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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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Ziff. 6. RS 2024/03
Ziff. 6. RS 2024/03, Arbeitsrechtliche Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber
(1) Nach § 45 Absatz 3 SGB V haben Versicherte mit Krankengeldanspruch nach § 45 Absatz 1 oder Absatz 1a SGB V für die Dauer dieses Anspruchs gegen ihren Arbeitgeber Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung, soweit nicht aus gleichem Grund Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht. Kinderkrankengeld nach § 45 SGB V ist daher dem Anspruch auf bezahlte Freistellung gegenüber subsidiär ausgestaltet (BAG, Urteil vom 31. 7. 2002 — 10 AZR 578/01).
(2) Ein Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit ergibt sich für Beschäftigte grundsätzlich aus § 616 [jetzt] Satz 1 BGB (BAG, Urteile vom 20. 6. 1979 — 5 AZR 479/77 und 5 AZR 361/78), sofern sie wegen der Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege ihres Kindes der Arbeit fernbleiben müssen. Zur Ermittlung der Dauer des Freistellungsanspruchs hat das BAG in seinem Urteil vom 7. 6. 1978 — 5 AZR 466/77 — eine Parallele zu dem seinerzeit versicherungsrechtlichen Krankengeldanspruch nach § 185c RVO, welches bis zu 5 Arbeitstage gezahlt wurde, gezogen. Eine Arbeitsverhinderung bis zu 5 Arbeitstagen wurde deshalb im Allgemeinen als verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit im Sinne des [jetzt] § 616 Satz 1 BGB angesehen. Der Arbeitgeber kann jedoch auch darüber hinaus das Arbeitsentgelt fortzahlen. Er hat im Rahmen des Verfahrens "Datenaustausch Entgeltersatzleistungen nach § 107 SGB IV" die Krankenkasse darüber zu informieren, ob ein Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht. Darüber hinaus muss er — bezogen auf den jeweiligen Freistellungszeitraum (siehe Abschnitt 7.2.1) — angeben, für wie viele Arbeitstage ein Anspruch auf bezahlte Freistellung bestand. Während einer bezahlten Freistellung ruht der gleichzeitig bestehende Anspruch auf Kinderkrankengeld (siehe Abschnitt 9.1).
(3) Der Anspruch auf eine bezahlte Freistellung besteht solange, wie er nicht durch Tarifvertrag, Arbeitsvertrag usw. außer Kraft gesetzt (abbedungen) wird. Wenn und soweit der Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit wegen Erkrankung des Kindes abbedungen ist, ist ein Anspruch auf Krankengeld gemäß § 45 Absatz 1 oder Absatz 1a SGB V zu erfüllen.
(4) In den einschlägigen Tarifverträgen wird zum Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit in unterschiedlicher Form eingegangen. Es wird empfohlen, wie folgt zu verfahren:
- a) Bei Verweisung auf den Entgeltfortzahlungsanspruch entsprechend den gesetzlichen Vorschriften
- (z. B.: "Lohn wird nur für die Zeit gezahlt, in der Arbeit geleistet wird, sowie für die Zeit der Arbeitsbereitschaft, es sei denn, dass gesetzliche oder tarifliche Vorschriften etwas anderes bestimmen. . .")
- ist davon auszugehen, dass der Anspruch auf bezahlte Freistellung in den hier in Rede stehenden Fällen nicht abbedungen ist. Als eine gesetzliche Vorschrift, die etwas anderes regelt, kommt nämlich auch [jetzt] § 616 Satz 1 BGB in Betracht. Das von der Krankenkasse dem Grunde nach zu beanspruchende (oder das zur einstweiligen wirtschaftlichen Sicherung der Beschäftigten bereits gezahlte) Krankengeld nach [jetzt] § 45 Absatz 1 oder Absatz 1a SGB V darf nämlich nicht nach § 616 Satz 2 BGB auf den arbeitsrechtlichen Entgeltfortzahlungsanspruch angerechnet werden (BAG, Urteil vom 19. 4. 1978 — 5 AZR 834/76).
- b) Bei positiver und abschließender Aufzählung der Tatbestände für eine bezahlte Freistellung von der Arbeit
- (z. B.: "Soweit dieser Manteltarifvertrag oder ein Gesetz nichts anderes bestimmen, gelten von dem Grundsatz, dass nur die tatsächliche Arbeitszeit einschließlich Arbeitsbereitschaft bezahlt wird, folgende Ausnahmen:
- 1. . . .
- 2. Arbeitsverhinderung:
- Der Arbeitnehmerin/dem Arbeitnehmer ist ohne Anrechnung auf ihren/seinen Urlaub und ohne Verdiens tminderung Freizeit wie folgt zu gewähren:
- 1) . . .
- 2) . . .
- 3) Bei schwerer Erkrankung von zur Hausgemeinschaft gehörenden Familienmitgliedern, sofern ärztlich bescheinigt wird, dass die Anwesenheit der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers zur vorläufigen Sicherung der Pflege erforderlich ist, . . . bis zu 2 Tage.
- 4) . . .")
- ist davon auszugehen, dass im Übrigen der Anspruch auf Entgeltfortzahlung abbedungen ist. Ein solcher Tarifvertrag stellt nämlich eine abschließende Regelung des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung bei solchen Arbeitsverhinderungen dar, die nicht durch eine Krankheit der Arbeitnehmerin/des Arbeitnehmers verursacht worden sind. Dies ergibt sich daraus, dass die aufgeführten Fälle von Verhinderungen nicht als Beispiele bezeichnet sind. Trifft ein Tarifvertrag genaue Bestimmungen darüber, in welchen Fällen und für welche Zeit der Lohn zu zahlen ist, so schließt er im Zweifel weitergehende Ansprüche nach § 616 BGB aus (LAG Bremen, Urteil vom 3. 2. 1977 — 3 Sa 235/76).
- Enthält die abschließende Aufzählung der Freistellungstatbestände den Fall der Erkrankung eines zur Hausgemeinschaft gehörenden Kindes gar nicht, ist ebenfalls von einer Abbedingung, und zwar in vollem Umfange auszugehen.
- c) Bei beispielhafter Aufzählung der Tatbestände für eine bezahlte Freistellung von der Arbeit
- (z. B.: "Die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Arbeitsentgelt bei Arbeitsversäumnis, insbesondere in folgenden Fällen:
- a) aus Anlass der Erfüllung öffentlicher Verpflichtungen,
- b) bei behördlichen Gesundheitsprüfungen für die erforderliche Zeit,
- c) bei Wohnungswechsel mit eigenem Haushalt,
- d) bei Eheschließung, bei Silberhochzeit, bei Eheschließung des Kindes, Stief- oder Pflegekindes, bei Niederkunft der Ehefrau,
- e) beim Tod des Ehegatten, beim Tode eines Elternteiles 1 , eines Kindes, auch Stief- oder Pflegekindes, oder beim Tode von Geschwistern,
- f) bei 25-, 40- und 50-jähriger Zugehörigkeit zum Unternehmen")
- ist grds. davon auszugehen, dass der Entgeltfortzahlungsanspruch nicht abbedungen wurde. In diesem Sinne hat das BAG mit Urteil vom 25. 4. 1960 — 1 AZR 16/58 — entschieden: Wenn der Tarifvertrag den Grundsatz aufstellt, dass "sich die Bezahlung notwendig versäumter Arbeitszeit nach § 616 BGB richtet", und im Anschluss daran aufgeführt wird, in welchem Ausmaß bei Arbeitsversäumnis "beispielsweise" (oder "insbesondere"), nämlich in den näher bezeichneten Fällen (ohne jedoch den hier in Rede stehenden Fall zu nennen) der Lohn weitergezahlt wird, so ergibt sich schon aus der Verwendung des Wortes "beispielsweise", dass der Tarifvertrag keine erschöpfende Regelung in dem Sinne darstellt, dass in allen nicht genannten Fällen der [jetzt] Entgeltfortzahlungsanspruch abbedungen wäre (so auch LAG Bremen, Urteil vom 3. 2. 1977 — 3 Sa 235/76).
(5) Besteht gegen den Arbeitgeber Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege des erkrankten Kindes, kommt der Arbeitgeber diesem jedoch nicht nach, so hat die Krankenkasse Kinderkrankengeld zu zahlen. Der Anspruch der Versicherten gegen den Arbeitgeber geht in diesen Fällen in Höhe des gezahlten Bruttokinderkrankengeldes auf die Krankenkasse über (§ 115 Absatz 1 SGB X).
(6) Der Anspruch auf unbezahlte Freistellung kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden, er ist somit nicht abdingbar. Durch ihn sollen arbeitsrechtliche Konflikte zwischen dem Versicherten und seinem Arbeitgeber vermieden werden.
(7) Wird der Freistellungsanspruch geltend gemacht, bevor die Krankenkasse ihre Leistungsverpflichtung anerkannt hat, und sind die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt, ist der Arbeitgeber berechtigt, die gewährte Freistellung von der Arbeitsleistung auf einen späteren Freistellungsanspruch im Sinne des § 45 Absatz 1 oder Absatz 1a SGB V eines erkrankten Kindes anzurechnen (§ 45 Absatz 3 Satz 2 SGB V).
(8) Nach § 45 Absatz 5 SGB V wird auch den nicht oder ohne Krankengeldanspruch in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein arbeitsrechtlicher Anspruch auf unbezahlte Freistellung in den Fällen des § 45 Absatz 1 oder Absatz 1a SGB V eingeräumt.
1 Elternteile in diesem Sinne sind die im gemeinsamen Haushalt lebenden Eltern der Kinder nach § 10 Absatz 1 Satz 1 SGB V (leibliche Eltern, Adoptiveltern) sowie nach § 10 Absatz 4 SGB V (Stiefeltern, Pflegeeltern, Großeltern).
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