Bundesweiter BGF-Preis Gesunde Pflege

Zum zweiten Mal prämiert die AOK Pflegeeinrichtungen, die innovative und nachhaltige Ansätze zur Förderung der Gesundheit ihrer Mitarbeitenden in der Pflege umsetzen. In diesem Jahr liegt der Fokus auf BGF-Konzepten, die Diversität und Vielfalt in der Belegschaft fördern. Kurzporträts stellen die ausgezeichneten Projekte und Institutionen vor.

Die Gewinner des bundesweiten BGF-Preises 2023

Der diesjährige Wettbewerb stand unter dem Motto „Gemeinsam Vielfalt leben!“. Gesucht wurden Unternehmen aus der Pflegebranche, die durch einen gezielten Umgang mit Vielfalt eine gesunde Organisationskultur und die Gesundheit der Beschäftigten nachhaltig fördern. Dazu zählen Ansätze wie beispielsweise

  • eine kultursensible Gestaltung des Schichtplans
  • eine auf Vielfalt ausgerichtete Führungskultur und -struktur
  • die Förderung der Zusammenarbeit von Menschen verschiedener Kulturen, Sprachen, Generationen, geschlechtlicher Identitäten und anderem
  • lebensphasenorientiertes Arbeiten
  • die Inklusion und Integration von Mitarbeitenden mit Behinderung oder chronischer Erkrankung
  • eine Arbeitsorganisation, die fachliche Hintergründe, Berufs- und Lebenserfahrungen bereichernd verbindet
  • ein integratives Onboarding, das Vielfalt berücksichtigt.

Die drei Preisträger erhalten je 5.000 Euro für ihre Einrichtung.

AWO Seniorenzentrum am Rosengarten

„Gesund ist bunt – was macht dich glücklich und gesund?“ – unter diesem Motto hat das AWO Seniorenzentrum Am Rosengarten in Mainz ein interkulturelles Fest ins Leben gerufen. Ziel ist es, Menschen für Gesundheitsthemen zu sensibilisieren und sie zu einem gesunden Lebensstil zu motivieren. Das Besondere daran: Die Einrichtung macht sich dafür die Vielfalt ihrer Belegschaft zu Nutze.

Ein Arbeitskreis, in dem die Einrichtungs-, Pflegedienst- und die Sozialdienstleitung sowie die Expertin für Betriebliche Gesundheitsförderung der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland vertreten waren, übernahm die Organisation des Festes. 

Der Arbeitskreis achtete darauf, dass bei den Gesundheitsthemen wie Ernährung, Bewegung oder soziale Teilhabe immer auch der Vielfaltsgedanke eine Rolle spielte.

So zählten zu den Highlights des Festes kulinarische Spezialitäten aus verschiedenen Ländern, kombiniert mit einem Vortrag über die gesundheitsfördernden Eigenschaften von Lebensmitteln. Mitmachtänze und Lieder in verschiedenen Sprachen machten die Bedeutung von Bewegung und Teilhabe für die Gesundheit deutlich.

Sowohl Beschäftigte als auch Pflegebedürftige und ihre Angehörigen fühlten sich durch den kreativen Ansatz, der Vielfalt und Gesundheit verbindet, wertgeschätzt und angenommen. Das wirkte sich positiv auch auf die psychische Gesundheit aus.

Klinikum der Stadt Ludwigshafen am Rhein

Das Klinikum der Stadt Ludwigshafen setzte eine Arbeitsgruppe mit dem Titel „Wir leben Vielfalt“ ein, die alle Mitarbeitenden einlud, sich einzubringen. Eine Steuerungsgruppe koordinierte die Ideen und deren Umsetzung.

Heraus kamen unter anderem individuelle Dienstpläne und eine verlässliche Dienstplanung, die unterschiedliche Lebensmodelle, Schlafrhythmen und religiöse Zugehörigkeiten der Beschäftigten berücksichtigt. Schulungen zur Gesundheitsförderung und Konflikthilfen verschiedenster Art entstanden.

Die Wünsche der Beschäftigten flossen auch in das Kantinenangebot ein: An einem Wunschbaum können Lieblingsgerichte platziert werden und die Kantine bietet nun auch vegetarische und vegane Gerichte an.

Vielfalt und Gesundheit erhielten so im Klinikum einen hohen Stellenwert mit großer Wirkung: Das Haus verzeichnet eine sehr geringe Fluktuation und große Zufriedenheit der Mitarbeitenden.

Pflege im Quadrat, Mannheim

Das Mannheimer Unternehmen „Pflege im Quadrat“ hat sich auf eine geschlechter- und kultursensible Betreuung spezialisiert. Homosexuellen und queeren Menschen oder Pflegebedürftigen mit einer interkulturellen Identität fällt es teilweise schwer, Hilfe anzunehmen. Ein Grund: Angst, missverstanden oder sogar diskriminiert zu werden.

Geschäftsführer Panajotis Neuert hat als junger Pfleger selbst erlebt, wie respektlos Rettungskräfte mit einem älteren schwulen Mann umgegangen sind. Dieses Erlebnis motivierte ihn unter anderem, einen eigenen ambulanten Pflegedienst zu gründen. Sein Ziel: Die Belange aller Menschen zu berücksichtigen. 
Heute betreibt „Pflege im Quadrat“ sechs Niederlassungen in und um Mannheim. Als einer der ersten Pflegedienste in Deutschland wurde die Firma mit dem Qualitätssiegel „Lebensort Vielfalt“ der Schwulenberatung ausgezeichnet.

Mit dem Projekt „Vielfalt gestalten – Nachhaltige Pflege für alle“ möchte das Leitungsteam die vielfaltsbewusste Firmenkultur weiter stärken. Bei „Pflege im Quadrat“ können zum Beispiel die Beschäftigten bei ihrer Tourenplanung mitwirken. Vorhandene körperliche Einschränkungen werden berücksichtigt.

Zudem trifft sich das Pflegepersonal jedes Jahr zum Diversity-Day.

2023 diskutierten die Beteiligten über die Themen „Barrierefreiheit“ und „Diskriminierung und ihrer individuellen Auswirkung“. Die Führungskräfte erhalten spezielle Schulungen, die sie für einen offenen, wertschätzenden und vielfaltsbewussten Austausch sensibilisieren.

BGF-Preis Gesunde Pflege: fachkundige Jury 2023

Eine Jury aus Wissenschaft, Politik und Praxis hat aus den Teilnehmenden der regionalen Wettbewerbe mit Hilfe einer Entscheidungsmatrix ausgewählt. Die Jurymitglieder sind:

  • Dr. Lisa Peppler, Charité Berlin
  • Bernd Kronauer, Geschäftsstellenleiter „Die Bevollmächtige der Bundesregierung für Pflege“
  • Jana Luntz, Präsidiumsmitglied des Deutschen Pflegerats
  • Dr. Sabine Richard, Geschäftsführerin Versorgung, AOK-Bundesverband
  • Knut Lambertin, Aufsichtsratsvorsitzender (Versichertenseite) des AOK-Bundesverbandes
  • Oliver Huizinga, Abteilungsleiter Prävention, AOK-Bundesverband
  • Petra Homberg, Referentin BGF in der Pflege, AOK-Bundesverband

Die bundesweit ausgezeichneten Einrichtungen 2022

2022 erhielten ebenfalls drei gleichwertige Projekte den Hauptpreis:

Vinzentinerinnen Köln GmbH

Die Vinzentinerinnen Köln GmbH ist Trägerin verschiedener Einrichtungen in Köln, Bonn und Mönchengladbach: Zur GmbH gehören sechs stationäre Altenpflegeeinrichtungen, zwei teilstationäre Einrichtungen sowie jeweils eine Einrichtung der Eingliederungshilfe und der Kinder- und Jugendhilfe.

Die Vinzentinerinnen Köln GmbH arbeitet intensiv an einer gesunden Arbeitsorganisation. Sie reden offen miteinander, helfen und unterstützen sich gegenseitig. Das trägt zur Arbeitszufriedenheit und zur Verbesserung der Pflegequalität bei.

Im Mittelpunkt eines bereits im Jahr 2016 gestarteten Prozesses stand von Beginn an der Gedanke, dass eine gesunde Arbeitsorganisation zum Vorteil nicht nur der rund 1.000 Beschäftigten ist, sondern auch für die Pflegeheimbewohnenden.

In der Altenpflege sind viele an Demenz erkrankte Menschen zu versorgen, was für Pflegende eine sehr intensive individuelle Betreuung und eine hohe psychische Belastung bedeutet. Im Rahmen des Projekts ist es gelungen, die Gewaltprävention und die frühzeitige Deeskalation von kritischen Situationen durch offene Kommunikation und eine offene Fehlerkultur voranzubringen.

Dazu beigetragen haben Fortbildungen, Teambildungsmaßnahmen und Gesprächskreise, aber auch neue Personalbemessungsrichtlinien. Verbesserungspotenziale werden durch Arbeitsunfähigkeits- und Fluktuationsanalysen, Mitarbeitendengespräche, interne Audits zu verschiedenen Prozessen, Bewohnendenbefragungen und Beschwerdeauswertungen erkannt. Der Projektzeitraum ist bis auf das Jahr 2030 angelegt. 

Seniorenresidenz Kirchheimbolanden

Die Seniorenresidenz Kirchheimbolanden in Rheinland-Pfalz bietet seit 1995 rund 150 Wohn- und Pflegeplätze.

Für die Mitarbeitenden war die Arbeit bis vor ein paar Jahren vor allem auch durch eine wenig verlässliche Dienstplanung geprägt. Durch kurzfristige Ausfälle mussten Pflegekräfte oft einspringen, was zu Unzufriedenheit in der Belegschaft führte.

2016 startete das BGM-Projekt „Gemeinsam viel bewegen“ mit einer ausführlichen Analyse, Befragungen und Interviews der Mitarbeitenden sowie Workshops zum Thema Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz – bis heute einer der Schwerpunkte des BGM-Ansatzes. Mit einem fundierten Konzept für das Ausfallmanagement gelingt es der Pflegeeinrichtung heute, die Dienstplanung für ihre Mitarbeitenden verlässlicher zu organisieren: Für kurzfristige Personalausfälle werden Mitarbeitende als „Joker“ in Reserve mit eingeplant.

Eine weitere konkrete BGM-Maßnahme wurde von den Mitarbeitenden selbst vorgeschlagen und hat sich sehr bewährt: Die Pflegekräfte können sich am Arbeitsplatz durch geschulte Kolleginnen mit Kinesio-Tapes behandeln lassen.

Greizer Senioren- und Pflegeheim GmbH

Hoher Krankenstand, unzählige Überstunden und Mitarbeitende, die frustriert kündigten: Die neue Geschäftsführung der Greizer Senioren- und Pflegeheim gGmbH musste 2018 viele Probleme anpacken, um das Unternehmen auf erfolgreichen Kurs zu bringen.

Der gemeinnützige Träger für zwei Pflegeheime und weitere Sozialeinrichtungen der Stadt Greiz in Thüringen startete in einen umfassenden Prozess: Noch bis 2023 läuft das BGM-Projekt „Gesundes Unternehmen, gesunde Mitarbeiter“.

Wesentlicher Bestandteil war die Entwicklung einer verbindlichen Arbeitsordnung für alle Beschäftigten, die ein respektvolles und gerechtes Miteinander ermöglichen sollte und sich auf viele Arbeitsbereiche auswirkte: Das beginnt bei verbindlicher Urlaubsplanung und geht bis zum fairen Umgang mit Raucherpausen. Über aufgestellte Ideen-Boxen können die Beschäftigten Verbesserungsimpulse geben.

Zum BGM-Projekt gehört neben internen Sport- und Präventionsangeboten auch eine externe Ausbildungs- und Werbekampagne, die Erfolge zeigt: Im vergangenen Jahr konnte das Unternehmen zwölf neue Pflegeauszubildende begrüßen, so viele wie noch nie. Damit die dringend notwendigen Nachwuchskräfte auch motiviert bleiben und fachlich auf hohem Niveau ausgebildet werden, wurde zudem die Stelle einer zentralen Praxisanleiterin geschaffen.

Weil sie sich besonders innovativ mit einem Spezialthema befasst haben, erhielten zwei Einrichtungen einen Sonderpreis.

Klinik Wartenberg

Dass die Leistungsfähigkeit eines Menschen vom individuellen Tagesrhythmus, dem Chronotypus, abhängt, ist keine neue Erkenntnis. Dass Arbeitgeber wie die bayerische Klinik Wartenberg untersuchen, welche Chronotypen ihre Mitarbeitenden sind, ist dagegen eine Besonderheit.

Tatsächlich können die inneren Uhren im Extremfall sechs bis acht Stunden voneinander abweichen. Gerade im Schichtdienst kann der persönliche Tagesrhythmus ein wichtiger Faktor sein, um Schlafstörungen und Folgen für das Immun- und Herz-Kreislauf-Systems zu minimieren.

An der Studie nahmen 128 Mitarbeitende aus dem Pflegebereich teil, deren Rhythmus analysiert und in den Schichtdienstplanung eingebunden wurde.

Herausragendes Ergebnis: Nur noch 15 Prozent der Beschäftigten berichteten nach Ablauf der Studie über eine schlechte bis sehr schlechte Schlafqualität. Zu Beginn waren es 35 Prozent. Und: Bei allen Krankheiten konnte eine deutliche Reduzierung festgestellt werden beispielsweise von auftretenden Rückenschmerzen, was auch Einfluss auf die AU-Tage hat.

Barmherzige Brüder Rilchingen

In den Einrichtungen der Barmherzigen Brüder Rilchingen im Saarland ist man das Thema Suchterkrankungen offensiv angegangenen. Seit 2018 ist die Suchtprävention Schwerpunkt der Betrieblichen Gesundheitsförderung. Dazu wurde eine Arbeitsgruppe speziell zu diesem Thema ins Leben gerufen, die sich mit Medikamentenmissbrauch und mit dem Thema Alkohol befasst. Für die Mitarbeitenden wurden Beratungen und Schulungen angeboten.

Dabei geht es nicht darum, den Alkohol komplett aus dem Alltag zu verbannen, sondern über einen verantwortungsvollen Umgang aufzuklären. Mit einer „Behüterli“-Aktion werden etwa die Autofahrenden angesprochen. Der „Behüterli“ ist ein Anhänger – über den Zündschlüssel gezogen erinnert er daran, den Wagen nach dem ersten Bier lieber stehen zu lassen.

Stand

Zuletzt aktualisiert: 06.11.2024

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