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BFH 10.12.2019 - IX R 23/18
BFH 10.12.2019 - IX R 23/18 - (Berichtigung der fehlerhaften Festsetzung eines ordnungsgemäß erklärten Veräußerungsgewinns i.S. des § 17 EStG im Einkommensteuerbescheid trotz "6-Augen-Prinzip")
Normen
§ 129 AO, § 17 Abs 1 EStG 2009, § 17 Abs 2 EStG 2009, § 17 Abs 3 EStG 2009, EStG VZ 2011
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 14. Juni 2018, Az: 15 K 271/16, Urteil
Leitsatz
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1. § 129 AO ist nicht anwendbar, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht .
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2. Ob ein mechanisches Versehen oder ein die Berichtigung nach § 129 AO ausschließender Tatsachen- oder Rechtsirrtum vorliegt, muss nach den Verhältnissen des Einzelfalls und dabei insbesondere nach der Aktenlage beurteilt werden. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine Tatfrage; die revisionsrechtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob das FG im Rahmen der Gesamtwürdigung von zutreffenden Kriterien ausgegangen ist, alle maßgeblichen Beweisanzeichen in seine Beurteilung einbezogen und dabei nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat .
Tenor
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Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 14.06.2018 - 15 K 271/16 sowie der berichtigte Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 05.12.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 04.01.2016 aufgehoben.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berechtigt war, den an den Kläger und Revisionskläger (Kläger) sowie seine Ehefrau gerichteten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2011 nach § 129 der Abgabenordnung (AO) zu berichtigen.
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Der Kläger war im Streitjahr alleiniger Gesellschafter der B-GmbH. Mit notariell beurkundeten Anteilskauf- und Übertragungsvertrag vom 17.11.2011 veräußerte der Kläger einen Gesellschaftsanteil von 20 % mit schuldrechtlicher Wirkung zum 31.12.2010 (24:00 Uhr) zum Preis von 138.400 €. Unter Berücksichtigung der auf den veräußerten Anteil entfallenden Anschaffungs- und Veräußerungskosten ergab sich ein --zwischen den Beteiligten der Höhe nach unstreitiger-- Veräußerungsgewinn i.S. des § 17 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 132.900 €, welcher nach dem Teileinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40 EStG zu 60 % --d.h. in Höhe von 79.740 €-- der Besteuerung unterliegt. Unstreitig ist auch, dass der Veräußerungsgewinn im Veranlagungszeitraum 2011 zu erfassen ist.
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Im Rahmen der vom Kläger und seiner Ehefrau im Februar 2013 beim FA elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung für das Streitjahr wurde bei den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb (Anlage G) unter Kennziffer 45.28 zutreffend ein "Steuerpflichtiger Teil des Veräußerungsgewinns bei Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften/Genossenschaften nach § 17 EStG [...]" in Höhe von 79.740 € erklärt. Der Veranlagungssachbearbeiter des FA prüfte den erklärten Gewinn, hakte den erklärten Betrag auf dem vom Kläger verwendeten Einkommensteuerformular ab und brachte den Vermerk "siehe V-Akte" an. Ferner fügte er der Erklärung eine "Checkliste Anteilsveräußerung" bei, in welcher der vom Kläger ermittelte Gewinn nachvollzogen wurde. Auf dem Hauptvordruck der Einkommensteuererklärung wurde der handschriftliche Hinweis "H-Fall", "RKS 1" und "O-Fall/Sgl." angebracht; überdies unterlag die Erklärung dem Prüfungsfeld "Veräußerungsgewinne".
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Im weiteren maschinellen Veranlagungsverfahren kam es anschließend --dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig-- zunächst zu einem Abbruch-Hinweis "3366:D" mit der Arbeitsanweisung "Eine maschinelle Berechnung ist nicht möglich. Die personell ermittelten steuerfreien Veräußerungsgewinne sind in der Kennziffer 45.83 einzutragen". Im weiteren Veranlagungsverfahren wurde unter Kennziffer 45.83 (Beschreibungstext: "personell ermittelter steuerfreier Veräußerungsgewinn") der Wert "79.740 €" eingetragen; zutreffenderweise wäre hier der Freibetrag nach § 17 Abs. 3 EStG mit dem Wert "0 €" einzutragen gewesen. Im finanzgerichtlichen Verfahren konnte nicht zweifelsfrei geklärt werden, durch wen (Veranlagungssachbearbeiter, Bearbeiterin der Qualitätssicherungsstelle --QSST--; Sachgebietsleiterin) die Kennziffer 45.83 angesprochen worden ist.
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Durch den Eintrag des Werts "79.740 €" unter Kennziffer 45.83 wurde im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 05.08.2013 von den zutreffend erklärten und dort aufgeführten Einkünften des Klägers aus Veräußerungsgewinnen in Höhe von 79.740 € ein "steuerfrei bleibender Veräußerungsgewinn" in gleicher Höhe abgezogen, so dass die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb in Höhe von 0 € bei der Summe der Einkünfte berücksichtigt sind.
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Eine für die Akten ausgedruckte Prüfberechnung führte hierzu u.a. aus: "Fall der RK [= Risikoklasse] 1: Bitte den Steuerfall unter Einbeziehung der ggf. ausgegebenen Risikohinweise vollumfänglich prüfen.". Ein darunter aufgeführter Prüfhinweis zu § 17 EStG (PHW 4863) führt aus, dass "gewerbliche Einkünfte (des Klägers) aus der Veräußerung … von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Privatvermögen (§ 17 EStG)" nach Maßgabe bestimmter Prüfpunkte (u.a.: "Teileinkünfteverfahren") durch den Sachgebietsleiter zu prüfen sind. Auch dieser Prüfhinweis wurde --vom Veranlagungssachbearbeiter-- abgehakt sowie mit dem handschriftlichen Vermerk "siehe V-Akte" versehen. Auf der "Checkliste Anteilsveräußerung" finden sich in der Rubrik "2. Überprüfung des Veräußerungsgewinnes/-verlustes - Anschaffungskosten, Veräußerungskosten" überdies handschriftliche Vermerke, die erkennbar nicht vom Veranlagungssachbearbeiter stammen. Auch die in den Steuerakten befindliche "Checkliste Anschaffungskosten" weist in der Rubrik "1. Anteilserwerb durch Gründung/Kapitalerhöhung - Notwendige Unterlagen" handschriftliche Vermerke auf, die nicht vom Veranlagungssachbearbeiter angebracht wurden.
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Dem Veranlagungssachbearbeiter des FA lag im Veranlagungsverfahren für das Streitjahr der Anteilskauf- und Übertragungsvertrag vom 17.11.2011 vor, welcher in der vom FA geführten Vertragsakte ("V-Akte") abgeheftet wurde; in der Vertragsakte findet sich überdies ein Formblatt der Finanzverwaltung zur "Übertragung von Anteilen/Bezugsrechten/Entgeltliche Übertragung/steuerverstrickte Anteile nach § 17 Abs. 1 u. 6 EStG", auf dem handschriftliche Vermerke des Veranlagungssachbearbeiters sowie maschinelle Eintragungen vorgenommen worden sind. An diesem Blatt ist ein kleiner Zettel angeheftet, der nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) eine Berechnung des Freibetrags nach § 17 EStG enthält und auf dem abschließend vermerkt ist: "=> kein FB § 17 (3)".
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Unter dem 09.07.2013 zeichnete der Veranlagungssachbearbeiter des FA den Steuerfall ab und leitete diesen sowohl elektronisch als auch mit der Papierakte an die Bearbeiterin der QSST weiter. Die Weiterleitung ist durch ein Formblatt "Fallübergabe an die QSST" dokumentiert; auch auf diesem Formblatt finden sich handschriftliche Vermerke, die nicht vom Veranlagungssachbearbeiter stammen. Der Steuerfall war als "Prüffeldfall 8" --d.h. mit dem Prüffeld "Anteilsveräußerung § 17 EStG"-- gekennzeichnet worden. Die Bearbeiterin der QSST zeichnete den Steuerfall am 10.07.2013 unter dem Vermerk "Prüffeld 8 QSST geprüft" ohne inhaltliche Änderungen ab und leitete ihn an die zuständige Sachgebietsleiterin des Veranlagungsbezirks weiter. Die Sachgebietsleiterin gab den Fall am 15.07.2013 abschließend frei.
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Aufgrund eines vom Veranlagungssachbearbeiter verfügten "personellen Bescheidversands" wurde der vom Rechenzentrum an das FA übersandte, vom 05.08.2013 datierende Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom Veranlagungssachbearbeiter per Post an jenem Tag an den Bevollmächtigten des Klägers weitergeleitet; der Postversand wurde durch Handzeichen des Veranlagungssachbearbeiters dokumentiert. Der Bescheid stand --wegen zu anderen Punkten nachzureichender Unterlagen-- gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
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Nachdem die Kläger weitere Unterlagen betreffend das Streitjahr nachgereicht und Angaben bezüglich ihrer Kinderbetreuungskosten sowie den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ergänzt hatten, erließ das FA unter dem 07.10.2013 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr; der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.
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Im Zuge einer im Jahr 2014 bei der GmbH durchgeführten Außenprüfung betreffend die Einkommensteuer 2009 bis 2012 wurde die fehlerhafte Festsetzung des Veräußerungsgewinns bemerkt. Vor diesem Hintergrund erließ das FA unter dem 05.12.2014 einen nach § 129 Satz 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid, in dem der vom Kläger erklärte Veräußerungsgewinn in Höhe von 79.740 € ohne Abzug eines Freibetrags oder eines "steuerfrei bleibenden Veräußerungsgewinns" der Besteuerung zugrunde gelegt wurde. Den fristgerecht erhobenen Einspruch des Klägers und seiner Ehefrau wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 04.01.2016 als unbegründet zurück.
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Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das FG entschied in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2018, 1771 veröffentlichten Urteil, das FA sei zur Berichtigung des fehlerhaften Einkommensteuerbescheides nach § 129 Satz 1 AO berechtigt gewesen. Die Eintragung des Betrags von 79.740 € anstatt von 0 € unter Kennziffer 45.83 durch den Veranlagungssachbearbeiter stelle sich im Zuge einer Gesamtwürdigung als --ein der Berichtigung nach § 129 AO zugängliches-- mechanisches Versehen dar. Es bestünden keine über eine theoretische Möglichkeit hinausgehenden Anhaltspunkte für einen Fehler des Veranlagungssachbearbeiters im Bereich der Rechtsanwendung, der Sachverhaltsermittlung oder der Sachverhaltswürdigung. Der mechanische Fehler des Veranlagungssachbearbeiters sei von der Mitarbeiterin der QSST unentdeckt übernommen worden, ohne dass dieser ein eigener Fehler in der Rechtsanwendung unterlaufen sei. Das Vorgehen der QSST möge eine grobe Unachtsamkeit sein, stelle aber gleichwohl keinen über die theoretische Möglichkeit hinausgehenden Fehler im Bereich der Rechtsanwendung, der Sachverhaltswürdigung oder der Sachverhaltserfassung dar. Der mechanische Fehler des Veranlagungssachbearbeiters sei schließlich auch von der Sachgebietsleiterin bei abschließender Freizeichnung unbemerkt übernommen worden; diese habe aus Gründen der Arbeitsbelastung weder den Veräußerungsgewinn auf dem Papier, noch die hierzu erfolgten maschinellen Eintragungen überprüft und damit selbst keinen Rechtsanwendungsfehler oder gleichgestellten Fehler begangen. Dieser (mechanische) Fehler sei auch im Zuge des Erlasses eines Änderungsbescheides am 07.10.2013 bestehen geblieben, da bezüglich des Veräußerungsgewinns keine weiteren Prüfungen vorgenommen worden seien. Die sich als mechanischer Fehler darstellende Unrichtigkeit sei trotz der Bearbeitung durch drei Personen offenbar. Alleine der Umstand, dass ein Steuerfall besonders intensiv geprüft werden solle, bedeute nicht zwangsläufig, dass ein Fall auch tatsächlich intensiv geprüft werde.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision. Er vertritt die Auffassung, dass der --im Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch in der Ausbildung befindliche-- Veranlagungssachbearbeiter aufgrund des Abbruch-Hinweises "3366:D" und der damit verbundenen Arbeitsanweisung --"Eine maschinelle Berechnung ist nicht möglich. Die personell ermittelten steuerfreien Veräußerungsgewinne sind in der Kennziffer 45.83 einzutragen"-- rechtliche Überlegungen zum Eintrag eines manuell ermittelten Freibetrages bzw. eines "personell ermittelten steuerfreien Veräußerungsgewinns" habe anstellen müssen. Schon aus diesem Grund könne die vom FA vorgenommene Berichtigung des ursprünglichen Einkommensteuerbescheides vom 05.08.2013 nicht auf die Rechtsgrundlage des § 129 Satz 1 AO gestützt werden. Das FA habe in diesem Zusammenhang nicht nachweisen können, dass die Ermittlung des --im Streitfall nicht zu gewährenden-- Freibetrages auf einem in der Vertragsakte angehefteten Zettel durch den Veranlagungssachbearbeiter im zeitlichen Zusammenhang mit der Veranlagung stattgefunden habe. Auch im Rahmen der weiteren Prüfung des Steuerfalles, welcher als "Fall der Risikoklasse 1", als Prüffeld-Fall mit dem Prüffeld 8 "Anteilsveräußerung § 17 EStG" sowie als "Intensiv-Prüfungsfall" eingestuft war, bestünde eine mehr als nur theoretische Möglichkeit eines Rechtsirrtums, der die Annahme eines mechanischen Versehens i.S. des § 129 AO ausschließe. Nach dem Ergebnis der in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Zeugenbefragungen des Veranlagungssachbearbeiters, der Sachbearbeiterin der QSST und der Sachgebietsleiterin stehe fest, dass die maßgeblichen Unterlagen in der Steuerakte (Checkliste Anteilsveräußerung; Checkliste Anschaffungskosten; Formblatt "Fallübergabe an die QSST") neben den handschriftlichen Vermerken des Veranlagungssachbearbeiters auch die handschriftlichen Vermerke einer weiteren Person --vermutlich der Sachbearbeiterin der QSST-- enthielten; hieraus ergebe sich zweifelsfrei, dass der Steuerfall einschließlich der maschinellen ausgeworfenen Prüfberechnung von mindestens zwei Personen eingehend inhaltlich geprüft worden sei. Aber auch die Sachgebietsleiterin hätte im Rahmen ihrer Zeugenanhörung angegeben, die Prüfberechnung auf dem Bildschirm aufgerufen und freigegeben zu haben. Mithin hätten sich bei jedem der drei Beteiligten zumindest Zweifel aufdrängen müssen. Auch im Rahmen der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung sei der Veranlagungssachbearbeiter sich aufdrängenden Zweifeln an der Steuerberechnung nicht nachgegangen. Vor diesem Hintergrund sei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Berichtigung nach § 129 AO aus geschlossen.
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Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil des FG vom 14.06.2018 - 15 K 271/16 sowie den berichtigten Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 05.12.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.01.2016 aufzuheben,
hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Das FG sei zutreffend davon ausgegangen, dass der fehlerhafte Einkommensteuerbescheid vom 05.08.2013 nach § 129 AO berichtigt habe werden dürfen. Im Streitfall liege ein mechanischer Fehler des Veranlagungssachbearbeiters vor, der bei der Prüfung durch die QSST und die Sachgebietsleitung unentdeckt geblieben sei. Eine solche Berichtigung könne auch dann noch vorgenommen werden, wenn ein fehlerhafter Bescheid nochmals --hier durch die QSST und die Sachgebietsleitung-- inhaltlich überprüft werde, diese inhaltliche Prüfung sich jedoch nicht auf den mechanischen Fehler bezogen habe. Im Streitfall sei eine Berichtigung zu dem auch nicht wegen gehäufter Unachtsamkeit oder sich aufdrängender Zweifel, denen nicht nachgegangen worden sei, ausgeschlossen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr nach § 129 AO berichtigt werden konnte.
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1. Nach § 129 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen.
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a) Offenbare Unrichtigkeiten in diesem Sinne sind mechanische Versehen wie beispielsweise Schreibfehler, Rechenfehler sowie Eingabe- oder Übertragungsfehler. Dagegen schließen Fehler im Bereich der Willensbildung, Fehler bei der Auslegung oder Nichtanwendung einer Rechtsnorm, unrichtige Tatsachenwürdigung, unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts oder Fehler, die auf mangelnder Sachaufklärung bzw. Nichtbeachtung feststehender Tatsachen beruhen, die Anwendung des § 129 Satz 1 AO aus. § 129 AO ist mithin nicht anwendbar, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 07.11.2013 - IV R 13/11, BFH/NV 2014, 657; vom 10.05.2016 - IX R 4/15, BFH/NV 2016, 1425, jeweils m.w.N.). Vor diesem Hintergrund ist eine Berichtigung nach § 129 AO nicht möglich, wenn das FA aufgrund einer Hinweismitteilung den Fall überprüft hat, es im Rahmen dieser Überprüfung zu einer neuen Willensbildung der zuständigen Beamten gekommen ist und mithin die Möglichkeit eines Rechtsirrtums nicht auszuschließen ist; verbleibende Unklarheiten gehen insoweit zu Lasten des FA (so schon BFH-Urteil vom 04.06.1986 - IX R 52/82, BFHE 147, 393, BStBl II 1987, 3).
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Da der Wortlaut des § 129 Satz 1 AO auf "offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind" abstellt, kommt es entscheidend auf die Umstände bei der Entscheidungsfindung und demzufolge vornehmlich auf den Akteninhalt an. Maßgebend ist deshalb, ob der Fehler bei Offenlegung des aktenkundigen Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen (objektiven) Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist. Dabei genügt die Offenbarkeit der Unrichtigkeit als solche; nicht dagegen ist erforderlich, dass für den Bescheidadressaten auch der an Stelle des unrichtigen zu setzende richtige Inhalt des Bescheids offenbar ist. Unerheblich ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, ob der Steuerpflichtige die Unrichtigkeit anhand des Bescheids und der ihm vorliegenden Unterlagen erkennen konnte (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2014, 657, m.w.N.).
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b) Ob ein mechanisches Versehen oder ein die Berichtigung nach § 129 AO ausschließender Tatsachen- oder Rechtsirrtum vorliegt, muss nach den Verhältnissen des Einzelfalls und dabei insbesondere nach der Aktenlage beurteilt werden. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um eine Tatfrage; die revisionsrechtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob das FG im Rahmen der Gesamtwürdigung von zutreffenden Kriterien ausgegangen ist, alle maßgeblichen Beweisanzeichen in seine Beurteilung einbezogen und dabei nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (§ 118 Abs. 2 FGO).
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2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Das FG hat im Rahmen seiner Gesamtwürdigung nicht alle maßgeblichen objektiven Umstände berücksichtigt.
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a) Im Ausgangspunkt ist das FG zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Veranlagung des Klägers im Bereich der Kennziffer 45.83 ein unzutreffender Wert eingetragen worden ist; denn ein Freibetrag nach § 17 Abs. 3 EStG war im Streitfall nicht zu gewähren, sodass richtigerweise ein Wert in Höhe von "0 €" einzutragen gewesen wäre.
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In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das FG nach Auffassung des erkennenden Senats auch die recht pauschale Aussage der als Zeugin gehörten Sachgebietsleiterin im Ergebnis dahin gewürdigt, dass diese nur eine reine Plausibilitätskontrolle, nicht aber eine echte Inhaltsprüfung der Prüfberechnung durchgeführt habe.
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b) Soweit das FG allerdings aus den im erstinstanzlichen Verfahren getroffenen Feststellungen den Schluss gezogen hat, dass bereits dem Veranlagungssachbearbeiter ein mechanisches Versehen durch den Eintrag eines falschen Werts bei Kennziffer 45.83 unterlaufen sei, hat es nicht hinreichend gewürdigt, dass dieser im Rahmen seiner Zeugenaussage in der mündlichen Verhandlung vor dem FG noch nicht einmal bestätigen wollte, dass er selbst diese Eintragung im Veranlagungsverfahren (maschinell) vorgenommen hat; vielmehr hat es der Zeuge für möglich gehalten, dass die Kennziffer 45.83 zu einem späteren Zeitpunkt und/oder von einem anderen Bearbeiter der Finanzverwaltung angesprochen worden ist. Dabei hat der Zeuge auch ausgeführt, dass es technisch möglich sei, "den Fall an eine andere Stelle auch mit Abbruchhinweis abzugeben". In diesem Zusammenhang hat die als Zeugin gehörte Bearbeiterin der QSST ergänzend angegeben, sie könne sich nicht erklären, "wie es zu der Eintragung von 79.740 € gekommen ist". Vor diesem Hintergrund ist die Gesamtwürdigung des FG, wonach bereits auf der Stufe des Veranlagungssachbearbeiters die Tatbestandsvoraussetzungen der Berichtigungsnorm des § 129 Satz 1 AO erfüllt waren, weder von dessen Zeugenaussage noch von den anderweitigen, in diesem Zusammenhang vom FG getroffenen Feststellungen gedeckt. Es kann offenbleiben, ob es dem FA aufgrund der ihm vorliegenden datentechnischen Informationen möglich gewesen wäre, dem FG --mit Blick auf dessen Beweisbeschluss vom 27.04.2018 - 15 K 271/16-- mitzuteilen, wann und auf welcher Ebene die fehlerhafte Eingabe bei Kennziffer 45.83 tatsächlich erfolgt ist; denn das FA hat im Rahmen der ihm obliegenden Feststellungslast (s. schon BFH-Urteil in BFHE 147, 393, BStBl II 1987, 3) keine dahingehenden Tatsachen offengelegt. Dies geht insoweit zu seinen Lasten.
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Weiter hat das FG nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Steuerfall von zwei Bearbeitern --zweifellos dem Veranlagungssachbearbeiter sowie (mutmaßlich) der Bearbeiterin der QSST-- inhaltlich geprüft und bearbeitet worden ist. Dies geht eindeutig aus den Steuerakten und den darin befindlichen handschriftlichen Vermerken hervor, die sich vom Schriftbild her deutlich unterscheiden und zwei verschiedenen Personen zuzuordnen sind.
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c) Unter Berücksichtigung dieser den BFH nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen steht allein fest, dass die als "Fall der Risikoklasse 1", als Prüffeld-Fall mit dem Prüffeld 8 "Anteilsveräußerung § 17 EStG" sowie als "Intensiv-Prüfungsfall" eingestufte Einkommensteuerveranlagung der Kläger zumindest von zwei Bearbeitern der Finanzverwaltung inhaltlich geprüft worden ist. Demgegenüber steht nicht zweifelsfrei fest, wer die Kennziffer 45.83 zu welchem Zeitpunkt angesprochen und den fehlerhaften Eintrag mit 79.740 € vorgenommen hat. Vor diesem Hintergrund ist aber auch die Möglichkeit (falscher) rechtlicher Erwägungen durch die maßgebliche Person nicht mit Sicherheit auszuschließen. Kann indes auf dieser Tatsachengrundlage schon nicht die Möglichkeit ausgeschlossen werden, dass bereits die ursprüngliche Eintragung des unzutreffenden Werts bei Kennziffer 45.83 auf (unzutreffenden) rechtlichen Erwägungen beruhte und nicht lediglich mechanisch erfolgte, kommt es nicht mehr darauf an, ob eine weitere Überprüfung des Steuerfalles (durch die Bearbeiterin der QSST bzw. durch die Sachgebietsleiterin) sich --wovon das FA ausgeht-- auf eine bloße Plausibilitätskontrolle beschränkte oder eine "echte" Inhaltsprüfung darstellte (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2014, 657).
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d) Da das FG nach Auffassung des erkennenden Senats seiner Sachaufklärungspflicht in vollem Umfang genügt und alle seinerzeit zuständigen Bearbeiter des FA als Zeugen vernommen hat, werden diese Fragen wegen der nur lückenhaften Erinnerung der Befragten --welche mit Blick auf den Zeitablauf durchaus verständlich ist-- auch nicht mehr zu klären sein. Verbleibende Unklarheiten hierüber gehen indes zu Lasten des FA (BFH-Urteil in BFHE 147, 393, BStBl II 1987, 3).
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3. Die Sache ist spruchreif. Da nicht festgestellt werden kann, dass der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid vom 05.08.2013 offenbar unrichtig i.S. des § 129 Satz 1 AO ist und andere Korrekturvorschriften nicht ersichtlich sind, ist der berichtigte Einkommensteuerbescheid vom 05.12.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.01.2016 ohne gesetzliche Grundlage ergangen und ersatzlos aufzuheben.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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