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BSG 30.04.2024 - B 10 ÜG 5/23 B
BSG 30.04.2024 - B 10 ÜG 5/23 B
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. September 2023 wird als unzulässig verworfen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7400 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Mit Urteil vom 21.9.2023 hat das LSG als Entschädigungsgericht dem Kläger eine Entschädigung von 200 Euro nebst Zinsen wegen eines vor dem SG Berlin und dem LSG Berlin-Brandenburg geführten Verfahrens zugesprochen und seine Klage auf weitere Entschädigung von 7400 Euro für dieses und ein weiteres Verfahren abgewiesen.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Das Urteil des Entschädigungsgerichts weise schwerste Fehler und Mängel auf. Dieses habe schon aufgrund seines Befangenheitsantrags nicht entscheiden dürfen.
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil darin keine Zulassungsgründe ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG).
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1. Der Kläger hat anders als rechtlich geboten bereits den Sachverhalt, der dem angefochtenen Urteil des Entschädigungsgerichts zugrunde liegt, nicht hinreichend substantiiert mitgeteilt. Seinen Schilderungen in der Beschwerdebegründung können allenfalls Fragmente der entscheidungserheblichen Tatsachen entnommen werden. Eine verständliche Sachverhaltsschilderung gehört jedoch zu den Mindestanforderungen an die Darlegung oder Bezeichnung eines Revisionszulassungsgrundes. Denn es ist nicht Aufgabe des BSG als Beschwerdegericht, sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil selbst herauszusuchen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 9.2.2023 - B 9 SB 35/22 B - juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 5.12.2022 - B 9 V 30/22 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 3.2.2022 - B 10 ÜG 4/21 B - juris RdNr 9). Ohne eine hinreichende Sachverhaltswiedergabe kann das BSG nicht beurteilen, ob sich entscheidungserheblich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, ob eine Divergenz zu einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG oder ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochtene vorinstanzliche Entscheidung beruhen kann. Dies gilt umso mehr, wenn es sich - wie vorliegend - um umfangreiche Ausgangsverfahren handelt, für die Entschädigung verlangt wird. In einer solchen Situation ist vom Beschwerdeführer zu erwarten, dass die Tatsachenfeststellungen, die für das Entschädigungsgericht und aus Sicht der Beschwerde entscheidungserheblich sind, in einer geordneten Abhandlung und nicht - wie hier erfolgt - im Rahmen der Begründung fragmentarisch und unzureichend strukturiert dargelegt werden (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 5.12.2022 - B 9 V 30/22 B - juris RdNr 7 mwN).
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2. Auch im Übrigen erfüllt das Vorbringen des Klägers nicht die Darlegungsanforderungen für eine Nichtzulassungsbeschwerde.
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a) Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Dafür fehlt in der Beschwerdebegründung bereits, wie ausgeführt, eine als alleinige Beurteilungsgrundlage für den Senat geeignete, weil geordnete und aus sich heraus verständliche Wiedergabe des Sachverhalts.
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aa) So gibt der Kläger insbesondere das prozessuale Geschehen, das zu dem von ihm gestellten und nach seiner Ansicht nicht ordnungsgemäß beschiedenen Befangenheitsantrag geführt hat, nur auszugsweise wieder; er zitiert im Übrigen vor allem aus seinen Schriftsätzen aus dem Entschädigungsverfahren. In diesem Zusammenhang hat der Kläger zudem auch keine bundesrechtliche Verfahrensnorm benannt, die das Berufungsgericht verletzt haben soll (vgl BSG Beschluss vom 8.3.2021 - B 9 BL 3/20 B - juris RdNr 6 mwN).
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Schließlich setzt er sich in keiner Weise damit auseinander, dass im Hinblick auf § 202 Satz 1 SGG iVm § 557 Abs 2 ZPO die dem Endurteil vorausgehenden unanfechtbaren Entscheidungen der Beurteilung des Revisionsgerichts grundsätzlich dann nicht unterliegen, wenn sie ihrerseits unanfechtbar sind. Diese Einschränkung der Prüfungsbefugnis des Revisionsgerichts ist bei Beschlüssen, durch die ein Ablehnungsgesuch zurückgewiesen wird, gegeben, wenn sie - wie hier - von einem LSG erlassen werden und deshalb gemäß § 177 SGG der Anfechtung mit der Beschwerde entzogen sind. Dies hat zur Folge, dass die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs grundsätzlich auch nicht als Verfahrensmangel des angefochtenen Urteils iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend gemacht werden kann (vgl BSG Beschluss vom 7.6.2018 - B 9 V 69/17 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 24.5.2013 - B 1 KR 50/12 B - juris RdNr 5). Die Bindung des Revisionsgerichts an die unanfechtbare Vorentscheidung des Berufungsgerichts fehlt ausnahmsweise nur dann, wenn die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs auf willkürlichen oder manipulativen Erwägungen beruht, die für die Fehlerhaftigkeit des als Mangel gerügten Vorgangs bestimmend gewesen sind, oder wenn die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs darauf hindeutet, dass das Gericht Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art 101 Abs 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt hat (BSG Beschluss vom 23.2.2022 - B 9 SB 74/21 B - juris RdNr 16 mwN).
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Die nach diesen Vorgaben erforderlichen tatsächlichen Darlegungen und rechtlichen Ausführungen zu den gesteigerten Anforderungen an die Bezeichnung eines Verfahrensmangels durch Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs enthält die Beschwerde nicht. Allein die Behauptung, das Entschädigungsgericht habe den Antrag des Klägers nicht als offensichtlich unzulässig und rechtsmissbräuchlich zurückweisen dürfen, sondern hätte auf seinen Inhalt eingehen bzw zu allen aufgeworfenen Fragen Stellung nehmen müssen, genügt dafür nicht.
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bb) Soweit der Kläger der Sache nach eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG) rügt mit dem Vorwurf, das Entschädigungsgericht habe mehr als einen Termin durchführen müssen und sei nicht genügend auf seinen Vortrag eingegangen, hätte es dazu ebenfalls weiterer Darlegungen bedurft. Für eine formgerechte Gehörsrüge hätte der Kläger detailliert darlegen müssen, welches konkrete Vorbringen vom Entschädigungsgericht übergangen worden sein soll, mit dem es sich auch unter Berücksichtigung seiner Rechtsauffassung zwingend hätte auseinandersetzen müssen (vgl BSG Beschluss vom 19.8.2020 - B 13 R 180/19 B - juris RdNr 7 mwN). An dieser Darlegung fehlt es ebenfalls. Allein der knappe und schwerverständliche Hinweis auf seinen schriftsätzlichen Vortrag zu einem zu pauschalierten Umgang "mit den Ruhe- bzw. den Arbeitszeiten oder einer Befassung mit dem Rechtsstreit des Gerichtes" genügt dafür nicht. Ebenso wenig belegt wird ein Gehörsverstoß durch den Vorwurf, das Entschädigungsgericht habe die vom Kläger übersandten Tabellen zum Verfahrensablauf teilweise kopiert.
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Soweit der Kläger zur Begründung seiner Gehörsrüge dem auf den 21.9.2023 datierten Verkündungsvermerk auf dem angefochtenen Urteil entnehmen möchte, das Entschädigungsgericht habe sein umfangreiches Urteil bereits vor der Verhandlung vollständig fertiggestellt, hat er sich bereits nicht mit den einschlägigen Vorschriften des SGG auseinandergesetzt. Nach § 132 Abs 2 Satz 1 SGG wird das Urteil durch Verlesung der Urteilsformel verkündet. Gemäß § 134 Abs 3 Satz 1 SGG hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle auf dem Urteil den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Schließlich bestimmt § 134 Abs 2 Satz 1 SGG, dass die vollständige Urteilsfassung vor Ablauf eines Monats, vom Tag der Verkündung gerechnet, der Geschäftsstelle übermittelt werden soll. Aus dem Verkündungsvermerk lässt sich daher nicht schließen, wann das Urteil in vollständiger Fassung vorgelegen hat.
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Aber selbst wenn das Entschädigungsgericht - wie der Kläger behauptet - zu Beginn der mündlichen Verhandlung einen vollständigen und unterschriftsreifen Urteilsentwurf vorbereitet gehabt hätte, zwingt dies nicht zu der von ihm gezogenen Schlussfolgerung, das Gericht hätte sich seinen Argumenten verschlossen, obwohl diese eine Änderung des Urteilsentwurfs erfordert hätten. Denn einem schon vor der mündlichen Verhandlung verfassten Urteilsentwurf liegt stets der Vorbehalt der Vorläufigkeit zugrunde (vgl BSG Beschluss vom 2.8.2001 - B 7 AL 28/01 B - juris RdNr 8). Erst durch Verkündung wird ein Urteilsentwurf zu einem Urteil; vorher kann er jederzeit auch aufgrund neuer Einsichten der Berufsrichter und der ehrenamtlichen Richter aus der mündlichen Verhandlung geändert werden (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl 2023, § 132 RdNr 1a).
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Weitere Ausführungen zu dieser Frage erübrigen sich hier im Übrigen bereits deshalb, weil der Kläger nicht substantiiert dargelegt hat, welchen entscheidungserheblichen Vortrag das Entschädigungsgericht im Einzelnen übergangen haben soll und deshalb die Annahme rechtfertigen könnte, das Entschädigungsgericht habe bei seiner Entscheidung die mündliche Verhandlung unbeachtet gelassen (vgl BSG Beschluss vom 2.8.2001 - B 7 AL 28/01 B - juris RdNr 7).
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b) Soweit der Kläger darüber hinaus zahlreiche Rechtsfehler des angefochtenen Urteils rügt, hat er bereits keinen konkreten Grund für eine Revisionszulassung benannt, geschweige denn die erforderlichen Voraussetzungen im Einzelnen aufgezeigt. Vielmehr wendet er sich im Kern seines Vorbringens gegen die Rechtsanwendung des Entschädigungsgerichts in seinem Einzelfall. Dies betrifft etwa die Bewertung von Bedeutung, Schwierigkeit und Komplexität des Ausgangsverfahrens, die Einordnung einzelner Monate als Aktivitätsmonate sowie die instanzübergreifende Anwendung der Zwölfmonatsregel (vgl dazu BSG Urteil vom 24.3.2022 - B 10 ÜG 4/21 R - BSGE 134, 32 = SozR 4-1720 § 198 Nr 21, RdNr 23 ff). Die Rechtsanwendung im Einzelfall kann aber von vornherein nicht zulässig mit der Nichtzulassungsbeschwerde angegriffen werden (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 9.5.2022 - B 9 SB 75/21 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 26.1.2017 - B 9 V 72/16 B - juris RdNr 14). Dasselbe gilt für die der Entscheidung zugrunde liegende Beweiswürdigung des Entschädigungsgerichts (vgl § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 iVm § 128 Abs 1 Satz 1 SGG; stRspr; zB BSG Beschluss vom 1.7.2020 - B 9 SB 5/20 B - juris RdNr 10 mwN) und schließlich auch für die Einwände gegen die Kostenentscheidung, die als solche im Übrigen mit der Beschwerde nicht gesondert anfechtbar ist (vgl BSG Beschluss vom 28.10.2010 - B 13 R 229/10 B - juris RdNr 14 mwN).
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
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3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (vgl § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).
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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.
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5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 3, § 52 Abs 3 Satz 1, § 63 Abs 2 Satz 1 GKG. Der Streitwert beläuft sich auf die vom Kläger beim Entschädigungsgericht beantragte und vollständig zum Gegenstand seiner Nichtzulassungsbeschwerde gemachten Entschädigungssumme abzüglich der zugesprochenen Entschädigung von 200 Euro.
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