Veränderung prägt die Arbeitswelt
Digitaler Wandel heißt unter anderem: Immer mehr Aufgaben, die bislang von Menschen erledigt wurden, übernehmen nun Maschinen und Computer. Das verändert in immer größerem Umfang unsere komplette Arbeitswelt. Die digitale Wirtschaftswelt wirkt sich nicht nur auf die globalen Märkte aus, sondern erfordert auch ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit von vielen Beschäftigten: Berufsbilder verändern sich. Zum Beispiel wird der Einzelhandel zunehmend digital abgewickelt und es entstehen neue Arbeitsfelder. Ob das papierlose Büro, digitale Prozesse in der Landwirtschaft und im Handwerk oder computergesteuerte Fabriken – der Wandel erstreckt sich auf die komplette Arbeitswelt.
In der digitalen Arbeitswelt müssen Unternehmensleitung, Führungskräfte und Beschäftigte in einem bislang nie da gewesenen Tempo und kontinuierlich
- sich abzeichnende Veränderungen erkennen und aktiv werden,
- sich daraus ergebende Chancen nutzen,
- Prozesse und Abläufe anpassen.
Agiles Arbeiten, Selbstorganisation fördern
Vorgesetzte, die gesund führen wollen, stehen in der digitalen Arbeitswelt vor großen Herausforderungen:
- Intern langfristig planen zu können, gehört der Vergangenheit an. Entscheidungen müssen aufgrund äußerer Veränderungen kurzfristig oder auf Distanz getroffen werden.
- Steigende Arbeitslast wird sich auf immer weniger Schultern verteilen, außerdem entstehen immer mehr dezentral organisierte Teams.
- Die Digitalisierung automatisiert bestimmte Aufgaben, bietet zugleich auch neue Beschäftigungsfelder. Freiwerdende Ressourcen sollten so eingesetzt werden, dass die neuen Aufgaben zu den Beschäftigten passen.
- Das Rollenverständnis ändert sich: Entwicklungen wie flache Hierarchien und Augenhöhe-Kultur stellen das bekannte Verhältnis von Führen und Geführtwerden zunehmend infrage.
Agiles Führen heißt, möglichst flexibel, innovativ und kompetent auf sich permanent verändernde Rahmenbedingungen zu reagieren.
Allerdings ist diese Agilität, bedingt durch die Echtzeit-Anforderungen, im gesamten Unternehmen gefragt. Führungskräfte haben demnach Mitarbeitende zu befähigen, ebenfalls agil und mit mehr Selbstorganisation und Eigenverantwortung als Team zu handeln. Das können sie mithilfe von verschiedenen Methoden tun. Eine davon nennt sich Scrum.
Von der IT-Welt lernen: Scrum
Inspiration für agile Führung bietet die Welt der IT. Eine Methode aus der Entwicklung von Informationstechnologie ist Scrum.
Scrum ist eine aus dem Rugby stammende Bezeichnung, die ein „geordnetes Gedränge“ beschreibt. Damit spielt der Begriff auf die Organisation des Scrum-Teams an, das sich in klare Rollen und Regeln einteilen lässt. So gibt es innerhalb von Scrum
- ein Entwicklungsteam, das eigenverantwortlich Entscheidungen bezüglich seines Projektes trifft,
- den Product Owner, der die Klärung fachlicher Fragen und Probleme zur Aufgabe hat, sowie
- einen Scrum-Master, der Projekte und Teams überwacht.
Die Entwicklung eines Produkts wird dabei unter Scrum in Teilprozesse gegliedert, die ein Überwachen der Ziele in Form von Zwischenetappen (sogenannten Sprints) vereinfachen und diese greifbar machen.
Ein paar grundsätzliche Aspekte der Methode können als Anregung für das eigene Projekt- und Teammanagement dienen. Ein Scrum-Team
- hat eine übergeordnete Vision,
- berücksichtigt und reagiert auf alle Veränderungen,
- richtet betroffene Abläufe umgehend neu aus,
- hinterfragt alle Prozesse kontinuierlich hinsichtlich noch mehr Effizienz,
- besitzt dafür hohe kommunikative Fähigkeiten,
- ist bereit zu ständigem Feedback.
Kanban sorgt für mehr Überblick im Team
Kanban entstammt dem Japanischen und heißt so viel wie Signalkarte. Die Methode für agiles Projektmanagement erleichtert das Sichtbarmachen von Aufgaben und Aktivitäten.
Projekte werden mithilfe von Kanbanboards in einzelne Teilprozesse gegliedert und für alle Teammitglieder jederzeit einsehbar dargestellt.
Dadurch kann der Arbeitsfluss besser verfolgt und die Zusammenarbeit im Team gestärkt werden.
Da alle Mitarbeitenden wissen, woran alle arbeiten, können noch offene Aufgaben leichter angegangen und Ansprechpersonen schneller ausfindig gemacht werden.
Moderierende und fördernde Person werden
Wo Menschen agil miteinander arbeiten, verändert sich umgehend die Rolle der Führungskraft als einsame Entscheidungsperson. In der digitalen Arbeitswelt gilt es, gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Das Prinzip heißt „Shared Leadership“ und bedeutet:
- Vorgesetzte werden zu moderierenden und gleichzeitig fördernden Personen ihrer Teams.
- Sie beraten und koordinieren.
- Dabei geht es immer um die Frage: „Was muss ich tun, damit meine Mitarbeitenden die bestmögliche Arbeit machen können?“
Das klingt banal, war jedoch bislang genau umgekehrt: Mitarbeitende sollten ihren Vorgesetzten auf deren Karriereweg möglichst gut zuarbeiten.
Heute sind Führungskräfte diejenigen, die andere und gleichzeitig sich selbst zu etwas befähigen, nämlich den digitalen Wandel zu meistern und dabei gesund zu bleiben. Die grundsätzlichen Führungsqualitäten, also soziale Kompetenz und kommunikative Fähigkeiten, bleiben dabei bestehen.
Damit sich Führungskräfte und Mitarbeitende in ihren neuen Rollen besser zurechtzufinden, ist viel Kommunikation notwendig. Das bestätigt auch eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation sowie der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (PDF, 664 KB). Vertrauen und Kommunikationsfähigkeit sind demnach die bedeutendsten Kompetenzen, die Führungskräfte künftig haben müssen. Auf den weiteren Rängen folgen Empathie, Delegations- sowie Organisationsfähigkeit. Wie sehr sich die Arbeitswelt verändert hat, ist auch daran zu erkennen, dass Fachwissen in der Auflistung auf dem letzten Platz gelandet ist. Soziale Fähigkeiten sind dagegen sehr viel wichtiger geworden.
Führungskräften, die ihre eigene Führungsrolle stärken wollen, bietet die AOK ein kostenloses Führungskräfte-Training an, mit dem sie zu fördernden und moderierenden Personen werden können. Es wurde gemeinsam mit der Universität Hamburg entwickelt und fördert die Kompetenzen, die Führungskräfte befähigen, Teams zu moderieren und als fördernde Person zu fungieren.
Gesundheit mit Prävention 4.0 fördern
Die Digitalisierung birgt zahlreiche Chancen und Risiken. Wenn immer mehr Arbeitsschritte automatisiert werden, fallen körperlich belastende Tätigkeiten weg. Es entstehen aber auch neue Belastungsszenarien durch weniger Bewegung und neue komplexe Aufgaben.
Technostress und Informationsüberflutung sind negative Aspekte der Digitalisierung, die sich auf die psychische Gesundheit von Beschäftigten auswirken können.
Wie sich diese veränderten gesundheitlichen Rahmenbedingungen auf die Beschäftigten auswirken und wie Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) in Zeiten der digitalen Transformation gestaltet werden kann, untersucht das BGF-Institut der AOK Rheinland/Hamburg aktuell im Rahmen des Projekts Prävention 4.0.