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BSG 23.04.2021 - B 5 SF 2/21 S
BSG 23.04.2021 - B 5 SF 2/21 S - Sozialgerichtliches Verfahren - Kostenerinnerung - Verhältnis des Verfahrens nach Art 1 bis 5 UNBehRÜbkFakProt zu den innerstaatlichen Rechtsbehelfen
Normen
§ 183 S 6 SGG, § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 Alt 2 SGG, § 202 S 2 SGG, § 198 GVG, § 1 Abs 2 Nr 3 GKG 2004, § 3 Abs 2 GKG 2004, § 21 Abs 1 S 1 GKG 2004, § 29 Nr 1 GKG 2004, § 66 GKG 2004, Nr 7400 GKVerz, Nr 7504 GKVerz, Art 1 UNBehRÜbkFakProt, Art 1ff UNBehRÜbkFakProt
Tenor
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Die Erinnerungen gegen die Festsetzung der Gerichtskosten in den Schlusskostenrechnungen der Geschäftsstelle des Bundessozialgerichts vom 23. November 2020 (B 10 ÜG 2/20 S) und vom 9. März 2021 (B 10 ÜG 5/20 C) werden zurückgewiesen.
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Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
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I. Der Erinnerungsführer will in einem Verfahren vor dem Bayerischen LSG Entschädigung wegen der Dauer seines Rentenverfahrens vor dem SG Nürnberg (S 12 R 892/18 - s dazu auch BSG Beschluss vom 22.9.2020 - B 5 R 212/20 B - und nachfolgend BVerfG <Kammer> Beschluss vom 2.12.2020 - 1 BvR 2527/20) geltend machen. Das LSG hat seinen isolierten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein solches Verfahren wegen unzureichender Erfolgsaussichten abgelehnt (Beschluss vom 27.8.2020 - L 8 SF 199/20 EK PKH) und auf die fehlende Anfechtbarkeit dieses Beschlusses hingewiesen. Dennoch hat der Erinnerungsführer mit einem an das LSG gerichteten Schreiben vom 5.9.2020 "Nichtzulassungsbeschwerde" erhoben und ua die "Annulierung des Urteils vom 27.08.2020" verlangt. Nach Weiterleitung dieses Schreibens an das BSG hat der 10. Senat den Erinnerungsführer mit Schreiben vom 24.9.2020 zunächst nochmals auf die Unanfechtbarkeit des LSG-Beschlusses vom 27.8.2020 aufmerksam gemacht. Da die Beschwerde deshalb gegebenenfalls kostenpflichtig als unzulässig verworfen werden müsse, wurde eine Prüfung angeregt, ob die Beschwerde zurückgenommen werde. Nachdem der Erinnerungsführer nicht reagierte, hat der 10. Senat mit Beschluss vom 30.10.2020 (B 10 ÜG 2/20 S - zugestellt am 7.11.2020) die Beschwerde als unzulässig verworfen und dem Antragsteller (Erinnerungsführer) nach § 197a SGG die Kosten des Verfahrens auferlegt. Dagegen hat der Erinnerungsführer mit ausführlichem Schreiben vom 1.12.2020 protestiert, seine fortlaufende Diskriminierung beklagt und eine erneute Entscheidung des BSG verlangt. Der 10. Senat hat das als Anhörungsrüge gedeutet und diese mit Beschluss vom 17.12.2020 (B 10 ÜG 5/20 C) kostenpflichtig als unzulässig verworfen.
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Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des BSG hat in der Schlusskostenrechnung vom 23.11.2020 die vom Erinnerungsführer zu tragenden Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG (B 10 ÜG 2/20 S) gemäß Nr 7504 des Kostenverzeichnisses (KV - Anlage 1 zu § 3 Abs 2 GKG) auf 60 Euro festgesetzt. Hiergegen wendet sich der Erinnerungsführer in seinem Schreiben vom 8.12.2020 ua unter Hinweis auf seine Verfassungsbeschwerde 1 BvR 2527/20. Für das Anhörungsrügeverfahren B 10 ÜG 5/20 C hat die Urkundsbeamtin die Gerichtskosten nach Nr 7400 KV iHv ebenfalls 60 Euro mit der Schlusskostenrechnung vom 9.3.2021 angefordert. Darauf bezieht sich das Schreiben des Erinnerungsführers vom 25.3.2021, in dem er eine "Einstellung der Rechnung" fordert, weil er "nur diskriminiert worden" sei.
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Die Kostenbeamtin hat beiden Erinnerungen nicht abgeholfen. Die Kostenprüfungsbeamtin ist diesen Entscheidungen am 16.3.2021 bzw am 13.4.2021 beigetreten.
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II. 1. Zur Entscheidung über die Erinnerungen ist der 5. Senat des BSG als Kostensenat berufen (§ 66 Abs 1 Satz 1 GKG iVm RdNr 5 Ziffer 13 des Geschäftsverteilungsplans des BSG für das Jahr 2021). Er entscheidet durch den zuständigen Berichterstatter als Einzelrichter (§ 66 Abs 6 Satz 1 iVm § 1 Abs 5 GKG).
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2. Die Erinnerungen sind formgerecht erhoben. Abweichend von dem für Verfahren vor dem BSG ansonsten geltenden Vertretungszwang (§ 73 Abs 4 SGG) bedarf es für eine Kostenerinnerung nach der Sondervorschrift in § 66 Abs 5 Satz 1 GKG keiner Vertretung durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (s auch § 1 Abs 5 GKG).
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3. Die Erinnerungen bleiben in der Sache ohne Erfolg. Die zulasten des Erinnerungsführers auf 60 Euro festgesetzte Verfahrensgebühr für das Beschwerdeverfahren ist weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden. Dasselbe gilt für die entsprechende Gebühr für das Anhörungsrügeverfahren.
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a) Gemäß § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 Alt 2 SGG werden auch in Verfahren vor den Sozialgerichten, die wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens betrieben werden, Gerichtskosten nach den Vorschriften des GKG erhoben. Die ansonsten für bestimmte Personengruppen gemäß § 183 Satz 1 bis 4 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren geltende Kostenfreiheit ist bei einem solchen Streitgegenstand nach dem Willen des Gesetzgebers ausdrücklich ausgeschlossen (§ 183 Satz 6 SGG - s dazu BT-Drucks 17/3802 S 29 - zu Artikel 6: "Auch in den Verfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Rahmen des Rechtsschutzes wegen überlanger Gerichtsverfahren sollen in jedem Fall die üblichen Gebühren erhoben werden"). Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die soziale Schutzbedürftigkeit von Personen, die unmittelbar Sozialleistungen gerichtlich geltend machen, deutlich höher ist als von Klägern, die eine Geldentschädigung wegen eines vermeintlich überlagen sozialgerichtlichen Verfahrens verlangen (vgl BSG Beschluss vom 1.6.2017 - B 10 ÜG 30/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 14 RdNr 19). Außerdem soll offenkundig eine weitere Belastung der Sozialgerichtsbarkeit (mit der Folge einer zusätzlichen Verzögerung der Verfahren um Sozialleistungen) vermieden werden, die auf der Hand läge, wenn Streitigkeiten wegen überlanger Verfahrensdauer ohne jedes Kostenrisiko, aber doch mit einer gewissen Chance auf Gewinn geführt werden könnten.
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b) Rechtsgrundlage für die festgesetzte Verfahrensgebühr für eine Beschwerde gegen die PKH versagende Entscheidung des LSG ist somit § 183 Satz 6, § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 1 Abs 2 Nr 3, § 3 Abs 2 GKG und Nr 7504 KV. Nach Nr 7504 KV ist für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (Teil 7 des KV) über eine nicht besonders aufgeführte Beschwerde, die nicht nach anderen Vorschriften gebührenfrei ist, eine vom Streitwert des Verfahrens unabhängige Festgebühr von 60 Euro (Fassung ab 1.1.2021: 66 Euro) zu entrichten, sofern die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. Der Verwerfungsbeschluss des 10. Senats des BSG vom 30.10.2020 (B 10 ÜG 2/20 S) hatte eine solche Beschwerde im Rahmen eines Rechtsstreits wegen Entschädigung aufgrund unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2 SGG iVm § 198 GVG) zum Gegenstand.
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Die Beschwerde zum BSG war nicht etwa deshalb "nach anderen Vorschriften gebührenfrei", weil der Erinnerungsführer sie im Rahmen eines PKH-Bewilligungsverfahrens erhob. Das PKH-Bewilligungsverfahren ist bei Streitigkeiten, für die - wie hier gemäß § 183 Satz 6 iVm § 197a Abs 1 Satz 1 SGG - Kosten nach dem GKG zu erheben sind, nur im ersten Rechtszug gerichtskostenfrei. Für einen weiteren, auf eine Beschwerde hin eingeleiteten Rechtszug fallen hingegen Gerichtsgebühren an (vgl Nr 1812, 5502, 6502, 7504 KV; s hierzu Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG/FamGKG/JVEG, 5. Aufl 2021, GKG KV 7500-7504 RdNr 3; Schultzky in Zöller, ZPO, 33. Aufl 2020, § 127 RdNr 72; Dürbeck/Gottschalk, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 9. Aufl 2020, RdNr 236 f, 1092; ebenso BVerwG Beschluss vom 10.6.2013 - 5 KSt 7/13 ua - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 18.6.2019 - B 6 SF 9/19 S - juris RdNr 9 mwN; BayVGH Beschluss vom 25.9.2020 - 23 C 20.1933 - juris RdNr 10).
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c) Rechtsgrundlage der festgesetzten Verfahrensgebühr für die Anhörungsrüge ist § 183 Satz 6, § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 1 Abs 2 Nr 3, § 3 Abs 2 GKG und Nr 7400 KV. Nach Nr 7400 KV wird für ein Verfahren, das die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß § 178a SGG zum Gegenstand hat, eine vom Streitwert des jeweiligen Verfahrens unabhängige Festgebühr iHv 60 Euro (Fassung ab 1.1.2021: 66 Euro) erhoben, wenn die Rüge in vollem Umfang verworfen oder zurückgewiesen wird. Der Verwerfungsbeschluss des 10. Senats vom 17.12.2020 (B 10 ÜG 5/20 C) hatte eine solche vom Erinnerungsführer sinngemäß erhobene Anhörungsrüge zum Gegenstand.
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d) Im Verfahren der Erinnerung gegen den Kostenansatz ist die Kostengrundentscheidung in den genannten Beschlüssen des 10. Senats, welche den Antragsteller (Erinnerungsführer) auf der Grundlage des § 197a Abs 1 Satz 1 SGG zum Kostenschuldner bestimmt haben (§ 29 Nr 1 GKG), grundsätzlich verbindlich und nicht nachzuprüfen (vgl BGH Beschluss vom 4.9.2017 - II ZR 59/16 - juris RdNr 5 mwN). Anhaltspunkte für eine unrichtige Sachbehandlung durch das Gericht (vgl § 21 Abs 1 Satz 1 GKG) sind nicht ersichtlich. Ebenso wenig ist erkennbar, dass die zur Kostenerhebung führenden Anträge des Erinnerungsführers auf dessen unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruhten (vgl § 21 Abs 1 Satz 3 GKG). Der Erinnerungsführer wurde vor Erlass des Beschlusses vom 30.10.2020 (B 10 ÜG 2/20 S) ausdrücklich nochmals auf die Unzulässigkeit seines Rechtsbehelfs hingewiesen. Ihm wurde Gelegenheit zu dessen Rücknahme gegeben, bevor aufgrund einer Entscheidung Kosten anfallen. Davon hat der Erinnerungsführer jedoch in eigener Verantwortung keinen Gebrauch gemacht.
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e) Die Einwendungen des Erinnerungsführers rechtfertigen kein Absehen von einer Anforderung der Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren und das Anhörungsrügeverfahren.
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(1) Einer Kostenerhebung steht insbesondere das vom Erinnerungsführer eingeleitete Verfahren der Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss vom 30.10.2020 nicht entgegen. Das BVerfG (Kammer) hat zwischenzeitlich mit Beschluss vom 2.2.2021 (1 BvR 86/21) die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, auch soweit sie sich mittelbar gegen die Vorschriften zur Kostenerhebung in § 197a SGG iVm § 154 VwGO gerichtet hat.
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(2) Die vom Erinnerungsführer erwähnte "Entscheidung der UN des Fakultativ Protokolls, falls es dazu kommen sollte", hindert die Festsetzung der angefallenen Gerichtskosten nicht. Ein damit wohl in Bezug genommenes Verfahren der Individualbeschwerde des Erinnerungsführers nach Art 1 bis 5 des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (vgl Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13.12.2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13.12.2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21.12.2008, BGBl II 1419) eröffnet keine weitere gerichtliche Instanz und hat gegenüber den innerstaatlichen Entscheidungen keine aufschiebende Wirkung. Ein solches Verfahren kann allenfalls zu "Vorschlägen und Empfehlungen" des Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen an den jeweiligen Vertragsstaat führen (vgl Art 5 Satz 2 des Fakultativprotokolls).
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(3) Die Einwendungen im Schreiben vom 25.3.2021 betreffen überwiegend andere Verfahren des Erinnerungsführers vor dem LSG ("Ladung vom 05.09.2021 zum 16.10.2021"). Soweit er meint, dass die Kostenrechnungen einzustellen seien, "weil ich nur diskriminiert worden bin", trifft weder das eine noch das andere zu. Das Absehen von einer Kostenerhebung wäre vielmehr eine durch nichts zu rechtfertigende Privilegierung des Erinnerungsführers gegenüber anderen Klägern.
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4. Die Kostenentscheidung für das Verfahren der Erinnerung beruht auf § 66 Abs 8 GKG.
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5. Gegen diese Entscheidung ist kein weiteres Rechtsmittel statthaft (§ 66 Abs 3 Satz 2 und 3 GKG - s hierzu BFH Beschluss vom 13.4.2016 - III B 16/15 - BFH/NV 2016, 1302 RdNr 10).
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