betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sozialgericht Nürnberg (Deutschland) mit Entscheidung vom 28. Dezember 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Januar 2013, in dem Verfahren
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter C. G. Fernlund und A. Ó Caoimh (Berichterstatter), der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
Die Verordnung Nr. 1408/71 sieht für ihre Anwendung in Art. 1 Buchst. u folgende Definitionen der nachstehenden Begriffe vor:
‚Familienleistungen‘: alle Sach- oder Geldleistungen, die zum Ausgleich von Familienlasten im Rahmen der in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe h) genannten Rechtsvorschriften bestimmt sind, jedoch mit Ausnahme der in Anhang II aufgeführten besonderen Geburts- oder Adoptionsbeihilfen;
‚Familienbeihilfen‘: regelmäßige Geldleistungen, die ausschließlich nach Maßgabe der Zahl und gegebenenfalls des Alters von Familienangehörigen gewährt werden“.
Die Verordnung gilt gemäß ihrem Art. 4 Abs. 1 Buchst. h für „alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die … Familienleistungen betreffen“.
In Titel III („Besondere Vorschriften für die einzelnen Leistungsarten“) der Verordnung umfasst Kapitel 3 („Alter und Tod [Renten]“) die Art. 44 bis 51a und Kapitel 8 („Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern und Waisen“) die Art. 77 bis 79a.
Art. 77 („Unterhaltsberechtigte Kinder von Rentnern“) der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt:
„(1) Leistungen im Sinne dieses Artikels sind die Familienbeihilfen für Empfänger von Alters- oder Invaliditätsrenten, Renten wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit sowie die Kinderzuschüsse zu solchen Renten, mit Ausnahme der Kinderzulagen aus der Versicherung bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten.
(2) Die Leistungen werden ohne Rücksicht darauf, in welchem Mitgliedstaat die Rentner oder die Kinder wohnen, wie folgt gewährt:
der Rentner, der nach den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats Rente bezieht, erhält die Leistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rente zuständigen Staates;
…“
In Art. 78 („Waisen“) dieser Verordnung heißt es:
„(1) Leistungen im Sinne dieses Artikels sind Familienbeihilfen und gegebenenfalls zusätzliche oder besondere Beihilfen für Waisen.
(2) Die Leistungen für Waisen werden ohne Rücksicht darauf, in welchem Mitgliedstaat die Waisen oder die natürliche oder juristische Person, die ihren Unterhalt bestreitet, wohnen, wie folgt gewährt:
Für Waisen eines verstorbenen Arbeitnehmers oder Selbständigen, für den die Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats gegolten haben, gemäß den Rechtsvorschriften dieses Staates;
für Waisen eines verstorbenen Arbeitnehmers oder Selbständigen, für den die Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten gegolten haben:
…
…“
Art. 79 („Gemeinsame Vorschriften für die Leistungen für unterhaltsberechtigte Kinder von Rentenberechtigten und für Waisen“) der Verordnung bestimmt in Abs. 1 Unterabs. 1:
„Die Leistungen nach den Artikeln 77, 78 und 78a werden gemäß den nach diesen Artikeln bestimmten Rechtsvorschriften von dem Träger, der diese Rechtsvorschriften anzuwenden hat, zu seinen Lasten gewährt, als hätten für den Rentner oder den Verstorbenen ausschließlich die Rechtsvorschriften des zuständigen Staates gegolten.“
Frau Würker, eine am 24. Februar 1963 geborene deutsche Staatsangehörige, bezieht infolge des Todes ihres am 4. Dezember 1991 verstorbenen geschiedenen Ehegatten, mit dem sie ein Kind, Diana, hatte, eine Erziehungsrente nach § 47 Abs. 1 SGB VI.
Frau Würker lebt seit dem 1. September 2008 mit ihren beiden anderen Kindern, Laura und Chris, sowie mit deren Vater, mit dem sie nicht verheiratet ist, in Schweden.
Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts hat Diana zwar das 18. Lebensjahr vollendet, doch hat Frau Würker gemäß § 47 Abs. 1 SGB VI Anspruch auf eine Erziehungsrente für ihre am 24. März 1995 und am 15. November 1997 geborenen Kinder Laura und Chris.
Den dem Gerichtshof vorliegenden Akten ist zu entnehmen, dass die schwedischen Behörden einen von Frau Würker gestellten Antrag auf Gewährung der nach den schwedischen Rechtsvorschriften vorgesehenen Familienzulagen u. a. wegen der Erziehungsrente abgewiesen haben, die sie gemäß dem SGB VI bezieht.
Wie in der Vorlageentscheidung weiter ausgeführt wird, ist zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens unstreitig, dass Frau Würker seit dem 1. September 2008 nach dem Einkommensteuergesetz keinen Anspruch mehr auf Kindergeld hat. Die Familienkasse Plauen (Deutschland) lehnte nämlich mit Bescheid vom 11. Januar 2010 ihren Antrag auf Gewährung von Kindergeld ab, weil sie in Deutschland keinen Wohnsitz habe und dort nicht steuerpflichtig sei. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Bescheid vom 7. September 2010 bestätigte die Familienkasse den Bescheid vom 22. Februar 2010, mit dem der Antrag von Frau Würker abgelehnt wurde, ihr ab dem Zeitpunkt ihres Umzugs nach Schweden für ihre Kinder Laura und Chris Kindergeld zu zahlen. Dieser Bescheid wurde damit begründet, dass Frau Würker keine der in Art. 77 der Verordnung Nr. 1408/71 genannten Rentenarten beziehe und dass auch nach Art. 78 dieser Verordnung kein Kindergeldanspruch für die betreffenden Kinder in Betracht komme, weil sie keine Kinder des verstorbenen geschiedenen Ehegatten von Frau Würker seien.
Die Klage im Ausgangsverfahren richtet sich gegen diesen Bescheid. Das vorlegende Gericht führt aus, der bei ihm anhängige Rechtsstreit betreffe den Anspruch auf Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz in Verbindung mit den unionsrechtlichen Regeln für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit.
Auf eine Frage des vorlegenden Gerichts antwortete die Familienkasse, nach ihrer Auffassung habe Frau Würker auch nach der ab 1. Mai 2010 an die Stelle der Verordnung Nr. 1408/71 getretenen Verordnung Nr. 883/2004 keinen Anspruch auf Kindergeld.
Das vorlegende Gericht neigt für den Zeitraum von September 2008 bis April 2010 der Auffassung der Familienkasse zu. Für die Zeit ab 1. Mai 2010 hält es dagegen einen Anspruch auf Familienleistungen nach Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 für begründbar.
Unter diesen Umständen hat das Sozialgericht Nürnberg beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Sind Art. 77 oder Art. 78 der Verordnung Nr. 1408/71 dahin gehend auszulegen, dass der Bezug einer Erziehungsrente den Anspruch gegen den Mitgliedstaat, der die Rente zahlt, vermittelt?
Hat sich ab 1. Mai 2010 mit dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 883/2004 etwas geändert, und ist Art. 67 dieser Verordnung dahin auszulegen, dass jede Rentenart (auch eine deutsche Erziehungsrente) den Anspruch auslöst?
Es ist darauf hinzuweisen, dass nach den Art. 77 Abs. 2 Buchst. a und 78 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1408/71, wenn für den Empfänger einer Alters- oder Invaliditätsrente, einer Rente wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Rente wegen einer Berufskrankheit oder für den verstorbenen Arbeitnehmer die Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats gegolten haben, die Familienbeihilfen gemäß den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats gewährt werden. Nach Art. 79 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung werden die Leistungen gemäß diesen Rechtsvorschriften von dem Träger, der sie anzuwenden hat, zu seinen Lasten gewährt.
Nach der Rechtsprechung fallen unter die „Familienbeihilfen“, deren Gewährung die Art. 77 und 78 der Verordnung Nr. 1408/71 vorsehen, allein Leistungen, die der Definition in Art. 1 Buchst. u Ziff. ii der Verordnung entsprechen, unter Ausschluss jeder anderen Familienleistung für unterhaltsberechtigte Kinder (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Oktober 2011, Pérez García u. a., C-225/10, Slg. 2011, I-10111, Rn. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall steht fest, dass das nach den deutschen Rechtsvorschriften vorgesehene Kindergeld dieser Definition entspricht und demzufolge in den Anwendungsbereich der Art. 77 und 78 der Verordnung Nr. 1408/71 fallen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Pérez García u. a., Rn. 33).
Art. 78 Abs. 2 Buchst. a und b Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 regelt allerdings nach seinem Wortlaut lediglich den Anspruch auf Leistungen für „Waisen eines verstorbenen Arbeitnehmers“ (vgl. Urteile vom 14. März 1989, Baldi, 1/88, Slg. 1989, 667, Rn. 15, und vom 21. Februar 2013, Dumont de Chassart, C-619/11, Rn. 35).
Aus den Angaben, die dem Gerichtshof gemacht wurden, ergibt sich, dass Frau Würker zwar weiterhin die im SGB VI vorgesehene Erziehungsrente für ihre Kinder Laura und Chris bezieht, doch sind sie keine Kinder des Verstorbenen.
Daraus folgt, dass eine derartige Rente nicht in den Anwendungsbereich von Art. 78 der Verordnung Nr. 1408/71 fällt.
Art. 77 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 bezieht sich nach seinem Wortlaut ausschließlich auf Empfänger von „Alters- oder Invaliditätsrenten [sowie] Renten wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit“.
In einem Rechtsstreit wie dem des Ausgangsverfahrens müssten die deutschen Behörden nur dann, wenn eine Leistung wie die im SGB VI vorgesehene Erziehungsrente einer der in Art. 77 Abs. 1 aufgeführten Rentenarten trotz seines Wortlauts gleichgestellt werden könnte, als die für die Zahlung dieser Rente zuständigen Behörden Frau Würker Familienbeihilfen für ihre Kinder Laura und Chris gewähren.
Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seiner ersten Frage wissen will, ob Art. 77 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 dahin auszulegen ist, dass eine Leistung wie die in § 47 Abs. 1 SGB VI vorgesehene Erziehungsrente, die im Todesfall dem geschiedenen Ehegatten des Verstorbenen zum Zweck der Erziehung der Kinder dieses geschiedenen Ehegatten gewährt wird, „Alters- oder Invaliditätsrenten [sowie] Renten wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit“ im Sinne dieser Vorschrift der genannten Verordnung gleichgestellt werden kann.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs hängt die Einstufung einer bestimmten Leistung im allgemeinen Aufbau der Verordnung Nr. 1408/71 in erster Linie von den Wesensmerkmalen dieser Leistung, insbesondere von ihrem Zweck und den Voraussetzungen ihrer Gewährung, ab und nicht von ihrer Einstufung durch die nationalen Rechtsvorschriften (vgl. entsprechend, mit der Unterscheidung zwischen Leistungen, die vom Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 ausgeschlossen sind, und Leistungen, die von ihr erfasst werden, u. a. Urteile vom 6. Juli 1978, Directeur régional de la Sécurité sociale de Nancy, 9/78, Slg. 1978, 1661, Rn. 12, vom 5. März 1998, Molenaar, C-160/96, Slg. 1998, I-843, Rn. 19, und vom 24. Oktober 2013, Lachheb, C-177/12, Rn. 28).
Zunächst ist festzustellen, dass die in § 47 Abs. 1 SGB VI vorgesehene Erziehungsrente, wie sich aus Rn. 15 des vorliegenden Urteils ergibt, weder den Eintritt eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit noch eine physische, geistige oder psychische Beeinträchtigung voraussetzt, die der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit durch den Anspruchsberechtigten entgegensteht.
Den dem Gerichtshof übermittelten Akten, insbesondere den schriftlichen Erklärungen der deutschen Regierung, ist zu entnehmen, dass die am 1. Juli 1977 eingeführte Erziehungsrente auf die Reform des deutschen Ehe- und Familienrechts zurückzuführen ist, in deren Rahmen zum einen bei der Ehescheidung das „Verschuldensprinzip“ durch das „Zerrüttungsprinzip“ ersetzt und zum anderen der Unterhaltsanspruch nach der Scheidung grundsätzlich vom Verschulden für das Scheitern der Ehe getrennt wurde. Die Erziehungsrente soll im Rahmen dieser Reform etwaige Deckungslücken beim überlebenden Ehegatten schließen, die zwischen dem „Versorgungsausgleich“, durch dessen Einführung die dem überlebenden Ehegatten bis dahin gewährte Hinterbliebenenrente überflüssig wurde, und dem Unterhalt des geschiedenen Ehegatten entstehen könnten.
Wie sich aus Rn. 15 des vorliegenden Urteils ergibt, setzt die Erziehungsrente den Tod eines geschiedenen Ehegatten voraus. Sie soll nach den Erläuterungen der deutschen Regierung den durch dessen Tod weggefallenen Unterhaltsanspruch wegen Betreuung eines Kindes ausgleichen und vermeiden, dass der überlebende Elternteil zur Aufnahme einer nicht im Interesse seines Kindes liegenden Erwerbstätigkeit gezwungen wird.
Ferner ergibt sich aus den dem Gerichtshof gemachten Angaben, dass bis 1991 nur dann ein Anspruch auf Erziehungsrente bestand, wenn der überlebende Ehegatte ein waisenrentenberechtigtes Kind erzog. Ab 1992 wurde der Kreis der Anspruchsberechtigten jedoch deutlich ausgeweitet, so dass ein Anspruch auf Erziehungsrente aufgrund des Todes des geschiedenen Ehegatten selbst dann entstehen kann, wenn ein Kind – wie im vorliegenden Fall – aus einer neuen Beziehung des Berechtigten entstammt.
Überdies ist den schriftlichen Erklärungen der deutschen Regierung zu entnehmen, dass ein Anspruch auf Erziehungsrente unabhängig von einem Mindestalter des Anspruchsberechtigten besteht und dass das Erreichen der nach den deutschen Rechtsvorschriften vorgesehenen Regelaltersrente zum Erlöschen des Anspruchs auf diese Rente führt, weil sie dann durch die Altersrente abgelöst wird.
Nach alledem ist davon auszugehen, dass eine Leistung wie die im SGB VI vorgesehene Erziehungsrente eher die Merkmale einer Rente wegen Todes, z. B. einer Hinterbliebenenrente, aufweist als die Merkmale einer der in Art. 77 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 ausdrücklich aufgeführten Rentenarten, d. h. „Alters- oder Invaliditätsrenten [sowie] Renten wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit“.
Daraus folgt, dass eine Leistung wie die in § 47 Abs. 1 SGB VI vorgesehene Erziehungsrente keiner der in Art. 77 Abs. 1 aufgeführten Rentenarten gleichgestellt werden kann.
Der vom vorlegenden Gericht erwähnte Umstand, dass die Erziehungsrente wesentliche Elemente einer aufgrund eigener Zugehörigkeit zum deutschen Sozialversicherungssystem als Arbeitnehmer erworbenen Rente enthält, kann diese Schlussfolgerung nicht in Frage stellen (vgl. entsprechend Urteil vom 31. Mai 2001, Leclere und Deaconescu, C-43/99, Slg. 2001, I-4265, Rn. 50).
In Anbetracht all dieser Erwägungen ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 77 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 dahin auszulegen ist, dass eine Leistung wie die in § 47 Abs. 1 SGB VI vorgesehene Erziehungsrente, die im Todesfall dem geschiedenen Ehegatten des Verstorbenen zum Zweck der Erziehung der Kinder dieses geschiedenen Ehegatten gewährt wird, „Alters- oder Invaliditätsrenten [sowie] Renten wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit“ im Sinne dieser Vorschrift der genannten Verordnung nicht gleichgestellt werden kann.
Angesichts der Antwort auf die erste Frage ist die zweite Frage so zu verstehen, dass mit ihr Aufschluss darüber begehrt wird, ob Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 dahin auszulegen ist, dass eine Leistung wie die in § 47 Abs. 1 SGB VI vorgesehene Erziehungsrente unter den Begriff „Rente“ im Sinne dieses Artikels fällt.
Dazu ist festzustellen, dass Art. 67 in Kapitel 8 („Familienleistungen“) von Titel III der Verordnung Nr. 883/2004 steht. Dieses Kapitel betrifft die Leistungen, denen zuvor die Kapitel 7 und 8 von Titel III der Verordnung Nr. 1408/71 gewidmet waren.
Aufgrund der neuen Definition des Begriffs „Familienleistungen“ in Art. 1 Buchst. z der Verordnung Nr. 883/2004 kann die in Rn. 29 des vorliegenden Urteils erwähnte Unterscheidung, die im Rahmen der Anwendung der Verordnung Nr. 1408/71 zwischen „Familienbeihilfen“ und „Familienleistungen“ getroffen wird, nicht für Sachverhalte gelten, die in den Geltungsbereich der Verordnung Nr. 883/2004 fallen, denn diese soll nach ihrem 34. Erwägungsgrund, angesichts ihres sehr weiten Geltungsbereichs, Familienleistungen in ihrer Gesamtheit regeln.
Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 betrifft, wie sich schon aus seinem Titel ergibt, die Gewährung von Familienleistungen u. a. für den Fall, dass „Familienangehörige … in einem anderen Mitgliedstaat wohnen“. Art. 67 Satz 2 enthält hierzu eine Sonderregelung, wonach ein Rentner in einem solchen Fall „Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rentengewährung zuständigen Mitgliedstaats [hat]“.
Die Anwendung dieser Vorschrift ist im Gegensatz zu Art. 77 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 nicht auf bestimmte Rentenarten beschränkt.
Die Definition des Begriffs „Rente“ in Art. 1 Buchst. w der Verordnung Nr. 883/2004 erfasst aber – neben den Renten im Zusammenhang mit der vorherigen Ausübung einer Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbständiger, auf die sich Art. 77 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1408/71 bezog – auch Renten wegen Todes wie die im SGB VI vorgesehene Erziehungsrente.
Demzufolge fällt ein Sachverhalt wie der von Frau Würker, die eine solche Erziehungsrente bezieht, in den Geltungsbereich von Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004.
Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 67 der Verordnung Nr. 883/2004 dahin auszulegen ist, dass eine Leistung wie die in § 47 Abs. 1 SGB VI vorgesehene Erziehungsrente unter den Begriff „Rente“ im Sinne dieses Artikels fällt.