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BAG 16.04.2024 - 9 AZR 186/23
BAG 16.04.2024 - 9 AZR 186/23
Vorinstanz
vorgehend ArbG Münster, 26. November 2021, Az: 4 Ca 871/21, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), 5. April 2023, Az: 2 Sa 109/22, Urteil
Tenor
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1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 5. April 2023 - 2 Sa 109/22 - wird zurückgewiesen.
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2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Der Kläger nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines zu Ausbildungszwecken gegebenen Darlehens in Anspruch.
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Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der G Fluggesellschaft mbH i. L. (Insolvenzschuldnerin). In der ersten Hälfte des Jahres 2018 bewarb sich der Beklagte bei der Insolvenzschuldnerin auf eine Stelle als Co-Pilot. Zu diesem Zeitpunkt war er Inhaber einer allgemeinen Erlaubnis zum Verkehrsflugzeugführer, verfügte jedoch nicht über die Musterberechtigung, um das Flugzeugmuster Airbus A320 Family zu fliegen. Die Musterberechtigung ist zwingender Bestandteil der erforderlichen Luftfahrterlaubnis für ein bestimmtes Flugzeugmuster und wird durch eine mehrmonatige theoretische und praktische Einweisung mit anschließender Prüfung erworben.
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Am 2. Juli 2018 schlossen die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte einen „Darlehensvertrag zur Finanzierung der Type-Rating-Kosten für das Flugzeugmuster Airbus A320 Family“ (Darlehensvertrag). Hierin finden sich ua. folgende Regelungen:
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„Im Hinblick auf das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses mit der Gesellschaft vereinbaren die Parteien folgendes Darlehen und zwar zur Finanzierung des/der Type Rating Lehrganges/Prüfung als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster Airbus A320 Family:
§ 1
Darlehen
Die Gesellschaft gewährt dem Darlehensnehmer ein Darlehen in Höhe von 20.950 EUR …
§ 4
Tilgung
(1)
Das Darlehen ist in monatlichen Raten in Höhe von 225 EUR (…), mit dem Beginn des Arbeitsverhältnisses zu tilgen …
§ 6
Vorzeitige Beendigung des Darlehens/Fälligkeit
(1)
Der ausstehende Darlehensbetrag wird insgesamt fällig, wenn das bestehende Arbeitsverhältnis, gleich aus welchem Grunde, beendet wird. Dies gilt nicht für die Fälle der betriebsbedingten Kündigung, der durch die Gesellschaft veranlassten Eigenkündigung, der einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses oder der gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses.“
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Unter demselben Datum schlossen die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte eine „Ausbildungsvereinbarung zum Erwerb der Musterberechtigung als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster Airbus A320 Family“ (Ausbildungsvereinbarung), die ua. folgende Bestimmungen enthält:
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„§ 1
Gegenstand/Zeitrahmen
(1) Der Co-Pilot wird auf eigene Kosten an dem Lehrgang zum Erwerb der Musterberechtigung (Type Rating) als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster Airbus A320 Family teilnehmen ... G gewährt dem Co-Piloten zur Finanzierung der Lehrgangskosten ein Darlehen und zwar auf der Grundlage eines gesondert abzuschließenden Darlehensvertrages.
…
§ 4
Arbeitsvertrag
Nach erfolgreich abgeschlossenen Type Rating erhält der/die Auszubildende ein Arbeitsvertragsangebot als Co-Pilot.“
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Die Insolvenzschuldnerin zahlte das Darlehen vereinbarungsgemäß an den Beklagten aus. Unter dem 29. August 2018 schlossen die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte einen Arbeitsvertrag, in dem sie ua. Folgendes vereinbarten:
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„§ 1
Der Vertrag tritt ab dem 15.10.2018 nur in Kraft, wenn der Pilot im Besitz einer gültigen Erlaubnis für Berufs-/Verkehrsflugzeugführer …, der Musterberechtigung Airbus A320FAM … sowie - sofern notwendig - einer deutschen Arbeitserlaubnis ist. …
§ 10
Weitere Einzelheiten, soweit in diesem Arbeitsvertrag nicht enthalten, sind in dem Rahmenvertrag für Piloten mit der Anlage II (Vergütung und Zulagen) und der Anlage III (Urlaubsordnung) sowie in den im Rahmenvertrag genannten Verfahrensanweisungen geregelt. Der Rahmenvertrag ist Bestandteil dieses Vertrages; ...“
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Der Rahmenvertrag für Piloten regelt ua. Folgendes:
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„§ 1 Gegenstand des Rahmenvertrages
Der Rahmenvertrag regelt die näheren Einzelheiten des Arbeitsvertrages ... Der Rahmenvertrag mit seinen Anlagen ist Bestandteil des Arbeitsvertrages des Mitarbeiters.
…
§ 21 Rückzahlung von Vorschüssen und Darlehen
Offene Restbeträge von Vorschüssen und Darlehen werden spätestens bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Rückzahlung in voller Höhe fällig.
…
§ 26 Ausschlussfristen
(1) Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis - mit Ausnahme von Ansprüchen, die aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit und/oder aus vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzungen des Arbeitgebers oder seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen resultieren sowie von Vergütungsansprüchen, soweit diese den gesetzlichen Mindestlohn nicht überschreiten - verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei in Textform geltend gemacht werden.
(2) Lehnt die Gegenseite den Anspruch schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“
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In der Folgezeit erwarb der Beklagte die Musterberechtigung als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster Airbus A320 Family. Ab November 2018 behielt die Insolvenzschuldnerin von der Vergütung des Beklagten zur Tilgung des Darlehens monatlich 225,00 Euro ein.
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Am 1. April 2019 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin eröffnet. Mit Ablauf des 10. April 2019 endete das Arbeitsverhältnis zwischen der Insolvenzschuldnerin und dem Beklagten. Unter dem 27. August 2020 forderte der Kläger den Beklagten erfolglos auf, die ausstehenden Darlehensraten zu zahlen. Mit Schreiben vom 2. November 2020 kündigte der Kläger den Darlehensvertrag und verlangte von dem Beklagten, die Restforderung iHv. 19.825,00 Euro zu begleichen.
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Mit seiner Klage, die am 29. Juni 2021 beim Arbeitsgericht eingegangen ist, nimmt der Kläger den Beklagten auf Rückzahlung des Darlehensrestbetrags in Anspruch. Er hat die Auffassung vertreten, die mit dem Darlehen teilfinanzierte Musterberechtigung stelle einen wirtschaftlichen Gegenwert dar, den der Beklagte auch außerhalb des Arbeitsverhältnisses mit der Insolvenzschuldnerin nutzen könne. Die in § 26 des Rahmenvertrags geregelte Ausschlussfrist sei auf den Klageanspruch nicht anwendbar.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an ihn 19.825,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Der Beklagte hat die Abweisung der Klage ua. mit der Begründung beantragt, ein etwaiger Rückzahlungsanspruch sei gemäß § 26 des Rahmenvertrags verfallen.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Senat kann dabei offenlassen, ob der Beklagte ursprünglich zur Rückzahlung des Darlehensrestbetrags verpflichtet war. Unterstellt man zugunsten des Klägers, dass die Bestimmungen in § 1 und § 4 des Darlehensvertrags einer AGB-Kontrolle standhalten, ist der Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensrestsumme, ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis, nach § 26 des Rahmenvertrags verfallen, da der Kläger die Forderung nicht binnen der dort bezeichneten Fristen gegenüber dem Beklagten geltend gemacht hat.
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I. Bei dem Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehensvertrag handelt es sich um einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis, der der Ausschlussfristenregelung in § 26 des Rahmenvertrags unterfällt.
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1. Unter den Begriff „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ fallen alle gesetzlichen, tariflichen und vertraglichen Ansprüche, die die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsstellung gegeneinander haben, soweit sich keine sachlichen Einschränkungen finden (BAG 31. Januar 2023 - 9 AZR 244/20 - Rn. 64 mwN). Dabei kommt es nicht auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage, sondern auf den Entstehungsbereich des Anspruchs an (vgl. BAG 14. Juni 2023 - 8 AZR 160/22 - Rn. 39 ). Entscheidend ist die enge Verknüpfung eines Lebensvorgangs mit dem Arbeitsverhältnis (BAG 24. Juni 2021 - 5 AZR 385/20 - Rn. 29, BAGE 175, 182). Bei einem zweckgebundenen Arbeitgeberdarlehen überlässt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis Kapital zur vorübergehenden Nutzung. Wie eng ein solches Darlehen mit dem Arbeitsverhältnis verknüpft ist und ob es deshalb von einer Regelung erfasst wird, die nicht auch Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis nur in Verbindung stehen, sondern nur Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis betrifft, hängt von der konkreten Ausgestaltung des Darlehensvertrags ab (BAG 21. Januar 2010 - 6 AZR 556/07 - Rn. 20 und 24).
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2. Der Darlehensvertrag vom 2. Juli 2018 ist mit dem Arbeitsverhältnis, das die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte unter dem 29. August 2018 begründet haben, eng verknüpft. Dies qualifiziert den darlehensrechtlichen Rückzahlungsanspruch im Streitfall zu einem Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis.
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a) Die Verträge nehmen in mehrfacher Hinsicht inhaltlich aufeinander Bezug. So findet sich bereits in der Präambel des Darlehensvertrags neben dem Hinweis, der Beklagte erhalte das Darlehen im Hinblick „auf das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses“, die Bestimmung des Darlehenszwecks, nämlich die „Finanzierung des/der Type Rating Lehrganges/Prüfung als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster Airbus A320 Family“. Für eine Verknüpfung beider Verträge spricht darüber hinaus die Bestimmung in § 4 Abs. 1 des Darlehensvertrags, der zufolge der Tilgungsbeginn mit dem Beginn des zu diesem Zeitpunkt noch nicht begründeten Arbeitsverhältnisses zusammenfällt. In dieselbe Richtung weist die Regelung in § 5 Abs. 1 des Darlehensvertrags, nach der die Darlehensraten mit der monatlichen Vergütung aus dem Arbeitsverhältnis verrechnet werden.
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b) Der Hinweis der Revision, der Rahmenvertrag regele lediglich die Einzelheiten des Arbeitsvertrags, nicht aber Einzelheiten aus dem Darlehensvertrag, trifft nicht zu. § 21 des Rahmenvertrags nimmt ausdrücklich auf „Restbeträge von Darlehen“ Bezug. Im Übrigen schränkt weder § 10 Satz 1 des Arbeitsvertrags noch § 1 Satz 1 des Rahmenvertrags die inhaltliche Reichweite der Ausschlussfristenregelung in § 26 des Rahmenvertrags ein. Der wechselseitige Verweis stellt lediglich klar, dass die für das Arbeitsverhältnis maßgeglichen Regelungen in zwei Vertragsdokumenten niedergelegt sind.
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c) Entgegen der Auffassung der Revision hängt die Anwendung der Ausschlussfristenregelung nicht davon ab, dass der Darlehensvertrag eine Änderung durch einen zu einem späteren Zeitpunkt geschlossenen Vertrag vorsieht. Ein dem ursprünglichen Vertrag - im Streitfall dem Darlehensvertrag - zeitlich nachfolgender Vertrag - im Streitfall der Arbeitsvertrag - modifiziert die vorhergehenden Vertragsbestimmungen, soweit er abweichende Regelungen enthält (contractus posterior derogat contractui priori). Eines Vorbehalts im Ursprungsvertrag bedarf es dafür nicht.
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d) Soweit die Revision geltend macht, der Darlehensvertrag schließe als spezielleres Regelungswerk die Regelungen des Rahmenvertrags aus, übersieht sie, dass der Darlehensvertrag keine Regelung über Ausschlussfristen enthält, die als speziellere Vereinbarung den Bestimmungen in § 26 des Rahmenvertrags vorgehen könnten.
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e) Der Hinweis der Revision, der Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehensvertrag stehe nicht in einem synallagmatischen Verhältnis zur Arbeitsverpflichtung, trifft zu, hat für das Auslegungsergebnis jedoch keine Bedeutung. Denn auch Ansprüche, die nicht im unmittelbaren Austauschverhältnis stehen, können unter den Begriff „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ subsumiert werden (vgl. zu Schadenersatzansprüchen BAG 7. Juni 2018 - 8 AZR 96/17 - Rn. 19; zu Ansprüchen auf Urlaubsabgeltung BAG 5. Juli 2022 - 9 AZR 341/21 - Rn. 15 und zu Ansprüchen auf Aufwendungsersatz BAG 27. Februar 2002 - 9 AZR 543/00 - zu I 1 a der Gründe).
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f) Sinn und Zweck des § 26 des Rahmenvertrags geben - entgegen der Ansicht des Klägers - ebenso wenig ein anderes Ergebnis vor wie die Interessenlage der Vertragsparteien.
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aa) Arbeitsvertragliche Regelungen über Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. So obliegt es dem Anspruchsteller, die Begründetheit und die Erfolgsaussichten seiner Ansprüche zu prüfen und die Ansprüche ggf. zeitnah gegenüber dem Vertragspartner geltend zu machen. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass sich der Anspruchsgegner auf die aus Sicht des Anspruchstellers noch offene Forderung rechtzeitig einstellen, Beweise sichern und ggf. Rücklagen bilden kann und vor der Verfolgung von Ansprüchen geschützt wird, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht rechnen muss (vgl. BAG 22. Oktober 2019 - 9 AZR 532/18 - Rn. 30, BAGE 168, 186).
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bb) Die Ausschlussfristenregelung in § 26 des Rahmenvertrags dient diesem Zweck. Sie begründet für beide Parteien die Obliegenheit, ihre Ansprüche binnen der dort bezeichneten Fristen der Gegenseite gegenüber geltend zu machen. Dies gilt - auch - für den Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensrestsumme.
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g) Aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Januar 2011 (- 10 AZR 873/08 - Rn. 15 f.) folgt entgegen der Auffassung der Revision nichts anderes. Zum einen hatte die Klausel, über deren Auslegung der Zehnte Senat zu befinden hatte, einen abweichenden Wortlaut; zum anderen ist der Entscheidung zu entnehmen, dass abhängig von der konkreten Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen auch Rückzahlungsansprüche des Arbeitgebers aus einem Darlehensvertrag unter eine arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung fallen können.
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II. Der Kläger war gehalten, den streitgegenständlichen Anspruch gegenüber dem Beklagten binnen der in § 26 des Rahmenvertrags bezeichneten Fristen geltend zu machen. Dies gilt unabhängig davon, dass die Allgemeine Geschäftsbedingung gegen das gesetzliche Verbot des § 202 Abs. 1 BGB verstößt, da sie ua. Ansprüche des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer aus einer vorsätzlichen Handlung des Arbeitnehmers zeitlich begrenzt. Als Verwenderin der AGB kann sich die Insolvenzschuldnerin dem Beklagten gegenüber nur insoweit auf die Unwirksamkeit der von ihr selbst geschaffenen Klausel berufen, als § 202 Abs. 1 BGB ihre Vertragsfreiheit zu ihrem eigenen Schutz einschränkt. Dies folgt aus dem Grundsatz der personalen Teilunwirksamkeit.
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1. § 26 des Rahmenvertrags verstößt - teilweise - gegen das gesetzliche Verbot des § 202 Abs. 1 BGB.
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a) Nach § 202 Abs. 1 BGB, einer Verbotsnorm iSv. § 134 BGB, kann die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden. Die Vorschrift, die in Ergänzung von § 276 Abs. 3 BGB einen umfassenden Schutz gegen im Voraus vereinbarte Einschränkungen von Haftungsansprüchen aus vorsätzlichen Schädigungen bezweckt, führt dazu, dass eine Haftung aus vorsätzlichen Pflichtverletzungen nicht durch vertragliche Ausschlussfristen zeitlich eingeschränkt werden kann (vgl. zu Einzelheiten BAG 5. Juli 2022 - 9 AZR 341/21 - Rn. 17).
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b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 202 Abs. 1 BGB liegen vor. Die Ausschlussfristenregelung des § 26 Abs. 1 des Rahmenvertrags nimmt Ansprüche, die „aus vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzungen des Arbeitgebers … resultieren“, nicht aber solche des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer aus ihrem Anwendungsbereich aus. Die ausdrückliche Ausnahme bestimmter Ansprüche zeigt im Umkehrschluss, dass die Klausel Ansprüche erfassen soll, die - wie Ansprüche des Arbeitgebers wegen vorsätzlicher Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers - nicht als ausgenommen aufgeführt sind (vgl. BAG 24. Mai 2022 - 9 AZR 461/21 - Rn. 19).
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2. Die Rechtsfolgen bemessen sich - auch bei einem Verstoß gegen § 202 Abs. 1 BGB - nach § 306 BGB (vgl. BAG 5. Juli 2022 - 9 AZR 341/21 - Rn. 18). Zu dem AGB-Rechtsfolgensystem gehört ua. der sog. „Grundsatz der personalen Teilunwirksamkeit“ (BAG 26. November 2020 - 8 AZR 58/20 - Rn. 69, BAGE 173, 67). Danach kann sich der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Regelfall nicht auf die Unwirksamkeit der von ihm selbst in den Vertrag eingeführten Klausel berufen (vgl. BAG 28. September 2017 - 8 AZR 67/15 - Rn. 42). Denn die Inhaltskontrolle schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Klauselverwender, sie dient aber nicht dem Schutz des Klauselverwenders vor den von ihm selbst geschaffenen Formularbestimmungen (vgl. BAG 27. Oktober 2005 - 8 AZR 3/05 - Rn. 16).
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3. Ein Ausnahmefall, in dem sich auch der Arbeitgeber auf die Unwirksamkeit einer gegen § 202 Abs. 1 BGB verstoßenden Klausel berufen kann (vgl. hierzu BAG 25. November 2021 - 8 AZR 226/20 - Rn. 63 ff.), liegt nicht vor. § 202 Abs. 1 BGB will beide Vertragsparteien davor schützen, aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung Ansprüche infolge Zeitablaufs zu verlieren, die ihnen wegen einer vorsätzlichen Pflichtverletzung des anderen Teils zustehen. Insoweit sind Ausschlussfristenregelungen in AGB der Disposition durch die Arbeitsvertragsparteien unabhängig davon entzogen, wer die Bestimmung in den Vertrag eingebracht hat. Dieses besonderen Schutzes, den die Vorschrift auch dem Klauselverwender gewährt, bedarf der Arbeitgeber allerdings nur in Fällen, in denen der Arbeitnehmer die ihm obliegenden Pflichten vorsätzlich verletzt. Für sonstige Ansprüche des Arbeitgebers verbleibt es bei der „personalen Teilunwirksamkeit“ der Klausel. Wollte man dem Arbeitgeber darüber hinaus - etwa im Falle der Rückzahlung eines Darlehens - erlauben, die Unwirksamkeit der von ihm geschaffenen Klausel einzuwenden, hieße dies, den Anwendungsbereich des Grundsatzes der personalen Teilunwirksamkeit über das vom Schutzzweck des § 202 Abs. 1 BGB geforderte Maß einzuschränken. Dies liefe auf eine vom Gesetz nicht gewollte Überkompensation für einen Gesetzesverstoß hinaus, der allein im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers angesiedelt ist.
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4. Weder die Insolvenzschuldnerin noch der Kläger hat den Anspruch auf Rückzahlung des Darlehensrestbetrags rechtzeitig gegenüber dem Beklagten geltend gemacht. Dabei kann dahinstehen, ob der noch nicht getilgte Betrag bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 10. April 2019 (§ 21 des Rahmenvertrags) oder mit Zugang des Schreibens vom 2. November 2020, mit dem der Kläger das Darlehen kündigte, fällig geworden ist.
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a) Wäre die Darlehensrestschuld bereits mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig geworden, wäre das Schreiben des Klägers vom 27. August 2020, mit dem er den Beklagten zur Rückzahlung aufforderte, diesem erst nach Ablauf der in § 26 Abs. 1 des Rahmenvertrags bezeichneten dreimonatigen Frist, die am 10. Juli 2019 abgelaufen wäre, zugegangen.
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b) Hätte die Ausschlussfrist erst durch die Kündigung des Klägers vom 2. November 2020 zu laufen begonnen, hätte der Kläger durch das Aufforderungsschreiben vom selben Tage zwar die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung (§ 26 Abs. 1 des Rahmenvertrags) gewahrt, nicht aber die zweite Stufe, die eine gerichtliche Geltendmachung binnen drei Monaten erfordert, wobei die Frist in dem Fall, in dem sich die Gegenpartei - wie vorliegend der Beklagte - nicht innerhalb von zwei Wochen nach der schriftlichen Geltendmachung erklärt, zu laufen beginnt (§ 26 Abs. 2 des Rahmenvertrags). Die dreimonatige Frist wäre in diesem Fall im Laufe des Mai 2021 abgelaufen.
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III. Die Kosten der Revision hat der Kläger zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
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