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BSG 11.09.2019 - B 6 KA 23/19 R
BSG 11.09.2019 - B 6 KA 23/19 R - Vertragsärztliche Versorgung - Wirtschaftlichkeitsprüfung - Arzneimittelregress - Verbindlichkeit von Therapiehinweisen des G-BA ab ihrem Inkrafttreten - keine Rückwirkung - Unzulässigkeit der Festsetzung von Einzelfallregressen wegen Unwirtschaftlichkeit von Verordnungen neben einer Richtgrößenprüfung
Normen
§ 106 Abs 2 Nr 1 SGB 5 vom 14.11.2003, § 106 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB 5 vom 26.03.2007, § 106 Abs 2 Nr 2 S 4 SGB 5 vom 14.11.2003, § 106 Abs 2 S 1 Nr 2 S 4 SGB 5 vom 26.03.2007, § 106 Abs 5a S 3 SGB 5 vom 14.11.2003, § 106 Abs 5a S 3 SGB 5 vom 26.03.2007, § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 SGB 5, AMRL, § 47 Abs 4 AMG 1976
Vorinstanz
vorgehend SG Kiel, 10. September 2014, Az: S 16 KA 230/11, Urteil
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, 20. Februar 2018, Az: L 4 KA 11/15, Urteil
Leitsatz
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1. Therapiehinweise des Gemeinsamen Bundesausschusses sind für den Vertragsarzt erst mit ihrem Inkrafttreten verbindlich und wirken auch dann nicht zurück, wenn sie inhaltlich mit älteren Verordnungsempfehlungen in Leitlinien medizinischer Fachgesellschaften übereinstimmen.
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2. Neben einer Richtgrößenprüfung dürfen Einzelfallregresse nur wegen Unzulässigkeit, nicht aber wegen Unwirtschaftlichkeit von Verordnungen festgesetzt werden.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin werden die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 20. Februar 2018 und des Sozialgerichts Kiel vom 10. September 2014 sowie der Bescheid des Beklagten vom 19. Mai 2011 aufgehoben, soweit ein Regress der Kosten für Forsteo® betreffend Verordnungen bis zum 23. März 2007 festgesetzt worden ist.
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Soweit ein Regress wegen der Verordnung von Forsteo® aus der Zeit nach diesem Tag festgesetzt worden ist, wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 20. Februar 2018 aufgehoben, soweit die Versicherten schon unmittelbar vor dem Stichtag mit diesem Medikament versorgt worden waren. In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
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Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
Tatbestand
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Zwischen der klagenden Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) und dem beklagten Beschwerdeausschuss sind Regressfestsetzungen wegen der Verordnung von Forsteo® (Wirkstoff Teriparatid) zur Behandlung von Osteoporose umstritten. Betroffen sind die acht Quartale von 1/2007 bis 4/2008. Das Verordnungsverhalten der Klägerin im Jahr 2007 ist auch Gegenstand einer Richtgrößenprüfung (s dazu Urteil des Senats vom 11.9.2019 - B 6 KA 15/18 R).
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Auf Antrag der zu 1. beigeladenen AOK setzte die Prüfungsstelle der Vertragsärzte und Krankenkassen (KKn) in Schleswig-Holstein mit Bescheiden vom 12.9.2008, 21.7.2009 und 1.3.2010 Regresse wegen der Verordnung von Forsteo® in namentlich genannten Behandlungsfällen fest. Auf die Widersprüche der Klägerin reduzierte der beklagte Beschwerdeausschuss den Regress für das Quartal 1/2007 auf 14 416 Euro und wies die Widersprüche im Übrigen zurück (Bescheid vom 19.5.2011).
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Der Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin habe den für den Wirkstoff Teriparatid geltenden Therapiehinweis des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) nicht beachtet. Danach dürfe dieser Wirkstoff nur verordnet werden, wenn eine manifeste Osteoporose mit mindestens zwei neuen Frakturen in den letzten 18 Monaten vorliege, soweit der Patient nicht auf eine direkte und adäquate Vorbehandlung über ein Jahr angesprochen habe oder nach Absetzen der Bisphosphonatbehandlung wegen Unverträglichkeit oder soweit Kontraindikationen oder Unverträglichkeiten gegenüber dem Wirkstoff Raloxifen vorlägen. Teriparatid sei anderen Arzneimitteln zur Therapie der Osteoporose hinsichtlich der Wirksamkeit nicht überlegen, aber deutlich teurer. Das habe zur Folge, dass der Wirkstoff erst eingesetzt werden dürfe, wenn andere wirtschaftlich günstigere Therapieoptionen ausgetestet worden seien.
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Das SG hat die Klage abgewiesen. Die von der Klägerin behauptete therapeutische Überlegenheit des Wirkstoffs Teriparatid gegenüber traditionellen Präparaten zur Behandlung von Osteoporose sei nicht belegt. Der Beklagte habe geprüft, ob sich in allen untersuchten Einzelfällen Hinweise dafür ergeben hätten, dass die Klägerin Forsteo® - wie in den Therapiehinweisen vorgeschrieben - nach ergebnisloser Durchführung anderer Behandlungen eingesetzt habe, doch hätte sich dafür kein Anhaltspunkt ergeben.
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Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und sich im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des BSG bezogen. Mit Therapiehinweisen konkretisiere der GBA im Rahmen der ihm in § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V zugewiesenen Kompetenz das Wirtschaftlichkeitsgebot, und den Therapiehinweis für Forsteo® hätte die Klägerin beachten müssen. Soweit dieser Hinweis erst am 24.3.2007 in Kraft getreten sei, rechtfertige das auch für die bis zu diesem Tag ausgestellten Verordnungen keine andere Beurteilung. Dass Forsteo® bzw der Wirkstoff Teriparatid wegen fehlender therapeutischer Überlegenheit nur dann eingesetzt werden durfte, wenn andere Behandlungsansätze nicht zum Erfolg geführt hätten, habe sich schon zuvor aus der Leitlinie des Verbandes Osteologie zu "Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei Frauen ab der Menopause und bei Männern ab dem 60. Lebensjahr" ergeben. Selbst wenn eine entsprechende Leitlinie einer medizinischen Fachgesellschaft für den einzelnen Arzt nicht in der Weise verbindlich sei wie ein Therapiehinweis des GBA, hätte sich der Klägerin aufdrängen müssen, dass sie Forsteo® nicht ohne entsprechende Vorbehandlungsversuche einsetzen dürfe (Urteil vom 20.2.2018).
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Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, das gesamte Prüfverfahren leide daran, dass der Beklagte Einzelfallprüfungen und Richtgrößenprüfungen nebeneinander vorgenommen habe, was nach der Rechtsprechung des BSG ausgeschlossen sei. Verordnungen, die im Rahmen eines Richtgrößenverfahrens als Praxisbesonderheit gewürdigt worden seien, dürften nicht mehr Gegenstand von Einzelfallprüfungen sein. Ein Arzt dürfe nicht sowohl einer einzelfallbezogenen Prüfung wie einer Richtgrößenprüfung ausgesetzt sein, soweit dieselben Verordnungen betroffen seien. Eine Doppelregressierung müsse der Beklagte selbst mit seinen Entscheidungen ausschließen und dürfe das nicht dem Vollstreckungsverfahren vorbehalten.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 20.2.2018 und das Urteil des SG Kiel vom 10.9.2014 sowie den Bescheid des Beklagten vom 19.5.2011 aufzuheben,
hilfsweise,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 20.2.2018 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er hält das Berufungsurteil für richtig.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin hat teilweise Erfolg.
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Das LSG hätte der Klage stattgeben müssen, soweit Verordnungen aus der Zeit vor Inkrafttreten des Therapiehinweises des GBA zu Forsteo® am 24.3.2007 betroffen sind. Soweit Verordnungen aus der Zeit danach betroffen sind, bleibt die Revision der Klägerin überwiegend erfolglos. Lediglich hinsichtlich von Verordnungen aus der Zeit ab dem 24.3.2007 für Patienten, die unmittelbar bis zu diesem Tag schon mit Forsteo® behandelt worden waren, muss das LSG erneut entscheiden; insoweit wird der Rechtsstreit an dieses Gericht zurückverwiesen (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG).
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1. Rechtsgrundlage der Einzelfallprüfungen der Verordnungsweise der Klägerin in den acht streitbefangenen Quartalen ist § 106 Abs 2 Satz 4 SGB V in der hier noch anwendbaren Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003 bzw - ab dem Quartal 1/2008 - idF des GKV-WSG vom 26.3.2007 iVm § 10 der im Bezirk der zu 2. beigeladenen KÄV geltenden Prüfvereinbarung (PrüfV) aus dem Jahre 2006. Nach § 106 Abs 2 Satz 4 SGB V sind die Vertragspartner berechtigt, durch Gesamtverträge zusätzliche Prüfverfahren einzuführen (dazu zuletzt Senatsurteil vom 25.1.2017 - B 6 KA 7/16 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 57 RdNr 13). Die Vertragspartner in Schleswig-Holstein haben von dieser Regelung umfassend Gebrauch gemacht und neben den Auffälligkeits- oder Richtgrößenprüfungen gemäß § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V und den Stichprobenprüfungen gemäß § 106 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB V auch Einzelfallprüfungen vorgesehen. Gemäß § 10 Abs 2 PrüfV entscheidet der Prüfungsausschuss (heute: die Prüfungsstelle) auf Antrag der KKn, ob der Vertragsarzt durch Veranlassung ua der Verordnung von Arzneimitteln im Einzelfall gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat. Nach § 10 Abs 4 PrüfV entscheidet die Prüfungsstelle auf Antrag der KKn im Einzelfall auch über einen Anspruch auf Schadensersatz wegen unzulässiger Verordnung von Leistungen, die aus der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sind oder deren Veranlassung mit den Vorgaben der Richtlinien des GBA unvereinbar ist. Dies entnimmt der Senat den Ausführungen des LSG, dessen Auslegung der landesrechtlichen PrüfV für das Revisionsgericht bindend ist (vgl § 162 SGG). Ebenfalls verbindlich für den Senat hat das LSG festgestellt (§ 163 SGG), dass die Prüfanträge der zu 1. beigeladenen AOK rechtzeitig gestellt worden sind.
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2. Zu Recht hat der Beklagte - was das LSG nicht erörtert hat - über die Widersprüche der Klägerin gegen die Regressfestsetzungen der Prüfungsstelle entschieden. Die Klägerin durfte gegen diese Entscheidung nicht gemäß § 106 Abs 5 Satz 8 SGB V idF des GKV-WSG (heute § 106c Abs 3 Satz 6 SGB V) unmittelbar das SG anrufen. Der Ausschluss des Vorverfahrens ist nach der Rechtsprechung des Senats auf die unmittelbar durch Gesetz oder durch die Arzneimittelrichtlinie (AMRL) ausgeschlossenen Arzneimittel beschränkt, greift dann aber auch ein, wenn von dem generellen Ausschluss begründete Ausnahmen im Einzelfall möglich sind (Senatsurteil vom 2.7.2014 - B 6 KA 25/13 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 45). Hier geht es jedoch nicht um einen Regress wegen der Verordnung explizit ausgeschlossener Arzneimittel, sondern um die Beachtung bzw Nichtbeachtung eines Therapiehinweises des GBA zum Einsatz bestimmter Arzneimittel in Abhängigkeit vom Gesundheitszustand des Patienten und bereits durchgeführter Vorbehandlungen. Das kann nur einzelfallbezogen beurteilt werden, weshalb die Befassung des fachkundig auch mit Vertretern der Ärzte besetzten Beschwerdeausschusses geboten ist.
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3. An der Entscheidung über die Anträge der zu 1. beigeladenen AOK auf Feststellung einer Ersatzpflicht wegen unzulässiger Verordnungen (§ 10 Abs 4 PrüfV) war der Beklagte nicht gehindert, weil das Verordnungsverhalten der Klägerin im Jahr 2007 Gegenstand einer Richtgrößenprüfung war. Der von der Klägerin angenommene Ausschluss einer Einzelfallprüfung im Hinblick auf die Richtgrößenprüfung besteht ebenso wenig wie die vom LSG in seinem Urteil im Verfahren L 4 KA 8/15 (= B 6 KA 15/18 R) näher erläuterte Sperrwirkung von Einzelfallregressen gegenüber einer Richtgrößenprüfung.
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a. Die Klägerin leitet aus der Systematik des § 106 Abs 2 SGB V ab, dass die in Satz 1 Nr 1 genannte Prüfung bei Überschreitung der Richtgrößenvolumina Vorrang vor den anderen Prüfmethoden hat, die nach Satz 4 "über die Prüfungen nach Satz 1 hinaus" vereinbart werden können. Das trifft im Ausgangspunkt zu (zu den Besonderheiten bei sog indikationenbezogenen Zielvereinbarungen näher Senatsurteil vom 28.9.2016 - B 6 KA 44/15 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 55 RdNr 23 f mwN), führt jedoch nicht zum Ausschluss von Einzelfallprüfungen bei unzulässigen Verordnungen.
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Der Senat hat in mehreren Entscheidungen aus den letzten Jahren herausgestellt, dass die Prüfung der Zulässigkeit von ärztlichen Verordnungen zwar die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung im weiteren Sinne betrifft und deshalb auch den Prüfgremien obliegt, in der Sache jedoch ein eigenständiges Prüfverfahren darstellt. Es geht insoweit weder um eine Auffälligkeits- oder Zufälligkeitsprüfung iS des § 106 Abs 2 Satz 1 SGB V noch um die Feststellung eines sog sonstigen Schadens (BSG Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 16, 23; BSG Urteil vom 13.10.2010 - B 6 KA 48/09 R - SozR aaO Nr 30 RdNr 11; BSG Urteil vom 25.1.2017 - B 6 KA 7/16 R - SozR aaO Nr 57 RdNr 18). Der Schaden, den der Arzt beim sog Verordnungsregress der KK verursacht hat, besteht darin, dass sie gegenüber der Apotheke Medikamente bezahlen muss, die der Arzt nicht hätte verordnen dürfen und der Versicherte nicht beanspruchen konnte. Die Feststellung der Ersatzpflicht des Arztes für die Kosten unzulässiger Verordnungen im Rahmen eines Verordnungsregresses auf Antrag einer KK erfolgt ganz unabhängig davon, ob und nach welcher Methode die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise des Arztes im Übrigen geprüft wird.
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b. Soweit sich die Klägerin zur Begründung des von ihr angenommenen generellen Vorrangs der Richtgrößenprüfungen vor Einzelfallprüfungen auf die Ausführungen im Senatsurteil vom 13.5.2015 (B 6 KA 18/14 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 51) beruft, ist zunächst von Bedeutung, dass in der von der Klägerin zitierten Passage (RdNr 45) begründet worden ist, warum in seltenen, besonders gelagerten Ausnahmefällen ein bestimmtes Verhalten eines Vertragsarztes unmittelbar unter Durchgriff auf das Wirtschaftlichkeitsgebot auch ohne untergesetzliche Konkretisierung zu beanstanden sein kann. Zur Begründung der These, dass es sich insoweit nur um seltene Ausnahmefälle handeln könne, führt der Senat im Einzelnen aus, dass grundsätzlich der Vertragsarzt vor einer unmittelbar unter Heranziehung des Wirtschaftlichkeitsgebots geführten konkreten Einzelfallprüfung geschützt ist, wenn für dieselben Verordnungen eine pauschale Richtgrößenprüfung durchgeführt wird. In dieser Entscheidung hat der Senat jedoch bereits in der Schlusspassage des von der Klägerin angeführten Absatzes (RdNr 45) klargestellt, dass die Richtgrößenprüfungen und Einzelfallprüfungen kombiniert werden können, wenn die Zulässigkeit von Verordnungen im Streit steht.
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Hier hat die zu 1. beigeladene AOK bei der Antragstellung möglicherweise nicht trennscharf differenziert, ob sie die Verordnung von Forsteo® unter dem Gesichtspunkt der Unwirtschaftlichkeit im Einzelfall nach § 10 Abs 2 PrüfV bzw unter dem Aspekt der Unzulässigkeit wegen der Missachtung des Therapiehinweises des GBA zu Teriparatid nach § 10 Abs 4 PrüfV beanstandet. Erkennbar steht aber die Auffassung der KK im Vordergrund, die Verordnungen hätten so, wie sie von der Klägerin ausgestellt worden sind, nicht ausgestellt werden dürfen, weil das unvereinbar mit den Vorgaben des Therapiehinweises des GBA war. Dass solche Therapiehinweise wiederum eine untergesetzliche Konkretisierung des generellen Wirtschaftlichkeitsgebots darstellen, hat der Senat bereits in seiner grundlegenden Entscheidung zu den Therapiehinweisen vom 13.5.2006 (B 6 KA 13/05 R - BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5) dargelegt.
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c. Im Übrigen besteht die von der Klägerin in den Vordergrund ihrer Argumentation gerückte Gefahr, wegen derselben Verordnungen sowohl über Einzelfallregresse als auch infolge der Überschreitung des Richtgrößenvolumens in Regress genommen zu werden, konkret nicht. Der Beklagte hat im Verfahren B 6 KA 15/18 R ausdrücklich klargestellt, dass er die auf das Jahr 2007 entfallenden Verordnungen von Forsteo® zulasten der zu 1. beigeladenen AOK mit ihrem relevanten Betrag in Höhe von etwa 44 000 Euro vom Richtgrößenvolumen der Klägerin im Jahr 2007 abgezogen hat, weil er insofern Praxisbesonderheiten angenommen hat. Deshalb kann die Klägerin jedenfalls im Rahmen des Richtgrößenverfahrens nicht für solche Verordnungen von Forsteo® ersatzpflichtig gemacht werden, die für Versicherte der zu 1. beigeladenen AOK ausgestellt wurden und Gegenstand des hier zu entscheidenden Verfahrens sind. Insofern liegt von vornherein keine Doppelregressierung vor. Der Entscheidung des Beklagten, das Verordnungsvolumen für die Richtgrößenprüfung um die hier streitbefangenen Kosten für die Verordnung von Forsteo® zugunsten von Versicherten der zu 1. beigeladenen AOK zu vermindern, hat auch dem Umstand Rechnung getragen, dass (nur) die AOK wegen der von ihr als unzulässig angesehenen Verordnung von Forsteo® durch die Klägerin eine Einzelfallprüfung beantragt hat. Soweit der Beklagte dem durch die Herausrechnung der entsprechenden Verordnungskosten aus den Richtgrößenvolumen Rechnung getragen hat, ist das nicht zu beanstanden.
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4. Der Beklagte hat in seinem angefochtenen Bescheid zu Recht eine Ersatzpflicht der Klägerin für die Kosten der Verordnung von Forsteo® zulasten der zu 1. beigeladenen AOK festgestellt, soweit die Klägerin dieses Arzneimittel ab dem 24.3.2007 verordnet hat. Für dessen Wirkstoff Teriparatid liegt seit dem 21.11.2006 ein Therapiehinweis des GBA vor, der am 24.3.2007 in Kraft getreten ist (BAnz 2007 Nr 58, S 3121 vom 23.3.2007). In Übereinstimmung mit den Verordnungsempfehlungen der zuständigen Fachgesellschaft hat der GBA die Verordnung von Forsteo® nur unter der einschränkenden Voraussetzung in der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen, dass die Patienten nicht ausreichend auf eine direkte und adäquate Vorbehandlung über mindestens ein Jahr angesprochen haben oder nach Absetzen einer Behandlung mit Bisphosphonaten wegen Unverträglichkeit oder wegen Kontraindikationen bzw Unverträglichkeiten gegenüber dem Wirkstoff Raloxifen nicht anders behandelt werden können. Diese Empfehlungen des GBA hat die Klägerin in den streitbefangenen Quartalen nicht beachtet. Deshalb waren die Verordnungen iS des § 10 Abs 4 PrüfV unzulässig.
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a. Der Therapiehinweis des GBA war für die Klägerin wie für alle Vertragsärzte verbindlich. In der Rechtsprechung des Senats ist seit dem Urteil vom 13.5.2006 (B 6 KA 13/05 R - BSGE 96, 261 = SozR 4-2500 § 92 Nr 5) geklärt, dass der GBA auf der Grundlage des § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V Hinweise zum wirtschaftlichen Einsatz von Arzneimitteln geben darf. Das erfolgt in der AMRL mit normativer Wirkung und prinzipieller Verbindlichkeit (auch) gegenüber den Vertragsärzten. Die Reichweite der Bindungswirkung hängt dabei von der konkreten Formulierung des Therapiehinweises ab (BSG Beschluss vom 6.8.2015 - B 6 KA 6/15 B - juris, ebenfalls zu Teriparatid bzw Forsteo®).
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Das LSG hat festgestellt, dass die Klägerin die Einschränkungen der Verordnung von Forsteo® nicht beachtet hat. Daran ist der Senat gebunden (§ 163 SGG), weil es sich um die Feststellung eines tatsächlichen Umstands handelt. Die Beteiligten streiten im Übrigen hier nicht darüber, ob und wann einzelne Patienten, die die beigeladene AOK in ihren Prüfanträgen aufgeführt hat, vorbehandelt worden sind oder wann ggf hinreichende Kontraindikationen im Sinne der Therapiehinweise aufgetreten sind. Eine Vorbehandlung im Sinne des Therapiehinweises ist überhaupt nicht dokumentiert, und die Klägerin macht zumindest im Revisionsverfahren nicht (mehr) geltend, eine solche trotz fehlender Dokumentation durchgeführt zu haben. Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren erstmals angedeutet hat, die Vormedikation sei generell oder zumindest in einzelnen Fällen durchgeführt worden, habe der beigeladenen AOK aber nicht auffallen können, weil sie unter Einsatz von Probepackungen erfolgt sei, hat sie diesen Vortrag im Revisionsverfahren nicht mehr aufgegriffen. Der Senat beschränkt sich deshalb auf den Hinweis, dass der Einsatz sog Probepackungen normativ geregelt ist. Nach § 47 Abs 4 Arzneimittelgesetz (AMG) dürfen sie nur auf "schriftliche oder elektronische Anforderung" des Arztes in der kleinsten Packungsgröße vom Hersteller abgegeben werden. Es wäre Sache der Klägerin gewesen, diese Anforderung vorzulegen und zu erläutern, wie unter Beachtung der Mengenvorgabe des § 47 Abs 4 AMG (maximal zwei Muster pro Jahr in der kleinsten Packungsgröße je Fertigarzneimittel) die umfassende Vorbehandlung der oder aller betroffenen Patienten mit der Standardmedikation bei Osteoporose durchgeführt werden konnte.
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b. Allerdings kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob der Beklagte alle Verordnungen von Forsteo® ab dem 24.3.2007 regressieren durfte. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten werden zahlreiche Patienten in der Praxis der Klägerin über einen längeren Zeitraum behandelt. Das lässt es wahrscheinlich erscheinen, dass die Klägerin nach dem Inkrafttreten des Therapiehinweises am 24.3.2007 Forsteo® auch solchen Patienten verschrieben hat, die schon unmittelbar vor diesem Tag damit behandelt worden sind. Der Senat kann zumindest nicht sicher annehmen, dass alle diese Patienten sofort auf eine andere Medikation umgestellt werden konnten. Dass die Klägerin das erkennbar nicht gewollt hat, weil sie die Verordnungsvorgaben des GBA für sich nicht als verbindlich ansieht, ändert nichts daran, dass es Fälle geben könnte, in denen sie das auch aus medizinischen Gründen nicht gekonnt hätte. Dann darf wegen dieser Verordnungen kein Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin festgestellt werden.
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Diesem Aspekt der unter Umständen zeitlich begrenzt zulässigen Verordnung von Forsteo® ab dem 24.3.2007 muss das LSG näher nachgehen. Das ist bisher - vom Rechtsstandpunkt des LSG im Sinne einer generellen Unzulässigkeit der Verordnung von Forsteo® folgerichtig - nicht geschehen. Dazu wird das LSG zunächst zu klären haben, ob die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren entsprechend zu den hier relevanten Einzelfällen hinreichend substantiiert vorgetragen hat. Ggf muss die Klägerin die Möglichkeit erhalten, ihr Vorbringen im Hinblick auf eine mögliche Umstellung der Therapie der betroffenen Patienten auf eine mit den Vorgaben des GBA kompatible Verordnungsweise zu präzisieren.
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5. Soweit der Beklagte Verordnungen von Forsteo® regressiert hat, die bis zum 23.3.2007 ausgestellt worden sind, erweist sich sein Bescheid entgegen der Auffassung des LSG jedoch als rechtswidrig.
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a. Zwar kann die KK auf der Grundlage des § 10 Abs 2 PrüfV auch die Feststellung der Ersatzpflicht des Arztes für unwirtschaftliche Verordnungen im Einzelfall verlangen, doch hat insoweit die Richtgrößenprüfung Vorrang. Dabei wird das gesamte Verordnungsvolumen des Arztes oder der Praxis mit dem Volumen verglichen, das sich aus der Multiplikation der vereinbarten Richtgröße mit der Fallzahl ergibt. Nach Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten tritt die Ersatzpflicht des Arztes nach § 106 Abs 5a Satz 3 SGB V erst ein, wenn der Vergleich eine Überschreitung um mehr als 25 % ergibt. Dieser Toleranzbereich bei den Verordnungskosten beruht auf einer Entscheidung des Gesetzgebers, die von den Prüfgremien und den Gerichten hinzunehmen ist. Deshalb kann die Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise in Einzelfällen - anders als deren Zulässigkeit - neben einer Prüfung nach Richtgrößen nicht (mehr) geprüft werden (vgl bereits BSG Urteil vom 17.2.2016 - B 6 KA 3/15 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 54 RdNr 44; BSG Urteil vom 13.5.2015 - B 6 KA 18/14 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 51 RdNr 45). Würde das anders beurteilt, könnte eine KK eine Einzelfallprüfung nach § 10 Abs 2 PrüfV in den Fällen veranlassen, in denen das Verordnungsvolumen eines Arztes die Richtgröße rechnerisch deutlich übersteigt. Das kann zB der Fall sein, wenn ein Arzt insgesamt das Richtgrößenvolumen für seine Praxis überschreitet, den Grenzwert von 25 % aber nicht erreicht, oder wenn der Grenzwert von 25 % zwar überschritten wird, aber im Hinblick auf eine nach § 106 Abs 5d SGB V aF für die Folgequartale vereinbarte individuelle Richtgröße kein Regressbetrag festgesetzt werden darf. Würde die Prüfung auf Wirtschaftlichkeit in diesen Einzelfällen ergeben, dass der über die Richtgröße hinausgehende Aufwand unwirtschaftlich ist, müsste der Arzt insoweit Regress leisten, obwohl im eigentlichen Richtgrößenverfahren keine Ersatzpflicht des Arztes festgesetzt werden könnte. Das entspricht nicht der Regelungsintention des Gesetzgebers.
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b. Entgegen der Auffassung des LSG kann aus dem Umstand, dass die Klägerin in der Zeit bis zum 23.3.2007 Forsteo® entgegen den Empfehlungen der Leitlinien des "Dachverbandes Oesteologie zum Einsatz von Teriparatid" verordnet hat, nicht auf die Unzulässigkeit dieser Verordnungen im arznei- oder vertragsarztrechtlichen Sinne des § 10 Abs 4 PrüfV geschlossen werden. Derartigen Leitlinien kommt zur Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsgebots Bedeutung zu, sie sind aber nicht normativ verbindlich.
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In seinem Urteil vom 22.10.2014 (B 6 KA 34/13 R - BSGE 117, 129 = SozR 4-2500 § 34 Nr 16, RdNr 44) hat der Senat die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie als "informellen Konsens" bezeichnet, der gewichtige Anhaltspunkte für die Bewertung eines Krankheitsbildes liefere. Auch im Urteil vom 14.5.2014 (B 6 KA 21/13 R - BSGE 116, 1 = SozR 4-2500 § 34 Nr 14, RdNr 45) hat sich der Senat inhaltlich auf Richtlinien von zwei Fachgesellschaften zum sog Reizdarmsyndrom bezogen, ohne diesen normative Verbindlichkeit zuzusprechen. Genauso wie ein Arzt bei seiner Behandlungsweise im Einzelfall von den Empfehlungen der Fachgesellschaften abweichen darf - wobei er allerdings mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot in Konflikt geraten kann -, kann er sich nicht generell darauf berufen, dass jeder Behandlungsweg, der von einer Leitlinie der zuständigen Fachgesellschaft empfohlen wird, allein deshalb wirtschaftlich im Sinne des Krankenversicherungsrechts sein müsse.
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Soweit der Beklagte hierin eine zu weit gehende Beschränkung der Durchsetzung des Wirtschaftlichkeitsgebots sieht, folgt der Senat dem nicht. Das ergibt sich schon aus dem Urteil des Senats in dem dieselben Beteiligten betreffenden Verfahren B 6 KA 15/18 R ebenfalls vom 11.9.2019. Zu dem dort streitbefangenen Richtgrößenregress hat der Senat entschieden, dass Praxisbesonderheiten weder durch unzulässige noch durch unwirtschaftliche Verordnungen begründet werden können. Die strikte Trennung dieser beiden Bewertungen gilt nur für Verordnungsregresse nach § 10 Abs 4 PrüfV, ist dort aber zwingend zu beachten, damit die (auch) zugunsten der Ärzte erlassenen Regelungen in § 106 Abs 5a SGB V nicht leer laufen.
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6. Das LSG wird bei seiner Entscheidung über den ihm zurückverwiesenen Teil des Streitstoffs auch über die Kosten des Revisionsverfahrens insgesamt zu entscheiden haben. Eine gesonderte Kostenentscheidung über die vom Senat abschließend erledigten Teile des Streitstoffs ist nicht möglich.
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