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BSG 21.06.2021 - B 1 KR 25/20 B
BSG 21.06.2021 - B 1 KR 25/20 B - (Krankenversicherung - Krankenhausvergütung - Abrechnungsprüfung - kein Einwendungsausschluss nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1c S 2 SGB 5 - Beschränkung auf die vom Krankenhaus zur Verfügung gestellten Daten - Möglichkeit der freiwilligen Übermittlung von Daten durch das Krankenhaus bzw der Nutzung anderer Informationsquellen)
Normen
§ 275 Abs 1c S 2 SGB 5 vom 26.03.2007
Vorinstanz
vorgehend SG Oldenburg (Oldenburg), 14. März 2016, Az: S 6 KR 442/12
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 18. Februar 2020, Az: L 16 KR 313/16, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18. Februar 2020 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
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Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5712 Euro festgesetzt.
Gründe
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I. Der bei der klagenden Krankenkasse (KK) versicherte H. (im Folgenden: der Versicherte) wurde aufgrund einer Krebserkrankung (malignes Non-Hodgkin-Lymphom) während dreier stationärer Aufenthalte im nach § 108 SGB V zugelassenen Klinikum der beklagten Krankenhausträgerin jeweils ua mit dem Medikament Kepivance (Wirkstoff Palifermin) behandelt, für das jeweils ein Zusatzentgelt (ZE) berechnet wurde (28.8. bis 7.9.2008: 13 555,80 Euro <einschließlich eines ZE von 11 424 Euro>; 19. bis 27.9.2008: 7688,57 Euro <einschließlich eines ZE von 5712 Euro>; 13. bis 19.11.2008: 7688,57 Euro <einschließlich eines ZE von 5712 Euro>). Die KK beglich zunächst die Rechnungen und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Auffälligkeitsprüfung der ersten und der dritten stationären Behandlung. Der MDK verneinte für alle drei stationären Aufenthalte die Abrechenbarkeit der ZE. Kepivance sei arzneimittelrechtlich nur zugelassen bei hämatologischen Erkrankungen, die (auch) mit einer Stammzelltransplantation behandelt würden. Das Medikament wirke der Entzündung der Schleimhaut (Mukositis) entgegen, die bei der therapeutisch notwendigen Zerstörung des auszutauschenden Knochenmarks (myeloablative Behandlung) auftrete. Das Klinikum führte beim Versicherten bis Dezember 2008 keine Stammzelltransplantation durch. Es bestätigte dies dem MDK auf dessen telefonische Nachfrage. Das SG hat die beklagte Krankenhausträgerin zur Zahlung von 22 848 Euro verurteilt. Das LSG hat deren Berufung zurückgewiesen: Der klagenden KK stehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in dieser Höhe zu. Die beklagte Krankenhausträgerin hätte die ZE aus den vom MDK genannten Gründen nicht abrechnen dürfen. Zeige der MDK dem Krankenhaus die Prüfung nicht oder nicht rechtzeitig an, bewirke dies grundsätzlich ein sich auf das Gerichtsverfahren erstreckendes Beweisverwertungsverbot (Hinweis auf BSG vom 14.10.2014 - B 1 KR 34/13 R - SozR 4-2500 § 301 Nr 5 RdNr 24). Hier bestünden aber Besonderheiten. Bei den streitbefangenen Zeiträumen handele es sich um eine einheitliche, in drei stationären Abschnitten durchzuführende Blockchemotherapie, die hier jeweils um die Applikation von Palifermin ergänzt worden sei. Deshalb habe das Krankenhaus auch davon ausgehen müssen, dass eine Überprüfung des mittleren Behandlungsabschnitts erfolgen werde (Urteil vom 18.2.2020).
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Die Beklagte wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
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II. Die Beschwerde ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).
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1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit dieses Maßstabs BVerfG vom 14.4.2010 - 1 BvR 2856/07 - SozR 4-1500 § 160a Nr 24 RdNr 5 ff mwN). Dem wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht.
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Die beklagte Krankenhausträgerin formuliert folgende Rechtsfrage:
"Ist eine Prüfanzeige nach § 275 Abs. 1c S. 2 (a.F.) verzichtbar, wenn bei drei inhaltlich vergleichbaren und aufeinander zeitlich folgenden stationären Krankenhausbehandlungen jeweils eine Prüfanzeige für den zeitlich vorhergehenden und den zeitlich nachfolgenden Krankenhausaufenthalt vorliegt, mit der Folge, dass ein grundsätzlich bestehender Einwendungsausschluss nicht besteht oder ist für jeden Krankenhausaufenthalt eine eigenständige Prüfanzeige erforderlich?"
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Mit der Rechtsfrage will die beklagte Krankenhausträgerin letztlich wissen, ob ein Einwendungsausschluss bei einem Behandlungsfall immer dann eingreift, wenn dem Krankenhaus eine auf diesen Behandlungsfall bezogene Prüfanzeige nicht oder nicht fristgerecht übermittelt wurde. Sie legt jedoch die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht ausreichend dar. Sie setzt sich nicht mit der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats zur - hier maßgeblichen - Rechtslage vor Geltung der Prüfverfahrensvereinbarungen auseinander. Der ungenutzte Ablauf der Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs 1c Satz 2 SGB V bewirkt schon vom rechtlichen Ansatz her keinen Einwendungsausschluss (vgl BSG vom 13.11.2012 - B 1 KR 27/11 R - BSGE 112, 156 = SozR 4-2500 § 114 Nr 1, RdNr 39 mwN; BSG vom 19.4.2016 - B 1 KR 33/15 R - BSGE 121, 101 = SozR 4-2500 § 109 Nr 57, RdNr 21). KK und MDK sind bei einzelfallbezogenen Auffälligkeitsprüfungen nach Ablauf der Frist auf die Daten beschränkt, die das Krankenhaus der KK im Rahmen seiner Informationsobliegenheiten bei der Krankenhausaufnahme und zur Abrechnung - deren vollständige Erfüllung vorausgesetzt - jeweils zur Verfügung gestellt hat. Dies hindert das Krankenhaus nach Fristablauf nicht daran, - wie hier telefonisch - angeforderte Sozialdaten dem MDK aus freien Stücken zur Verfügung zu stellen. Es ist bloß berechtigt, entsprechende Anforderungen zu verweigern und ggf abzuwehren. Ebenso bleibt das Recht der KK unberührt, für eine Prüfung andere zulässige Informationsquellen zu nutzen (vgl zum Ganzen BSG vom 13.11.2012 - B 1 KR 27/11 R - BSGE 112, 156 = SozR 4-2500 § 114 Nr 1, RdNr 39 mwN; BSG vom 13.11.2012 - B 1 KR 14/12 R - SozR 4-2500 § 301 Nr 1 RdNr 28 mwN; BSG vom 19.4.2016 - B 1 KR 33/15 R - BSGE 121, 101 = SozR 4-2500 § 109 Nr 57, RdNr 21).
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2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Beim Streitwert hat der Senat berücksichtigt, dass die Höhe des Streitwerts des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision gemäß § 47 Abs 3 GKG dem Streitwert des Rechtsmittelverfahrens entspricht. Nach § 47 Abs 1 GKG bestimmt sich der Streitwert des Rechtsmittelverfahrens nach den Anträgen des Rechtsmittelführers; endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht worden sind, so ist die Beschwer maßgebend. Die Festsetzung des Streitwerts für die gerichtlichen Gebühren nach den Rechtsmittelanträgen gemäß § 47 Abs 1 Satz 1 GKG findet in Fällen nachträglicher Beschränkung eines Rechtsmittels ihre sachliche Rechtfertigung darin, dass der Rechtsmittelführer keine Gebührennachteile dadurch erleiden soll, dass er die ihm durch die Begründungsfristen eingeräumte Überlegungsfrist ausnutzt (vgl BGH vom 14.12.2017 - IX ZR 243/16 - NJW-RR 2018, 700, RdNr 23 mwN). Für die Beschränkung des Rechtsmittelantrags im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren bedarf es nicht der Ankündigung eines ausdrücklich beschränkten Revisionsantrags. Es genügt, wenn der Beschwerdeführer erkennbar macht, dass er im künftigen Revisionsverfahren sein Klagebegehren nur noch eingeschränkt weiterverfolgen will (vgl BFH vom 4.1.1994 - III E 1/93 - juris RdNr 12; BFH vom 9.9.2005 - IX E 3/05 - juris RdNr 9). So liegt der Fall hier. Denn die beklagte Krankenhausträgerin hat in ihren Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit zu erkennen gegeben, dass es ihr nur noch um den Anspruch auf das ZE im zweiten Behandlungsfall in Höhe von 5712 Euro geht.
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