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BSG 23.05.2018 - B 8 SO 1/18 BH
BSG 23.05.2018 - B 8 SO 1/18 BH - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Verletzung des Grundsatzes des gesetzlichen Richters - Ablehnung eines Befangenheitsantrags in den Urteilsgründen unter Mitwirkung des abgelehnten Richters - Unbeachtlichkeit des Ablehnungsgesuchs wegen Rechtsmissbräuchlichkeit
Normen
§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 60 Abs 1 SGG, § 42 Abs 1 ZPO, § 45 Abs 1 ZPO, Art 101 Abs 1 S 2 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Mannheim, 9. August 2017, Az: S 8 SO 1/17, Gerichtsbescheid
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 14. Dezember 2017, Az: L 7 SO 3716/17, Urteil
Tenor
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Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14. Dezember 2017 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
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I. Im Streit ist, ob der Beklagte auf einen Überprüfungsantrag des Klägers untätig geblieben ist.
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Im Jahr 2001 lehnte der Beklagte einen Antrag des Klägers auf Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) ab (Bescheid vom 6.12.2001; Widerspruchsbescheid vom 28.1.2002; rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts <VG> Karlsruhe vom 22.4.2004 - 2 K 490/02). Im Dezember 2004 beantragte der Kläger die Überprüfung dieses Bescheids gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungs-verfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Im Juni 2005 erhob er beim Sozialgericht (SG) Mannheim "Untätigkeits-Verpflichtungsklage" hinsichtlich anderer von ihm gestellter Überprüfungsanträge (S 8 SO 1594/05, später S 12 SO 1594/05). Der Beklagte teilte dem Kläger mit, dass die Untätigkeitsklage als neuer Antrag gewertet, dieser jedoch abgelehnt werde, weil § 44 SGB X auf das Leistungsrecht des BSHG nicht anwendbar sei (Bescheid vom 14.7.2005; Widerspruchsbescheid vom 27.6.2006). Im Widerspruchsbescheid führte der Beklagte aus, dass durch den Kläger ua der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren 2 K 490/02 gegenständliche Bescheid zur Überprüfung gestellt worden sei.
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Im Dezember 2016 hat der Kläger "wegen Sozialhilfe für den Zeitraum 25.7.2001 bis 6.3.2002" "Untätigkeits-Verpflichtungsklage wegen Nichtverbescheidung" seines Antrags nach § 44 SGB X vom 3.12.2004 hinsichtlich des Ausgangsbescheids zum Klageverfahren 2 K 490/02 erhoben. Die Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid vom 9.8.2017; Urteil des Landessozialgerichts <LSG> Baden-Württemberg vom 14.12.2017). Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Senat könne über die Berufung des Klägers unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters entscheiden, da das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen diesen Richter rechtsmissbräuchlich sei. Dem Antrag des Klägers, die mündliche Verhandlung auf einen nachmittäglichen Zeitpunkt zu verlegen, sei nicht zu entsprechen gewesen, denn der Kläger habe zwingende medizinische Gründe dafür nicht glaubhaft gemacht. Die Berufung des Klägers sei unbegründet, weil die Untätigkeitsklage unzulässig sei. Der Beklagte habe mit Bescheid vom 14.7.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.6.2006 über die am 3.12.2004 gestellten Überprüfungsanträge ablehnend entschieden. Hinsichtlich des Bescheids vom 6.12.2001 ergebe sich dies unter Berücksichtigung des Widerspruchsbescheids vom 27.6.2006. Dort sei ausdrücklich ausgeführt, dass ua die Überprüfung des Ausgangsbescheids im verwaltungsgerichtlichen Verfahren 2 K 490/02 beim VG Karlsruhe abgelehnt werde.
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Der Kläger hat für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG Prozesskostenhilfe (PKH) und (sinngemäß) die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.
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II. Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig er-scheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG> iVm § 114 Zivilprozessordnung <ZPO>). Daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
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Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Es stellen sich keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit den Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage (§ 88 SGG), sondern allenfalls Fragen zur Anwendung dieser Norm im konkreten Einzelfall. Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen ebenso wenig.
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Es ist schließlich auch nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte.
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Das LSG durfte unter Mitwirkung des abgelehnten Richters verhandeln und entscheiden, ohne gegen das Verfahrensgrundrecht auf den gesetzlichen Richter zu verstoßen (Art 101 Abs 1 Satz 2 Grundgesetz <GG>). Erfolgt die Ablehnung eines Befangenheitsantrags nicht durch Zwischenentscheidung (dazu BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 1 RdNr 9 f), sondern - wie hier - in den Urteilsgründen unter Mitwirkung des abgelehnten Richters, kann zwar ein Verfahrensfehler vorliegen, auf dem die Entscheidung beruhen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 4). Das LSG durfte vorliegend aber ohne Verstoß gegen § 60 SGG iVm § 45 Abs 1 ZPO das Ablehnungsgesuch in dem angegriffenen Urteil unter Mitwirkung des abgelehnten Richters als unbeachtlich werten, weil es in nicht zu beanstandender Weise einen Rechtsmissbrauch angenommen hat (vgl hierzu BSG Beschluss vom 13.8.2009 - B 8 SO 13/09 B - mwN). Die Rechtsmissbräuchlichkeit des Ablehnungsgesuchs wird bereits durch die wiederholte Praxis des Klägers deutlich, beteiligte Richter wegen der seiner Ansicht nach jeweils unzutreffenden rechtlichen Bewertungen und verfahrensrechtlichen Vorgehensweisen abzulehnen (vgl BSG Beschluss vom 13.11.2017 - B 13 R 152/17 B; BSG Senatsbeschluss vom 22.3.2017 - B 8 SO 32/16 BH; Senatsbeschluss vom 17.3.2014 - B 8 SO 1/14 C; Senatsbeschlüsse vom 2.4.2009 - B 8 SO 1/08 R - und 23.4.2009 - B 8 SO 2/09 C). Der Kläger hat auch hier keine objektiven Anknüpfungspunkte dafür genannt, dass der berichterstattende und zugleich Vorsitzende Richter voreingenommen sei. Der Vorwurf einer "sachgrundlosen Weigerung der Terminverlegung" entbehrt jeglicher Spezifizierung; aus ihm ergibt sich in keiner Weise ein Hinweis auf Willkür oder unsachliche Einstellung des Richters (vgl dazu Bundesverfassungsgericht <BVerfG> Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10). Der Befangenheitsantrag ist, ebenso wie die in früheren Verfahren beim LSG und Bundessozialgericht (BSG) gestellten Anträge zeigen, als prozesstaktische Mittel zu werten.
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Anders als der Kläger meint, kann er eine Beschwerde auf den absoluten Revisionsgrund einer fehlerhaften Besetzung der Richterbank (§ 202 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO; Verstoß gegen Art 101 Abs 1 Satz 2 GG) wegen Ablehnung des Antrags auf Fahrtkostenzuschuss und Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht stützen, weil die im Schriftsatz vom 22.10.2017 erfolgte Entscheidung als unanfechtbare Vorentscheidung (§ 202 SGG iVm § 557 Abs 2 ZPO; BSG SozR 1500 § 160 Nr 48) ohnehin durch den Vorsitzenden zu treffen war (vgl § 106 SGG, §§ 202 SGG iVm § 227 Abs 4 ZPO). Für andere Verfahrensfehler, die einen absoluten Revisionsgrund begründen könnten, ergeben sich keine Anhaltspunkte.
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Ob sich anderweitig Verfahrensfehler ergeben, kann offenbleiben. Denn es fehlt insoweit jedenfalls an der erforderlichen Erfolgsaussicht in der Hauptsache (vgl zu dieser Voraussetzung nur Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 73a RdNr 7c mwN). Nach summarischer Prüfung des Sach- und Streitstandes ist nicht erkennbar, dass die vom Kläger erhobene Untätigkeitsklage in der Sache Erfolg haben könnte. Die Prüfung der Voraussetzungen des § 88 SGG durch das LSG im konkreten Einzelfall und seine Rechtsauffassung, dass eine Untätigkeit des Beklagten nicht vorliege, vielmehr der Beklagte den Überprüfungsantrag mit Bescheid vom 14.7.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.6.2006 beschieden habe, ist nicht zu beanstanden. Eine Untätigkeit des Beklagten liegt danach nicht vor. Darauf dass ohnehin ein Fall der Verwirkung der Untätigkeitsklage bei Klageerhebung zwölf Jahre nach Eingang des Überprüfungsantrags bei dem Beklagten vorliegen könnte (vgl dazu BT-Drucks 7/4324 S 13; vgl auch Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 88 RdNr 6), kommt es daher nicht an.
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Da dem Kläger keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.
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