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BFH 06.11.2012 - VII R 66/11
BFH 06.11.2012 - VII R 66/11 - Sicherstellung eines Strahlenschutzcontainers, der nach Ausfuhr eines Bestrahlungsgeräts in den Iran wieder eingeführt werden sollte
Normen
EGV 423/2007, Art 75 Buchst a Ss 4 ZK, Art 75 Buchst A Ss 4 EWGV 2913/92
Vorinstanz
vorgehend FG Hamburg, 30. September 2011, Az: 4 K 6/11, Urteil
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) hatte zur Jahreswende 2008/2009 ein Bestrahlungsgerät für …, das eine Strahlenquelle darstellt, in den Iran ausgeführt. Dafür wurde ein Transportcontainer verwendet, der zur Abschirmung der radioaktiven Strahlung rd. 160 kg abgereichertes Uran enthält. Im September 2009 gelangte dieser Container zurück in die Union und wurde dem Zollamt X Flughafen des Beklagten und Revisionsklägers (Hauptzollamt --HZA--) zur Abfertigung in den freien Verkehr gestellt. Die Zollanmeldung wurde zunächst angenommen, jedoch wenige Tage später für ungültig erklärt und der Container sichergestellt, da er nach den gegenüber dem Iran bestehenden Embargobestimmungen (Verordnung (EG) Nr. 423/2007 --VO Nr. 423/2007-- des Rates vom 19. April 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran, Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. L 103/1, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1110/2008 des Rates vom 10. November 2008, ABlEU Nr. L 300/1) nicht eingeführt werden dürfe.
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Auf die Klage der Klägerin hat das Finanzgericht (FG) die Sicherstellungsverfügung und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung aufgehoben. Es urteilte, die Einfuhr des Containers sei weder aufgrund des Anhangs I zur VO Nr. 423/2007 noch des --durch eben genannte Änderungsverordnung eingefügten-- Anhanges IA verboten. In der Unterpos. AO.013 dieses Anhangs werde zwar abgereichertes Uran sowie jedes andere Material, das solches enthalte, aufgeführt. Es unterliege jedoch nach dem Wortlaut dieser Vorschrift dem Embargo nur, soweit es nicht in Nr. 0C001 der Verordnung (EG) Nr. 1334/2000 des Rates vom 22. Juni 2000 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr von Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck (VO Nr. 1334/2000 --sog. Dual-Use-VO--; Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 159/1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1183/2007 des Rates vom 18. September 2007 (ABlEU Nr. L 278/1) erfasst sei (heute: Verordnung (EG) Nr. 428/2009 des Rates vom 5. Mai 2009 über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr, der Verbringung, der Vermittlung und der Durchfuhr von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck, ABlEU Nr. L 134/1). Diese Bestimmung erfasse zwar abgereichertes Uran, in einer Anmerkung werde selbiges jedoch ausgenommen, wenn es für nicht nukleare, zivile Verwendungszwecke (z.B. Abschirmungen und Verpackungen) besonders hergestellt ist. Insofern unterliege es nicht der von der Dual-Use-VO aufgestellten Ausfuhrgenehmigungspflicht und auch nicht dem Embargo. Ein anderes Verständnis widerspräche dem Sinn und Zweck der Embargoregelung, die sich nicht auf den friedlichen Zweck des Nuklearprogramms Irans beziehe, wobei es keinen Anhaltspunkt dafür gebe, dass das abgereicherte Uran im Streitfall zu einem anderen Zweck hätte hergestellt worden sein können.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des HZA, das unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle geltend macht, diese Auslegung der Nr. IA.AO.013 der Embargoverordnung sei nicht haltbar. Nach der Deutung des FG solle diese Verordnung nur solche Waren erfassen, die in der Nr. 0C001 der Dual-Use-VO in keiner, auch nicht in ausweisender Hinsicht angesprochen werden. Wäre diese Auslegung richtig, hätte die betreffende Nummer der Embargoverordnung allerdings keinerlei Anwendungsbereich, weil in der Nr. 0C001 der Dual-Use-VO sämtliche Waren, die abgereichertes Uran enthalten, entweder in zu- oder ausweisender Hinsicht angesprochen würden.
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Für die Auslegung des FG spreche auch nicht der Zweck der Embargoverordnung, den Iran von Waren fernzuhalten, die zu proliferationsrelevanten Zwecken beitragen könnten. Denn auch wenn der strittige Container für zivile Transporte konzipiert worden sei, sei seine missbräuchliche Nutzung im proliferationsrelevanten Bereich nicht ausgeschlossen, ohne dass die europäischen Behörden über eine solche Verwendung Feststellungen treffen könnten. Im Streitfall habe insofern eine nicht nur theoretische Möglichkeit bestanden, nachdem sich der Container etwa acht Monate im Iran befunden habe.
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Das HZA beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG die Rechtmäßigkeit des Sicherstellungsbescheids sowie der diesbezüglichen Einspruchsentscheidung festzustellen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision des HZA zurückzuweisen.
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Sie macht sich die Auslegung des FG zu eigen und trägt ergänzend vor, es bestehe kein Bedürfnis, die Rückfuhr des Containers nach Deutschland zu verbieten.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des HZA ist begründet (§ 126 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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Wie bereits in dem angefochtenen Urteil zutreffend dargestellt, hat das HZA gemäß Art. 75 Buchst. a Anstrich 4 des Zollkodex, § 13 Abs. 1 Satz 1 des Zollverwaltungsgesetzes Waren sicher zu stellen, sofern diese von der vorgenannten Embargoverordnung Nr. 423/2007 erfasst sind. Nach deren Artikel 4 ist es verboten, die in den Anhängen I und IA aufgeführten Güter und Technologien aus Iran einzuführen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Ursprungserzeugnisse Irans handelt oder --wie im Streitfall-- nicht. In dem Anhang IA ist bei der Unterpos. AO.013 u.a. "abgereichertes Uran" aufgeführt, "soweit nicht in Nr. 0C001" erfasst. Wie in den einleitenden Anmerkungen zu dem Anhang IA unter Nr. 1 angegeben ist, bezieht sich diese Referenznummer auf die Dual-Use-VO Nr. 1334/2000. An der entsprechenden Stelle des Anhangs I --Anhang I enthält die Liste der Dual-Use-Güter und -Technologien-- ist zur Nr. 0C001 abgereichertes Uran sowie jedes andere Material aufgeführt, das einen der vorstehend genannten Stoffe (nämlich u.a. abgereichertes Uran) enthält. Dem ist jedoch folgende Anmerkung hinzugefügt:
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"Nr. 0C001 erfasst nicht:
...
b)
abgereichertes Uran, besonders hergestellt für folgende, nicht nukleare zivile Verwendungszwecke:
1.
Abschirmungen,
2.
Verpackungen ..."
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Der erkennende Senat vermag nicht die Auffassung des FG zu teilen, diese Anmerkung sei bei der Anwendung der Embargovorschriften dahin zu berücksichtigen, dass abgereichertes Uran --weil es, unbeschadet vorgenannter Ausweisung an sich von der Dual-Use-VO erfasst wird und solche Materialien durch den vorgenannten Soweit-Satz von der Anwendung des Embargos ausgenommen sind-- dem Embargo nicht unterliegt. Zum einen erschließt sich dem Senat nicht, warum die in der Embargoverordnung Nr. 423/2007 enthaltene Beschränkung auf die von der Dual-Use-VO nicht erfassten Güter auch Güter erfassen sollte, die zwar grundsätzlich in der Dual-Use-VO angesprochen, von ihrem Anwendungsbereich durch oben zitierte Anweisung jedoch ausgenommen werden. Zudem überzeugt der Hinweis des HZA, dass bei einem solchen Verständnis der Vorschriften der Soweit-Satz in der Embargovorschrift alle von der vorhergehenden Warenbeschreibung erfassten Güter von dem Embargo ausnehmen würde, sich also die Nr. I.AO.013 selbst aufheben würde. Dass das nicht Sinn der Verordnung sein kann, liegt auf der Hand.
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Der Überlegung des FG, es gebe keinen Anlass, für zivile Verwendungszwecke bestimmte Güter einem Embargo zu unterwerfen, ist das HZA im Übrigen mit der für den Senat überzeugenden Erwägung entgegengetreten, die Zollbehörde könne nicht feststellen, ob eine Ware tatsächlich im Iran für einen solchen Zweck verwendet werden soll bzw. --im Falle der Einfuhr in die Union-- verwendet worden ist.
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Überdies erscheint es plausibel, dass der Gesetzgeber durch den ausweisenden Hinweis der Embargoverordnung auf die Dual-Use-VO Waren, die nach deren Regelungen ohnehin bei der Ausfuhr unter Genehmigungspflicht stehen, von der Anwendung des Embargos ausgenommen hat. Denn bei der Erteilung dieser Genehmigung können und müssen die Erwägungen berücksichtigt werden, die auch dafür maßgeblich sind, ob eine Ware in das Embargo einzubeziehen ist (vgl. insbesondere Art. 12 der Dual-Use-VO). Die hier streitigen Waren unterliegen jedoch aufgrund des ausweisenden Hinweises in der Dual-Use-VO einer solchen Genehmigungspflicht nicht.
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Das Urteil des FG, das die Rechtslage anders gedeutet hat, ist folglich aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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