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BFH 12.12.2017 - X R 25/16
BFH 12.12.2017 - X R 25/16 - (Anspruch auf Kinderzulage; Begriff der "Auszahlung" des Kindergeldes i.S. des § 85 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F.)
Normen
§ 85 Abs 1 S 1 EStG 2009, § 85 Abs 1 S 4 EStG 2009, § 70 Abs 1 EStG 2009, § 90 EStG 2009, EStG VZ 2007, EStG VZ 2008, EStG VZ 2009, EStG VZ 2010, § 37 Abs 2 AO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 14. Juli 2016, Az: 10 K 10272/14, Urteil
Leitsatz
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NV: Der für den Anspruch auf Kinderzulage relevante Begriff "ausgezahlt" i.S. des § 85 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. stellt auf den Leistungsempfänger des Kindergeldes ab, der nach rechtlichen Maßstäben zu bestimmen ist. An wen das Kindergeld tatsächlich ausgezahlt wurde, ist nicht maßgeblich .
Tenor
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Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Juli 2016 10 K 10272/14 aufgehoben.
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Die Klage wird abgewiesen.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) begehrt für die Streitjahre 2007 bis 2010 eine Kinderzulage für ihre beiden Kinder, die im Juli 2004 bzw. Februar 2006 geboren wurden. Bereits 2007 hatte sie einen nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz zertifizierten Altersvorsorgevertrag bei einem entsprechenden Anbieter abgeschlossen.
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Die Klägerin lebte mit dem Vater der Kinder mindestens seit 2006 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen.
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Die Beklagte und Revisionsklägerin (Deutsche Rentenversicherung Bund, Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen --ZfA--) gewährte der Klägerin zunächst Altersvorsorgezulage einschließlich der Kinderzulage in Höhe von 390 € für das Beitragsjahr 2007 sowie in Höhe von jeweils 524 € für die Beitragsjahre 2008 bis 2010.
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Im Rahmen eines im Jahr 2012 durchgeführten Überprüfungsverfahrens teilte die Familienkasse der ZfA mit, dass nicht die Klägerin kindergeldberechtigt sei, sondern der Vater der Kinder, die Kindergeldzahlungen indes immer auf das Konto der Klägerin erfolgt seien. Daraufhin wurden der Klägerin die für die Jahre 2007 bis 2010 gezahlten Kinderzulagen von ihrem Anbieter wieder abgezogen. Die ZfA setzte mit Bescheiden vom 7. März 2014 für die Streitjahre jeweils ausschließlich die Grundzulage als Altersvorsorgezulage fest. Eine Kinderzulage könne nicht gewährt werden, da nach Mitteilung der Familienkasse für die Beitragsjahre weder eine Kindergeldzahlung an die Klägerin noch ggf. an ihren Ehegatten bestätigt worden sei.
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Im Einspruchsverfahren reichte die Klägerin eine weitere Bescheinigung der Familienkasse vom 7. April 2014 ein, der zufolge der Vater der Kinder von 2007 bis 2010 die kindergeldberechtigte Person gewesen sei, die Kindergeldzulagen aber stets auf das Konto der Klägerin gezahlt worden seien. Die Klage begründete die Klägerin im Wesentlichen mit dem Wortlaut des § 85 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Maßgebend sei nicht, wer den Antrag auf Zahlung des Kindergeldes gestellt habe, sondern an wen das Kindergeld ausgezahlt worden sei.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit dem in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2017, 850 veröffentlichten Urteil statt. Nach dem Wortlaut des § 85 Abs. 1 Satz 4 EStG sei entscheidend, welcher Person das Kindergeld tatsächlich ausgezahlt worden sei. Die Norm stehe im Kontext mit der übrigen verfahrensmäßigen Ausgestaltung des Altersvorsorgezulageverfahrens, welches in besonderer Weise auf Schnelligkeit, Einfachheit und Effizienz ausgerichtet sei. Die Finanzverwaltung könne ohne größeren Aufwand feststellen, an wen das Kindergeld ausgezahlt werde. Die Anknüpfung an die tatsächliche Auszahlung des Kindergeldes für den Kinderzulagebezug verstoße auch nicht gegen den Sinn und Zweck der Regelung des § 85 EStG. Aus der Gesetzesbegründung werde deutlich, dass der Gesetzgeber auch die Fallkonstellation bedacht habe, dass mehrere Kindergeldberechtigte die gemeinsamen Kinder in einen gemeinsamen Haushalt aufgenommen haben. Es solle dann den Kindergeldberechtigten überlassen bleiben, eine sachgerechte Regelung über den Erhalt der Kinderzulage zu treffen.
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Die ZfA begründet ihre Revision mit Verfahrensfehlern und der Verletzung materiellen Rechts.
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Entgegen der Rechtsauffassung des Gerichts beziehe sich § 85 Abs. 1 Satz 1 bzw. 4 EStG nicht auf den Empfänger eines tatsächlichen Zahlungsstroms, sondern auf die Festsetzung des Kindergeldes. Maßgeblich sei, dass die Familienkasse schuldbefreiend leiste. Dies könne sie nur, wenn eine Leistung an denjenigen erfolge, demgegenüber sie zunächst Kindergeld festgesetzt habe. Diese Rechtsauffassung stehe im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach der Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) derjenige ist, demgegenüber die Familienkasse ihre vermeintlich oder tatsächlich bestehende abgabenrechtliche Verpflichtung erfüllen will.
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Ein Verständnis des Rechtsbegriffs "Auszahlung" als "tatsächlicher Zahlungsstrom" verstieße darüber hinaus gegen die Grundentscheidung des Gesetzgebers in Abschnitt XI EStG für ein automatisiertes Verfahren ohne zusätzlichen Ermittlungsaufwand. Aufgrund der Rechtsauffassung des Gerichts würde hingegen originärer Ermittlungsaufwand entstehen. Die am Verfahren nach § 90 EStG beteiligten Stellen wären verpflichtet, die bislang nicht erhobene Information über den tatsächlichen Überweisungsempfänger originär zu erheben. Der Familienkasse sei dies nicht bekannt, da die Verknüpfung von Kontonummer und Empfängername mit Umsetzung der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. L 319, 1 --Zahlungsdiensterichtlinie--) zum 31. Oktober 2009 aufgehoben worden sei. Damit könne derjenige, demgegenüber Kindergeld festgesetzt werde, frei wählen, wohin die Familienkasse das Kindergeld überweise.
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Die Durchführung des in § 90 Abs. 1 bis 3 EStG vorgesehenen Verfahrens solle aber nach dem Willen des Gesetzgebers weder bei der ZfA noch bei anderen beteiligten Stellen zur Erhebung von Daten führen, die der öffentlichen Verwaltung nicht schon aus anderen Verfahren bekannt sind. Die von der ZfA vertretene Rechtsauffassung entspreche dem bislang vom Bundeszentralamt für Steuern, den Familienkassen und der ZfA einheitlich gehandhabten Verwaltungsverfahren, in dem im entsprechenden Datensatz jeweils der Kindergeldberechtigte und nicht der Zahlungsempfänger mitgeteilt werde. Eine Änderung der bestehenden Verwaltungspraxis hätte einen personellen und sachlichen Verwaltungsaufwand bei der ZfA in zweistelliger Millionenhöhe zur Folge.
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Bei einem Verständnis des Begriffs "Auszahlung" als Abfluss des Geldes bei der Familienkasse bzw. Zufluss des Geldes beim Zahlungsempfänger wäre schließlich in den Jahren, in denen zwar ein Kindergeldanspruch bestehe, aber beispielsweise aus technischen Gründen oder aufgrund eines Versehens kein Kindergeld gezahlt werde, keine Kinderzulage zu gewähren.
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Die ZfA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision der ZfA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Der Senat entscheidet nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der Sache selbst und weist die Klage ab.
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Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass der Klägerin ein Anspruch auf die begehrten Kinderzulagen zusteht. Nach der im Streitfall anzuwendenden Vorschrift des § 85 Abs. 1 Satz 1 EStG (dazu unter 1.) in der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem FG geltenden Fassung (EStG a.F.; vgl. zum maßgebenden Zeitpunkt bei Verpflichtungsklagen Senatsurteil vom 27. Januar 2016 X R 23/14, BFH/NV 2016, 1018, Rz 15, m.w.N.) ist kinderzulageberechtigt, wer Empfangsberechtigter des Kindergeldes ist; das ist der Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO (dazu unter 2.).
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1. Entgegen der Annahme des FG beurteilt sich der Streitfall nicht nach § 85 Abs. 1 Satz 4 EStG a.F.
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a) Erhalten mehrere Zulageberechtigte für dasselbe Kind Kindergeld, steht die Kinderzulage demjenigen zu, dem für den ersten Anspruchszeitraum (§ 66 Abs. 2 EStG) im Kalenderjahr Kindergeld ausgezahlt worden ist (§ 85 Abs. 1 Satz 4 EStG a.F.). Die Norm betrifft den Wechsel des Kindergeldempfängers im Laufe des Beitragsjahres.
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b) Im vorliegenden Fall war die kindergeldberechtigte Person nach der Bescheinigung der Familienkasse vom 7. April 2014 für die Streitjahre 2007 bis 2010 ausschließlich der Vater der Kinder. Folglich haben nicht --wie von § 85 Abs. 1 Satz 4 EStG a.F. vorausgesetzt-- mehrere Zulageberechtigte im Anspruchszeitraum Kindergeld erhalten. Darüber hinaus hat das FG keine Feststellungen dazu getroffen, ob auch der Vater Anspruch auf eine Altersvorsorgezulage gehabt hat.
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2. Maßgeblich für die Entscheidung des Falles ist vielmehr, wenn die Eltern --wie vorliegend die Klägerin und der Vater der Kinder-- nicht miteinander verheiratet sind, § 85 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. Danach beträgt die Kinderzulage für jedes Kind, für das dem Zulageberechtigten Kindergeld ausgezahlt wird, für das Jahr 2007 138 € und ab dem Jahr 2008 jährlich 185 €.
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Entgegen der Auffassung des FG ist mit dem Begriff "ausgezahlt" i.S. des § 85 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. sowohl aus gesetzessystematischen Gründen als auch im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Vorschrift eine Leistung des Kindergeldes mit schuldbefreiender Wirkung gemeint. Der tatsächliche Zahlungsfluss ist nicht entscheidend.
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a) Dieses Begriffsverständnis knüpft an die einkommenssteuerrechtlichen Regelungen über die Gewährung von Kindergeld an.
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Gemäß § 70 Abs. 1 EStG wird das Kindergeld nach § 62 EStG von den Familienkassen durch Bescheid festgesetzt und ausgezahlt. Das Verfahren gliedert sich somit in das Festsetzungsverfahren einerseits und das Auszahlungsverfahren (entsprechend dem Erhebungsverfahren) andererseits (vgl. dazu BFH-Urteil vom 26. August 2010 III R 21/08, BFHE 231, 520, BStBl II 2013, 583).
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aa) Danach entscheidet die Familienkasse zunächst über Grund und Höhe des Kindergeldanspruchs und damit über den Kindergeldberechtigten (Festsetzung des Kindergeldes als begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung).
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bb) Auf zweiter Stufe folgt die Auszahlung des Kindergeldes entweder an den Kindergeldberechtigten oder im Falle eines Abzweigungsbescheids nach § 74 EStG an den Abzweigungsempfänger. Diese Personen sind Leistungsempfänger des Kindergeldes.
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Davon zu unterscheiden ist die faktische Auszahlung des Kindergeldes auf ein von dem jeweiligen Empfangsberechtigten angegebenes Konto eines Dritten. Wenn die Familienkasse aufgrund einer derartigen Zahlungsanweisung das Kindergeld auf das Konto eines Dritten zahlt, ist der Dritte nicht Leistungsempfänger, sondern nur Zahlstelle (vgl. BFH-Urteil vom 24. August 2001 VI R 83/99, BFHE 196, 278, BStBl II 2002, 47). Die Zahlungsanweisung ist aus Sicht des Empfangsberechtigten eine reine private Mittelverwendung. Die Kindergeldfestsetzung und ggf. der Abzweigungsbescheid definieren folglich grundsätzlich den Leistungsempfänger des Kindergeldes und damit den Auszahlungsadressaten i.S. des § 85 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F.
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b) Diese Auslegung korrespondiert zudem mit dem Begriff des Leistungsempfängers i.S. des § 37 Abs. 2 AO. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO derjenige, dem gegenüber die Finanzbehörde oder Familienkasse ihre --vermeintlich oder tatsächlich bestehende-- abgabenrechtliche Verpflichtung erfüllen will (vgl. BFH-Urteil vom 10. März 2016 III R 29/15, BFH/NV 2016, 1278, Rz 18, m.w.N.). Diese Grundsätze gelten auch für das Kindergeld, da es nach § 31 Satz 3 EStG als Steuervergütung gezahlt wird.
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c) Die in Teilen der Literatur verbreitete Rechtsauffassung, wonach allein der Zufluss von Kindergeld auf dem Konto eines Zulageberechtigten genüge, einen Anspruch auf Kinderzulage nach § 85 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. zu erlangen (so wohl Killat in Herrmann/Heuer/Raupach, § 85 EStG Rz 6; Myßen/Obermair, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 85 Rz D 18; Schmidt/Wacker, EStG, 36. Aufl., § 85 Rz 2), wäre hingegen missbrauchsanfällig und kann zu Ergebnissen führen, die mit dem Sinn und Zweck des § 85 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. nicht vereinbar wären.
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aa) Nach der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens soll hinsichtlich der Gewährung der Kinderzulage dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Eltern wegen der Kindererziehung nur eingeschränkte Möglichkeiten zur Erzielung von Erwerbseinkommen und damit zum Aufbau einer zusätzlichen privaten Altersvorsorge haben (BTDrucks 14/5150, S. 36). Voraussetzung für den Anspruch auf Kinderzulage ist deshalb ausweislich der Gesetzesbegründung, dass das Kind im Haushalt des Zulageberechtigten lebt und der Zulageberechtigte Kindergeld erhält.
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bb) Wollte man für den Anspruch auf Kinderzulage nach § 85 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. ausschließlich auf den begünstigten Kontoinhaber abstellen, dem das Kindergeld zufließt, wäre zulageberechtigt unter Umständen auch derjenige, der weder kindergeldberechtigt oder abzweigungsbegünstigt ist noch das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Der Empfangsberechtigte könnte einem beliebigen Dritten die Kinderzulage durch eine entsprechende Zahlungsanweisung verschaffen, verlöre sie im Gegenzug selbst.
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Das ist praktisch keineswegs ausgeschlossen. So kann nach dem (beispielsweise auf der Internetseite des Bundeszentralamts für Steuern abrufbaren) Vordruck für einen Antrag auf Kindergeld unter den Angaben zum Zahlungsweg jede beliebige Person als Empfänger des Kindergeldes eingetragen werden. Es ist nicht erkennbar, warum dies unzulässig sein sollte, so dass die Familienkassen das Kindergeld regelmäßig ohne weitere Prüfung an das vom Antragsteller im Kindergeldantrag angegebene Konto überweisen dürften.
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Zum anderen können zum heutigen Zeitpunkt Überweisungen per IBAN von Banken auch ausgeführt werden, wenn der angeführte Empfängername nicht mit dem Kontoinhaber übereinstimmt. Nach § 675r des Bürgerlichen Gesetzbuchs (eingefügt durch Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009, BGBl I 2009, 2355; in Kraft nach dessen Art. 11 Abs. 2 seit dem 31. Oktober 2009) sind die beteiligten Zahlungsdienstleister berechtigt, einen Zahlungsvorgang ausschließlich anhand der von dem Zahlungsdienstnutzer angegebenen Kundenkennung auszuführen. Nach den Vorgaben der Zahlungsdiensterichtlinie sind die beteiligten Zahlungsdienstleister zum Abgleich von Kontonummer bzw. Kundenkennung und Empfängername nicht mehr verpflichtet (vgl. BTDrucks 16/11643, S. 110).
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d) Das unter a) dargestellte Verständnis des Begriffs "ausgezahlt" steht ferner im Einklang mit dem System des Zulageverfahrens und vermeidet zusätzlichen Verwaltungsaufwand der öffentlichen Stellen, die in das Verfahren einbezogen sind.
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Das Zulageverfahren ist weitestgehend automatisiert und in besonderer Weise auf Schnelligkeit, Einfachheit und Effizienz gerichtet (Senatsurteil vom 22. Oktober 2014 X R 18/14, BFHE 247, 312, BStBl II 2015, 371, Rz 39 ff.). Für die Berechnung und Überprüfung der Zulage übermitteln gemäß § 91 EStG bestimmte öffentliche Stellen --insbesondere auch die Familienkassen-- der ZfA auf Anforderung die bei ihnen vorhandenen Daten.
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Sofern hinsichtlich des Begriffs "ausgezahlt" i.S. des § 85 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. auf eine Leistung mit schuldbefreiender Wirkung gegenüber dem Empfangsberechtigten abgestellt wird, entsteht kein zusätzlicher Ermittlungsaufwand für die beteiligten öffentlichen Stellen. Bei den Familienkassen sind Informationen darüber, gegenüber welchen Personen Kindergeld festgesetzt wurde bzw. wer Leistungsempfänger des Kindergeldes ist, bereits vorhanden.
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e) Im Streitfall war zwar die Klägerin in den Streitjahren nach §§ 62, 63 EStG ebenfalls dem Grunde nach kindergeldberechtigt. Entscheidend ist jedoch, dass das Kindergeld im maßgeblichen Zeitraum unstreitig ausschließlich zugunsten des Vaters der Kinder festgesetzt worden ist. Das Kindergeld wurde nur aufgrund einer Zahlungsanweisung des kindergeldberechtigten Vaters auf ein Konto der Klägerin überwiesen. Da der durch die Anweisung begünstigte Zahlungsempfänger (hier: die Klägerin) den Zahlungsanspruch nicht aus eigenem Recht geltend machen konnte und die Leistung der Familienkasse mit dem Willen erbracht wurde, eine Forderung gegenüber dem tatsächlichen Rechtsinhaber mit befreiender Wirkung zu erfüllen, ist nicht die Klägerin als tatsächliche Empfängerin der Zahlung, sondern der Vater der Kinder als Leistungsempfänger bzw. als Auszahlungsadressat i.S. des § 85 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. anzusehen. Folglich steht der Klägerin in den Streitjahren kein Anspruch auf die begehrten Kinderzulagen i.S. des § 85 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. zu, da das Kindergeld nicht mit schuldbefreiender Wirkung an sie geleistet wurde.
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3. Da das Urteil des FG bereits aus materiell-rechtlichen Gründen aufzuheben ist, kann dahingestellt bleiben, ob darüber hinaus Verfahrensfehler vorgelegen haben.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
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