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BFH 08.09.2015 - XI B 33/15
BFH 08.09.2015 - XI B 33/15 - Anforderungen an einen Antrag auf Terminverlegung
Normen
§ 155 FGO, § 227 Abs 1 ZPO, Art 103 Abs 2 GG, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 76 Abs 1 FGO
Vorinstanz
vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 29. Januar 2015, Az: 4 K 125/12, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Bei einem Antrag auf Verlegung eines Termins muss der Antragsteller die erheblichen Gründe i.S. des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO so genau angeben, dass sich das Gericht aufgrund der Schilderung ein Urteil über deren Erheblichkeit bilden kann.
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2. NV: Nicht ausreichend ist bei einer geltend gemachten Krankheit die Vorlage eines Attests eines Arztes, mit dem lediglich pauschal "Arbeitsunfähigkeit" bescheinigt wird.
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 29. Januar 2015 4 K 125/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
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I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betrieb in den Jahren 2005 bis 2007 (Streitjahre) eine … Werkstatt.
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Im Rahmen einer in den Jahren 2009 und 2010 durchgeführten Außenprüfung beim Kläger gelangte die Prüferin zu der Auffassung, dass beim Kläger Hinzuschätzungen bei Umsatz und Gewinn vorzunehmen seien, eine Sonderabschreibung nach § 7g des Einkommensteuergesetzes für einen PKW nicht zu gewähren sei und in allen Streitjahren vom Kläger erklärte Ausfuhrlieferungen i.S. des § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 des Umsatzsteuergesetzes wegen Nichterfüllung des Belegnachweises nicht umsatzsteuerfrei seien. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) folgte der Auffassung der Prüferin und erließ Änderungsbescheide wegen Einkommensteuer für 2005 bis 2007, Umsatzsteuer für die Jahre 2005 bis 2007 sowie Gewerbesteuermessbetrag für 2005 bis 2007.
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Der Einspruch, mit dem der Kläger u.a. geltend machte, die Lieferungen in das Drittland seien durch Lieferscheine nachgewiesen, blieb erfolglos.
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Nachdem der Kläger im Klageverfahren wegen Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 2005 bis 2007 vom Finanzgericht (FG) ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung am 29. Januar 2015 um 12:00 Uhr geladen worden war, beantragte er erstmals unter dem 27. Januar 2015, den Termin vom 29. Januar 2015 zu verlegen. Trotz mehrfacher telefonischer sowie schriftlicher Versuche sei es dem Geschäftsführer des Prozessbevollmächtigten des Klägers, Herrn S, nicht möglich gewesen, den Kläger zu erreichen. Ohne Mitwirkung des Klägers sei eine mündliche Verhandlung aus Sicht der Prozessbevollmächtigten nicht durchführbar. Diesen Antrag lehnte die Senatsvorsitzende mit Schreiben vom 27. Januar 2015, das der Prozessbevollmächtigten am selben Tag per Telefax übermittelt worden ist, ab. Die mitgeteilten Gründe reichten für eine Verlegung nicht aus. Das persönliche Erscheinen des Klägers sei nicht angeordnet. Ein Grund für die Verlegung bestehe daher nicht.
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Daraufhin beantragte der Kläger mit Telefax vom 28. Januar 2015, das aus der Kanzlei der S-GmbH in R abgesandt wurde, erneut Terminsverlegung. Eine unerwartete Erkrankung zwinge S zur Bettruhe. Beigefügt war die Vorderseite einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Ausfertigung zur Vorlage beim Arbeitgeber) vom 28. Januar 2015, die von einer Fachärztin für Allgemeinmedizin, Frau …, deren Praxis sich in G befindet, ausgestellt ist. Angaben zu Art und Schwere der Erkrankung enthielt die beigefügte Vorderseite des Attests nicht.
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Für den Kläger ist in der mündlichen Verhandlung am 29. Januar 2015 niemand erschienen. Das FG wies die Klage als unbegründet ab und ließ die Revision nicht zu. Es führte unter Bezugnahme auf die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 16. Dezember 1994 III B 43/94 (BFH/NV 1995, 890), vom 17. Mai 2001 X B 12/01 (AO-Steuer-Berater 2001, 134) und vom 27. August 2008 II B 74/07 (BFH/NV 2008, 1871) aus, der Kläger habe einen erheblichen Grund für eine Terminverlegung nicht i.S. von § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 227 der Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision, mit der er die Nichtverlegung der Sitzung als Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) rügt.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde, über die der Senat insgesamt entscheidet, ist jedenfalls unbegründet.
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1. Die Zuständigkeit des beschließenden Senats für die Beschwerdeverfahren wegen Einkommensteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 2005 bis 2007 ergibt sich aus Nr. I.1. und I.3. der Ergänzenden Regelungen des Geschäftsverteilungsplans des BFH, weil in den Bereich der Umsatzsteuer die Sachen mit dem höchsten Streitwert fallen. Es sind nicht lediglich Schätzungen angegriffen. Bei der Zuständigkeit des Senats verbleibt es, weil über die Frage, ob das FG den Verlegungsantrag verfahrensfehlerhaft abgelehnt hat, nur einheitlich entschieden werden kann.
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2. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor; denn das FG hat den Verlegungsantrag zu Recht abgelehnt, weil (auch) in dem (zweiten) Antrag vom 28. Januar 2015 keine erheblichen Gründe dargelegt worden sind.
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a) Nach ständiger BFH-Rechtsprechung wird eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör angenommen, wenn einem Antrag auf Verlegung der mündlichen Verhandlung (§ 227 Abs. 1 ZPO) nicht stattgegeben wird, obwohl erhebliche Gründe vorliegen. Nach § 155 FGO i.V.m. § 227 ZPO kann ein gerichtlicher Termin nur aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt werden. Liegen erhebliche Gründe i.S. von § 227 ZPO vor, verdichtet sich die nach dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensfreiheit zu einer Rechtspflicht (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 12. November 2009 IV B 66/08, BFH/NV 2010, 671; vom 27. Juni 2012 XI B 129/11, BFH/NV 2012, 1978).
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b) Ein solcher Grund kann u.a. darin liegen, dass der Prozessbevollmächtigte eines Beteiligten unerwartet erkrankt ist. Jedoch ist nicht jegliche Erkrankung des Bevollmächtigten ein ausreichender Grund für eine Terminsverlegung; eine solche ist vielmehr nur dann geboten, wenn die Erkrankung so schwer ist, dass von dem Bevollmächtigten die Wahrnehmung des Termins nicht erwartet werden kann. Der Antragsteller muss die Gründe i.S. des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO so genau angeben, dass sich das Gericht aufgrund ihrer Schilderung ein Urteil über deren Erheblichkeit bilden kann (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Mai 2007 V B 217/06, BFH/NV 2007, 1695; Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 96 FGO Rz 261).
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Nicht ausreichend ist jedoch --entgegen der Auffassung des Klägers-- bei einer geltend gemachten Krankheit die Vorlage eines Attests eines Arztes, mit dem lediglich pauschal "Arbeitsunfähigkeit" bescheinigt wird (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 10. Oktober 2001 IX B 157/00, BFH/NV 2002, 365, unter II.2.a; vom 21. Januar 2004 V B 25-26/03, BFH/NV 2004, 962, unter II.2.b; vom 27. Januar 2004 VII B 66/03, BFH/NV 2004, 796, unter II.1.; vom 26. April 2005 VIII B 14/02, BFH/NV 2005, 1821; vom 21. April 2008 XI B 206-207/07, BFH/NV 2008, 1191; vom 1. April 2009 X B 78/08, juris, unter 1.c; vom 21. November 2012 VIII B 144/11, BFH/NV 2013, 240, Rz 11; vom 10. April 2015 III B 42/14, BFH/NV 2015, 1102, Rz 3).
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c) Nach diesen Grundsätzen hat das FG ermessensfehlerfrei entschieden, dass der am Tag vor der mündlichen Verhandlung vom Prozessbevollmächtigten gestellte Antrag und die beigefügte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung diesen Anforderungen nicht genügen. Beide sind unsubstantiiert.
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Im Antrag wird lediglich von einer "unerwarteten Krankheit" gesprochen, ohne dass erkennbar wäre, warum diese, wie der Prozessbevollmächtigte angegeben hat, zur "Bettruhe" "zwinge", weil Art und Schwere nicht benannt wurden.
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Die in den Akten des FG befindliche, dem FG vor der Sitzung per Telefax übermittelte Vorderseite der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung enthält ebenfalls keine Diagnose und bescheinigt nicht die Verhandlungsunfähigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers für den Folgetag, sondern nur dessen Arbeitsunfähigkeit. Im Übrigen wäre der bloße Zusatz "Verhandlungsunfähigkeit liegt vor" ohnehin nicht ausreichend gewesen (vgl. BFH-Beschluss vom 5. Juli 2004 VII B 7/04, BFH/NV 2005, 64, unter II.2., Rz 12).
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Weitere Ermittlungspflichten des Gerichts --etwa durch Nachfrage bei der mehr als 600 km vom Kanzleisitz des Prozessbevollmächtigten entfernt praktizierenden Ärztin-- bestanden in dieser Situation nicht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 31. August 1995 VII B 160/94, BFH/NV 1996, 228, unter II., Rz 8; vom 7. August 2013 VII B 43/13, BFH/NV 2013, 1792; vom 26. November 2013 I B 2/13, BFH/NV 2014, 542, Rz 3).
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d) Auch eine Zulassung der Revision wegen mangelnder Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) durch das FG kommt nicht in Betracht. Wer zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt nicht erscheint, kann regelmäßig anschließend nicht die Verletzung von § 76 Abs. 1 FGO rügen (z.B. BFH-Beschluss vom 2. März 2005 VII B 142/04, BFH/NV 2005, 1576). Von einem Rügeverzicht ist auch dann auszugehen, wenn --wie hier-- ein Prozessbevollmächtigter kurzfristig zwar sein krankheitsbedingtes Nichterscheinen in der mündlichen Verhandlung ankündigt, aber dem FG keine konkreten Anhaltspunkte für dessen eigene Prüfung der behaupteten Erkrankung übermittelt werden (vgl. BFH-Beschluss vom 29. September 2011 IV B 122/09, BFH/NV 2012, 419, Rz 7 und 8).
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3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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