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BFH 06.02.2012 - VI B 147/11
BFH 06.02.2012 - VI B 147/11 - Kindergeld - Rückforderung - Vertrauensschutz
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 37 Abs 2 AO, § 242 BGB
Vorinstanz
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 31. August 2011, Az: 2 K 301/10, Urteil
Leitsatz
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NV: Die Weiterzahlung des Kindergeldes reicht selbst bei Mitteilung der Umstände, die zum Wegfall des Kindergeldanspruchs führen, zur Schaffung eines Vertrauenstatbestandes allein nicht aus. Dem Verhalten der Familienkasse muss darüber hinaus die konkludente Zusage zu entnehmen sein, dass der Kindergeldempfänger mit einer Rückforderung des Kindergelds nicht zu rechnen braucht .
Gründe
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Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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a) Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Dieser Zulassungsgrund ist nur gegeben, wenn die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof (BFH) geboten erscheinen lassen. Ferner darf sich die Bedeutung der Rechtssache nicht in der Entscheidung des konkreten Einzelfalls erschöpfen, sondern muss eine Vielzahl gleichartiger Fälle betreffen und einer Verallgemeinerung zugänglich sein (z.B. BFH-Beschluss vom 28. September 2009 XI B 103/08, BFH/NV 2010, 73, m.w.N.).
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In der Rechtsprechung des BFH ist bereits geklärt, dass die Weiterzahlung des Kindergeldes selbst bei Mitteilung der Umstände, die zum Wegfall des Kindergeldanspruchs führen, zur Schaffung eines Vertrauenstatbestandes allein nicht ausreicht. Hinzukommen müssen vielmehr besondere Umstände, die die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs als illoyale Rechtsausübung erscheinen lassen. Bei einem Massenverfahren wie im Kindergeldrecht ist dabei ein besonders eindeutiges Verhalten der Familienkasse zu fordern, dem zu entnehmen ist, dass sie auch nach Prüfung des Falls unter Berücksichtigung veränderter Umstände von einem Fortbestehen des Kindergeldanspruchs ausgeht, und ein anderer Eindruck bei dem Kindergeldempfänger nicht entstehen kann. Dem Verhalten der Familienkasse muss also die konkludente Zusage zu entnehmen sein, dass der Kindergeldempfänger mit einer Rückforderung des Kindergeldes nicht zu rechnen brauche (z.B. BFH-Urteile vom 14. Oktober 2003 VIII R 56/01, BFHE 203, 472, BStBl II 2004, 123, und vom 15. Juni 2004 VIII R 93/03, BFH/NV 2005, 153; BFH-Beschlüsse vom 26. November 2007 III B 121/06, BFH/NV 2008, 553, und vom 28. Januar 2010 III B 37/09, BFH/NV 2010, 837).
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Danach kommt eine Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung nicht in Betracht. Ob dem Verhalten der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) die konkludente Zusage zu entnehmen ist, dass der Kindergeldempfänger mit einer Rückforderung des Kindergeldes nicht zu rechnen brauche, und ob ein solches Verhalten dabei auch durch unterlassene Ermittlungen der Familienkasse veranlasst sein kann, lässt sich --auch wenn wie vorliegend die vertrauensschutzbegründende Wirkung einer Bescheinigung über den Bezug von Kindergeld in Rede steht-- nur anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls beurteilen und ist einer Verallgemeinerung nicht zugänglich.
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b) Können die entscheidungserheblichen Rechtsfragen --wie hier-- nur anhand von einzelfallbezogenen Umständen in einer Gesamtwürdigung beantwortet werden, kommt auch eine Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung nicht in Betracht (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Dezember 2010 V B 29/10, BFH/NV 2011, 563).
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c) Schließlich ist im Streitfall auch keine Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO) geboten. Zwar ist die Revision nach der genannten Vorschrift auch zuzulassen, wenn ein Rechtsfehler des Finanzgerichts (FG) zu einer "greifbar gesetzwidrigen" Entscheidung geführt hat. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Entscheidung des FG in einem solchen Maße fehlerhaft ist, dass das Vertrauen in die Rechtsprechung nur durch eine höchstrichterliche Korrektur der finanzgerichtlichen Entscheidung wiederhergestellt werden könnte (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 12. Mai 2011 IX B 121/10, BFH/NV 2011, 1391, m.w.N.). Diese Voraussetzung kann etwa dann vorliegen, wenn das FG eine offensichtlich einschlägige entscheidungserhebliche Vorschrift übersehen hat (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Juli 2003 V B 72/02, BFH/NV 2003, 1597) oder wenn das Urteil jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Februar 2006 III B 128/04, BFH/NV 2006, 1116). Unterhalb dieser Schwelle liegende erhebliche Rechtsfehler reichen dagegen nicht aus, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung anzunehmen (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Juli 2005 IX B 13/05, BFH/NV 2005, 2031). Im Streitfall hat die Klägerin und Beschwerdeführerin keinen solch qualifizierten Rechtsanwendungsfehler dargelegt. Die als unzutreffend behaupteten Würdigungen und Wertungen des FG enthalten jedenfalls keine solche willkürliche Entscheidung.
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