 -, juris, Rn. 3; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 23. Januar 2019 - 1 BvR 2066/18 -, juris, Rn. 2; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 9. Juli 2020 - 1 BvR 1054/20 -, Rn. 2; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 16. September 2020 - 1 BvR 1977/20 -, Rn. 3).
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2. Letzteres ist hier der Fall, denn unabhängig von der zur Zulässigkeit erforderlichen Auseinandersetzung mit dem einfachen Recht (vgl. BVerfGE 140, 229 232 Rn. 9>) war jedenfalls der Rechtsweg nicht erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).
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Die Beschwerdeführerin zu 1) hat die Verfassungsbeschwerde nebst Eilantrag vor der Entscheidung über die Anhörungsrüge eingelegt. Das Anhörungsrügeverfahren gehört jedoch zum Rechtsweg, wenn - wie hier - (auch) eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG geltend gemacht wird (vgl. BVerfGE 122, 190 198> m.w.N.). Die Beschwerdeführerin zu 1) hat hier gerade im Anhörungsrügeverfahren auf Grund des gerichtlichen Vergleichsvorschlags die begehrte Genehmigung erhalten.
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Auch der Beschwerdeführer zu 2), der in dem gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren von der angegriffenen Entscheidung nur mittelbar betroffen und daher nicht beschwerdebefugt war, hat den Rechtsweg nicht erschöpft. Er hat zur Geltendmachung eigener Rechte die Fachgerichte nicht angerufen.
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II.
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Soweit die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 1) nicht für erledigt erklärt worden ist, ist sie nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil sie unzulässig ist. Die Beschwerdeführerin hat die Möglichkeit einer Verletzung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG nicht in der nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG gebotenen Weise dargelegt. Dies gilt auch hinsichtlich des behaupteten Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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