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BFH 22.05.2014 - III B 73/13
BFH 22.05.2014 - III B 73/13 - Keine Entscheidungserheblichkeit einer sich nur im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung stellenden Rechtsfrage für das Verfahren über den Folgebescheid - Auslegung des Regelungsinhalts von Verwaltungsakten
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 180 Abs 1 Nr 2 Buchst a AO, § 180 Abs 2 AO, § 182 Abs 1 S 1 AO, § 133 BGB, § 157 BGB, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG München, 30. April 2013, Az: 13 K 1953/10, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Legt das FG in einem gegen die Einkommensteuerfestsetzung gerichteten Klageverfahren einen gegenüber den Beteiligten einer Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) ergangenen Feststellungsbescheid dahingehend aus, dass es sich nicht um eine gesonderte Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO, sondern wegen bloßer Hilfstätigkeit der EWIV um eine Feststellung nach § 180 Abs. 2 AO handelt, kann die Revision --mangels Entscheidungserheblichkeit-- nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen werden, ob die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der nicht gewerblich tätigen EWIV zutreffender Weise nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO und nicht nach § 180 Abs. 2 AO hätte erfolgen müssen .
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2. NV: Der Regelungsinhalt eines Verwaltungsakts ist über den bloßen Wortlaut hinaus im Wege der Auslegung zu ermitteln, wobei die §§ 133, 157 BGB auch für öffentlich-rechtliche Willensbekundungen geltende Auslegungsregeln enthalten. Entscheidend ist danach, wie der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen -- nach seinem "objektiven Verständnishorizont" -- den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte .
Tatbestand
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I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurden für die Streitjahre 1994 bis 1996 und 1998 als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte in dieser Zeit u.a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt wurden. Daneben war er Mitglied einer deutschen und internationalen Organisation mit Sitz im Inland, die in der Rechtsform der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) organisiert war. Satzungsmäßiger Zweck der EWIV ist es, eine Kooperation ihrer Mitglieder zu erleichtern und zu entwickeln. Ferner wird sie ausschließlich gegenüber ihren Mitgliedern tätig und hat nicht den Zweck, Gewinn für sich zu erzielen. Der Vorstand der EWIV besteht laut Satzung aus drei Geschäftsführern, die zum Ausgleich für ihre Tätigkeit eine pauschale Aufwandsentschädigung erhalten. Der Kläger war in den Streitjahren einer der Geschäftsführer der EWIV und erhielt hierfür Zahlungen in Höhe von …. Die Zahlungen erfasste der Kläger im Rahmen der Gewinnermittlung für seine Einkünfte aus selbstständiger Arbeit.
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Die Besteuerungsgrundlagen für die Beteiligten an dieser Gesellschaft wurden durch das Betriebsstättenfinanzamt der EWIV einheitlich und gesondert festgestellt, wobei die Zahlungen an die Geschäftsführer nicht in den Feststellungsbescheiden erfasst wurden.
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Im Rahmen einer u.a. hinsichtlich der Einkommensteuer 1993 bis 1995 beim Kläger durchgeführten Außenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die ermäßigte Besteuerung der Zahlungen für die Geschäftsführertätigkeit bei der EWIV nach § 34 EStG nicht mehr anzuerkennen sei, da hierzu keine Feststellungen in den Feststellungsbescheiden für die EWIV enthalten seien.
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Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ entsprechende Änderungsbescheide für 1994 und 1995. Im Laufe des hiergegen geführten Einspruchsverfahrens führte das FA zuletzt mit Bescheiden vom 6. Juli 2000 Änderungen durch, die dem Einspruchsbegehren jedoch nicht abhalfen. Auch in den Streitjahren 1996 und 1998 gewährte das FA zuletzt mit Bescheiden vom 1. März 2000 keine Tarifermäßigung. Die für alle vier Streitjahre eingelegten Einsprüche wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 10. Mai 2010 als unbegründet zurück.
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Im Laufe des hiergegen gerichteten Klageverfahrens nahmen die Kläger die Klage hinsichtlich Einkommensteuer 1997 zurück (Einstellungsbeschluss vom 11. März 2013). Im Übrigen wies das Finanzgericht (FG) die Klage als unbegründet ab.
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Mit ihrer Beschwerde begehren die Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und zur Fortbildung des Rechts(§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO).
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit sie sich auf Einkommensteuer 1997 bezieht. Nachdem insoweit die Klage zurückgenommen, das Verfahren abgetrennt und eingestellt wurde, enthält die angegriffene Entscheidung keine Beschwer.
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Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet, soweit sie überhaupt den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügt. Sie wird durch Beschluss zurückgewiesen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO).
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1. Die Revision ist nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
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a) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (BFH-Beschluss vom 23. Januar 2013 X B 84/12, BFH/NV 2013, 771). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Insbesondere ist konkret und substantiiert darauf einzugehen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (z.B. BFH-Beschluss vom 25. Juni 2013 X B 96/12, BFH/NV 2013, 1802).
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b) Die Kläger möchten die Rechtsfrage geklärt wissen, ob die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen einer nicht gewerblich tätigen EWIV nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) oder nach § 180 Abs. 2 AO zu erfolgen hat.
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aa) Insoweit haben sie bereits nicht dargelegt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist.
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Entgegen der Darstellung in der Beschwerdebegründung ist das FG nicht davon ausgegangen, dass eine EWIV generell lediglich Hilfsfunktionen für die wirtschaftlichen Tätigkeiten ihrer Mitglieder ausübt und daher die Besteuerungsgrundlagen nicht nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO, sondern im Rahmen des Ermessens der Steuerbehörde allenfalls nach § 180 Abs. 2 AO festgestellt werden. Vielmehr ist das FG --in Übereinstimmung mit vielen Stimmen in der Literatur (Kunz in Beermann/Gosch, AO § 180 Rz 26.1; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 180 AO Rz 274a; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 180 AO Rz 27; Haep in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15 EStG Rz 414; Schmidt/Wacker, EStG, 32. Aufl., § 15 Rz 333; Klein-Blenkers, Der Betrieb 1994, 2224, 2225)-- davon ausgegangen, dass eine Feststellung nach der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO in Betracht kommt, wenn die EWIV ausschließlich Hilfstätigkeiten ausübt (sog. Kostentragungsgemeinschaft bzw. Cost Center), hingegen eine einheitliche und gesonderte Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO erforderlich ist, wenn die EWIV (ausnahmsweise) selbst eine gewerbliche oder selbständige Tätigkeit ausübt. Von welcher Seite diese Differenzierung bestritten wird, lässt sich aus der Beschwerdebegründung nicht entnehmen.
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Überdies haben sich die Kläger auch nicht mit der zu solchen Kostentragungsgemeinschaften (z.B. Apparate- und Laborgemeinschaften) ergangenen Rechtsprechung auseinandergesetzt (insbesondere BFH-Urteil vom 14. April 2005 XI R 82/03, BFHE 210, 241, BStBl II 2005, 752).
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bb) Zudem wäre die aufgeworfene Rechtsfrage in einem künftigen Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich und damit nicht klärungsfähig.
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Die Frage, ob die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen einer nicht gewerblich tätigen EWIV nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO oder nach § 180 Abs. 2 AO zu erfolgen hat, ist im Rahmen des Feststellungsverfahrens zu klären. Für die hier streitgegenständlichen Einkommensteuerfestsetzungen kommt es hingegen nur darauf an, ob die ergangenen Feststellungsbescheide Feststellungen enthalten, die für die Einkommensteuerfestsetzungen gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 AO bindend sind. Entsprechend ermittelte das FG im Wege der Auslegung, welcher Inhalt diesen Feststellungsbescheiden nach den Gesamtumständen beizumessen ist.
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Der Regelungsinhalt eines Verwaltungsakts ist über den bloßen Wortlaut hinaus im Wege der Auslegung zu ermitteln, wobei die §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch für öffentlich-rechtliche Willensbekundungen geltende Auslegungsregeln enthalten. Entscheidend ist danach, wie der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen --nach seinem "objektiven Verständnishorizont"-- den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (vgl. etwa BFH-Urteil vom 10. Mai 2012 IV R 34/09, BFHE 239, 485, BStBl II 2013, 471; Senatsurteil vom 18. Juli 2013 III R 9/09, BFHE 243, 170, jeweils m.w.N.).
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Insofern kommt es --worauf das FG zutreffend hingewiesen hat-- nicht darauf an, ob die für die EWIV erfolgten Feststellungen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO oder nach § 180 Abs. 2 AO hätten erfolgen müssen und ob sie rechtmäßig oder rechtswidrig waren. Vielmehr ist für die Auslegung auf die Gesamtumstände abzustellen, die aus dem Blickwinkel des objektiven Verständnishorizonts des Klägers den Inhalt der Feststellungsbescheide bestimmen.
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Soweit sich die Kläger im Kern gegen die Richtigkeit des vom FG gewonnenen Auslegungsergebnisses und damit die Richtigkeit des FG-Urteils wenden, wird damit keine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage, sondern allenfalls ein Fehler in der Beweis- und Sachverhaltswürdigung gerügt. Eine solche Rüge der Verletzung materiellen Rechts vermag indes die Revisionszulassung grundsätzlich nicht zu rechtfertigen (z.B. BFH-Beschluss vom 9. Oktober 2013 X B 239/12, BFH/NV 2014, 65, m.w.N.).
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2. Eine Revisionszulassung scheidet auch aus, soweit die Kläger ein Bedürfnis nach Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO in Bezug auf die o.g. Rechtsfrage sehen. Dieser Zulassungsgrund ist ein Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die dortigen Anforderungen an die Beschwerdebegründung und an das Vorliegen einer klärungsfähigen Rechtsfrage gelten daher entsprechend (vgl. Senatsbeschluss vom 22. August 2011 III B 192/10, BFH/NV 2011, 2043).
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3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 2 FGO.
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