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BFH 07.02.2018 - XI R 7/16
BFH 07.02.2018 - XI R 7/16 - EuGH-Vorlage zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung bei der Differenzbesteuerung unterliegenden Wiederverkäufern
Normen
§ 1 Abs 1 Nr 1 S 1 UStG 2005, § 19 Abs 1 UStG 2005, § 19 Abs 3 UStG 2005, § 25a Abs 1 UStG 2005, § 25a Abs 3 UStG 2005, Art 288 S 1 Nr 1 EGRL 112/2006, Art 315 EGRL 112/2006, Art 267 Abs 3 AEUV, § 10 UStG 2005, Art 73 EGRL 112/2006, Art 311 EGRL 112/2006, Art 311ff EGRL 112/2006, Art 314 EGRL 112/2006, UStG VZ 2010, Abschn 19.3 Abs 1 S 5 UStAE
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 13. April 2016, Az: 9 K 667/14, Urteil
nachgehend EuGH, 29. Juli 2019, Az: C-388/18, Urteil
nachgehend BFH, 23. Oktober 2019, Az: XI R 17/19 (XI R 7/16), Urteil
Leitsatz
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Ist in Fällen der Differenzbesteuerung nach Art. 311 ff. der Richtlinie 2006/112/EG die Bestimmung des Art. 288 Satz 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112/EG dahingehend auszulegen, dass für die Bemessung des danach maßgeblichen Umsatzes bei der Lieferung von Gegenständen nach Art. 314 der Richtlinie 2006/112/EG gemäß Art. 315 der Richtlinie 2006/112/EG auf die Differenz zwischen dem geforderten Verkaufspreis und dem Einkaufspreis (Handelsspanne) abzustellen ist?
Tenor
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Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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Ist in Fällen der Differenzbesteuerung nach Art. 311 ff. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Richtlinie 2006/112/EG) die Bestimmung des Art. 288 Satz 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112/EG dahingehend auszulegen, dass für die Bemessung des danach maßgeblichen Umsatzes bei der Lieferung von Gegenständen nach Art. 314 der Richtlinie 2006/112/EG gemäß Art. 315 der Richtlinie 2006/112/EG auf die Differenz zwischen dem geforderten Verkaufspreis und dem Einkaufspreis (Handelsspanne) abzustellen ist?
Tatbestand
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I. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens
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Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) führte steuerbare, der Differenzbesteuerung gemäß § 25a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 2005 (Bundesgesetzblatt I 2005, 386) unterliegende Umsätze im Rahmen eines Gebrauchtwagenhandels aus.
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Die in 2009 und im Streitjahr 2010 erzielten Umsätze betrugen bei einer Berechnung nach vereinnahmten Entgelten 27.358 € (für 2009) bzw. 25.115 € (für 2010). Die Bemessungsgrundlage der jeweiligen Umsätze ermittelte der Kläger in seinen Umsatzsteuererklärungen vom 10. Februar 2010 (für 2009) und 2. März 2011 (für 2010) gemäß § 25a Abs. 3 UStG nach dem Differenzbetrag (Handelsspanne) mit 17.328 € (für 2009) und 17.470 € (für 2010). Er nahm deshalb an, dass er Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG sei.
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Für das Jahr 2009 stellte die deutsche Finanzverwaltung in Abschn. 251 Abs. 1 Satz 4 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) 2008 vom 10. Dezember 2007 (Bundessteuerblatt --BStBl-- I 2007, Sondernummer 2/2007) hinsichtlich der Ermittlung des für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung maßgeblichen Gesamtumsatzes im Sinne des § 19 Abs. 3 Satz 1 UStG unter anderem in Fällen der Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) ebenfalls auf die Handelsspanne ab.
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Dagegen stellte das Bundesministerium der Finanzen mit Schreiben vom 16. Juni 2009 IV B 9 - S 7360/08/10001 (BStBl I 2009, 755) für diese Fälle ab dem Jahr 2010 auf die vereinnahmten Entgelte ab. Mit Wirkung vom 1. Januar 2010 war Abschn. 251 Abs. 1 Satz 4 UStR 2008 nicht mehr anzuwenden.
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Dem entspricht Abschn. 19.3 Abs. 1 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1. Oktober 2010 (BStBl I 2010, 846), der für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung unter anderem für die Fälle der Differenzbesteuerung bei Wiederverkäufern im Sinne des § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG bestimmt, dass sich der Gesamtumsatz im Sinne des § 19 Abs. 3 Satz 1 UStG nach den vereinnahmten Entgelten und nicht nach der Summe der Differenzbeträge richtet.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) folgte dieser Verwaltungsauffassung und versagte im Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr vom 4. Oktober 2012 die Anwendung der Kleinunternehmerregelung für das Jahr 2010. Der Gesamtumsatz des Klägers habe in dem dem Streitjahr vorangegangenen Kalenderjahr 2009 gemessen an den vereinnahmten Entgelten über der Grenze von 17.500 € gelegen.
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Den hiergegen gerichteten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2014 als unbegründet zurück.
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Auf die daraufhin erhobene Klage hob das Finanzgericht (FG) den Umsatzsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung ersatzlos auf. Es entschied, dass in Fällen der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG die vereinnahmten Entgelte, die über die Differenzbeträge im Sinne von § 25a Abs. 3 UStG hinausgingen, bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG unberücksichtigt zu lassen seien.
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Zwar ziele § 19 Abs. 1 UStG für die Ermittlung der Umsatzgrenze auf den Gesamtumsatz und nicht auf die Handelsspanne ab. Die Vorschrift stehe jedoch nicht im Einklang mit Art. 288 Satz 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112/EG, auf die sich der Kläger unmittelbar berufen könne. Nach dieser unionsrechtlichen Bestimmung setze sich der Umsatz, der bei der Anwendung der Kleinunternehmerregelung zugrunde zu legen sei, aus dem Betrag der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen zusammen, soweit diese besteuert würden. Da bei der Differenzbesteuerung nach Art. 315 der Richtlinie 2006/112/EG nur die Handelsspanne besteuert werde, könne nur diese für die Bemessung der Umsatzgrenze herangezogen werden.
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Das FG-Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1305 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts und bringt im Kern vor, das FG habe Art. 288 Satz 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112/EG fehlerhaft ausgelegt.
Entscheidungsgründe
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II. Zur Rechtslage nach nationalem Recht
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1. Maßgebliche Vorschriften des nationalen Rechts
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a) § 1 UStG Steuerbare Umsätze
"(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:
1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. ..."
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b) § 10 UStG Bemessungsgrundlage für Lieferungen, sonstige Leistungen und innergemeinschaftliche Erwerbe
"(1) Der Umsatz wird bei Lieferungen und sonstigen Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1) ... nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. ..."
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c) § 19 UStG Besteuerung der Kleinunternehmer
"(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern ... nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17 500 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. ...
(2) ...
(3) Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 abzüglich folgender Umsätze: ..."
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d) § 25a UStG Differenzbesteuerung
"(1) Für die Lieferungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 von beweglichen körperlichen Gegenständen gilt eine Besteuerung nach Maßgabe der nachfolgenden Vorschriften (Differenzbesteuerung), wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: ...
(2) ...
(3) Der Umsatz wird nach dem Betrag bemessen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt; ..."
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2. Rechtliche Würdigung nach nationalem Recht
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Der Kläger, der als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG im Gebrauchtwagenhandel tätig war, erfüllt im Streitjahr die Voraussetzungen für die Besteuerung als Kleinunternehmer gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG, wenn sein Umsatz bezogen auf das dem Streitjahr vorangegangene Jahr 2009 die Höhe von 17.500 € nicht überschritten hat. Gemessen an den vom Kläger im Jahr 2009 nach § 25a Abs. 3 UStG ermittelten Handelsspannen von insgesamt 17.328 € ist dies der Fall. Die maßgebliche Umsatzgrenze für das Jahr 2009 wäre jedoch überschritten, wenn dagegen auf die Summe der von ihm in diesem Jahr vereinnahmten Entgelte in Höhe von 27.358 € und nicht auf die Handelsspannen abzustellen wäre.
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a) Die Besteuerung der Kleinunternehmer gemäß § 19 UStG wird durch die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG nicht ausgeschlossen. Die Regelungen über die Besteuerung der Kleinunternehmer gelten daher auch für Unternehmer, die --wie der Kläger im Streitfall-- als Wiederverkäufer Lieferungen im Sinne des § 25a Abs. 1 UStG ausführen. Ist ein Wiederverkäufer Kleinunternehmer im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG, wird die nach der Handesspanne bemessene Steuer für die von ihm ausgeführten Lieferungen nicht erhoben.
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b) Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG ist Umsatz im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von --was den Streitfall nicht betrifft-- Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Bei der Umsatzermittlung ist nicht auf die Bemessungsgrundlage abzustellen, sondern auf die vom Unternehmer vereinnahmten Bruttobeträge (vergleiche dazu zum Beispiel Tehler, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht --UVR-- 2016, 345; Bunjes/Korn, UStG, 16. Aufl., § 19 Rz 29).
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c) Gesamtumsatz ist zwar nach § 19 Abs. 3 Satz 1 UStG grundsätzlich die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG abzüglich der näher bestimmten --den Streitfall gleichfalls nicht betreffenden-- steuerfreien Umsätze. In Fällen der Differenzbesteuerung wird gemäß § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG der Umsatz nach dem Betrag bemessen, um den der Verkaufspreis für den Gegenstand den Einkaufspreis übersteigt.
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d) Die Verwaltung stellt in Fällen der Differenzbesteuerung (§ 25a UStG) hinsichtlich der Ermittlung des Gesamtumsatzes für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) nicht mehr auf die in Betracht kommende Bemessungsgrundlage im Sinne des § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG (Handelsspanne), sondern auf das vereinnahmte Entgelt im Sinne des § 10 UStG ab. Der überwiegende Teil des nationalen Schrifttums erachtet dies als sachgerecht und unionsrechtskonform (vergleiche dazu Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 19 Rz 108; Walkenhorst in Küffner/Stöcker/Zugmaier, UStG, § 19 Rz 150; Friedrich-Vache in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 19 Rz 31.3; Lippross, Umsatzsteuer, 24. Aufl., S. 1196; unentschieden Bunjes/Korn, am angegebenen Ort, § 19 Rz 25; anderer Ansicht Schüler-Täsch in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 19 Rz 67; Tehler, UVR 2016, 345; Rauch in Offerhaus/Söhn/Lange, § 25a UStG Rz 13e; Michel in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 223 Rz 146).
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e) Der Senat neigt dagegen dazu, § 19 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG im Licht des Unionsrechts dahingehend auszulegen, dass zur Ermittlung der betreffenden Umsatzgrößen bei einem Fall wie dem vorliegenden auf die Summe der Differenzbeträge im Sinne des § 25a Abs. 3 UStG abzustellen ist, unabhängig von der Höhe der vereinnahmten Entgelte. Dem entspricht zudem, dass die Regelung des § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG der Verwaltungsvereinfachung dient (vergleiche dazu zum Beispiel Bunjes/Korn, am angegebenen Ort, § 19 Rz 1).
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f) Dass die Bundesrepublik Deutschland die Kleinunternehmergrenze bis zu einem Betrag von 17.500 € anwendet, ist aufgrund der Protokollerklärung vom 17. Mai 1977 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 145, S. 1) und Art. 284 der Richtlinie 2006/112/EG mit Unionsrecht vereinbar.
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III. Zur Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH)
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1. Maßgebliche Bestimmungen des Unionsrechts
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a) Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG
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"Bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen, die nicht unter die Artikel 74 bis 77 fallen, umfasst die Steuerbemessungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen."
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b) Art. 288 Satz 1 der Richtlinie 2006/112/EG
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"Der Umsatz, der bei der Anwendung der Regelung dieses Abschnitts zugrunde zu legen ist, setzt sich aus folgenden Beträgen ohne Mehrwertsteuer zusammen:
1. Betrag der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, soweit diese besteuert werden; ..."
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c) Art. 313 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG
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"(1) Die Mitgliedstaaten wenden auf die Lieferungen von Gebrauchtgegenständen, Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten durch steuerpflichtige Wiederverkäufer eine Sonderregelung zur Besteuerung der von dem steuerpflichtigen Wiederverkäufer erzielten Differenz (Handelsspanne) gemäß diesem Unterabschnitt an."
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d) Art. 314 der Richtlinie 2006/112/EG
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"Die Differenzbesteuerung gilt für die Lieferungen von Gebrauchtgegenständen, Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten durch einen steuerpflichtigen Wiederverkäufer, wenn ihm diese Gegenstände innerhalb der Gemeinschaft von einer der folgenden Personen geliefert werden:
a) von einem Nichtsteuerpflichtigen;
b) von einem anderen Steuerpflichtigen, sofern die Lieferungen des Gegenstands durch diesen anderen Steuerpflichtigen gemäß Artikel 136 von der Steuer befreit ist;
c) von einem anderen Steuerpflichtigen, sofern für die Lieferung des Gegenstands durch diesen anderen Steuerpflichtigen die Steuerbefreiung für Kleinunternehmen gemäß den Artikeln 282 bis 292 gilt und es sich dabei um ein Investitionsgut handelt;
d) von einem anderen steuerpflichtigen Wiederverkäufer, sofern die Lieferung des Gegenstands durch diesen anderen steuerpflichtigen Wiederverkäufer gemäß dieser Sonderregelung mehrwertsteuerpflichtig ist."
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e) Art. 315 der Richtlinie 2006/112/EG
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"Die Steuerbemessungsgrundlage bei der Lieferung von Gegenständen nach Artikel 314 ist die von dem steuerpflichtigen Wiederverkäufer erzielte Differenz (Handelsspanne), abzüglich des Betrags der auf diese Spanne erhobenen Mehrwertsteuer. Die Differenz (Handelsspanne) des steuerpflichtigen Wiederverkäufers entspricht dem Unterschied zwischen dem von ihm geforderten Verkaufspreis und dem Einkaufspreis des Gegenstands."
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2. Zur Vorlagefrage
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Wegen der bestehenden Zweifel an der zutreffenden Auslegung des Art. 288 Satz 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112/EG hält es der Senat für erforderlich, den EuGH um eine Vorabentscheidung zu der im Tenor bezeichneten Frage zu ersuchen.
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a) Nach Art. 288 Satz 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112/EG setzt sich der Umsatz, der bei der Anwendung der Kleinunternehmerregelung zugrunde zu legen ist, aus dem Betrag der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen zusammen, "soweit" diese besteuert werden. Diese Bestimmung stellt mithin auf den Umfang der Besteuerung ab, der bei der Differenzbesteuerung nach Art. 315 der Richtlinie 2006/112/EG auf die Differenz (Handelsspanne) beschränkt ist. Der Wortlaut des Art. 288 Satz 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112/EG lässt also eine Auslegung dahingehend zu, dass Leistungen, die --wie hier-- der Differenzbesteuerung gemäß Art. 314 der Richtlinie 2006/112/EG unterliegen und infolge einer besonderen Bemessungsgrundlage unter Ausschluss des Vorsteuerabzugs nur teilweise besteuert werden, nur in diesem reduzierten Umfang zum Umsatz im Sinne dieser Richtlinienbestimmung zu zählen sind. Der Senat neigt daher der vom FG vertretenen Ansicht zu, dass der Umsatz, der bei der Anwendung der Kleinunternehmerregelung (Art. 282 ff. der Richtlinie 2006/112/EG) bei einem Händler zugrunde zu legen ist, der der Differenzbesteuerung (Art. 314 der Richtlinie 2006/112/EG) unterliegt, nach der Summe der ermittelten Handelsspannen zu bestimmen ist, und nicht nach den vereinnahmten Entgelten. Dem entspricht, dass nach Art. 313 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG auf diese Gegenstände eine Sonderregelung zur Besteuerung der erzielten Handelsspanne anzuwenden ist.
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b) Dagegen könnte --was im Rahmen des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens zu klären sein wird-- Art. 288 Satz 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112/EG mit der Wendung "soweit diese besteuert werden" auch so verstanden werden, dass nur steuerfreie Leistungen betroffen sind und nur diese aus dem maßgeblichen Umsatz für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung ausgeschlossen werden müssen. Bei diesem Verständnis des Art. 288 Satz 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112/EG wären die der Differenzbesteuerung unterliegenden Lieferungen, die nicht steuerbefreit sind, sondern als solche besteuert werden, nicht nur in Höhe der nach Maßgabe der Sonderregelung des Art. 315 der Richtlinie 2006/112/EG ermittelten Bemessungsgrundlage für den ausgeführten Umsatz zu erfassen.
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c) Es ist ferner nicht ausgeschlossen, dass Art. 288 Satz 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112/EG als "Betrag" der Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen die "Summe" der für die erbrachten Leistungen erzielten Entgelte und damit die Steuerbemessungsgrundlage gemäß Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG meint. In diesem Fall käme es bei der Anwendung der Kleinunternehmerregelung nicht darauf an, ob die Bemessungsgrundlage der betreffenden Umsätze nach Maßgabe der Sonderregelung des Art. 315 der Richtlinie 2006/112/EG zu ermitteln ist.
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d) Der Senat hält es für fernliegend, dass die Zielsetzung der Kleinunternehmerregelung, die darin besteht, dass die Gründung und Tätigkeit sowie die Wettbewerbsfähigkeit von Kleinunternehmen gestärkt werden soll (EuGH-Urteil Schmelz vom 26. Oktober 2010 C-97/09, EU:C:2010:632, Deutsches Steuerrecht 2010, 2186, Rz 63), einer Auslegung des Art. 288 Satz 1 Nr. 1 der Richtlinie 2006/112/EG entgegensteht, nach der im Gebrauchtwarenhandel hinsichtlich des maßgeblichen Umsatzes auf die Handelsspanne abzustellen ist. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Gebrauchtwarenhändler in den Genuss der Kleinunternehmerregelung kommen könnten, die aufgrund ihrer Größe einer Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit nicht bedürfen, zumal nicht ersichtlich ist, dass Unternehmer, die Umsätze mit Gebrauchtwaren ausführen und der Differenzbesteuerung unterliegen, im direkten Wettbewerb mit Unternehmern anderer Wirtschaftsbereiche stehen, gegenüber denen sie in Bezug auf die Kleinunternehmerregelung einen ungerechtfertigten Vorteil erlangen könnten.
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3. Die Antwort des EuGH auf die Vorlagefrage ist im Streitfall entscheidungserheblich. Sie ist für die dem vorlegenden Senat obliegende richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts vorgreiflich.
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4. Rechtsgrundlage für die Anrufung des EuGH ist Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Unter den hier vorliegenden Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV (vergleiche dazu Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 6. September 2016 1 BvR 1305/13, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 2017, 53, Rz 7, 8; vom 6. Oktober 2017 2 BvR 987/16, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2018, 606, Rz 4, 5; jeweils mit weiteren Nachweisen) sind die nationalen Gerichte von Amts wegen gehalten, den EuGH anzurufen (vergleiche BVerfG-Beschlüsse in NVwZ 2017, 53, Rz 6; in NJW 2018, 606, Rz 3; ferner EuGH-Urteil CILFIT vom 6. Oktober 1982 C-283/81, EU:C:1982:335, NJW 1983, 1257, Rz 21; jeweils mit weiteren Nachweisen).
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IV. Das Revisionsverfahren wird bis zu einer Entscheidung des EuGH ausgesetzt (§ 121 Satz 1 in Verbindung mit § 74 der Finanzgerichtsordnung).
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