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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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§ 45 SGB X RS 1981/01
§ 45 SGB X RS 1981/01, Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes
Teilweise sind die in § 45 geregelten Fallgestaltungen in § 1744 RVO geregelt gewesen. Entsprechungen zu § 45 finden sich in § 48 VwVfG.
Allgemeines:
§ 45 betrifft nur den rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt. Absatz 1 der Vorschrift enthält eine Legaldefinition des Begriffs "begünstigender Verwaltungsakt" und den allgemeinen Grundsatz, dass diese Verwaltungsakte nur unter den Voraussetzungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden können. Absatz 2 verweist auf die bei Rücknahme eines Verwaltungsaktes vorzunehmende Interessenabwägung. Bis zu welchem Zeitpunkt rechtswidrige begünstigende Verwaltungsakte zurückgenommen werden dürfen, ist in Absatz 3 geregelt. Die Frage, ob der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit oder die Zukunft zurückgenommen werden darf, beantwortet Absatz 4. Welche Behörde über die Rücknahme zu entscheiden hat, bestimmt sich entsprechend § 44 Absatz 3.
Zu Absatz 1:
(1) Absatz 1 entspricht inhaltlich dem § 48 Absatz 1 Satz 2 VwVfG.
(2) Nach der Legaldefinition des Absatzes 1 ist jeder Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt, als begünstigender Verwaltungsakt anzusehen. Aus dieser Formulierung ergibt sich, dass auch feststellende Verwaltungsakte, z. B. Feststellung der Versicherungsfreiheit, von der Legaldefinition erfasst werden können. Im Sozialleistungsrecht sind rechtsbegründende begünstigende Verwaltungsakte in der Regel solche, die Leistungen gewähren.
(3) Die Formulierung "rechtlich" erheblicher Vorteil hat die Funktion, lediglich individuelle Einschätzungen auszuschließen. Es kommt darauf an, ob ein Verwaltungsakt dem Bürger schutzwürdige subjektive öffentliche materielle oder formelle Rechte — einschließlich der rechtlich geschützten Interessen — zubilligt.
(4) Zu beachten ist auch, dass ein Verwaltungsakt sowohl begünstigende als auch belastende Teile enthalten kann. Soweit die beiden Teile des Verwaltungsaktes getrennt geregelt werden können, kann eine teilweise Aufhebung nach den entsprechenden Vorschriften in Betracht kommen. Wenn Belastung und Begünstigung untrennbar verbunden sind, so ist hinsichtlich der Rücknahme der gesamte Verwaltungsakt als begünstigend zu behandeln. Eine Abwägung der Vor- und Nachteile ist nicht möglich, da ansonsten die in § 45 für den Betroffenen vorteilhaftere Regelung durch die Regelung des § 44 unterlaufen werden könnte.
(5) Rechtswidrig ist ein Verwaltungsakt, der zum Zeitpunkt seiner Wirksamkeit (§ 39) gegen formelles oder materielles Recht verstieß. Diese Rechtswidrigkeit kann sich auch aus einer rückwirkenden Rechtsänderung ergeben. Bei Ermessensentscheidungen kann die Rechtswidrigkeit auch auf Ermessensüberschreitung oder Ermessensmissbrauch beruhen.
(6) § 45 Absatz 1 legt fest, dass der Verwaltungsakt nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden darf.
Zu Absatz 2:
(1) § 45 Absatz 2 Satz 1 bestimmt grundsätzlich, dass ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden darf, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme schutzwürdig ist. Für Verwaltungsakte mit Dauerwirkung ist § 45 Absatz 3 zu beachten.
(2) Rechtswidrige Verwaltungsakte mit dem Vorbehalt des Widerrufs schließen von vornherein ein Vertrauen auf den Fortbestand des Verwaltungsaktes aus. Der Betroffene darf in diesem Falle beim rechtswidrigen Verwaltungsakt nicht besser stehen als bei einem rechtmäßigen. Welches Vertrauen schutzwürdig bzw. nicht schutzwürdig ist, wird in § 45 Absatz 2 Sätze 2 und 3 näher konkretisiert. Schutzwürdig ist das Vertrauen in der Regel, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann.
(3) Bei Verbrauch der Leistungen ist nicht mehr nach eventuellen Nachteilen zu fragen, sondern die Rücknahme ist grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. jedoch § 45 Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 bis 3). Der Gesetzgeber geht davon aus, dass in solchen Fällen die Rücknahme in der Regel zu unzumutbaren Nachteilen führen würde.
(4) Als Vermögensdisposition im Sinne der Regelung ist jedes Verhalten des Begünstigten zu verstehen, das in ursächlichem Zusammenhang mit dem begünstigenden Verwaltungsakt steht und Rückwirkungen auf seine Vermögenssituation hat, wie z. B. das Ausrichten der Lebensführung auf die gewährten Leistungen oder das Unterlassen einer nun nicht mehr als notwendig angesehenen Erwerbstätigkeit. In diesen Fällen ist zu prüfen, ob der Begünstigte die Vermögensdisposition rückgängig machen kann; wenn nein, so ist sein Vertrauen in der Regel schutzwürdig. Das Gleiche gilt, wenn der Betroffene die Vermögensdisposition nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Dies ist jeweils im konkreten Einzelfall zu prüfen.
(5) § 45 Absatz 2 Satz 3 enthält mehrere Fallgestaltungen, in denen sich der Begünstigte nicht auf das Vertrauen berufen kann. Da hier nicht erst die Schutzwürdigkeit, sondern schon die Berufung auf das Vertrauen dem Begünstigten versagt wird, kann bei der Ermessensabwägung auch das gegen die Rücknahme sprechende Vertrauen nicht berücksichtigt werden. Die in Satz 3 aufgeführten Tatbestände können ferner Anhaltspunkte sein für eine Abwägung des Vertrauens in anderen Fällen.
(6) § 45 Absatz 2 Satz 3 Nummer 1 stellt lediglich auf einen ursächlichen Zusammenhang ab. Das Handeln eines Vertreters oder Bevollmächtigten ist dem Vertretenen zuzurechnen. Nicht von Nummer 1 erfasst wird der Fall einer Täuschung usw. durch einen Dritten, der nicht Vertreter oder Bevollmächtigter des Begünstigten ist.
(7) Der Fall der Nummer 2 beruht, ähnlich wie Nummer 1, auf dem Gedanken, dass auch in diesen Fällen die Ursache der Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes im Verantwortungsbereich des Betroffenen liegt und daher dessen Vertrauen nicht schutzwürdig ist. Zur Interpretation des Begriffs "grobe Fahrlässigkeit" ist die Legaldefinition der Nummer 3 heranzuziehen.
(8) Nummer 3 beruht auf dem Gedanken, dass derjenige, der die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes kennt oder ohne Mühe erkennen kann, auch mit der Rücknahme des Verwaltungsaktes rechnen muss. Die Kenntnis muss sich auf die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes beziehen. Für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit kommt es auf die sog. "Parallelwertung in der Laiensphäre" an. Bei komplizierten Berechnungen wird man die Offensichtlichkeit des Fehlers fordern müssen.
Zu Absatz 3:
(1) § 45 Absatz 3 legt fest, bis zu welchem Zeitpunkt rechtswidrig begünstigende Verwaltungsakte mit Dauerwirkung zurückgenommen werden dürfen. Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung liegt vor, wenn sich der Verwaltungsakt nicht in einer einmaligen Leistung, einem einmaligen Ge- oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich verändert (z. B. ein Verwaltungsakt, der den dauernden regelmäßigen Bezug von Sozialleistungen zum Gegenstand oder zur Folge hat).
(2) Rechtswidrig begünstigende Verwaltungsakte mit Dauerwirkung können in der Regel nur bis zum Ablauf von 2 Jahren nach ihrer Bekanntgabe zurückgenommen werden. Es handelt sich hierbei um eine Ausschlussfrist (zur Fristberechnung vgl. § 26). Diese Frist gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe nach § 580 ZPO vorliegen. In diesen Fällen ist eine Rücknahme unbegrenzt — soweit die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind — möglich.
(3) Bis zum Ablauf von 10 Jahren ist eine Rücknahme möglich, wenn
- - die Voraussetzungen des Absatzes 2 Nummern 2 und 3 gegeben sind oder
- - der Verwaltungsakt mit dem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
Zu Absatz 4:
(1) § 45 Absatz 4 entscheidet die Frage, wann ein rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden darf. Als Umkehrschluss muss aus diesen Bestimmungen die Grundregel gefolgert werden, dass rechtswidrig begünstigende Verwaltungsakte in der Regel nur mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden dürfen (vgl. dazu auch § 45 Absatz 1). Danach ist eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit nur möglich, wenn ein Fall des § 45 Absatz 2 Satz 3 (Nummer 1 bis 3) oder Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 580 ZPO vorliegen.
(2) § 45 Absatz 4 Satz 2 normiert eine Ausschlussfrist von einem Jahr seit Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen, innerhalb derer die Behörde die Rücknahme verfügen kann. Wenn die Behörde die Rücknahme innerhalb dieser Frist versäumt, so bleibt ihr nach wie vor die Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft offen.
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