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BSG 23.10.2017 - B 8 SO 28/17 BH
BSG 23.10.2017 - B 8 SO 28/17 BH - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Verletzung des rechtlichen Gehörs - mündliche Verhandlung - Terminverlegungsantrag - Kostenerstattung durch das Gericht - Verhandlung und Entscheidung unter Mitwirkung von abgelehnten Richtern - offensichtliche Unzulässigkeit des Ablehnungsgesuchs
Normen
§ 160a Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 60 Abs 1 SGG, § 62 SGG, § 202 S 1 SGG, § 42 Abs 1 ZPO, § 42 Abs 2 ZPO, § 45 Abs 1 ZPO, § 227 Abs 1 ZPO, Art 101 Abs 1 S 2 GG, Art 103 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Bayreuth, 26. Mai 2014, Az: S 4 SO 117/13, Gerichtsbescheid
vorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 5. April 2017, Az: L 18 SO 143/14, Urteil
Tenor
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Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 5. April 2017 Prozesskostenhilfe zu gewähren und einen Prozessbevollmächtigten beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
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I. Im Streit ist die Übernahme der Kosten für Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII), insbesondere für eine Begleitperson.
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Der Kläger ist behindert (Grad der Behinderung 100); die Merkzeichen "G", "Bl", "H" und "RF" sind zuerkannt. Den Antrag auf Übernahme von Kosten für eine Begleitperson lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 23.11.2012; Widerspruchsbescheid vom 4.9.2013). Die Klage ist in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth <SG> vom 26.5.2014; Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts <LSG> vom 5.4.2017). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, hinsichtlich der beanspruchten Kosten für eine Begleitperson habe das Gericht nicht die volle Überzeugung davon gewinnen können, dass der Kläger einen derartigen Bedarf überhaupt habe. Der Kläger habe sich jedoch geweigert, sich hinsichtlich seiner Sehfähigkeit begutachten zu lassen und damit die Zweifel des Gerichts auszuräumen. Soweit der Kläger erstmals im Klageverfahren weitere Ansprüche geltend gemacht habe, ua für Kosten eines Behindertenfahrdienstes oder die Ausstattung mit Hilfsmitteln, habe der Beklagte darüber nicht mit dem angefochtenen Bescheid entschieden; die Klage sei unzulässig.
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Der Kläger hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.
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II. Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung ua hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung <ZPO>). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg böte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Von diesen Zulassungsgründen kann nach Aktenlage unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers keiner mit Erfolg im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden.
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Das LSG hat insbesondere nicht den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG; Art 103 Grundgesetz <GG>) dadurch verletzt, dass es den am 3.4.2017 gestellten Vertagungsantrag des Klägers abgelehnt und am 5.4.2017 in seiner Abwesenheit mündlich verhandelt und entschieden hat. Die schriftlich und telefonisch am 3.4.2017 erfolgte Ablehnung des Vertagungsantrags war rechtmäßig; denn der Kläger war darüber informiert, dass trotz Verlegungs- und Befangenheitsantrags (dazu unten) die mündliche Verhandlung vor dem LSG stattfinden würde, und war nicht gehindert, hieran teilzunehmen. Das LSG hatte mit der Ladung des Klägers vom 16.3.2017 sein persönliches Erscheinen angeordnet, um ihm "die kostenfreie Teilnahme am Gerichtstermin zu ermöglichen". In der Ladung heißt es hierzu: "Ihre Anreise kann per Taxi mit Begleitperson erfolgen", sodass die Übernahme entsprechender Kosten gesichert war. Auf entsprechende Anfrage des Klägers hat das LSG zudem das Abrechnungsverfahren bezüglich zu erstattender Kosten erläutert (28.3.2017). Den überzogenen Forderungen des Klägers (insbesondere konkrete Bezifferung von Kosten für die Begleitperson ausgehend von 12 Euro pro Stunde bei einem Zeitaufwand von 8 Stunden) konnte und musste das LSG nicht nachkommen. Erforderlich, aber auch ausreichend zur Sicherstellung des rechtlichen Gehörs ist es lediglich, dass der Kläger - wie geschehen - die Gewähr dafür erhält, die für seine Teilnahme anfallenden Kosten erstattet zu bekommen.
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Das LSG durfte auch unter Mitwirkung der abgelehnten Richter verhandeln und entscheiden, ohne gegen das Verfahrensgrundrecht auf den gesetzlichen Richter zu verstoßen (Art 101 Abs 1 Satz 2 GG). Erfolgt die Ablehnung eines Befangenheitsantrags nicht durch Zwischenentscheidung (dazu BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 1 RdNr 9 f), sondern - wie hier - in den Urteilsgründen unter Mitwirkung der abgelehnten Richter, kann zwar ein Verfahrensfehler vorliegen, auf dem die Entscheidung beruhen kann (vgl BSG SozR 4-1500 § 60 Nr 4); das LSG durfte vorliegend aber ohne Verstoß gegen § 60 SGG iVm § 45 Abs 1 ZPO das Ablehnungsgesuch in dem angegriffenen Urteil unter Mitwirkung der abgelehnten Richter als unbeachtlich werten, weil es in nicht zu beanstandender Weise einen Rechtsmissbrauch angenommen hat (vgl hierzu BSG, Beschluss vom 13.8.2009 - B 8 SO 13/09 B - mwN). Ein Ablehnungsgesuch, das keine Begründung oder lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist unzulässig. Bei offensichtlicher Unzulässigkeit bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters; dieser ist auch bei der Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch nicht ausgeschlossen (vgl BVerfGK 8, 59, 60). So liegt der Fall hier. Der Kläger hat sein Ablehnungsgesuch gegen die abgelehnten Richter mit ihrer Mitwirkung an der Ablehnung seines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begründet. Diese Begründung des Befangenheitsgesuchs ist - worauf das LSG zu Recht verweist - offensichtlich ungeeignet, einen Ausschluss des abgelehnten Richters zu rechtfertigen (vgl dazu auch BVerfGE 131, 239, juris RdNr 45). Die übrigen Ausführungen (massive Verfahrensverzögerung, falsche Angaben, üble Nachrede, Außerkraftsetzung der Gesetzgebung) sind erkennbar aus der Luft gegriffen und zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet.
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Da das LSG danach unter Mitwirkung der abgelehnten Richter das Ablehnungsgesuch als unbeachtlich werten und in der Sache verhandeln und entscheiden durfte, musste auch nicht wegen des kurz vor dem Verhandlungstermin am 3.4.2017 angebrachten Ablehnungsgesuchs eine Vertagung erfolgen.
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Der vom Kläger schließlich mit der Begründung behauptete Verstoß gegen ein faires Verfahren, die Verfahren seien überwiegend auf Diskriminierung und Beleidigung aufgebaut, ist nicht erkennbar. Das LSG hat sich im Gegenteil über seine Fürsorgepflicht hinaus erkennbar bemüht, den Wünschen und Vorstellungen des Klägers gerecht zu werden. Es war aber nicht verpflichtet, das Verfahren quasi nach Weisung des Klägers zu führen.
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Mit der Ablehnung der PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
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