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BSG 09.12.2016 - B 9 V 35/16 B
BSG 09.12.2016 - B 9 V 35/16 B - Nichtzulassungsbeschwerde - Divergenz - soziales Entschädigungsrecht - Soldatenversorgung - Wehrdienstbeschädigung - Radarschaden - ursächlicher Zusammenhang - Beweisschwierigkeiten - unzulängliche Ermittlungen der Bundeswehr - grundsätzlich keine Beweislastumkehr - sozialgerichtliches Verfahren
Normen
§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 128 SGG, § 81 Abs 1 SVG, § 81 Abs 6 S 1 SVG
Vorinstanz
vorgehend SG Hannover, 21. Februar 2016, Az: S 18 VS 17/05, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 25. Februar 2016, Az: L 10 VE 28/12, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. Februar 2016 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
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I. Der Kläger begehrt die Feststellung von Schädigungsfolgen und die Gewährung von Ausgleich nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG).
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Der Kläger gehörte von 1960 bis 1972 als Zeitsoldat der Bundeswehr an, wo er als Flugsicherungsradarmechaniker/-Meister und in dieser Funktion als Ausbilder tätig war.
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Sein im März 1972 gestellter Antrag, bei ihm eine Stoffwechselerkrankung als Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen und ihm Versorgung nach dem SVG zu gewähren, blieb erfolglos (Bescheid vom 12.1.1973, Widerspruchsbescheid vom 12.9.1974).
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Im Jahr 2003 beantragte der Kläger erneut Beschädigtenversorgung nach dem SVG. Die Beklagte lehnte es wiederum ab, die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen wie Stoffwechselstörungen, Schwindelattacken und Erschöpfungssymptomatik als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen und dafür Ausgleich zu gewähren (Bescheid vom 12.1.2004, Widerspruchsbescheid vom 27.10.2005).
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Das SG Hannover hat die dagegen erhobene Klage nach medizinischen Ermittlungen abgewiesen, weil die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht hinreichend wahrscheinlich Folgen einer Wehrdienstbeschädigung seien (Urteil vom 21.2.2012).
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Die dagegen erhobene Berufung des Klägers hat das LSG zurückgewiesen. Es sei nicht nachgewiesen, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Bundeswehr einer Belastung durch ionisierende Strahlung in potenziell schädigendem Ausmaß ausgesetzt gewesen sei. Den Kläger treffe die objektive Beweislast für den Nachweis des Erreichens der notwendigen Schwellendosis, den er nicht geführt habe und nach den Ergebnissen des Berichts der Radarkommission auch nicht führen könne mangels verlässlicher Daten- und Informationsbasis (Urteil vom 25.2.2016).
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Er macht geltend, das LSG habe Verfahrensfehler begangen und die grundsätzliche Bedeutung im Zusammenhang mit einer möglichen Beweislastumkehr bei Radarschäden verkannt.
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil weder der behauptete Verfahrensmangel (1.) noch die vermeintliche grundsätzliche Bedeutung (2.) ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
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1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG), so müssen bei der Bezeichnung dieses Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst substantiiert die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargetan werden. Daran fehlt es hier.
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a) Die Beschwerde hat nicht hinreichend substantiiert dargelegt, warum das LSG seine Amtsermittlungspflicht verletzt haben sollte. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Will die Beschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§ 103 SGG), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist. Das hat die Beschwerde nicht getan. Sie gibt insoweit lediglich an, der Kläger habe Einwendungen gegen das Gutachten des vom Gericht gehörten Sachverständigen Prof. Dr. Dr. S. erhoben und Ergänzungsfragen und Beweisanträge gestellt. Dagegen hätte die Beschwerde ausführen müssen, wo sich die genaue Fundstelle für den Beweisantrag befindet und dass er in der letzten mündlichen Verhandlung bzw in welchem Schriftsatz, auf welchem Blatt etc gestellt worden ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6). Zudem muss zur Darlegung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichneten Punkte Beweis erhoben werden sollte und welches Beweisergebnis voraussichtlich zu erwarten gewesen wäre. Denn Merkmal eines Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6 mwN). Auch daran fehlt es hier.
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b) Ebenso wenig substantiiert dargelegt hat die Beschwerde einen Verfahrensfehler des LSG, weil das Gericht entgegen dem Willen des Klägers das Verfahren nicht ausgesetzt hat, um die Empfehlungen des "Fachgesprächs Radar" und das Ergebnis daran anschließender parlamentarischer Initiativen abzuwarten. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, warum die Voraussetzungen der Aussetzung des Verfahrens nach § 114 SGG wegen der Vorgreiflichkeit eines anderen Rechtsstreits oder eines Verwaltungsverfahrens oder des Ruhens aufgrund übereinstimmenden Antrags der Parteien aus wichtigem Grund nach § 202 SGG iVm § 251 ZPO (vgl BSG Beschluss vom 17.12.2015 - B 2 U 132/15 B - Juris) vorgelegen haben sollten.
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2. Auch die von ihr behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hat die Beschwerde nicht substantiiert vorgetragen. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Hieran fehlt es in Bezug auf die von der Beschwerde für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltene Frage,
ob eine Beweislastumkehr zugunsten der Geschädigten anzunehmen ist, wenn wegen der unzureichenden Dokumentation der Bundeswehr kein Geschädigter mehr den Vollbeweis für das Erreichen der jeweiligen Schwellendosis nach der Nr 2402 der Anlage zur BKV führen kann.
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Wie der Beklagte zu Recht einwendet, legt die Beschwerdebegründung bereits nicht substantiiert dar, welches gesetzliche Tatbestandsmerkmal welcher bundesrechtlichen Norm mit Blick auf welche Bestimmung ausgelegt werden soll, um die Rechtseinheit zu wahren oder das Recht fortzubilden (vgl Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 46 mwN).
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Der Senat hat zudem für Radarschäden, die im Zusammenhang mit dem Dienst bei der Bundeswehr geltend gemacht werden, bereits darauf hingewiesen, dass sich die höchstrichterliche Rechtsprechung mit der Frage der Beweiserleichterung bis hin zur Beweislastumkehr im sozialen Entschädigungsrecht mehrfach befasst hat und deshalb insoweit kein grundsätzlicher Klärungsbedarf besteht (BSG Beschluss vom 2.10.2008 - B 9 VS 3/08 B - SozR 4-1500 § 124 Nr 2; SozR 4-1500 § 62 Nr 11 RdNr 8 unter Hinweis auf BSG SozR 3-1750 § 444 Nr 1; BSGE 83, 279, 281 = SozR 3-3900 § 15 Nr 2 und zuletzt BSG SozR 4-3100 § 1 Nr 3 RdNr 22). Generell führen Beweisschwierigkeiten oder möglicherweise unzulängliche Ermittlungen des Beklagten nach der Rechtsprechung des BSG nicht grundsätzlich zu einer Beweislastumkehr. Diese tritt bei einem Beweisnotstand allenfalls dann ein, wenn er auf einer schuldhaft unterlassenen bzw unvollkommenen Beweiserhebung oder sogar auf einer Beweisvereitelung durch denjenigen beruht, dem die Unerweislichkeit der Tatsachen zum prozessualen Vorteil gereicht (vgl BSG Urteil vom 30.11.2006 - B 9a VS 1/05 R - Juris RdNr 19 ff). Dass trotz dieser vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung noch oder wieder Klärungsbedarf bestehe, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt.
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Ob die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr nach den von der Rechtsprechung definierten Voraussetzungen im Einzelfall des Klägers vorliegen, wie die Beschwerde mit umfangreichen Tatsachenvortrag darzulegen versucht, ist keine über den Einzelfall hinaus bedeutsame grundsätzliche Rechtsfrage, sondern Gegenstand der Beweiswürdigung des LSG im Einzelfall. Diese Beweiswürdigung und die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des LSG im Einzelfall sind aber nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
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Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
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