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BSG 29.02.2024 - B 8 AY 2/23 R
BSG 29.02.2024 - B 8 AY 2/23 R
Vorinstanz
vorgehend SG Hildesheim, 19. Oktober 2018, Az: S 42 AY 50/17, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 6. Oktober 2022, Az: L 8 AY 47/18, Urteil
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 6. Oktober 2022 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verurteilt wird, den Kläger von den Kosten für die stationäre Behandlung in der KRH Psychiatrie W vom 12. Februar 2013 bis zum 19. Juni 2013 in Höhe von 27 801,40 Euro freizustellen.
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Der Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Revisionsverfahren. Im Übrigen sind für das Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Höhe von 27 801,40 Euro für eine in der Zeit vom 12.2.2013 bis zum 19.6.2013 durchgeführte stationäre Krankenhausbehandlung.
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Der 1989 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit. Er reiste im April 2002 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte unmittelbar nach Einreise einen Asylantrag. Für die Zeit des Asylverfahrens wurde er dem Land Niedersachsen zugewiesen und angewiesen, den Wohnsitz im Flecken S im Kreisgebiet des Beigeladenen zu nehmen (Bescheid der zentralen Anlaufstelle für Asylbewerberinnen und Asylbewerber Braunschweig vom 2.10.2002). Die Ablehnung des Asylantrags und die Abschiebungsanordnung (Bescheid vom 11.10.2002) ist 2003 bestandskräftig geworden. Nachdem der Kläger erstmals 2003 stationär wegen einer schweren psychischen Erkrankung mit Verdacht auf eine Anpassungsstörung im Rahmen einer Abschiebesituation mit Suizidalität (ICD-10 F 43.2) und eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) aufgrund einer Inhaftierung in der Türkei (ICD-10 F 43.1) und auch in der Folge mehrfach stationär psychiatrisch sowie im Anschluss ambulant psychotherapeutisch und medikamentös behandelt wurde, erteilte die Ausländerbehörde des Beigeladenen seit September 2003 fortlaufend Duldungen mit der Auflage, im Flecken S Wohnsitz zu nehmen. Der Kläger, der jedenfalls seit September 2009 im Kreisgebiet des Beklagten mit seiner Partnerin in einer Wohnung lebt, bemühte sich mehrfach erfolglos um eine Streichung der Wohnsitzauflage. Nach Anerkennung der Vaterschaft eines im Oktober 2012 geborenen, gemeinsamen Kindes wurde im September 2013 zunächst die Wohnsitzauflage aufgehoben und dem Kläger 2015 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) erteilt.
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Der Kläger bezog vom Beigeladenen mit Unterbrechungen Leistungen nach dem AsylbLG, zuletzt bis zum 30.4.2009. In der Zeit vom 15.4.2009 bis 9.5.2009 sowie vom 14.11.2011 bis 28.3.2012 übte er eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus, im Übrigen lediglich geringfügige Beschäftigungen mit einem monatlichen Entgelt unter 100 Euro. Seine einkommens- und vermögenslose Partnerin bezog Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Einen 2011 gestellten Antrag auf Leistungen nach dem AsylbLG lehnte der Beigeladene wegen fehlender Zuständigkeit ab.
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Am 12.2.2013 stellte sich der nicht krankenversicherte Kläger im KRH Psychiatrie W vor und wurde wegen einer schweren Episode einer rezidivierenden depressiven Störung (ICD-10 F 33.2) mit latenter Suizidalität und erstmals diagnostizierten Infektionen mit Syphilis und HIV dort aufgenommen und bis zum 19.6.2013 stationär behandelt. Anträge des Krankenhauses auf Kostenübernahme lehnten sowohl der Beigeladene als auch der Beklagte wegen fehlender Zuständigkeit ab (Bescheid der insoweit herangezogenen Stadt Hildesheim vom 4.4.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 19.8.2016; Bescheid des Beigeladenen vom 27.5.2013). Das Krankenhaus stellte dem Kläger für die Behandlung 27 801,40 Euro in Rechnung (Rechnung vom 15.11.2013). Der Beigeladene teilte dem Kläger, der seit Juni 2013 von einem Betreuer vertreten wird, mit einfachem, ohne Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben unter Bezugnahme auf die Ablehnung aus dem Jahr 2011 und den Schriftverkehr mit dem Krankenhaus mit, dass eine Kostenübernahme nicht möglich sei (Schreiben vom 19.12.2013). Sein Antrag beim Beklagten auf Kostenübernahme vom 21.1.2014 blieb zunächst ohne Reaktion und wurde nach Wiederholung des Antrags im Juli 2016 unter Hinweis auf die fehlende Zuständigkeit abgelehnt (Bescheid der Stadt Hildesheim vom 28.3.2017; Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 10.11.2017).
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Das Sozialgericht (SG) Hildesheim hat den beigeladenen Landkreis zur Übernahme der entstandenen Kosten verpflichtet und zur Begründung ua ausgeführt, wegen der Wohnsitzauflage könne ein abweichender gewöhnlicher Aufenthalt nicht begründet werden, sodass der Beigeladene zuständig sei (Urteil vom 19.10.2018). Auf die vom Beigeladenen eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen das Urteil aufgehoben und den Beklagten zur Zahlung der streitgegenständlichen Kosten an das Krankenhaus verurteilt (Urteil vom 6.10.2022). Zur Begründung hat es ausgeführt, der nach dem AsylbLG leistungsberechtigte Kläger habe einen Anspruch auf Übernahme der Kosten aus §§ 4, 6 AsylbLG gegen den sachlich und örtlich zuständigen Beklagten. Die örtliche Zuständigkeit bestimme sich nach Erledigung der Zuweisungsentscheidung mit Abschluss des Asylverfahrens und Erteilung der ausländerrechtlichen Duldung im September 2003 nach dem gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet des Beklagten. Zwar bestehe trotz verfestigten Aufenthalts ein Anspruch auf § 2 AsylbLG in der bis zum 28.2.2015 geltenden Fassung nicht und es werde dem Kläger daher auch kein Schutz in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) über eine sog Quasiversicherung vermittelt. Die vor dem Hintergrund eines bisherigen Aufenthalts in Deutschland von über zehn Jahren und der aufgrund der familiären Verhältnisse bestehenden dauerhaften Aufenthaltsperspektive vorzunehmende verfassungskonforme Auslegung der §§ 4 und 6 AsylbLG trage dem aber hinreichend Rechnung. Es könne offenbleiben, welche Anspruchsgrundlage einschlägig sei, da die stationäre Behandlung des Klägers jedenfalls zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich gewesen sei. Die vollstationäre Behandlung sei nach Würdigung der vorliegenden Unterlagen aus medizinischen Gründen erforderlich gewesen, weil andere Behandlungsformen insbesondere im häuslichen Umfeld bei unklaren Aufenthaltsverhältnissen und ungeklärtem Krankenversicherungsschutz unzureichend gewesen seien.
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Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision. Er rügt eine Verletzung der Zuständigkeitsregelung in § 10a AsylbLG in der bis zum 23.10.2015 geltenden Fassung sowie von § 4 AsylbLG und § 6 AsylbLG. Er trägt vor, für die Zuständigkeitsregelung sei unbeachtlich, ob die Zuweisungsentscheidung noch Geltung beanspruche. Maßgeblich sei allein, ob überhaupt eine Zuweisung erfolgt sei. Eine asylverfahrensunabhängige Duldung hätte bis zur Anerkennung der Vaterschaft nicht erteilt werden dürfen. Die vom LSG zugrunde gelegte Auslegung führe zu einem Unterlaufen der ausländerrechtlichen Wohnsitzauflage. In der Sache bestehe ein Anspruch nicht; denn es seien keine Anhaltspunkte für eine akute Erkrankung oder eine Schmerzbehandlung iS von § 4 AsybLG ersichtlich. Im Rahmen von § 6 AsylbLG sei ein Ermessen nicht berücksichtigt worden. Das LSG sei zu Unrecht von einer Unerlässlichkeit der Krankenhausbehandlung ausgegangen. Eine solche ergebe sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht, da es sich nicht um eine Notfallbehandlung gehandelt habe.
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Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 6. Oktober 2022 aufzuheben, soweit er verurteilt worden ist.
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Der Kläger beantragt,
die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Beklagte verurteilt wird, ihn von den Kosten für die stationäre Behandlung in der KRH Psychiatrie W vom 12. Februar 2013 bis zum 19. Juni 2013 in Höhe von 27 801,40 Euro freizustellen.
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Er hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend.
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Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Wie das LSG zutreffend entschieden hat, hat der Kläger gegen den örtlich und sachlich zuständigen Beklagten einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten der stationären Krankenhausbehandlung vom 12.2.2013 bis 19.6.2013 in Höhe von 27 801,40 Euro, die der Träger des Krankenhauses ihm, dem Kläger, in Rechnung gestellt hat.
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Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Stadt Hildesheim vom 28.3.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 10.11.2017 (§ 95 SGG), mit dem der Beklagte es abgelehnt hat, den Kläger von den Kosten gegenüber dem Krankenhaus in Höhe von 27 801,40 Euro freizustellen. Diesen Anspruch macht der Kläger zutreffend im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend. Zutreffend ist das LSG in den Gründen seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass sich der originäre Sachleistungsanspruch nach § 4 AsylbLG in einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten der Krankenhausbehandlung umgewandelt hat (vgl Bundessozialgericht <BSG> vom 30.10.2013 - B 7 AY 2/12 R - BSGE 114, 292 = SozR 4-3500 § 25 Nr 3, RdNr 28), weil der Kläger die Leistung selbst beschafft, aber nicht vorfinanziert hat. Der vom Senat geänderte Tenor macht dies deutlich.
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Von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmängel, die einer Entscheidung in der Sache entgegenstehen, liegen nicht vor. Insbesondere war der Träger des behandelnden Krankenhauses nicht notwendig beizuladen. Nach § 75 Abs 2 Alt 1 SGG sind Dritte zu einem Rechtsstreit beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (sog echte notwendige Beiladung). Eine solche prozessuale Situation liegt in Bezug auf den Träger des Krankenhauses nicht vor, weil die Entscheidung über den Leistungsanspruch nach AsylbLG das Rechtsverhältnis des Klägers zum Krankenhausträger unberührt lässt. Anders als im Sozialhilferecht (vgl hierzu grundlegend BSG vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R - BSGE 102, 1 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9, RdNr 14 ff) beinhaltet ein Bewilligungsbescheid nach dem AsylbLG keinen Schuldbeitritt zur Zahlungsverpflichtung des Leistungsberechtigten gegenüber dem Krankenhausträger. Der auf Sachleistung und nicht Sachleistungsverschaffung gerichtete Anspruch nach §§ 4 bzw 6 AsylbLG begründet keine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem Krankenhausträger und dem zuständigen Leistungsträger.
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Auch eine gesetzliche Krankenkasse war nicht notwendig beizuladen. Aus der Entscheidung über das Bestehen eines Leistungsanspruchs wegen Krankheitskosten nach dem AsylbLG ergeben sich keine unmittelbaren Rechtswirkungen für die Frage einer sog Quasiversicherung nach § 264 Abs 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (<SGB V>; insoweit in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26.3.2007, BGBl I 378). Selbst wenn sich im Ergebnis der Prüfung für den Kläger eine Leistungsberechtigung aus § 2 Abs 1 AsylbLG als Voraussetzung hierfür ergeben würde (dazu später), gestaltet diese Entscheidung des Gerichts - anders als für die echte notwendige Beiladung erforderlich - nicht zugleich die eigenen Rechte einer Krankenkasse (vgl bereits BSG vom 5.9.2019 - B 8 SO 15/18 R - SozR 4-3500 § 48 Nr 3 RdNr 11).
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Schließlich bedarf es auch keiner notwendigen Beiladung des Trägers der Leistungen nach dem AsylbLG am Ort des Krankenhauses. Seine Zuständigkeit nach § 10a Abs 2 Satz 3 iVm Abs 1 Satz 2 AsylbLG (hier in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom 26.5.1997, BGBl I 1130; alte Fassung <aF>) geknüpft an den Bereich, in dem sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält, scheidet von vornherein aus. Zwischen dem Beklagten und dem Beigeladenen besteht zwar keine Einigkeit über die örtliche Zuständigkeit (dazu später). Bei einem solchen Streit über die Zuständigkeit auf Grundlage unterschiedlicher Rechtsansichten greift - ebenso wie bei Unklarheiten im Tatsächlichen - die Zuständigkeitsregelung des § 10a Abs 2 Satz 3 iVm Abs 1 Satz 2 AsylbLG aF (vgl zu § 98 Abs 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - <SGB XII> BSG vom 23.2.2023 - B 8 SO 8/21 R - SozR 4-3500 § 98 Nr 8 RdNr 19). Im Fall der nachträglichen Freistellung von Kosten, für die - entgegen der gesetzlichen Vorstellung - kein Träger vorläufig eingetreten ist, entfällt jedoch die insoweit denkbar gewesene Zuständigkeit der Behörde, in deren Bereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält. Im Ergebnis des vorliegenden Verfahrens erfolgt vielmehr die Klärung des nach dem gewöhnlichen Aufenthalt zuständigen Trägers. Der Beiladung des Trägers, in dessen Bereich nur ein tatsächlicher Aufenthalt bestand, bedarf es nicht.
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Der Kläger hat gegen den Beklagten als sachlich und örtlich zuständigen Leistungsträger einen Anspruch auf Freistellung von den geltend gemachten Kosten der Krankenhausbehandlung nach § 4 Abs 1 Satz 1 AsylbLG (in der insoweit unverändert gebliebenen Fassung des Gesetzes zur Neuregelung der Leistungen an Asylbewerber vom 30.6.1993, BGBl I 1074).
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Der Verurteilung des Beklagten steht die Bestandskraft des gegenüber dem Krankenhaus ergangenen Bescheids vom 4.4.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.8.2016 nicht entgegen, weil sie dem Kläger schon nicht bekanntgegeben worden sind. Ob einer Verurteilung des Beigeladenen entgegensteht, dass er Ansprüche gegenüber dem Betreuer des Klägers bereits mit Schreiben vom 19.12.2013 unter Hinweis auf die fehlende Zuständigkeit (und unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 15.8.2011) abgelehnt hat und diese Entscheidung nicht angegriffen worden ist, kann dahinstehen. Selbst wenn es sich - was nahe liegt - um einen (nach Ablauf der Jahresfrist bindend gewordenen) Verwaltungsakt handelt, steht seine Bindungswirkung einer Verurteilung des Beklagten nicht entgegen. Über den materiellen Anspruch ist von dem in der Sache unzuständigen Beigeladenen zutreffend keine Entscheidung getroffen worden.
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In der Sache folgt die Leistungsberechtigung des Klägers dem Grunde nach während der stationären Behandlung aus § 1 Abs 1 Nr 4 AsylbLG (in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex vom 22.11.2011, BGBl I 2258); denn er war während des stationären Aufenthalts wie auch zuvor Inhaber einer Duldung nach § 60a AufenthG. Eine vorrangige Leistungsberechtigung des Klägers nach dem SGB II, der auf Grundlage der Feststellungen des LSG mit einer Leistungsberechtigten nach dem SGB II in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebte, scheidet unabhängig von seiner Erwerbsfähigkeit (vgl § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 2 iVm § 8 SGB II) bzw vom Vorliegen der Voraussetzungen einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft im Einzelnen (vgl § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II) aus, weil er selbst nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB II (ebenso wie nach § 23 Abs 2 SGB XII) von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen war (zu solchen Konstellationen in einer Bedarfsgemeinschaft bereits BSG vom 21.12.2009 - B 14 AS 66/08 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 14). Die Duldung vermittelte dem Kläger keinen iS des § 7 Abs 1 Satz 2 SGB II erlaubten Aufenthalt (dazu im Einzelnen BSG vom 9.3.2022 - B 7/14 KG 1/20 R - BSGE 133, 285 = SozR 4-5870 § 6a Nr 9). Eine Anwendung des Gleichbehandlungsgebots nach Art 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) scheidet ebenfalls aus, weil sich der geduldete Kläger nicht erlaubt im Sinne des EFA im Bundesgebiet aufhielt (vgl BSG vom 9.3.2022 - B 7/14 KG 1/20 R - BSGE 133, 285 = SozR 4-5870 § 6a Nr 9, RdNr 22; grundlegend BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R - BSGE 107, 66 = SozR 4-4200 § 7 Nr 21, RdNr 36; zur Rechtslage nach dem Bundessozialhilfegesetz <BSHG> bereits Bundesverwaltungsgericht <BVerwG> vom 14.3.1985 - 5 C 145.83 - BVerwGE 71, 139, 143 = juris RdNr 14). Auch auf ein Aufenthaltsrecht (sui generis) nach dem sog Assoziationsrecht zwischen der Europäischen Union und der Türkei aus einer vorangegangenen Beschäftigung als ehemaliger Arbeitnehmer kann sich der Kläger schon deshalb nicht berufen, weil die vom LSG festgestellten Beschäftigungsverhältnisse kein Jahr umfasst haben.
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Für die Erbringung der Leistungen nach dem AsylbLG an den Kläger ist der Beklagte der sachlich und örtlich zuständige Träger, wie das LSG zutreffend entschieden hat. Seine sachliche Zuständigkeit ergibt sich auf Grundlage der bindenden Feststellungen des LSG zum Landesrecht aus § 10 AsylbLG (in der Fassung der Neubekanntmachung des AsylbLG vom 5.8.1997) iVm § 2 Abs 2 Satz 1 des Gesetzes zur Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen und zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes Niedersachsen (<Nds AufnG> vom 11.3.2004, Nds GVBl 2004, 100, in der Fassung vom 13.12.2007, Nds GVBl 2007, 710). Insoweit hat der Beklagte die Stadt Hildesheim zur Durchführung der Aufgaben nach dem AsylbLG in seinem Namen herangezogen (§ 2 Abs 3 Satz 1 Nds AufnG); über Widersprüche entscheidet der Beklagte (§ 1 Abs 1 und 2, § 2 Abs 1 Satz 1 der Heranziehungsvereinbarung vom 16.2.2016). Entgegen der Auffassung des Beklagten besteht seit 2009 auch seine örtliche Zuständigkeit geknüpft an den vom LSG für den Senat bindend festgestellten gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers im Kreisgebiet (§ 10a Abs 2 Satz 1 iVm § 10a Abs 3 Satz 1 AsylbLG aF).
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Nach § 10a Abs 2 Satz 1 AsybLG aF ist für die Leistungen in Einrichtungen, die der Krankenbehandlung oder anderen Maßnahmen nach diesem Gesetz dienen, die Behörde örtlich zuständig, in deren Bereich der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat. Dabei gilt als gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des AsylbLG der Ort, an dem sich jemand unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 10a Abs 3 Satz 1 AsylbLG aF). Ist jemand nach §10a Abs 1 Satz 1 AsylbLG aF aufgrund der Entscheidung der vom Bundesministerium des Innern bestimmten zentralen Verteilungsstelle verteilt oder von der im Land zuständigen Behörde zugewiesen worden, so gilt dieser Bereich als sein gewöhnlicher Aufenthalt (§ 10a Abs 3 Satz 4 AsylbLG aF). Ein solcher Fall eines fingierten Aufenthalts liegt aber nicht vor.
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Anhaltspunkte dafür, dass § 10a Abs 3 Satz 4 AsylbLG aF iVm den Regelungen in Abs 1 über den Wortlaut hinaus, der die Wohnsitzauflage nicht erwähnt, einen gewöhnlichen Aufenthalt auch bei einer mit einer Duldung verknüpften ausländerrechtlichen Wohnsitzauflage fingiert, liegen nicht vor. Mit der Regelung des § 10a Abs 1 Satz 1 AsylbLG aF hat der Gesetzgeber zum 1.6.1997 einige Jahre nach Inkrafttreten des AsylbLG abweichend von den Regelungen im BSHG den gewöhnlichen Aufenthalt in den Fällen einer Zuweisungsentscheidung fingiert, vor allem weil sich länderübergreifende Regelungen als notwendig erwiesen hatten. Mit der Bezugnahme auf die Zuweisungsentscheidung des Bundes oder der Länder sollte eine abweichende Zuständigkeit für den Kreis der leistungsberechtigten Asylsuchenden begründet werden; für die übrigen Leistungsberechtigten, zu denen schon nach der damaligen Fassung Inhaber einer Duldung (vgl § 1 Abs 1 Nr 4 AsylbLG in der Fassung des Gesetzes vom 26.5.1997) nach Abschluss des Asylverfahrens gehörten, sollte dagegen maßgebend sein, wo sie sich tatsächlich gewöhnlich aufhalten. Diese Regelung sollte auch für die Zuständigkeit bei Eintritt in eine Einrichtung, in denen im Grundsatz der gewöhnliche Aufenthalt maßgeblich für die Bestimmung der Zuständigkeit ist (§ 10a Abs 2 AsylbLG aF), gelten (zum Ganzen BT-Drucks 13/2746 S 18).
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Ausgehend von dieser gesetzgeberischen Zielsetzung fehlt es aber - entgegen der Auffassung des Beklagten - auch an einer planwidrigen Regelungslücke, weil bereits bei Inkrafttreten des AsylbLG entsprechende Auflagen auf Grundlage von § 56 Abs 3 Satz 2 Ausländergesetz (<AuslG>; insoweit unverändert in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Ausländerrechts vom 9.7.1990, BGBl I 1354; im Folgenden aF) bzw ab dem 1.1.2005 nach § 61 Abs 1 Satz 2 AufenthG möglich waren und der Gesetzgeber gleichwohl keine Notwendigkeit gesehen hat, hieran mit der Einführung von Regelungen über die örtliche Zuständigkeit zugleich eine abweichende Zuständigkeit zu knüpfen. Dies entspricht auch dem hinter den Regelungen stehenden Sinn und Zweck, nur eine Kostenverteilung zwischen den Ländern zu regeln; denn die Duldung bewirkt ihrerseits bereits ohne Wohnsitzauflage eine Beschränkung eines (erlaubten) Aufenthalts auf ein Bundesland. In dem vom Beklagten verstandenen Sinne ist § 10a AsylbLG erst mit dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.10.2015 (BGBl I 1722) geändert worden. Eine ausdrückliche Verknüpfung zwischen der Wohnsitzauflage und der Verteilung der Sozialkosten zwischen den Ländern erfolgte zu diesem Zeitpunkt mit Schaffung des § 61 Abs 1d AufenthG zum 1.1.2015 (vgl BT Drucks 18/3144 S 10); erst diese Änderung hatte die Änderung des § 10a Abs 1 Satz 1 und Abs 3 Satz 4 AsylbLG zur Folge (BT-Drucks 18/6185 zu Nr 9 S 47).
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Die Änderungen des gewöhnlichen Aufenthaltsorts nach Abschluss des Asylverfahrens führen hier auch zu einem Zuständigkeitswechsel. Die Fiktion in § 10a Abs 1 Satz AsylbLG aF ist an die erteilte Zuweisungsentscheidung geknüpft. Es entspricht dem dargestellten Gesetzeszweck, die Lasten während des Asylverfahrens auf die Bundesländer zu verteilen, ihr nur so lange zuständigkeitsbegründende Wirkung zuzumessen, wie sie überhaupt Wirkung entfaltet. Die Zuweisungsentscheidung, die für die Durchführung des Asylverfahrens erteilt wurde, bleibt aber lediglich so lange wirksam, bis der Ausländer - nach erfolglosem Abschluss des Asylverfahrens - ausgereist ist oder ihm der Aufenthalt aus asylverfahrensunabhängigen Gründen ermöglicht wird (vgl BVerwG vom 31.3.1992 - 9 C 155.90 - Buchholz 402.25 § 22 AsylVfG Nr 4 S 9 = juris RdNr 21; BVerwG vom 21.11.1989 - 9 C 28.89 - Buchholz 402.25 § 10 AsylVfG Nr 5 S 10 = juris RdNr 9).
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Ein solcher Anschlussaufenthalt, der mit dem Betreiben des Asylverfahrens in keinem Zusammenhang steht, kann auch durch eine Duldung bewirkt werden (vgl BVerwG vom 31.3.1992 - 9 C 155.90 - Buchholz 402.25 § 22 AsylVfG Nr 4 S 9 = juris RdNr 21; Oberverwaltungsgericht <OVG> Lüneburg vom 11.8.1998 - 4 M 3575/98 - juris RdNr 15; weitergehend auch bei andauerndem Vollzugsdefizit BVerwG vom 25.10.1988 - 9 C 2.88 - BVerwGE 80, 313, 315 = juris RdNr 9; OVG Lüneburg vom 16.6.2000 - 4 M 2124/00 - juris RdNr 25). Mit rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens - hier mit Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts (VG) Hannover vom 12.2.2003 - erlosch nach § 67 Abs 1 Nr 6 Asylverfahrensgesetz (<AsylVfG> in der Fassung des Gesetzes zur Änderung ausländer- und asylverfahrensrechtlicher Vorschriften vom 29.10.1997, BGBl I 2584; aF) die Aufenthaltsgestattung und entsprechend die räumliche Beschränkung. Die Zuweisungsentscheidung in den Bereich des Beigeladenen vom 2.10.2002 hat sich also gemäß § 43 Abs 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) iVm § 1 Abs 1 und 2 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (NVwVfG) auf andere Weise erledigt. Bei der dem (dann vollziehbar ausreisepflichtigen) Kläger erstmalig am 11.9.2003 erteilten Duldung handelt es sich um eine asylverfahrensunabhängige Duldung aufgrund eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses gemäß § 55 Abs 2 AuslG aF, die allein in der gesundheitlichen Situation des Klägers begründet war. Sie wurde im Folgenden laufend verlängert. Dabei ist es unbeachtlich, ob - was der Beklagte in Frage stellt - diese asylverfahrensunabhängige Duldung hätte erteilt werden dürfen. Die ausländerrechtliche Entscheidung entfaltet insoweit Tatbestandswirkung für das sozialgerichtliche Verfahren (vgl BSG vom 27.2.2019 - B 7 AY 1/17 R - SozR 4-3520 § 1a Nr 3 RdNr 26).
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Maßgeblich für die Bestimmung der Zuständigkeit war damit der gewöhnliche Aufenthalt des Klägers bei Aufnahme in die KRH Psychiatrie W, der nach den bindenden Feststellungen des LSG seit Mitte 2009 bis zur Aufnahme in das Krankenhaus durchgehend im Gebiet des Beklagten bestand. Er hat im Kreisgebiet gemeinsam mit seiner Partnerin und deren Kindern in einer Wohnung gelebt, dort zeitweise eine Erwerbstätigkeit ausgeübt und sich zeitweise dort in ambulanter psychiatrischer Behandlung befunden. Die Würdigung des LSG, dass es sich damit um den Ort gehandelt hat, an dem sich der Kläger unter Umständen aufgehalten hat, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (dazu bereits BVerwG vom 2.10.2003 - 5 C 4.03 - BVerwGE 119, 96, 98 = juris RdNr 12 f; vgl auch BSG vom 20.12.2012 - B 7 AY 5/11 R - RdNr 11), ist nicht zu beanstanden und vom Beklagten nicht angegriffen worden. Ob lediglich ein rechtmäßiger Aufenthalt einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen kann (so bei Verstoß gegen räumliche Beschränkungen OVG Bremen vom 13.6.2022 - 2 B 98/22 - RdNr 11 mwN; ablehnend Fasselt in Fichtner/Wenzel, SGB XII - Sozialhilfe mit AsylbLG, 4. Aufl 2009, § 10a AsylbLG RdNr 3; Hohm in Schellhorn/Schellhorn/Hohm SGB XII - Sozialhilfe, 18. Aufl 2010, § 10a AsylbLG, RdNr 8; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl 2012, § 10a AsylbLG RdNr 10), kann dahinstehen, weil bei der vorliegend erteilten Duldung kraft Gesetzes lediglich eine Beschränkung auf ein Bundesland erfolgt (§ 56 Abs 3 Satz 1 AuslG aF bzw § 61 Abs 1 Satz 1 AufenthG) und eine darüber hinausgehende räumliche Beschränkung (vgl § 56 Abs 3 Satz 2 AuslG aF bzw § 61 Abs 1 Satz 2 AufenthG) nicht angeordnet wurde.
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In der Sache ist Anspruchsgrundlage für die begehrte Leistung allein § 4 Abs 1 Satz 1 AsylbLG. Auf Grundlage der bindenden Feststellungen des LSG, die der Beklagte nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen hat, lag bei ihm eine akute Erkrankung vor, deren stationäre Behandlung erforderlich war. Nach den Feststellungen des LSG verfügte er zudem weder über Einkommen noch Vermögen (vgl § 7 AsylbLG), das dem Anspruch entgegenstehen könnte; gleiches gilt für die nach seinen Feststellungen einkommens- und vermögenslose Partnerin.
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Nach den Feststellungen des LSG bestand auch kein vorrangiger Versicherungsschutz in der GKV, insbesondere unterlag der Kläger gemäß § 5 Abs 11 Satz 3 SGB V für nach zuletzt ausgeübter Erwerbstätigkeit bis zum 28.3.2012 wegen des dem Grunde nach bestehenden Anspruchs auf Leistungen nach § 4 AsylbLG keiner Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 Buchst a SGB V; eine Rechtsänderung ist insoweit erst zum 1.8.2013 erfolgt (vgl § 188 Abs 4 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.7.2013, BGBl I 2423 und dazu BSG vom 10.3.2022 - B 1 KR 30/20 R - BSGE 134, 6 = SozR 4-2500 § 188 Nr 4).
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Dem Kläger stehen auch keine Ansprüche aus einer sog Quasiversicherung (vgl § 264 Abs 2 Satz 1 SGB V) zu. Einem Anspruch auf sog Analogleistungen nach § 2 Abs 1 AsylbLG (hier in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.8.2007, BGBl I 1970) als Voraussetzung hierfür steht entgegen, dass er auf Grundlage der bindenden Feststellungen des LSG die Vorbezugszeit von Leistungen nach § 3 AsylbLG von damals 48 Monaten nicht erfüllt hat. Der Senat lässt zwar in verfassungskonformer Auslegung für die Erfüllung der Vorbezugszeit auch den Bezug anderer Sozialleistungen als Grundleistungen nach § 3 AsylbLG genügen (vgl BSG vom 28.5.2015 - B 7 AY 4/12 R - BSGE 119, 99 = SozR 4-3520 § 2 Nr 5, RdNr 24; BSG vom 24.6.2021 - B 7 AY 3/20 R - SozR 4-3520 § 2 Nr 7 RdNr 16 mwN; anders noch BSG vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07 R - BSGE 101, 49 = SozR 4-3520 § 2 Nr 2). Nahe liegt es mit dieser Rechtsprechung davon auszugehen, dass auch solchen Zeiten genügen, in denen bedarfsdeckendes Einkommen erzielt worden ist. Aber selbst mit den vom LSG festgestellten Bezugszeiten von Grundleistungen (26 Monate) sowie Zeiten einer Erwerbstätigkeit (6 Monate) erfüllte der Kläger im Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus die Vorbezugszeit nicht. Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, in verfassungskonform erweiternder Auslegung von § 2 Abs 1 AsylbLG aF vom grundsätzlichen, ausdrücklich normierten Erfordernis der Vorbezugszeit von 48 Monaten weitergehend abzusehen. Wegen der Krankenbehandlung, die allein in Streit ist, stellen sich die Ansprüche nach § 4 Abs 1, § 6 Abs 1 AsylbLG, die von einer Leistungsberechtigung nach § 3 AsylbLG vermittelt werden, als existenzsichernd dar.
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Leistungen im Krankheitsfall regelt für Grundleistungsberechtigte nach § 3 AsylbLG in erster Linie § 4 Abs 1 Satz 1 AsylbLG. Danach sind zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände ua die erforderliche ärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren. Nach der Rechtsprechung des Senats ist dabei die Behandlung nicht auf eine "akute Erkrankung", wie sie im medizinischen Sprachgebrauch verwendet wird, beschränkt. Unter Beachtung des Stellenwertes der Gesundheit im Gefüge des Grundgesetzes sind vielmehr Leistungen für solche Erkrankungen zu gewähren, die auch bei einem perspektivisch nur begrenzten Aufenthalt im Bundesgebiet dringend behandlungsbedürftig sind. Der Begriff der von § 4 Abs 1 Satz 1 AsylbLG erfassten "akute Erkrankung" ist deshalb dahin auszulegen, dass unter eine "akute Erkrankung" bei bestehenden (ggf chronischen) Erkrankungen auch ein laufender Behandlungsbedarf oder ein neu eingetretener Behandlungsbedarf wegen einer Verschlimmerung fällt, der eine Behandlung aus medizinischen Gründen unaufschiebbar werden lässt. Diese Auslegung geht über die Grenzen des Wortlauts nicht hinaus und berücksichtigt das gesetzgeberische Ziel, wonach die Leistungen nach dem AsylbLG insgesamt an die Grenze des zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz Notwendigen auch unter Berücksichtigung eines nur kurzen Aufenthalts gehen sollen. Entscheidend für die Bestimmung des dabei maßgeblichen Zeithorizonts ist, ob und ggf wann bei Beginn der Behandlung die Umsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen im Einzelfall tatsächlich zu erwarten ist und ob angesichts der zu erwartenden aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Behandlungserfolg noch erreicht werden kann (zum Ganzen eingehend BSG vom 29.2.2024 - B 8 AY 3/23 R - RdNr 16 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen).
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Nach den bindenden Feststellungen des LSG lag im streitigen Zeitraum eine akute Erkrankung des Klägers vor. Die Richtigkeit der Feststellungen des LSG zum medizinischen Sachverhalt bezweifelt der Beklagte zwar. Er hat sie aber nicht mit durchgreifenden Rügen angegriffen; die Feststellungen binden den Senat (§ 163 SGG).
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Auf Grundlage dieser Feststellungen wurde der Kläger wegen einer schweren Episode einer rezidivierenden depressiven Störung (ICD-10 F 33.2) mit latenter Suizidalität und erstmals diagnostizierten Infektionen mit Syphilis und HIV am 12.2.2013 stationär aufgenommen und bis zum 19.6.2013 behandelt, weil dies zur Sicherung seiner Gesundheit unerlässlich war. Dabei hat das LSG sowohl die getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand (vgl hierzu BSG vom 30.9.2015 - B 3 KR 14/14 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 48 RdNr 19) als auch zur Behandlungsbedürftigkeit und -dringlichkeit allein auf Grundlage der vorhandenen medizinischen Erkenntnisse getroffen. Es hat nach Auswertung der Patientenakte, in der ua die Aufnahmedokumentation, die Verlaufsberichte, die Pflegepläne, -berichte und -dokumentation der behandelnden Ärzte, diverse Untersuchungsbefunde sowie die Entlassungsberichte - auch von früheren stationären Aufenthalten des Klägers enthalten sind, dargestellt, dass der Kläger sich in einer außergewöhnlichen psychosozialen Belastungssituation befunden und wiederholt Selbstmordgedanken geäußert hat. Aus diesem Grund sei seine Suizidalität bzw ihr Ausmaß laut Pflegedokumentation des Krankenhauses täglich überprüft worden. Nach einer Teilstabilisierung ist er nach den diesen Feststellungen auf eine offen geführte, psychiatrisch-psychotherapeutische Station mit einem Behandlungsangebot bestehend aus Einzel- und wöchentlichen Gruppen- sowie Familiengesprächen sowie Psychoedukation, Arbeits- und Ergotherapie, konzentrierte Bewegungstherapie, Musik- und Kunsttherapie verlegt worden. In dieser Zeit hat er zeitweise konfus und formal denkgestört gewirkt mit einer hoch ambivalenten Situation bezüglich der Beziehung zu seiner Partnerin. Auf dieser Grundlage bezeichnet das LSG die Diagnosen im Entlassungsbrief vom 17.6.2013 schlüssig, plausibel und nachvollziehbar.
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Die Feststellungen des LSG tragen die Diagnose einer schweren depressiven Episode (vgl www.icd-code.de/icd/code/F32.2.html, abgerufen 29.2.2024), die durch mehrere quälende Symptome in Gestalt von ua gedrückter Stimmung, Verminderung von Antrieb und Aktivität, Fähigkeit zu Freude sowie Interesse und Konzentration, beeinträchtigtem Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, Gefühle von Wertlosigkeit und Schuld, Suizidgedanken und -handlungen und somatischen Symptomen gekennzeichnet ist. Die gängigen Diagnosesysteme des ICD-10, die der Senat - wie bereits das LSG - insoweit für die Schlussfolgerungen heranzieht, sind generelle Tatsachen, für die die Beschränkung aus § 163 Halbsatz 1 SGG nicht gilt (vgl nur BSG vom 28.6.2022 - B 2 U 9/20 R - RdNr 23 mwN).
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Untermauert wird dies durch die ebenfalls bindend festgestellte Vorerkrankungsgeschichte des Klägers in Form einer schweren psychischen Erkrankung mit Verdacht auf eine Anpassungsstörung im Rahmen einer Abschiebesituation mit Suizidalität (ICD-10 F 43.2) und einer PTBS aufgrund einer Inhaftierung in der Türkei (ICD-10 F 43.1), die auch in der Folgezeit mehrere stationäre Aufenthalte erforderte sowie eine fachärztliche psychotherapeutische und medikamentöse Behandlung beim sozialpsychiatrischen Dienst des Beklagten und in einer neurologisch-psychiatrischen Gemeinschaftspraxis nach sich zog.
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Bei dem Verdacht auf eine schwere depressive Episode war unter Zugrundelegung der durch das Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zu den beim Kläger geschilderten Symptomen eine vollstationäre psychiatrische Behandlung indiziert. Insbesondere die latent bestehende Suizidalität des Klägers hat aus Sicht des behandelnden medizinischen Personals den stationären Aufenthalt notwendig erscheinen lassen, um eine mögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes und eine Eigengefährdung außerhalb dieses Rahmens zu verhindern. Andere Behandlungsformen, insbesondere im häuslichen Umfeld waren nach den Feststellungen des LSG unzureichend.
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Unerheblich für den Anspruch aus § 4 Abs 1 Satz 1 AsylbLG ist nach den oben dargestellten Maßstäben, ob bereits vor dem Aufnahmetag eine ggf chronifizierte depressive Erkrankung bestanden hat. In jedem Fall lag nach den festgestellten Diagnosen eine akute Verschlimmerung dieses Zustands vor, die eine entsprechende Behandlung aus medizinischen Gründen unaufschiebbar hat werden lassen.
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Auf Grundlage der bindenden Feststellungen des LSG war auch der anschließende etwa viermonatige Verbleib des Klägers im Krankenhaus erforderlich. Die Fortführung der stationären Behandlung bei unklarer Bewertung der Verhältnisse war danach indiziert, um eine mögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes und/oder eine Eigengefährdung außerhalb dieses Rahmens zu verhindern. Erst nach einer zunehmenden Stabilisierung, glaubhafter Distanzierung von Suizidalität, der Einrichtung einer vorläufigen Betreuung durch das Amtsgericht Stolzenau (Beschluss vom 13.6.2013) und der Zusage des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Beklagten, dass eine ambulante Weiterbehandlung und -betreuung durch ihn bzw das Diakonische Werk denkbar sei, ist der Kläger aus dem Krankenhaus entlassen worden.
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Der Beklagte behauptet zwar pauschal, es hätten dem LSG keine Unterlagen vorgelegen, die die dargestellten Diagnosen und die daraus gezogenen Schlüsse stützen. Diese Behauptungen sind aber so nicht nachvollziehbar. Im Wesentlichen geht der Beklagte von einem abweichenden Begriff einer akuten Erkrankung aus. Soweit er sinngemäß ausführt, es seien noch weitere Ermittlungen notwendig gewesen, zeigt er selbst nicht auf, um welche Ermittlungen es sich handeln sollte und hat ohnehin im Berufungsverfahren selbst keinen förmlichen Beweisantrag gestellt. Im Kern zweifelt der Beklagte damit die Beweiswürdigung des LSG an, die dem Revisionsgericht indes entzogen ist.
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Die vom Krankenhaus gegenüber dem Kläger (als Selbstzahler) auf Grundlage des Gesetzes zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz) geltend gemachten Kosten sind schließlich der Höhe nach nicht zu beanstanden, wovon auch die Beteiligten ausgehen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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