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BFH 09.11.2011 - I B 62/11
BFH 09.11.2011 - I B 62/11 - Nichtzulassungsbeschwerde: Gewerbesteuerliches Schachtelprivileg
Normen
§ 8 Nr 5 GewStG 2002, § 9 Nr 2a GewStG 2002
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 4. April 2011, Az: 10 K 934/09, Urteil
Leitsatz
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NV: Es ist zum Verhältnis des § 8 Nr. 5 GewStG zu § 9 Nr. 2a GewStG mit Blick auf den Normzusammenhang ausreichend geklärt, dass § 8 Nr. 5 GewStG insoweit als Sonderregelung aufzufassen ist, die abstrakt auf die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a GewStG abstellt.
Tatbestand
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I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für den Erhebungszeitraum 2006 (Streitjahr) auf der Grundlage einer Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 5 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 2002).
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Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine in 1996 errichtete GmbH, erwarb mit Urkunde vom 29. Mai 2006 einen Geschäftsanteil in Höhe von nominal 1.000 € (1/100) an der X-GmbH für 180.000 €; Gesellschafter der X-GmbH waren zum 1. Januar 2006 je zur Hälfte A und B. Durch Gesellschafterbeschluss vom 31. Mai 2006 kam es zu einer Kapitalerhöhung bei der Klägerin durch Sacheinlage der bisher im Privatvermögen des alleinigen Gesellschafters der Klägerin (A) gehaltenen Geschäftsanteile an der X-GmbH im Nennbetrag von 50.000 € (50/100).
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Durch Gesellschafterbeschluss der X-GmbH vom 6. Juni 2006 erfolgte eine Gewinnausschüttung, die in Höhe von 51 % (4.488.000 €) auf die Klägerin entfiel. Am 7. Juni 2006 brachte die Klägerin ihre Geschäftsanteile an der X-GmbH in eine weitere GmbH, an der sie zu 100 % beteiligt war, zu Buchwerten ein.
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Bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer des Streitjahres durch den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) blieb die Gewinnausschüttung gemäß § 8b Abs. 1 und 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) in Höhe von 4.263.600 € ohne Einfluss auf die Bemessungsgrundlage. Das FA rechnete diesen Betrag dem hiernach ermittelten Gewinn jedoch bei Ermittlung des Gewerbeertrages nach § 8 Nr. 5 Satz 1 GewStG 2002 hinzu. Die Klage gegen den auf dieser Basis ergangenen Gewerbesteuermessbescheid blieb erfolglos (Finanzgericht --FG-- Baden-Württemberg, Urteil vom 4. April 2011 10 K 934/09).
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Die Klägerin beantragt unter Hinweis auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Revision zuzulassen.
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Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedenfalls unbegründet. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO liegen nicht vor.
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1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist die Revision gegen ein Urteil des FG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine solche ist gegeben, wenn im konkreten Fall eine Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, die im Interesse der Allgemeinheit der Klärung bedarf. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.
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a) Gewerbeertrag ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG 2002 bezeichneten Beträge (§ 7 Satz 1 GewStG 2002). Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet werden nach § 8 Nr. 5 GewStG 2002 (u.a.) die nach § 8b Abs. 1 KStG 2002 außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile (Dividenden) und die diesen gleichgestellten Bezüge und erhaltenen Leistungen aus Anteilen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes, soweit sie nicht die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a oder 7 GewStG 2002 erfüllen, nach Abzug der mit diesen Einnahmen, Bezügen und erhaltenen Leistungen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben, soweit diese nach § 8b Abs. 5 KStG 2002 unberücksichtigt bleiben. Nach dem im Streitfall einschlägigen § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG 2002 wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen u.a. gekürzt um die Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft i.S. des § 2 Abs. 2 GewStG 2002, wenn die Beteiligung zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens 10 % des Grund- oder Stammkapitals beträgt und die Gewinnanteile bei Ermittlung des Gewinns angesetzt worden sind.
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b) Die Klägerin hat dazu vorgetragen, grundsätzlich klärungsbedürftig sei die Rechtsfrage, wie die Verweisung in § 8 Nr. 5 GewStG 2002 auf § 9 Nr. 2a GewStG 2002 zu interpretieren sei. Es stelle sich die Frage, ob diese Verweisung nicht im Ganzen fehlerhaft sei: Zweck des § 8 Nr. 5 GewStG 2002 sei es, eine Erweiterung des in § 9 Nr. 2a GewStG 2002 normierten sog. gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs zu verhindern und die betreffenden Erträge aus dem sog. Streubesitz der Gewerbesteuer zu unterwerfen. Das aber sei gesetzestechnisch misslungen, und dieser Mangel lasse sich zumindest dann nicht im Wege einer teleologischen Reduktion auflösen, wenn im Zeitpunkt der Ausschüttung --wie im Streitfall-- kein Streubesitz vorgelegen habe und die Stichtagsregelung dem Zweck des § 8 Nr. 5 GewStG 2002 zuwiderlaufe. Darüber hinaus sei die Rechtsfrage grundsätzlich klärungsbedürftig, ob der Sachverhalt relevant sei, dass A zum 1. Januar 2006 hälftiger Inhaber der X-GmbH gewesen war. Das Objektsteuerprinzip habe mit der teleologischen Klärung des Streubesitzbegriffs nichts zu tun. Beim Streubesitzbegriff könnten auch mittelbare Beteiligungen berücksichtigt werden. Nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise müsse von Bedeutung sein, dass seit der Gründung des Unternehmens nur zwei Personen an dem ausschüttenden Unternehmen beteiligt gewesen seien.
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c) Es ist zweifelhaft, ob die Klägerin mit diesem Vortrag eine abstrakte und i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO im Allgemeininteresse klärungsbedürftige Rechtsfrage darlegt oder ob sie im Ergebnis nicht lediglich streitfallbezogen die unrichtige Rechtsanwendung durch das FG rügt. Unbeschadet dessen ist die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage aber auch in der Sache nicht klärungsbedürftig. Sie lässt sich leichthin im Wege der Auslegung beantworten. Zwar könnte der Gesetzestext so verstanden werden, dass § 8 Nr. 5 und § 9 Nr. 2a GewStG 2002 sich streng genommen ausschließen. Denn einerseits steht die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 5 unter dem Vorbehalt der Kürzungsvoraussetzungen gemäß § 9 Nr. 2a GewStG 2002, andererseits verlangen beide Vorschriften, dass die entsprechenden Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns überhaupt angesetzt worden sind. Daran fehlt es aber, wenn die Gewinnanteile infolge der Freistellung nach § 8b Abs. 1 KStG 2002 außerbilanziell in Abzug gebracht wurden. Das Schachtelprivileg könnte deswegen im Ergebnis leerlaufen (s. Prinz/Simon, Deutsches Steuerrecht 2002, 149). Eine derartige Lesart des Gesetzestextes wird den Normzusammenhängen aber nicht gerecht. Vielmehr ist § 8 Nr. 5 GewStG 2002 insoweit als Sonderregelung aufzufassen, die abstrakt auf die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a GewStG 2002 abstellt; das Ansatzerfordernis in § 9 Nr. 2a Satz 1 letzter Satzteil GewStG 2002 ist bei diesem Verständnis verzichtbar (s. auch Gosch in Blümich, § 9 GewStG Rz 294; Gosch, KStG, 2. Aufl., § 8b Rz 75). Dieses allein sachgerechte Gesetzesverständnis ist unabhängig davon, dass nach Auffassung der Klägerin im Streitfall die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2a GewStG 2002 wenn schon nicht nach den Buchstaben des Gesetzes, so doch "de facto" vorgelegen haben sollen. Es entspricht im Ergebnis überdies der Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Urteile vom 3. März 2010 I R 109/08, BFHE 229, 351; vom 23. Juni 2010 I R 71/09, BFHE 230, 177, BStBl II 2011, 129). Ein weiter gehendes Klärungsbedürfnis besteht deshalb insoweit nicht.
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2. Die Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen Divergenz zuzulassen.
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Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidung sowie die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24. November 2010 VI B 32/10, BFH/NV 2011, 511, unter II.3., m.w.N.). Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht. Das von der Klägerin angeführte Urteil des FG Baden-Württemberg vom 25. März 2010 3 K 1386/07 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2010, 1714) weicht von dem angefochtenen Urteil nicht in entscheidungserheblicher Weise ab. Dass das FG in seinem Urteil in EFG 2010, 1714 die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, da die zeitliche Voraussetzung des § 9 Nr. 2a GewStG 2002 "noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung" war, begründet angesichts der in beiden Entscheidungen übereinstimmenden Heranziehung des als rechtmäßig erkannten sog. Stichtagsprinzips keine Divergenz.
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3. Die Klägerin hat das Vorliegen eines nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO zur Zulassung der Revision führenden Verfahrensmangels nicht hinreichend substantiiert dargelegt.
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Die Revision ist nach dieser Vorschrift zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem das Urteil des FG beruhen kann. Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf einen solchen Mangel gestützt, so bedarf es hierfür eines Vortrags der Tatsachen, die den Mangel schlüssig ergeben. Außerdem muss dargelegt werden, dass die angefochtene Entscheidung --ausgehend von der insoweit maßgebenden, ggf. auch unrichtigen materiell-rechtlichen Auffassung des FG-- auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann, sie also ohne den Verfahrensmangel möglicherweise anders ausgefallen wäre (z.B. BFH-Beschlüsse vom 20. September 2010 V B 105/09, BFH/NV 2011, 53; vom 27. September 2010 II B 164/09, BFH/NV 2011, 193). Daran fehlt es. Denn auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG, dass es für die Tatbestandsvoraussetzungen einer Hinzurechnung/Kürzung bei der Ermittlung des Gewerbeertrages allein auf die Verhältnisse beim Steuerschuldner ankommt, war "allein abzustellen ... auf die Beteiligung der Klägerin an der ausschüttenden Gesellschaft" (Seite 7 der Gründe). Insoweit waren dann weitere Ermittlungen bzw. eine Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) zu den Beteiligungsverhältnissen an der ausschüttenden Gesellschaft für einen Zeitraum vor dem Anteilserwerb durch die Klägerin unerheblich; es reichte aus, festzustellen, dass die Klägerin zu Beginn des Erhebungszeitraums (des Streitjahres) an der X-GmbH nicht beteiligt war.
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