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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BAG 21.07.2021 - 5 AZR 110/21
BAG 21.07.2021 - 5 AZR 110/21
Vorinstanz
vorgehend ArbG Hannover, 11. Oktober 2019, Az: 8 Ca 61/19, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen, 2. Dezember 2020, Az: 13 Sa 855/19, Urteil
Tenor
-
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 2. Dezember 2020 - 13 Sa 855/19 - wird zurückgewiesen.
-
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Vergütung von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten.
- 2
-
Der Kläger ist bei der Beklagten, die an mehreren Standorten in der Bundesrepublik Kraftfahrzeuge produziert, im Presswerk H zuletzt als Werkzeugmechaniker beschäftigt. Er ist Mitglied der Gewerkschaft IG Metall.
- 3
-
Der zwischen der Volkswagen AG und der IG Metall Bezirksleitung Niedersachsen und Sachsen-Anhalt abgeschlossene Manteltarifvertrag vom 15. Dezember 2008 idF vom 5. März 2018 (iF MTV-VW) regelt ua.:
-
„§ 1
Geltungsbereich
Dieser Tarifvertrag gilt:
1.1
räumlich: für die Werke der Volkswagen AG
1.2
persönlich: für alle Beschäftigten, die Mitglied der IG Metall sind, …
…
2. Abschnitt: Arbeitszeit: Dauer und Flexibilität
…
§ 6
Arbeitszeit
…
6.3
Arbeitszeitverteilung
6.3.1
…
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage … werden mit dem Betriebsrat vereinbart.
…
§ 7
Arbeitszeitflexibilität / Mehrarbeit
7.1
Grundsätze
…
7.1.2
Mehrarbeit
7.1.2.1
Mehrarbeit liegt vor, wenn die im Rahmen der Verteilung der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit jeweils festgelegte tägliche und wöchentliche Arbeitszeit überschritten wird. Mehrarbeit wird nur vergütet, wenn sie von der/dem zuständigen Vorgesetzten angeordnet ist.
…
Grundsätzlich wird Mehrarbeit durch bezahlte Freistellung von der Arbeit ausgeglichen.
…
7.2
Individuelles Flexibilitätskonto
7.2.1
Zusätzliche Arbeitszeitflexibilitätsmaßnahmen werden über das individuelle Flexibilitätskonto gesteuert. Zu diesem Zweck wird für jede/jeden Beschäftigten ein individuelles Flexibilitätskonto eingerichtet. …
…
3. Abschnitt: Besondere Entgeltregelungen
§ 12
Entgeltregelungen
12.1
Grundsätze
12.1.1
Bezahlt wird geleistete Arbeit und Arbeitsbereitschaft, es sei denn, dass durch Tarifverträge andere Regelungen getroffen sind.
…
5. Abschnitt: Sonstige Regelungen
…
§ 28
Sonstiges
…
28.2
Beschäftigte, die besonders schmutzige Arbeiten verrichten, erhalten täglich eine bezahlte Waschzeit bis zu 20 Minuten, die innerhalb der täglichen Arbeitszeit liegt. In der Regel beträgt sie z. B. bei Härtern, Lackspritzern und Schleifern in der Chromanlage 10 Minuten und bei Beschäftigten in der Gießerei 20 Minuten.
Mit dem Betriebsrat kann vereinbart werden, dass … die festgelegte Waschzeit unmittelbar im Anschluss an die tägliche Arbeitszeit gelegt wird. …
28.3
Der nach § 28.2 in Frage kommende Personenkreis wird mit dem Betriebsrat festgelegt.
…
§ 30
Beilegung von Meinungsverschiedenheiten
30.1
Rechtsstreitigkeiten
30.1.1
Bei Rechtsstreitigkeiten zwischen
Volkswagen AG und Beschäftigten …,
die sich aus Anwendung, Auslegung … der Tarifverträge ergeben, ist zwischen der vom Vorstand bestimmten Stelle und dem Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat eine Einigung zu versuchen.
Kommt eine Einigung nicht zustande, so sollen die beiderseitigen Vertreter der Tarifvertragsparteien hinzugezogen werden. Wird auch hier keine Einigung erzielt, so steht der Rechtsweg offen.
…“
- 4
-
Die Unternehmensleitung und der Gesamtbetriebsrat der Volkswagen AG haben am 1. Dezember 2006 eine Betriebsvereinbarung Nr. 02/2007, Individuelles Flexibilitätskonto (iF GBV Flexibilitätskonto) vereinbart, die ua. regelt:
-
„2.
Grundsätze des individuellen Flexibilitätskontos
•
Es wird für jeden Beschäftigten ein individuelles Flexibilitätskonto eingerichtet.
…
3.
Einbringungen und Entnahmen
3.1
Einbringungen
Der Aufbau von Zeitsalden erfolgt ausschließlich durch tatsächlich geleistete Arbeitsstunden, die über die durch Schichtpläne oder Arbeitszeitmodelle gestaltete tarifliche regelmäßige Arbeitszeit hinausgehen. …
…
3.3
Sonderregelungen
3.3.1
Bezahlung von Arbeitszeitflexibilitätsmaßnahmen (Mehrarbeit)
Für Arbeitszeitflexibilitätsmaßnahmen wird vereinbart, dass diese mit zunehmendem Stand des positiven Zeitsaldos auf dem individuellen Flexibilitätskonto statt durch Zeitgutschrift gemäß Ziffer 3.1 in Geld vergütet werden.
Hierfür gilt folgende Staffelung:
- 0 bis 50 Stunden 25 % Bezahlung / 75 % Zeitgutschrift
- 51 bis 175 Stunden 50 % Bezahlung / 50 % Zeitgutschrift
- 176 bis 380 Stunden 75 % Bezahlung / 25 % Zeitgutschrift
- ab 381 Stunden 100 % Bezahlung
…“
- 5
-
Der Kläger ist auf Anordnung der Beklagten verpflichtet, vor Arbeitsaufnahme eine persönliche Schutzausrüstung (iF PSA), bestehend aus feuerbeständiger Jacke mit VW-Emblem und Namen des Beschäftigten, feuerbeständiger Hose, Sicherheitsschuhen, Handschuhen, Ärmelschonern und Schutzbrille als Arbeitskleidung anzulegen und sie während der Arbeit zu tragen. Zum An- und Ablegen der PSA legt der Kläger innerbetriebliche Wege ua. zu den Spinden und den Waschkauen zurück. Umkleide- und Wegezeiten werden außerhalb der schichtplanmäßigen Arbeitszeit aufgewandt und von der Beklagten nicht vergütet.
- 6
-
In einem vorangegangenen Rechtsstreit zwischen den Parteien begehrte der Kläger die Feststellung der Vergütungspflicht von Umkleide- und damit zusammenhängenden innerbetrieblichen Wegezeiten. Mit Urteil vom 8. August 2018 stellte das Arbeitsgericht Hannover (- 8 Ca 130/18 -) unter Abweisung der Klage im Übrigen fest, dass die vom Kläger für das An- und Ablegen der PSA sowie für innerbetriebliche Wege von der Waschkaue zum Arbeitsplatz und zurück benötigte Zeit als Arbeitszeit zu vergüten sei. Auf die Berufung der Beklagten wies das Landesarbeitsgericht Niedersachsen mit Urteil vom 15. August 2019 (- 6 Sa 721/18 -) unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Feststellungsklage insgesamt ab.
- 7
-
Mit seiner Klage hat der Kläger Vergütung für Umkleide- und innerbetriebliche Wegezeiten für die Zeit vom 3. November 2017 bis zum 4. Oktober 2018 nebst Zinsen verlangt. Er hat gemeint, die Zeit, die er außerhalb der schichtplanmäßigen Arbeitszeit für das An- und Ablegen der PSA einschließlich dem Zurücklegen der damit verbundenen innerbetrieblichen Wege benötige, sei zu vergüten, hilfsweise sei er unter Fortzahlung der Vergütung freizustellen bzw. jedenfalls eine Kombination aus Zeitgutschrift und Vergütungsanspruch festzustellen.
- 8
-
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
-
1.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.153,99 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2017 zu zahlen,
2.
hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, den Kläger 38,28 Stunden unter Fortzahlung der Vergütung von der Erbringung der Arbeitsleistung freizustellen,
3.
hilfsweise festzustellen, dass nach Ziff. 3.3.1 der GBV Flexibilitätskonto bei einem positiven Zeitsaldo zwischen 51 und 175 Stunden dem Kläger 19,4 Stunden Arbeitszeit gutzuschreiben und 577,00 Euro auszuzahlen sind.
- 9
-
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, der MTV-VW schließe eine Vergütung aus.
- 10
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge auf Zahlung, hilfsweise bezahlte Freistellung, hilfsweise Feststellung weiter.
Entscheidungsgründe
- 11
-
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten. Daher können auch die Hilfsanträge auf bezahlte Freistellung bzw. Feststellung keinen Erfolg haben.
- 12
-
I. Das Berufungsgericht hat dem Zahlungsantrag des Klägers im Ergebnis zu Recht nicht stattgegeben. Ein Anspruch auf Vergütung von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten ist durch Tarifvertrag ausgeschlossen.
- 13
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1. Der Zulässigkeit der Klage steht weder die Regelung des § 30.1.1 MTV-VW noch die rechtskräftige Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 15. August 2019 (- 6 Sa 721/18 -) entgegen.
- 14
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a) Ein innerbetriebliches Einigungsverfahren vor Klageerhebung war vom Kläger nicht durchzuführen.
- 15
-
aa) Die Regelungen des MTV-VW finden aufgrund beiderseitiger Tarifbindung nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG Anwendung. Die Beklagte ist als tarifvertragschließende Partei an den Haustarifvertrag gebunden. Der Kläger ist nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Mitglied der weiteren tarifvertragschließenden Partei, der Gewerkschaft IG Metall. Räumlicher und persönlicher Geltungsbereich (§ 1.1, § 1.2 MTV-VW) sind eröffnet.
- 16
-
bb) Der Ausschluss des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten nach § 30.1.1 MTV-VW ist unwirksam, weil kein Fall des § 4 ArbGG vorliegt. Danach kann ua. in den Fällen des § 2 Abs. 1 ArbGG die Arbeitsgerichtsbarkeit nach Maßgabe der §§ 101 bis 110 ArbGG ausgeschlossen werden. Der Kläger zählt erkennbar zu keiner der in § 101 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG genannten Personengruppen.
- 17
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b) Die Klage ist nicht aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 15. August 2019 (- 6 Sa 721/18 -) wegen entgegenstehender Rechtskraft unzulässig.
- 18
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aa) Die Rechtskraft eines früheren Urteils über denselben Streitgegenstand ist als negative Prozessvoraussetzung auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu beachten, weil die Rechtskraft ein unabdingbares, in jeder Verfahrenslage zu beachtendes Prozesshindernis für eine erneute gerichtliche Nachprüfung des schon beschiedenen Anspruchs schafft (st. Rspr., vgl. nur BGH 16. Oktober 2020 - V ZR 98/19 - Rn. 18). Dies gilt auch, wenn eine im Vorprozess rechtskräftig entschiedene Rechtsfrage lediglich Vorfrage für die Entscheidung des nachfolgenden Rechtsstreits ist (BGH 16. Januar 2008 - XII ZR 216/05 - Rn. 9 mwN). Dabei setzt jedoch die Bestimmung des § 322 Abs. 1 ZPO der Rechtskraft eines Urteils bewusst in der Weise enge Grenzen, dass diese sich auf den unmittelbaren Gegenstand des Urteils, dh. die Rechtsfolge beschränkt, die den Entscheidungssatz bildet, nicht aber auf einzelne Urteilselemente, tatsächliche Feststellungen und rechtliche Folgerungen, auf denen die betroffene Entscheidung aufbaut (vgl. BGH 31. Mai 2012 - I ZR 45/11 - Rn. 36). Im Verhältnis eines vorausgegangenen Feststellungsurteils zu einer nachfolgenden Leistungsklage bedeutet dies, dass die Abweisung der auf Feststellung einer Forderung erhobenen Klage in der Sache insoweit Rechtskraft für eine später auf dieselbe Forderung gestützte Leistungsklage schafft, als das mit ihr erstrebte Prozessziel unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mehr aus demselben Lebenssachverhalt hergeleitet werden kann, der der Feststellungsklage zugrunde gelegen hat (vgl. BGH 16. Januar 2008 - XII ZR 216/05 - Rn. 20; 14. Februar 2006 - VI ZR 322/04 - Rn. 15).
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bb) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat das Berufungsgericht im Vorprozess, der zwischen den Parteien geführt worden ist, die Feststellungsanträge, die sich auf die Vergütungspflicht von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten bezogen, abgewiesen. Dieses Urteil ist in Rechtskraft erwachsen.
- 20
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cc) Im Streitfall ist die Leistungsklage dennoch nicht unzulässig, auch wenn sie sich ebenso wie die Feststellungsklage im Vorprozess auf die (Vor-)Frage der Vergütungspflicht von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten bezieht. Die materielle Rechtskraft eines Urteils in einem späteren Rechtsstreit führt nur dann zur Unzulässigkeit der neuen Klage und deshalb zur Prozessabweisung, wenn die Streitgegenstände beider Prozesse identisch sind oder im zweiten Prozess das kontradiktorische Gegenteil der im ersten Prozess ausgesprochenen Rechtsfolge begehrt wird. Das ist vorliegend nicht der Fall, weil das Urteil im Vorprozess einen Feststellungsanspruch betrifft, während hier ein Leistungsanspruch geltend gemacht wird. Damit liegen unterschiedliche Streitgegenstände vor (vgl. BGH 16. Januar 2008 - XII ZR 216/05 - Rn. 22 mwN).
- 21
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2. Die auch im Übrigen zulässige Zahlungsklage ist unbegründet. Es besteht kein Vergütungsanspruch für die streitgegenständlichen Umkleide- und damit verbundenen innerbetrieblichen Wegezeiten. Zwar handelt es sich hierbei grundsätzlich um vergütungspflichtige Arbeitszeit, jedoch beinhaltet § 12.1.1 MTV-VW iVm. § 28.2 MTV-VW eine gesonderte Vergütungsregelung, welche die erhobenen Ansprüche ausschließt.
- 22
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a) Ob die Klage schon deshalb unbegründet ist, weil bereits im Vorprozess zwischen den Parteien rechtskräftig über das Nichtbestehen der Vergütungspflicht von Umkleide- und Wegezeiten entschieden worden ist (vgl. BGH 16. Januar 2008 - XII ZR 216/05 - Rn. 23), bedarf keiner Entscheidung. Denn die Klage ist bereits aus anderen materiell-rechtlichen Gründen unbegründet.
- 23
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b) Bei den Zeiten zum An- und Ablegen der PSA im Betrieb und den damit verbundenen innerbetrieblichen Wegezeiten handelt es sich um vergütungspflichtige Arbeitszeit nach § 611a Abs. 2 BGB (vgl. zu den Grundsätzen der Bewertung von Umkleidezeit als vergütungspflichtige Arbeitszeit zuletzt BAG 25. April 2018 - 5 AZR 245/17 - Rn. 22 bis 24 mwN).
- 24
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aa) Der Kläger ist nach den nicht angegriffenen und deshalb bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts auf Weisung der Beklagten zum Tragen der PSA während der Arbeit verpflichtet und es handelt sich um besonders auffällige Schutzkleidung. Dabei bedarf es keiner ausdrücklichen Anordnung zum Umkleiden im Betrieb, denn eine ausschließlich fremdnützige Tätigkeit liegt auch vor, wenn der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber dafür eingerichteten Umkleidemöglichkeiten für das von diesem angewiesene Anlegen seiner besonders auffälligen Dienstkleidung nutzt und sich anschließend zu seinem Arbeitsplatz begibt (vgl. BAG 12. Dezember 2018 - 5 AZR 124/18 - Rn. 17; 6. September 2017 - 5 AZR 382/16 - Rn. 21, BAGE 160, 167).
- 25
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bb) Bei den mit dem An- und Ablegen der PSA verbundenen Tätigkeiten sowie den erforderlichen innerbetrieblichen Wegezeiten zwischen Spind, Umkleideraum und eigentlichem Arbeitsplatz handelt es sich um vergütungspflichtige Arbeitszeiten. Diese Zusammenhangstätigkeiten bilden mit dem geschuldeten Arbeitsinhalt eine Einheit. Sie stellen insgesamt die vergütungspflichtige Dienstleistung nach § 611a Abs. 1 BGB dar, denn die Notwendigkeit des An- und Ablegens der PSA und der damit verbundene Zeitaufwand des Arbeitnehmers - auch zum Aufsuchen der Umkleideräume - beruhen auf der Anweisung des Arbeitgebers zum Tragen der PSA während der Arbeitszeit (vgl. BAG 6. September 2017 - 5 AZR 382/16 - Rn. 13, BAGE 160, 167).
- 26
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c) Durch § 12.1.1 iVm. § 28.2 MTV-VW ist eine gesonderte Vergütung der Umkleide- und Wegezeiten ausgeschlossen.
- 27
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aa) Mit der Einordnung der Umkleide- und Wegezeiten als Teil der nach § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB zu leistenden Arbeit ist noch nicht geklärt, wie diese Zeiten zu vergüten sind. Durch Arbeits- oder Tarifvertrag kann eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit und damit auch für Umkleide- und Wegezeiten getroffen werden (vgl. BAG 12. Dezember 2018 - 5 AZR 124/18 - Rn. 19; 25. April 2018 - 5 AZR 245/17 - Rn. 31 mwN).
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bb) Die Vergütungspflicht der Umkleide- und Wegezeiten ist aufgrund der Regelung des § 12.1.1 iVm. § 28.2 MTV-VW ausgeschlossen. Dies ergibt die Auslegung des Tarifvertrags (zu den nach st. Rspr. anzuwendenden allgemeinen Auslegungsgrundsätzen vgl. BAG 26. Oktober 2016 - 5 AZR 226/16 - Rn. 25 mwN).
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(1) Nach der Entgeltregelung in § 12.1.1 MTV-VW wird geleistete Arbeit und Arbeitsbereitschaft bezahlt, es sei denn, dass durch Tarifverträge andere Regelungen getroffen sind. Was geleistete Arbeit ist, definieren die Tarifvertragsparteien weder dort noch an anderer Stelle des Tarifvertrags. Auch den Regelungen der Arbeitszeit in § 6 MTV-VW lässt sich dies nicht entnehmen, denn sie betreffen lediglich die Arbeitszeitdauer, -gestaltung und -verteilung. Damit ist zwar der Wortlaut des § 12.1.1 MTV-VW hinsichtlich des Anknüpfungspunkts der Vergütung nicht hinreichend eindeutig, doch legt er mit dem Begriff „geleistete Arbeit“ bereits nahe, dass dieser bezogen auf die konkrete Tätigkeit des jeweiligen Arbeitnehmers - im Streitfall eines Werkzeugmechanikers - eingeschränkt zu verstehen ist.
- 30
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(2) Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang folgt sodann, dass die Tarifvertragsparteien eine Vergütungspflicht für Zusammenhangstätigkeiten wie Umkleiden und Zurücklegen von innerbetrieblichen Wegen nicht unter den Begriff der geleisteten Arbeit in § 12.1.1 MTV-VW fassen, mithin eine Vergütung hierfür ausschließen wollten. Dies zeigt die Bestimmung des § 28.2 MTV-VW.
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(a) Nach § 28.2 MTV-VW erhalten Beschäftigte, die besonders schmutzige Arbeiten verrichten, täglich eine bezahlte Waschzeit bis zu 20 Minuten, die innerhalb der täglichen Arbeitszeit liegt. Daneben wird in Abhängigkeit von der Tätigkeit der in der Regel zu gewährende Umfang der Waschzeit näher definiert. Der für den Anspruch auf bezahlte Waschzeit in Frage kommende Personenkreis wird nach § 28.3 MTV-VW mit dem Betriebsrat festgelegt.
- 32
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(b) In § 28.2 MTV-VW wird nur eine bestimmte nicht wertschöpfende Arbeit der Vergütungspflicht unterworfen. Das Waschen stellt jedoch für den nach § 28.3 MTV-VW festgelegten Personenkreis gleichermaßen wie das Umkleiden und Zurücklegen von innerbetrieblichen Wegen eine Zusammenhangstätigkeit mit den eigentlichen Arbeitsaufgaben dar. Einer Regelung wie in § 28.2 MTV-VW hätte es daher nicht bedurft, wenn die Zusammenhangstätigkeit Waschen bereits unter den Begriff der geleisteten Arbeit iSd. § 12.1.1 MTV-VW zu fassen wäre. Auch die detaillierte Ausgestaltung des § 28.2 MTV-VW in Bezug auf die Regelbeispiele und die Differenzierung im Umfang der bezahlten Waschzeit zeigt, dass die Tarifvertragsparteien insoweit einen eigenständigen Vergütungsanspruch schaffen wollten. Normiert ein Tarifvertrag in zwei Bestimmungen einen Vergütungsanspruch für geleistete Arbeit und einen Vergütungsanspruch ausdrücklich für eine konkret benannte Zusammenhangstätigkeit, spricht dies mit hinreichender Klarheit (zur Erforderlichkeit dieser vgl. BAG 25. April 2018 - 5 AZR 245/17 - Rn. 35) dafür, dass die Tarifvertragsparteien damit zugleich bestimmt haben, dass ein Vergütungsanspruch nur für die genannte Zusammenhangstätigkeit bestehen soll, nicht jedoch für weitere damit verbundene. Zusammenhangstätigkeiten, die nicht die eigentliche arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit darstellen, sollen nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nur in den ausdrücklich geregelten Fällen - hier allein im Fall des Waschens - vergütungspflichtig sein.
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d) Der tarifvertragliche Vergütungsausschluss ist nicht wegen eines Verstoßes gegen § 3 Abs. 3 ArbSchG unwirksam.
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aa) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Maßnahmen des Arbeitsschutzes sind gemäß § 2 Abs. 1 ArbSchG Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit. Gemäß § 3 Abs. 3 ArbSchG darf der Arbeitgeber Kosten für Maßnahmen nach dem ArbSchG nicht den Beschäftigten auferlegen.
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bb) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 ArbSchG liegen im Streitfall nicht vor. Zugunsten des Klägers unterstellt, bei dem An- und Ablegen der PSA und den damit verbundenen Wegezeiten handele es sich um Maßnahmen des Arbeitsschutzes, werden den Arbeitnehmern hierdurch keine Kosten auferlegt. Unter dem Begriff der Kosten werden Aufwendungen des Arbeitgebers für Sachmittel verstanden (vgl. Gesetzesbegründung BT-Drs. 13/3540 S. 16), nicht hingegen zeitliche Dispositionen des Arbeitnehmers (vgl. BAG 13. Dezember 2016 - 9 AZR 574/15 - Rn. 30; so auch Gaul/Hofelich NZA 2016, 149,151 f.; aA Pieper ArbSchG 8. Aufl. § 3 Rn. 14d; ebenso Kollmer/Klindt/Schucht/Kothe ArbSchG 4. Aufl. § 3 Rn. 92, allerdings ohne nähere Begründung).
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cc) Das Unionsrecht verlangt insoweit kein anderes Verständnis. Durch die Regelung des § 3 Abs. 3 ArbSchG wird Art. 6 Abs. 5 Richtlinie 89/391/EWG umgesetzt, wonach die Kosten ua. für Sicherheitsmaßnahmen auf keinen Fall zu Lasten der Arbeitnehmer gehen dürfen. Dieser Kostenbegriff erfasst nicht die Vergütung von Arbeitszeiten, die erforderlich sind, die entsprechenden Mittel anzuwenden. Dies zeigt der Regelungszusammenhang mit Art. 12 Abs. 4 Sätze 2 und 3 Richtlinie 89/391/EWG (in nationales Recht umgesetzt durch § 12 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG), worin bestimmt ist, dass Unterweisungen über Sicherheit und Gesundheitsschutz während der Arbeitszeit erfolgen müssen, sowie mit Art. 11 Abs. 5 Richtlinie 89/391/EWG, der Entgeltfortzahlungspflichten gegenüber Arbeitnehmervertretern mit besonderen Funktionen bei der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz vorsieht. Dagegen sind bei allen anderen Handlungspflichten, die nach Art. 13 Richtlinie 89/391/EWG die Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsschutzes treffen, solche Entgeltzahlungspflichten des Arbeitgebers nicht vorgesehen (vgl. Gaul/Hofelich NZA 2016, 149,152). Im Hinblick auf die klaren Regelungen der Richtlinie 89/391/EWG bedarf es keines Vorlageverfahrens an den Gerichtshof nach Art. 267 AEUV (vgl. zu den Vorlagevoraussetzungen EuGH 6. Oktober 1982 - C-283/81 - [C.I.L.F.I.T.]).
- 37
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e) Da ein Vergütungsanspruch bereits durch Tarifvertrag ausgeschlossen ist, kann dahinstehen, ob sich aus den Regelungen im Arbeitsvertrag und den geltenden Betriebsvereinbarungen ebenfalls ein Anspruchsausschluss ergibt.
- 38
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II. Der für den Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag gestellte Hilfsantrag auf bezahlte Freistellung fällt dem Senat zur Entscheidung an. Dieser Antrag ist in der gebotenen Auslegung zulässig, jedoch wegen des Ausschlusses eines Vergütungsanspruchs für Umkleide- und innerbetriebliche Wegezeiten unbegründet.
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1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (vgl. zu den Anforderungen an einen Antrag auf künftige Gewährung einer Freistellung von der Arbeitspflicht BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 10, BAGE 131, 215).
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2. Der Hilfsantrag auf bezahlte Freistellung ist unbegründet. Das bei der Beklagten als Flexibilitätskonto bezeichnete Arbeitszeitkonto hält fest, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestands nicht erbringen musste. Es drückt damit - in anderer Form - seinen Vergütungsanspruch aus (vgl. BAG 23. September 2020 - 5 AZR 367/19 - Rn. 21 mwN). Dies kommt hinreichend deutlich in Ziff. 3.1 Abs. 1 Satz 1 GBV Flexibilitätskonto zum Ausdruck, wonach der Aufbau von Zeitsalden ausschließlich durch tatsächlich geleistete Arbeitsstunden erfolgt, die über die ua. durch Schichtpläne gestaltete tarifliche regelmäßige Arbeitszeit hinausgehen. Nach dem Klagebegehren handelt es sich um einen nach § 7.1.2.1 Abs. 1 Satz 1, § 7.1.2.5.1 MTV-VW iVm. Ziff. 3.3.1 GBV Flexibilitätskonto in Freizeitausgleich umgewandelten Vergütungsanspruch aufgrund von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten. Da die Zusammenhangstätigkeiten des Umkleidens und Zurücklegens innerbetrieblicher Wege keine zu vergütende Arbeitszeit darstellen, besteht auch kein Anspruch auf bezahlte Freistellung.
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III. Der Hilfsantrag auf Feststellung fällt dem Senat zur Entscheidung an. Es kann dahinstehen, ob ein Feststellungsinteresse des Klägers nach § 256 ZPO gegeben ist, denn dieses ist Prozessvoraussetzung nur für das stattgebende Urteil. Deshalb ist das Revisionsgericht auch bei Fehlen des Feststellungsinteresses jedenfalls dann zu einer Sachentscheidung befugt, wenn gewichtige prozessökonomische Gründe gegen eine Prozessabweisung sprechen, etwa wenn die Klage eindeutig und unzweifelhaft abweisungsreif ist (vgl. BAG 16. Dezember 2015 - 5 AZR 567/14 - Rn. 39 mwN, BAGE 154, 8). Dies ist hier der Fall wegen des Ausschlusses der Vergütungspflicht von Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten.
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IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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