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BFH 21.08.2018 - VIII R 2/15
BFH 21.08.2018 - VIII R 2/15 - Tarifbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis
Normen
§ 16 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2002, § 16 Abs 2 EStG 2002, § 18 Abs 3 EStG 2002, § 34 Abs 1 EStG 2002, § 34 Abs 2 Nr 1 EStG 2002, EStG VZ 2008
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 3. Dezember 2014, Az: 13 K 2231/12, Urteil
Leitsatz
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1. Die tarifbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis (§ 18 Abs. 3 i.V.m. § 34 EStG) setzt voraus, dass der Steuerpflichtige die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen entgeltlich und definitiv auf einen anderen überträgt. Hierzu muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen (Anschluss an BFH-Urteile vom 10. Juni 1999 IV R 11/99, BFH/NV 1999, 1594; vom 29. Juni 1994 I R 105/93, BFH/NV 1995, 109; vom 18. Mai 1994 I R 109/93, BFHE 175, 249, BStBl II 1994, 925) .
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2. Die "definitive" Übertragung des Mandantenstamms lässt sich erst nach einem gewissen Zeitablauf abschließend beurteilen. Sie hängt von den objektiven Umständen des Einzelfalls ab, die das FG als Tatsacheninstanz zu würdigen hat. Neben der Dauer der Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit sind insbesondere die räumliche Entfernung einer wieder aufgenommenen Berufstätigkeit zur veräußerten Praxis, die Vergleichbarkeit der Betätigungen, die Art und Struktur der Mandate, eine zwischenzeitliche Tätigkeit des Veräußerers als Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter des Erwerbers sowie die Nutzungsdauer des erworbenen Praxiswerts zu berücksichtigen .
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 3. Dezember 2014 13 K 2231/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) seine Steuerberatungskanzlei gemäß § 18 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 sowie § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr (2008) geltenden Fassung (EStG) tarifbegünstigt veräußert hat.
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Der Kläger ist Steuerberater und übte seine freiberufliche Tätigkeit seit dem Jahr 2003 in einer Einzelpraxis aus. Die Praxisräume lagen zunächst in der B Innenstadt, ab 1. April 2004 in B-C.
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Mit Vertrag vom 24. Januar 2008 veräußerte der Kläger seine Steuerberatungskanzlei mit Wirkung zum 1. April 2008 für einen Kaufpreis in Höhe von 750.000 € an eine in B-D ansässige Steuerberatungsgesellschaft (S-KG). Gegenstand des Kaufvertrags war neben dem mobilen Praxisinventar auch der gesamte Mandantenstamm des Klägers. Der Kläger verpflichtete sich, an der Mandatsüberleitung mitzuwirken und darüber hinaus neue Mandate für die S-KG zu akquirieren. Sämtliche Lieferungs- und Leistungsverträge sowie die Rechte und Pflichten gegenüber den Arbeitnehmern gingen auf die erwerbende S-KG über. Gleichzeitig schloss der Kläger mit der S-KG eine freiberufliche Tätigkeitsvereinbarung, die bis zum 31. Dezember 2010 befristet war. Danach sollte der Kläger seine bisherigen und neu akquirierten Mandanten im Namen und für Rechnung der S-KG beraten. Für 32 Wochenstunden war ein monatliches Pauschalhonorar in Höhe von 5.000 € netto sowie eine Umsatzbeteiligung an den Neuakquisitionen vereinbart. Am 9. Mai 2009 legten der Kläger und die S-KG den endgültigen Kaufpreis für die Steuerberatungskanzlei auf 700.000 € fest.
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Mit Bescheid vom 10. November 2009 schätzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die laufenden Einkünfte des Klägers aus selbständiger Arbeit im Streitjahr auf 130.000 €. Im Anschluss an die Mitteilung des Klägers, er habe aus der Veräußerung seiner Steuerberatungskanzlei einen Gewinn in Höhe von 685.000 € erzielt, erging am 14. Juni 2010 ein nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderter Bescheid, der zusätzlich diesen Veräußerungsgewinn berücksichtigte und hierfür die Tarifbegünstigung des § 34 EStG gewährte.
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Während einer Außenprüfung gab der Kläger für das Streitjahr erstmals eine Einkommensteuererklärung ab. Daraufhin änderte das FA den Einkommensteuerbescheid erneut gemäß § 164 Abs. 2 AO. In dem Änderungsbescheid vom 21. März 2011 übernahm das FA die vom Kläger erklärten Beträge (laufende Einkünfte aus selbständiger Steuerberatertätigkeit in Höhe von 17.574 € sowie einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn in Höhe von 687.856 €) und setzte eine Einkommensteuer in Höhe von 243.873 € fest.
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Die Außenprüfung kam zu dem Ergebnis, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Steuerberatungskanzlei als nicht begünstigter, laufender Gewinn zu erfassen sei. Denn der Kläger habe seine Tätigkeit für die S-KG zum 28. Februar 2010 aufgegeben und unter Mitnahme des überwiegenden Teils seiner Mandanten wieder eine Beratungstätigkeit im Rahmen einer Einzelpraxis aufgenommen. Dass dies zum Zeitpunkt der Veräußerung nicht vorhersehbar gewesen sei, führe zu keinem anderen Ergebnis. Dem entsprechend erhöhte das FA die Einkommensteuer des Klägers in dem wiederum nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid vom 19. Januar 2012 auf 294.333 €.
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Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) urteilte, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) setze die tarifbegünstigte Veräußerung einer Einzelpraxis voraus, dass der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstelle. Werde der Veräußerer als Angestellter oder als freier Mitarbeiter im Auftrag und für Rechnung des Erwerbers tätig, sei dies nur dann unschädlich, wenn der Veräußerer die wesentlichen Grundlagen seiner Praxis einschließlich des Mandantenstamms "definitiv" auf den Erwerber übertragen habe. Daran fehle es im Streitfall.
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Die ursprüngliche Übertragung der wesentlichen Praxisgrundlagen stelle sich im Nachhinein als eine bloße Unterbrechung der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit des Klägers dar, so dass die Voraussetzungen für eine tarifbegünstigte Praxisübertragung nachträglich entfielen. Dies folge daraus, dass der Kläger nach 22 Monaten in derselben Stadt unter Mitnahme des wesentlichen Teils seines ehemaligen Mandantenstamms (ca. 50 bis 60 % des ehemaligen Umsatzvolumens) und teilweiser Wiedereinstellung des vor der Praxisübertragung beschäftigten Personals wieder im Rahmen einer Einzelpraxis als Steuerberater tätig geworden sei. Sowohl der Gegenstand und der Inhalt der Betätigung des Klägers als auch die Art und Struktur seiner Mandate stimmten mit seiner früheren Praxis überein, wenn auch personell und umsatzmäßig verkleinert. Hinzu komme, dass er in der Zwischenzeit als freier Mitarbeiter der S-KG tätig gewesen sei und im Rahmen dieser Tätigkeit seine ursprünglichen Mandanten weiter beraten habe. Unter diesen Umständen sei eine Karenzzeit von 22 Monaten nicht ausreichend. Die Gründe sind in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 556 veröffentlicht.
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Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, das FG habe das Tatbestandsmerkmal "Veräußerung des Vermögens" (§ 18 Abs. 3 Satz 1 EStG) rechtswidrig ausgelegt. Zwar sei hierfür eine definitive Veräußerung des Mandantenstamms erforderlich. Da die Übertragung solcher Beziehungen vom Willen der Mandanten abhänge, reiche es aber aus, wenn der Erwerber in die Lage versetzt werde, die Beziehungen des Veräußerers zu seinen Mandanten zu verwerten. Diese Voraussetzung sei im Streitfall erfüllt. Das FG habe dies ebenfalls bejaht, sei dann aber trotz der weiteren Feststellung, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Verkaufs keine Wiedereröffnung seiner Einzelpraxis geplant habe, davon ausgegangen, dass die tatsächliche Wiedereröffnung im Februar 2010 zu einem rückwirkenden Wegfall der Tatbestandsvoraussetzung der Veräußerung geführt habe. Eine solche Sperrfrist sei in § 18 Abs. 3 EStG nicht vorgesehen. Darüber hinaus seien die von der Rechtsprechung entwickelten Merkmale "für eine gewisse Zeit eingestellt" und "örtlich begrenzter Wirkungskreis" keine Tatbestandsmerkmale (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes), sondern lediglich Indizien, um die Vorgänge im Streitjahr qualifizieren zu können. Deshalb dürften sie nicht berücksichtigt werden, wenn es --wie im Streitfall durch das spätere Zerwürfnis des Klägers mit der S-KG und dem daraus resultierenden Entschluss zur Wiedereröffnung der Einzelpraxis-- um neue, planwidrige Umstände gehe, die nichts mit den Vorgängen im Streitjahr zu tun hätten.
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Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2008 vom 19. Januar 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Juni 2012 dahin zu ändern, dass die Einkommensteuer auf 248.454 € herabgesetzt wird.
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Das FA beantragt, die Revision des Klägers als unbegründet zurückzuweisen.
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Dass die spätere Wiederaufnahme der freiberuflichen Tätigkeit planwidrig gewesen sei, spiele keine Rolle, da es nicht auf die Motive des Steuerpflichtigen, sondern allein darauf ankomme, ob die objektiven Maßnahmen ausreichten, eine Praxisveräußerung anzunehmen. Die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien des "Einstellens der freiberuflichen Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis für eine gewisse Zeit" ergäben sich aus einer systematischen und teleologischen Gesetzesauslegung unter Berücksichtigung der besonderen Personenbezogenheit freiberuflicher Einkünfte.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Kläger nicht die Voraussetzungen für eine tarifbegünstigte Veräußerung seiner Steuerberatungskanzlei gemäß § 18 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 2 sowie § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 EStG erfüllt. Die Würdigung des FG, wegen der Wiedereröffnung einer Einzelpraxis im Februar 2010 handele es sich unter Berücksichtigung der weiteren Umstände des Streitfalls um nicht begünstigte laufende Einkünfte, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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1. Gemäß § 18 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehört zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit auch der Gewinn aus der Veräußerung des ganzen Vermögens, das der selbständigen Arbeit dient (Praxisveräußerung). Für diesen Veräußerungsgewinn sieht § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG eine Tarifbegünstigung vor.
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Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setzt die Veräußerung einer Praxis voraus, dass der Steuerpflichtige die für die Ausübung der selbständigen Tätigkeit wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen entgeltlich auf einen anderen überträgt. Hierzu gehören insbesondere die immateriellen Wirtschaftsgüter der Praxis wie Mandantenstamm bzw. Praxiswert (BFH-Urteile vom 10. Juni 1999 IV R 11/99, BFH/NV 1999, 1594; vom 29. Juni 1994 I R 105/93, BFH/NV 1995, 109; vom 18. Mai 1994 I R 109/93, BFHE 175, 249, BStBl II 1994, 925, jeweils m.w.N.).
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Darüber hinaus muss der Veräußerer nach der Rechtsprechung des BFH seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen (BFH-Urteile in BFH/NV 1999, 1594; in BFH/NV 1995, 109; in BFHE 175, 249, BStBl II 1994, 925, jeweils m.w.N.; gl.A. Schmidt/Wacker, EStG, 37. Aufl., § 18 Rz 225; kritisch Siewert in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 18 Rz 117). Diese Forderung nach einer zeitweiligen Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit beruht auf der Überlegung, dass bei fortdauernder Tätigkeit des Freiberuflers in seinem bisherigen örtlichen Wirkungskreis eine weitere Nutzung der persönlichen Beziehungen zu den früheren Mandanten auf eigene Rechnung des "Veräußerers" nahe liegt und es dadurch nicht zu einer definitiven Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen der Praxis auf den Erwerber kommt (BFH-Urteile vom 17. Juli 2008 X R 40/07, BFHE 222, 433, BStBl II 2009, 43; in BFH/NV 1995, 109; in BFHE 175, 249, BStBl II 1994, 925). Sie dient somit der Abgrenzung zwischen den tarifbegünstigten Veräußerungsgewinnen und den nicht begünstigten laufenden Einkünften (Senatsbeschluss vom 29. Mai 2008 VIII B 166/07, BFH/NV 2008, 1478).
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Die "definitive" Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen, insbesondere des Mandantenstamms, hängt letztlich von den Umständen des Einzelfalls ab, die das FG als Tatsacheninstanz zu würdigen hat. Neben der Dauer der Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit sind insbesondere die räumliche Entfernung einer wieder aufgenommenen Berufstätigkeit zur veräußerten Praxis, die Vergleichbarkeit der Betätigungen, die Art und Struktur der Mandate sowie die Nutzungsdauer des erworbenen Praxiswerts zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1594; BFH-Beschlüsse vom 7. November 2006 XI B 177/05, BFH/NV 2007, 431; vom 1. Dezember 2005 IV B 69/04, BFH/NV 2006, 298).
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Wird der Veräußerer als Arbeitnehmer oder als freier Mitarbeiter im Auftrag und für Rechnung des Erwerbers tätig, ist dies grundsätzlich unschädlich, da der Erwerber trotzdem zivilrechtlich und wirtschaftlich in der Lage ist, die Beziehungen zu den früheren Mandanten des Veräußerers zu verwerten. Zwischen dem Veräußerer und seinen früheren Mandanten bestehen keine Rechtsbeziehungen mehr (BFH-Urteile in BFH/NV 1995, 109; in BFHE 175, 249, BStBl II 1994, 925; offen gelassen für die Weiterbeschäftigung des Veräußerers als freier Mitarbeiter im BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1594). Darüber hinaus ist es auch unschädlich, wenn der Steuerpflichtige seine bisherige freiberufliche Tätigkeit nur in einem geringen Umfang fortführt (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Januar 2009 VIII B 58/08, BFH/NV 2009, 756; zum Streitstand Brandt in Herrmann/Heuer/Raupach, § 18 EStG Rz 324).
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2. Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest.
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Insbesondere widerspricht das Kriterium der Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit im bisherigen örtlichen Wirkungskreis für eine gewisse Zeit nicht dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung. Vielmehr handelt es sich um eine Auslegung des Begriffs der "Veräußerung des Vermögens" in § 18 Abs. 3 EStG unter Berücksichtigung der besonderen Natur des Wirtschaftsguts Mandantenstamm. Die für die Veräußerung des gesamten Vermögens erforderliche definitive Übertragung des Mandantenstamms kann letztlich nur nach einem gewissen Zeitablauf abschließend beurteilt werden. Dies gilt insbesondere für freiberufliche Tätigkeiten, die in einem besonderen Maß personenbezogen sind und bei denen sich deshalb die persönlichen Beziehungen des Erwerbers zu den bisherigen Mandanten des Veräußerers erst entwickeln bzw. festigen müssen. Dadurch ist der Mandantenstamm ein "flüchtiges" Wirtschaftsgut, dessen dauerhafte und endgültige Übertragung auf den Erwerber verhindert werden kann, indem der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit fortführt bzw. wieder aufnimmt. Dies gilt unabhängig davon, dass es in jedem Fall die Entscheidung der Mandanten bleibt, von wem sie sich weiter beraten lassen.
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Nimmt der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit nach einer gewissen Zeit wieder auf, kann dies im Übrigen auch dann schädlich sein, wenn die Wiederaufnahme zum Zeitpunkt der Übertragung der Praxis nicht geplant war. Maßgebend ist allein, ob es objektiv zu einer definitiven Übertragung der wesentlichen Praxisgrundlagen gekommen ist. Daran kann es allein durch die tatsächliche Wiederaufnahme der freiberuflichen Tätigkeit fehlen, auch wenn diese ursprünglich nicht geplant war. Maßnahmen des Veräußerers, die wegen einer von Anfang an geplanten Wiederaufnahme dazu dienen sollen, die spätere Zurückgewinnung der Mandanten zu erleichtern, können eine definitive Übertragung des Mandantenstamms von vorneherein ausschließen bzw. die erforderliche Zeitspanne für die Einstellung der Tätigkeit verlängern.
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3. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Würdigung des FG, im Streitfall sei es wegen der Wiedereröffnung der Einzelpraxis nach 22 Monaten nicht zu einer definitiven Übertragung des Mandantenstamms auf den Erwerber und damit auch nicht zu einer tarifbegünstigten Praxisveräußerung gekommen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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Das FG hat zutreffend berücksichtigt, dass der Kläger seine Einzelpraxis in derselben Stadt mit einem Teil seiner früheren Mitarbeiter wiedereröffnet hat und seine Tätigkeit sowie die Art und Struktur der Mandate gleich geblieben sind. Darüber hinaus hat das FG zutreffend hervorgehoben, dass der Kläger seine früheren Mandanten auch während der 22 Monate bis zur Wiedereröffnung seiner Einzelpraxis als freier Mitarbeiter der S-KG beraten hatte. Zwar war dies für die Verwirklichung des Tatbestands einer Praxisveräußerung grundsätzlich unschädlich. Der fortdauernde Kontakt des Klägers zu seinen bisherigen Mandanten hatte aber zur Folge, dass die definitive Übertragung des Mandantenstamms auf die S-KG i.S. einer Festigung der persönlichen Mandatsbeziehungen längere Zeit in Anspruch nahm. Jedenfalls unter Berücksichtigung dieser Besonderheit reichte die Zeitspanne von 22 Monaten bis zur Wiedereröffnung der Einzelpraxis im Streitfall nicht aus, um zu einer definitiven Übertragung des Mandantenstamms zu führen.
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Dass der Kläger im Streitfall allein deshalb wieder im Rahmen einer Einzelpraxis tätig geworden ist, weil es im Januar 2010 zu einem Zerwürfnis mit der S-KG kam, spielt entgegen der Auffassung des Klägers keine Rolle. Maßgebend ist allein, dass die Zeitspanne von 22 Monaten im konkreten Streitfall nicht ausreichte, um zu einer definitiven Übertragung des Mandantenstamms zu führen. Allerdings sind die Tatbestandsmerkmale des § 18 Abs. 3 EStG --abweichend zur Begründung des FG-- nicht nachträglich entfallen, sondern die Verwirklichung des Tatbestands des § 18 Abs. 3 EStG ließ sich erst nach einem gewissen Zeitablauf abschließend beurteilen.
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Darüber hinaus spielt im Streitfall auch die vom BFH entwickelte Geringfügigkeitsgrenze keine Rolle. Nach den eigenen Angaben des Klägers erreichte er mit denjenigen Mandanten, die nach der Wiedereröffnung der Einzelpraxis zu ihm zurückkehrten, mehr als 50 % seines ehemaligen Umsatzes.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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