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BFH 03.12.2019 - VIII R 43/18
BFH 03.12.2019 - VIII R 43/18 - (Steuerbarkeit des Entzugs von Aktien aufgrund einer Kapitalherabsetzung auf Null samt Bezugsrechtsausschlusses für die anschließende Kapitalerhöhung - Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 03.12.2019 VIII R 34/16)
Normen
§ 225a Abs 2 InsO, § 20 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 20 Abs 4 S 1 EStG 2009, § 20 Abs 2 S 2 EStG 2009, EStG VZ 2014, Art 3 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 10. April 2018, Az: 7 K 440/16, Urteil
Leitsatz
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NV: Der Verlust aus dem entschädigungslosen Entzug von Aktien durch eine Kapitalherabsetzung auf Null samt eines Bezugsrechtsausschlusses für die anschließende Kapitalerhöhung auf der Grundlage eines Insolvenzplans ist in entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG als Aktienveräußerungsverlust steuerbar .
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 10.04.2018 - 7 K 440/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) hatte im Jahr 2013 Aktien der B-AG erworben. Im Streitjahr 2014 (Streitjahr) befanden sich hiervon noch 100 000 Stück zu Anschaffungskosten in Höhe von 37.493,44 € in seinem Depot.
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Am XX.XX.2013 wurde über das Vermögen der B-AG ein Planinsolvenzverfahren eröffnet. Aufgrund des gerichtlich bestätigten Insolvenzplans wurde das Grundkapital der Gesellschaft auf Null herabgesetzt und für Altaktionäre, wie den Kläger, das Bezugsrecht für die Teilnahme an einer anschließenden Kapitalerhöhung entschädigungslos ausgeschlossen. Ausschließlich verschiedene Gläubigergruppen der B-AG durften im Rahmen der anschließenden Kapitalerhöhung neu ausgegebene Aktien der B-AG erwerben.
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Das depotführende Institut teilte dem Kläger am XX.XX.2014 mit, die verbliebenen Aktien an der B-AG würden aus der Girosammelverwahrung und aus dem Depot des Klägers ausgebucht.
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In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragte der Kläger für die Einkünfte aus Kapitalvermögen die Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung (EStG). Er hatte u.a. Gewinne aus Aktienveräußerungen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG in Höhe von … € erzielt. Diese Gewinne hatten laut einer Bescheinigung der depotführenden Bank dem Kapitalertragsteuerabzug unterlegen. Den Verlust aufgrund des Entzugs der Aktien an der B-AG machte der Kläger zunächst nicht geltend.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) veranlagte den Kläger erklärungsgemäß. Hierbei stellte es im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom XX.XX.2015 fest, die Günstigerprüfung führe zu dem Ergebnis, eine Besteuerung der Kapitalerträge des Klägers nach dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG sei günstiger als die Hinzurechnung der Kapitaleinkünfte zu den regelbesteuerten Einkünften.
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Der Kläger legte Einspruch ein und machte nunmehr einen Verlust aus dem Erlöschen der Aktien an der B-AG geltend. Der Einspruch blieb erfolglos.
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Das Finanzgericht (FG) gab der anschließend erhobenen Klage statt. Seine Entscheidung ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 1597. Das FG ging in Höhe von 37.493 € von einem steuerbaren Aktienveräußerungsverlust des Klägers aus, der von den Gewinnen des Klägers aus Aktienveräußerungen abzuziehen sei; der Saldo sei wie die übrigen Kapitaleinkünfte des Streitjahres dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG zu unterwerfen.
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Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von Bundesrecht in Gestalt des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG durch das FG-Urteil. Der durch die Ausbuchung der Aktien entstandene Verlust sei nicht steuerbar. Es bestehe diesbezüglich in § 20 Abs. 2 EStG auch keine planwidrige Regelungslücke, die im Wege einer Analogie zu schließen sei.
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Das FA beantragt,
das Urteil des Hessischen FG vom 10.04.2018 - 7 K 440/16 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Das FG hat im Ergebnis zu Recht einen steuerbaren Aktienveräußerungsverlust des Klägers anerkannt und von den im Streitjahr erzielten Gewinnen aus Aktienveräußerungen abgezogen.
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1. Die im Streitfall aufgrund des Insolvenzplanverfahrens durchgeführte Kapitalherabsetzung auf Null bewirkte rechtlich den Untergang der Mitgliedschaftsrechte des Klägers an der B-AG und wirtschaftlich den Entzug der Beteiligung zugunsten der an der anschließenden Kapitalerhöhung teilnehmenden Neugesellschafter (Gläubiger).
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a) In der Insolvenz einer AG ist eine "sanierende Kapitalherabsetzung auf Null", verbunden mit einem entschädigungslosen Bezugsrechtsausschluss der Altaktionäre und unter gleichzeitiger Vornahme einer Kapitalerhöhung, an der nur neue Gesellschafter teilnehmen, auf der Grundlage eines gerichtlich bestätigten Insolvenzplans gemäß § 225a Abs. 2 der Insolvenzordnung (InsO) zulässig (vgl. dazu MünchKommAktG/Oechsler, 4. Aufl., § 228 Rz 3, 5, 5b bis 5e; Koch in Hüffer/Koch, Aktiengesetz, 13. Aufl., § 228 Rz 2a bis 2c; Marsch-Barner/Maul in Spindler/Stilz, Aktiengesetz, 4. Aufl., § 228 Rz 6; MünchHdb.GesR IV/Scholz, 4. Aufl., § 62 Rz 5; Karsten Schmidt, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 2012, 2085, 2086; Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 106). Diese Maßnahme ist weitgehender als die gemäß §§ 228, 229 Abs. 1 und 3, 230 des Aktiengesetzes (AktG) zulässige Herabsetzung des Grundkapitals einer AG auf Null zum Ausgleich von Wertminderungen oder zur Verlustdeckung, die mit einer anschließenden Kapitalerhöhung verbunden werden muss und an der die Altaktionäre aufgrund ihrer Bezugsrechte grundsätzlich zu beteiligen sind (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 05.10.1992 - II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, Rz 26; Karsten Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2086).
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b) Die Kapitalherabsetzung auf Null in Verbindung mit dem Bezugsrechtsausschluss für die Kapitalerhöhung bewirkte danach im Streitfall, dass Altaktionäre wie der Kläger ihre Gesellschafterstellung endgültig verloren. Zivilrechtlich erloschen die Beteiligungen "außerhalb des Gesellschaftsvermögens" der B-AG, ohne dass es einer Übertragung der Aktien an die B-AG oder an die Neugesellschafter bedurfte. Die Kapitalherabsetzung auf Null hatte ferner zur Folge, dass die Börsenzulassung der bisherigen Aktien an der B-AG erlosch (vgl. MünchKommAktG/Oechsler, a.a.O., § 228 Rz 5a; Koch in Hüffer/Koch, a.a.O., § 228 Rz 2c; Marsch-Barner/Maul in Spindler/Stilz, a.a.O., § 228 Rz 3).
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c) Wirtschaftlich betrachtet bewirkte die Kapitalherabsetzung auf Null samt des Bezugsrechtsausschlusses für den Kläger als Altaktionär, dass er von jeder Beteiligung an den Fortführungswerten der B-AG, auch um den Preis weiterer Einlageleistungen, definitiv ausgeschlossen war. Da nur verschiedene Gläubiger der B-AG an der anschließenden Kapitalerhöhung teilnehmen durften, handelt es sich aus Sicht sämtlicher Altaktionäre um einen "totalen Squeeze Out", denn das Insolvenzverfahren wurde dazu genutzt, die bisherigen Gesellschafter ohne Entschädigung aus dem insolventen, jedoch sanierungsfähigen Unternehmen zu drängen (vgl. Karsten Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2086).
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2. § 20 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG enthalten für den vorbeschriebenen Entzug der Beteiligung des Klägers aufgrund des Insolvenzplans eine planwidrige Regelungslücke (s. unter 2.a), die durch eine entsprechende Anwendung des Veräußerungstatbestands gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG auf diesen Vorgang zu schließen ist (s. unter 2.b).
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a) Weder der Veräußerungstatbestand des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG noch die der Veräußerung gleichgestellten Ersatztatbestände des § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG erfassen den im Streitfall infolge der Kapitalherabsetzung auf Null samt des Bezugsrechtsausschlusses eingetretenen Untergang der Beteiligung des Klägers.
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aa) Der Kläger hat die Aktien nicht gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG veräußert, da ihm keine Gegenleistung gewährt wurde und die Aktien auch nicht im Wege eines Rechtsträgerwechsels auf die B-AG oder deren Neugesellschafter übertragen wurden.
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aaa) Gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch Gewinne aus der Veräußerung von Aktien. "Veräußerung" ist die entgeltliche Übertragung des --zumindest wirtschaftlichen-- Eigentums auf einen Dritten, ggf. auch zwangsweise, etwa im Wege der Zwangsversteigerung (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10.12.1969 - I R 43/67, BFHE 98, 30, BStBl II 1970, 310, zu § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG) oder auf der Grundlage eines ausländischen Insolvenzplans (BFH-Urteil vom 12.05.2015 - IX R 57/13, BFH/NV 2015, 1364, Rz 15). Eine entgeltliche Anteilsübertragung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG liegt auch dann vor, wenn wertlose Anteile ohne Gegenleistung zwischen fremden Dritten übertragen werden (BFH-Urteile in BFH/NV 2015, 1364, Rz 15; vom 12.06.2018 - VIII R 32/16, BFHE 262, 74, BStBl II 2019, 221, Rz 14). Als Übertragung von Aktien mit einem Rechtsträgerwechsel i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG durch die Altaktionäre hat der BFH auch die zweistufige Einziehung der Aktien durch eine amerikanische Aktiengesellschaft und deren anschließende Übertragung von der Gesellschaft auf ihre Gläubiger auf der Grundlage eines Insolvenzplanverfahrens nach US-amerikanischem Recht beurteilt (BFH-Urteil in BFH/NV 2015, 1364, Rz 15, 16).
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bbb) Der im Streitfall eingetretene entschädigungslose Untergang der Aktien des Klägers kann indes nicht unter den Veräußerungsbegriff gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG subsumiert werden, da es sich um einen Vorgang handelt, bei dem weder ein Entgelt gezahlt wird noch hinsichtlich der Aktien wie im BFH-Urteil in BFH/NV 2015, 1364 ein Rechtsträgerwechsel stattfindet. Fehlen diese beiden Komponenten, liegt keine Veräußerung vor. Der Veräußerungsbegriff kann nicht über seinen Wortsinn hinaus umfassend in der Weise ausgelegt werden, dass er sämtliche Vorgänge erfasst, in denen der Halter seine Kapitalanlage (hier: die Aktien im Rahmen eines Untergangs des Rechts) verliert (a.A. z.B. Geurts in Bordewin/Brandt, § 20 EStG Rz 743).
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bb) Der Untergang der Aktien des Klägers infolge der Kapitalherabsetzung auf Null samt des Bezugsrechtsausschlusses ist auch nicht als Einlösung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG steuerbar. Der Begriff der Einlösung bezieht sich grundsätzlich auf die Erfüllung einer verbrieften sonstigen Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG durch Zahlung des geschuldeten Geldbetrags unter gleichzeitiger Rückgabe der über die Kapitalforderung ausgestellten Urkunde (Senatsurteil vom 20.11.2018 - VIII R 37/15, BFHE 263, 169, BStBl II 2019, 507, Rz 25). Er ist zwar nicht auf Forderungen (Schuldverschreibungen) beschränkt, sondern betrifft dem Wortlaut nach alle Wertpapiere (z.B. Zins-, Gewinnanteils- und Ertragsscheine sowie rückzahlbare Wertpapiere gemäß §§ 803, 804, 1083 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), die bei Fälligkeit gegen Rückgabe der Urkunde zu erfüllen sind (vgl. Buge in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Rz 531; Jochum, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20 Rz D/9 5). Unter das Merkmal der Einlösung lässt sich der Untergang der Aktien im Streitfall jedoch nicht fassen. Die Einlösung ist keine Kategorie des Gesellschaftsrechts. Der "Entzug" von Aktien und die Erfüllung darin verbriefter Forderungen erfolgt im Rahmen der besonderen aktienrechtlichen Verfahren zur Einziehung, Kapitalherabsetzung und Liquidation.
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cc) Der Untergang der Aktien im Wege der Kapitalherabsetzung auf Null und des Bezugsrechtsausschlusses ist im Streitfall auch nicht als verdeckte Einlage des Klägers in die B-AG gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG steuerbar. Die verdeckte Einlage von Aktien in eine Kapitalgesellschaft steht (wie im Fall des § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG) gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG der Veräußerung der Anteile gleich (vgl. zu § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG BFH-Urteil vom 04.03.2009 - I R 32/08, BFHE 224, 410, BStBl II 2012, 341, Rz 13). Eine verdeckte Einlage verlangt jedoch die Zuwendung eines bilanzierbaren Vermögensvorteils an die Gesellschaft aus gesellschaftsrechtlichen Gründen ohne eine wertadäquate Gegenleistung (z.B. BFH-Urteile vom 15.10.1997 - I R 80/96, BFH/NV 1998, 624; vom 10.08.2005 - VIII R 26/03, BFHE 210, 402, BStBl II 2006, 22, Rz 31; vom 06.12.2016 - IX R 7/16, BFH/NV 2017, 724, Rz 16; vgl. auch Beschluss des Großen Senats des BFH vom 09.06.1997 - GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307). Die Aktien des Klägers wurden aber nicht als bilanzierbares Wirtschaftsgut auf die B-AG übertragen, denn sie erloschen aufgrund der Kapitalherabsetzung auf Null, ohne auf diese überzugehen (s. unter II.1.; vgl. auch Senatsurteil in BFHE 210, 402, BStBl II 2006, 22, Rz 32).
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b) § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG und § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG enthalten für den im Streitfall eingetretenen Entzug der Aktien des Klägers im Rahmen des Insolvenzplans danach eine Regelungslücke, die planwidrig ist.
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aa) Eine für eine Analogie erforderliche, erkennbar planwidrige Regelungslücke liegt nur vor, wenn das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und der ihm immanenten Teleologie, unvollständig und somit ergänzungsbedürftig ist und seine Ergänzung nicht einer gesetzlich gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht (BFH-Urteile vom 22.12.2011 - III R 5/07, BFHE 236, 137, BStBl II 2012, 678, und vom 29.08.2012 - II R 49/11, BFHE 238, 499, BStBl II 2013, 104, jeweils m.w.N.; vom 03.06.2014 - II R 45/12, BFHE 245, 374, BStBl II 2014, 806). Hiervon zu unterscheiden ist der sog. rechtspolitische Fehler, der gegeben ist, wenn sich eine gesetzliche Regelung zwar als rechtspolitisch verbesserungsbedürftig, aber doch nicht --gemessen an der dem Gesetz immanenten Teleologie-- als planwidrig unvollständig und ergänzungsbedürftig erweist. Ob es sich um eine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke oder lediglich um einen sog. rechtspolitischen Fehler handelt, ist unter Heranziehung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) zu ermitteln, wobei für den danach erforderlichen Vergleich auf die Wertungen des Gesetzes, insbesondere auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zurückzugreifen ist (BFH-Urteil vom 22.09.2011 - IV R 3/10, BFHE 235, 346, BStBl II 2012, 14, Rz 21).
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bb) Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Gesetzgeber hätte den Entzug von Aktien gemäß § 225a Abs. 2 InsO im Rahmen eines Insolvenzplans durch eine Kapitalherabsetzung auf Null in Verbindung mit einem anschließenden Bezugsrechtsausschluss als veräußerungsähnlichen Tatbestand geregelt, wenn er diesen Sachverhalt bei Schaffung des § 20 Abs. 2 EStG im Blick gehabt hätte.
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aaa) Der Gesetzgeber will bei Aktien, die nach dem 31.12.2008 angeschafft worden sind, in den Veranlagungszeiträumen ab 2009 alle Wertveränderungen besteuern (vgl. BTDrucks 16/4841, S. 56). Hierzu hat er in § 20 Abs. 2 Satz 1 EStG den Grundtatbestand der Veräußerung und in § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG die sog. Ersatztatbestände der Abtretung, Rückzahlung, Einlösung und verdeckten Einlage, als der Veräußerung gleichgestellte Tatbestände, geschaffen. Werden Aktien gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG veräußert oder gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG veräußerungsgleich übertragen, ist gemäß § 20 Abs. 4 EStG ein Gewinn oder Verlust zu ermitteln, indem das erhaltene Entgelt/der gemeine Wert den Anschaffungskosten gegenübergestellt wird. Dass der Gesetzgeber im Zusammenhang mit Aktien bei Verwirklichung eines Realisationstatbestands auch von der Möglichkeit der Verlustentstehung ausgegangen ist, folgt unmittelbar aus § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG, nach dem Aktienveräußerungsverluste einer besonderen Verlustverrechnungsbeschränkung unterliegen.
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bbb) Entgegen dieser Regelungsintention des § 20 Abs. 2 EStG können Wertveränderungen der Aktie jedoch nicht besteuert werden, wenn es zu deren Entzug durch eine Kapitalherabsetzung auf Null samt eines Bezugsrechtsausschlusses gemäß § 225a Abs. 2 InsO im Rahmen eines Insolvenzplans kommt, weil dieser Vorgang weder unter den Veräußerungstatbestand noch unter einen der Ersatztatbestände subsumiert werden kann. § 20 Abs. 2 EStG ist insoweit planwidrig unvollständig. Der Gesetzgeber kann diesen Vorgang bei der Ausgestaltung des § 20 Abs. 2 EStG auch nicht im Blick gehabt haben, denn der Entzug von Aktien durch eine Kapitalherabsetzung auf Null mit anschließendem Bezugsrechtsausschluss im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens (§ 225a InsO) wurde erst durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 07.12.2011 --ESUG-- (BGBl I 2011, 2582) mit Wirkung ab dem 01.03.2012 --also nach Einführung der Abgeltungsteuer zum 01.01.2009-- ermöglicht. In den Gesetzesmaterialien des ESUG (BTDrucks 17/5712, S. 31) finden sich keine Erwägungen, die darauf schließen lassen, dass der Gesetzgeber die steuerlichen Folgen dieser Sanierungsmaßnahme für Aktionäre und insbesondere für Kleinanleger bedacht haben könnte.
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ccc) Dem Einwand des FA, § 20 Abs. 2 EStG sei nicht planwidrig, sondern "bewusst" unvollständig, weil der Gesetzgeber bei Aktien nicht sämtliche wirtschaftlich vergleichbaren (positiven und negativen) Wertveränderungen der Besteuerung habe unterwerfen wollen, sondern nur solche, die unter den Veräußerungsbegriff des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG oder einen der Ersatztatbestände des § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG subsumiert werden können, vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
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Nach Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) sind Verluste des Aktionärs steuerbar, wenn dieser bei einer Gesellschaftsübernahme als Minderheitsgesellschafter rechtlich oder wirtschaftlich gezwungen ist, seine Anteile an den Übernehmenden zu übertragen, denn wegen des Rechtsträgerwechsels wird in diesem Fall eine Veräußerung der Aktien an den Übernehmenden verwirklicht (BFH-Urteil in BFH/NV 2015, 1364; BMF-Schreiben vom 18.01.2016 - IV C 1-S 2252/08/10004:017, BStBl I 2016, 85, Rz 69). Eine Veräußerung von Aktien liegt aus Sicht des BMF auch für die Übernahme oder Einziehung von Beteiligungen (sog. Squeeze Out) i.S. der §§ 327a ff. AktG vor, bei denen es gemäß § 327e AktG zu einer Übertragung der Aktien kraft Gesetzes auf den Hauptaktionär und damit ebenfalls zu einem Rechtsträgerwechsel kommt (BMF-Schreiben vom 18.01.2016, BStBl I 2016, 85, Rz 70). Zeichnet sich die Liquidation oder Insolvenz einer AG ab, kann der Steuerpflichtige zudem unstreitig steuerbare Verluste erzielen, indem er seine Aktien gegen ein geringes (nicht zwingend kostendeckendes) Entgelt oder bei objektiver Wertlosigkeit auch ohne Entgelt auf einen Dritten überträgt (Senatsurteil in BFHE 262, 74, BStBl II 2019, 221).
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Die Leistungsfähigkeitsminderung des Anteilseigners, die eintritt, wenn ihm seine Aktie --wie im Streitfall-- auf der Grundlage eines Insolvenzplans im Zuge einer Kapitalherabsetzung auf Null mit gleichzeitigem Bezugsrechtsausschluss entschädigungslos entzogen wird (vgl. dazu unter II.1.c), ist aus Sicht des Senats vergleichbar mit einer Leistungsfähigkeitsminderung, die der Anteilseigner erleidet, wenn er seine Aktie noch rechtzeitig vor der Insolvenzeröffnung oder der gerichtlichen Bestätigung des Insolvenzplans ohne Gegenleistung veräußert oder, wie im Fall des BFH-Urteils in BFH/NV 2015, 1364, die Aktie ohne Entschädigung zur Weiterübertragung auf Gläubiger von der AG eingezogen wird oder er die Aktie durch einen Squeeze Out i.S. der §§ 327a ff. AktG verliert, bei dem er einen Verlust erleidet.
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Der Auffassung des FA, nach der die Steuerbarkeit dieser wirtschaftlich vergleichbaren Vorgänge jeweils davon abhängen soll, ob der Vorgang mit oder ohne zivilrechtlichen Rechtsträgerwechsel geschieht und deshalb zwischen steuerbaren und nicht steuerbaren Wertverlusten der Aktien unterschieden werden müsse, widerspricht aus Sicht des Senats danach sowohl den Vorgaben des Leistungsfähigkeits- als auch des Folgerichtigkeitsprinzips. Steuerpflichtige sind bei gleicher Leistungsfähigkeit nach den Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG auch gleich hoch zu besteuern.
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c) Die in § 20 Abs. 2 EStG vorhandene planwidrige Lücke ist durch eine entsprechende Anwendung des Veräußerungstatbestands gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG auf den im Streitfall eingetretenen "Aktienentzug" zu schließen.
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aa) Die analoge Anwendung einer Vorschrift kommt bei Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke nur in Betracht, wenn die für einen bestimmten Sachverhalt vorgesehene gesetzliche Regelung auf einen anderen, vom Gesetz nicht erfassten, aber nur unwesentlich abweichenden Sachverhalt anwendbar ist (BFH-Urteile vom 13.02.1980 - II R 18/75, BFHE 130, 188 , BStBl II 1980, 364, unter II.1.a; vom 08.09.1994 - IV R 85/93, BFHE 175, 451, BStBl II 1995, 67, unter 2.b). Der vom Gesetz nicht erfasste Sachverhalt muss mit dem gesetzlich geregelten Sachverhalt in den wesentlichen, für die rechtliche Bewertung maßgebenden, Aspekten übereinstimmen (Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., S. 202).
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bb) Die Veräußerung objektiv wertloser Aktien gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG ohne Entgelt durch zivilrechtliche Übereignung, Einziehung und Squeeze Out ist der im Streitfall verwirklichten Kapitalherabsetzung auf Null mit anschließendem Bezugsrechtsausschluss der Altaktionäre im Wesentlichen vergleichbar, sodass § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG hierauf entsprechend angewendet werden kann.
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Für die Vergleichbarkeit einer Aktienveräußerung mit dem im Streitfall vorliegenden "Aktienentzug" spricht auch, dass der BFH im Urteil in BFH/NV 2015, 1364, Rz 15, 16 die entschädigungslose (zweistufige) Einziehung von Aktien durch eine AG und deren anschließende Übertragung durch die AG auf ihre Gläubiger auf der Grundlage eines Insolvenzplanverfahrens nach US-amerikanischem Recht als Aktienveräußerung beurteilt, obwohl die Altaktionäre selbst kein Eigentum an den Aktien auf die Gläubiger übertragen und damit zwischen diesen Personen kein Rechtsträgerwechsel vorliegt. Bei wirtschaftlicher Betrachtung werden auch im Streitfall die wertlos gewordenen Mitgliedschaftsrechte den Altaktionären durch die Kapitalherabsetzung auf Null und den Bezugsrechtsausschluss "entzogen" und auf die an der Kapitalerhöhung ausschließlich beteiligten Neugesellschafter "übertragen", indem nur diesen die Teilnahme an der anschließenden Kapitalerhöhung gestattet ist. Für die Steuerbarkeit des "Anteilsentzugs" als Anteilsveräußerung fehlt es, bezogen auf die Aktien der Altaktionäre im Vergleich zu dem Sachverhalt, der nach den Feststellungen des dortigen FG zum ausländischen Recht im BFH-Urteil in BFH/NV 2015, 1364 als Aktienveräußerung beurteilt wurde, nur daran, dass ein zivilrechtlicher Rechtsträgerwechsel -- zwischen den Altaktionären und der B-AG bzw. zwischen der B-AG und den Neugesellschaftern-- stattfindet (s. unter II.1.); denn dass der Kläger für seine Aktien keine Gegenleistung erhielt, steht der Annahme einer Veräußerung angesichts der Wertlosigkeit der Anteile nicht entgegen. Der Umstand, dass der entschädigungslose "Anteilsentzug" der Aktien im Streitfall ohne irgendeinen Rechtsträgerwechsel hinsichtlich der Aktien geschieht, ist angesichts der im Übrigen bestehenden wirtschaftlichen Vergleichbarkeit mit der Veräußerung objektiv wertloser Aktien ohne eine Gegenleistung im Wege der Einziehung und Weiterübertragung auf Gesellschaftsgläubiger jedoch zu vernachlässigen. Er steht der Annahme einer steuerbaren Aktienveräußerung im Wege der analogen Anwendung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG im Streitfall nicht entgegen.
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3. Der Aktienveräußerungsverlust des Klägers im Streitjahr ist danach --wie vom FG im Ergebnis zutreffend entschieden-- im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr in der vom FG erkannten Höhe zu berücksichtigen, mit den Gewinnen aus Aktienveräußerungen zu verrechnen und der Saldo mit dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG zu besteuern.
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a) Die Berücksichtigung der Aktienveräußerungsgewinne und -verluste im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr ist möglich, weil der Kläger nicht nur einen (nicht erfolgreichen) Antrag auf Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 EStG, sondern mit der Geltendmachung seines Verlusts im Einspruchsverfahren auch einen Antrag gemäß § 32d Abs. 4 EStG gestellt hat. Dieser Antrag war zulässig, weil es sich bei dem Antragsrecht gemäß § 32d Abs. 4 EStG um ein unbefristetes Veranlagungswahlrecht handelt und die Wahlrechtsausübung nur durch das allgemeine verfahrensrechtliche Institut der Bestandskraft begrenzt wird (Senatsurteil vom 09.08.2016 - VIII R 27/14, BFHE 255, 51, BStBl II 2017, 821, Rz 19).
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b) Eine Bescheinigung gemäß § 43a Abs. 3 Satz 4 EStG ist für die Verlustverrechnung im Bescheid entgegen § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats im Streitfall entbehrlich. Da die depotführende Bank den Veräußerungsverlust des Klägers als nicht steuerbar beurteilt hat, besteht die Gefahr einer doppelten Verlustberücksichtigung nicht (vgl. Senatsurteil in BFHE 262, 74, BStBl II 2019, 221, Rz 25).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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