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BSG 07.02.2012 - B 13 R 72/11 R
BSG 07.02.2012 - B 13 R 72/11 R
Vorinstanz
vorgehend SG Düsseldorf, 7. April 2011, Az: S 27 R 1829/10, Urteil
Tenor
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Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 7. April 2011 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über einen früheren Beginn der Regelaltersrente der Klägerin.
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Die im 1923 in Polen geborene Klägerin ist israelische Staatsangehörige und lebt in Israel. Sie ist anerkannte Verfolgte des Nationalsozialismus und hat eine Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz erhalten.
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Die Klägerin hatte bereits am 6.2.1990 bei der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) einen Antrag auf Altersrente unter Anrechnung von Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) vom 1.8.1938 bis 30.9.1939 gestellt, den die BfA mangels Glaubhaftmachung der geltend gemachten FRG-Zeiten abgelehnt hatte (Bescheid vom 16.4.1993, Widerspruchsbescheid vom 12.8.1993). Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (Urteil des SG Berlin vom 27.8.1996 - S 2 An 4146/93).
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Am 26.11.2002 beantragte die Klägerin bei der BfA Altersrente unter Berücksichtigung von Ghetto-Beitragszeiten im Ghetto Tschenstochau von Frühling 1941 bis Januar 1945 auf der Grundlage des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG). Diesen Antrag lehnte die inzwischen zuständig gewordene Beklagte ab (Bescheid vom 21.5.2004, Widerspruchsbescheid vom 15.2.2005). Das SG Düsseldorf wies mit Urteil vom 13.2.2006 (S 15 R 96/05) die Klage ab: Die Klägerin habe in der Zeit von Frühling 1941 bis Sommer 1943 nicht freiwillig und entgeltlich im Ghetto Tschenstochau gearbeitet; ihre Angaben belegten vielmehr das Vorliegen von Zwangsarbeit. In der Zeit danach habe sie sich nicht in einem Ghetto, sondern in einem Zwangsarbeitslager aufgehalten. Dieses Urteil wurde rechtskräftig.
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Auch den Überprüfungsantrag der Klägerin vom 3.3.2008 unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 14.12.2006 (B 4 R 29/06 R - BSGE 96, 48 = SozR 4-5075 § 1 Nr 3) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5.6.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.8.2008 ab. Im Klageverfahren erklärte sie sich im Hinblick auf die Urteile des BSG vom 2. und 3.6.2009 (ua B 13 R 81/08 R - BSGE 103, 190 = SozR 4-5075 § 1 Nr 7; B 5 R 26/08 R - BSGE 103, 220 = SozR 4-5075 § 1 Nr 8) bereit, eine Beitragszeit nach dem ZRBG für die Zeit von April 1941 bis Juni 1943 sowie Ersatzzeiten wegen Verfolgung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen anzuerkennen; die Klägerin nahm dieses Anerkenntnis an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.
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Mit Bescheid vom 2.6.2010 gewährte die Beklagte der Klägerin Regelaltersrente ab dem 1.1.2004 mit einem Zugangsfaktor 1,945. Der monatliche Zahlbetrag ab 1.7.2010 betrug 278,30 Euro, die Nachzahlung 23 621,90 Euro.
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Den auf Zahlung der Rente bereits ab dem 1.7.1997 gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.7.2010 zurück: Sie habe ihren bestandskräftigen ablehnenden Bescheid vom 21.5.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.2.2005 nach § 44 SGB X überprüft und mit dem nun angefochtenen Bescheid die begehrte Rente bewilligt. Nach § 44 Abs 4 SGB X würden bei Rücknahme eines Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht, vom Beginn des Jahres an gerechnet, in dem die Rücknahme beantragt worden sei. Ausgehend von dem am 3.3.2008 gestellten Überprüfungsantrag werde die Rente daher zutreffend ab dem 1.1.2004 geleistet.
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Das SG hat mit Urteil vom 7.4.2011 die Klage abgewiesen: Der Zahlungsanspruch bestehe erst ab Januar 2004. Dies folge aus der Vier-Jahres-Frist des § 44 Abs 4 SGB X. Diese Vorschrift werde nicht durch eine Spezialregelung verdrängt. Der Rentenbeginn zum 1.7.1997 gelte gemäß § 3 Abs 1 S 1 ZRBG nur für bis zum 30.6.2003 gestellte Rentenanträge; aus ihrem Antrag vom November 2002 könne die Klägerin wegen der bestandskräftigen Ablehnung nichts mehr herleiten. Auch verstoße es nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG, dass Verfolgte, deren ursprünglicher (fristgemäßer) Rentenantrag noch nicht bestandskräftig abgelehnt worden sei, regelmäßig unter Berücksichtigung der Urteile des BSG vom Juni 2009 Rente ab dem 1.7.1997 bezögen, während Verfolgte wie die Klägerin bei zuvor rechtskräftiger Ablehnung ihres ursprünglichen Rentenantrags im Rahmen von Überprüfungsbescheiden immer nur rückwirkend für die letzten vier Kalenderjahre Rente erhielten.
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Mit ihrer vom SG zugelassenen Sprungrevision, deren Einlegung die Beklagte zugestimmt hat, rügt die Klägerin eine Verletzung von § 44 Abs 4 SGB X, § 3 Abs 1 ZRBG, § 99 Abs 1 SGB VI und Art 3 Abs 1 GG. Zu Unrecht gehe das SG davon aus, dass § 44 Abs 4 SGB X den geltend gemachten Anspruch auf Zahlung der Rente ab dem 1.7.1997 ausschließe. Denn der Leistungseinschränkung des § 44 Abs 4 SGB X stehe die spezialgesetzliche Rückwirkungsregelung nach § 3 Abs 1 ZRBG entgegen, nach der ein bis zum 30.6.2003 gestellter Antrag als am 18.6.1997 gestellt gelte. Diese Fiktion wirke unabhängig vom Schicksal ihres Antrags vom 26.11.2002 fort. Die fehlende Notwendigkeit, den Rechtsgedanken des § 44 Abs 4 SGB X auf nach Ablauf der Frist des § 3 Abs 1 ZRBG eingehende Anträge anzuwenden, ergebe sich ferner aus der Antwort der Bundesregierung zu Frage 6 der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Andreas Storm ua sowie der Fraktion der CDU/CSU (BT-Drucks 15/1475). Die Rechtsauffassung des SG finde weder im Gesetzentwurf noch in der Gesetzesbegründung vom 19.3.2002 (BT-Drucks 14/8583) eine Bestätigung. Auch die Vorschriften des ZRBG enthielten keinen Verweis auf die Anwendbarkeit des § 44 Abs 4 SGB X oder des § 45 SGB I. Aus § 37 S 1 Halbs 1 SGB I ergebe sich, dass § 44 Abs 4 SGB X auf das ZRBG nicht anwendbar sei. Denn die verdrängende Wirkung komme einer Spezialregelung auch ohne ausdrückliche Anordnung zu, wenn sich aus ihrem Sinn und Zweck bei Berücksichtigung der zugrunde liegenden Interessenbewertung ergebe, dass sie die Rücknahme- und Rückforderungsvoraussetzungen für von ihr erfasste Sachverhalte eigenständig und abweichend festlegen wolle (Hinweis ua auf das Urteil des Senats vom 31.1.2002 - B 13 RJ 23/01 R). Die Nichtanwendung des § 44 Abs 4 SGB X sei mit dem Zweck des ZRBG vereinbar. Denn bei den Leistungen nach dem ZRBG handele es sich nicht um reguläre Leistungen der sozialen Sicherheit; aufgrund ihrer Höhe dienten sie nicht der Sicherung des Lebensunterhalts der Betroffenen. Außerdem sei die Zielgruppe überschaubar. Daher sei die Abwägung, wie sie das BSG - etwa in BSGE 34, 1, 11 ff - vorgenommen habe, hier nicht einschlägig. Außerdem verletze die Anwendung des § 44 Abs 4 SGB X den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art 3 Abs 1 GG. Eine Differenzierung nach dem Zeitpunkt der Antragstellung bei einem dahinterstehenden vergleichbaren Verfolgungsschicksal sei vor dem Hintergrund des Art 3 Abs 1 GG nicht vertretbar (Hinweis auf das Urteil des Senats vom 3.5.2005 - B 13 RJ 34/04 R). Darüber hinaus sei es mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar, wenn nur diejenigen Verfolgten in den Genuss der Vorzüge des Rentenbeginns nach § 3 Abs 1 ZRBG kämen, deren Verfahren aufgrund der Überlastung der Verwaltung und der Sozialgerichtsbarkeit über einen Zeitraum von sieben Jahren nicht hätten bindend abgeschlossen werden können.
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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 7. April 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Änderung des Bescheids vom 2. Juni 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. Juli 2010 die Regelaltersrente bereits ab 1. Juli 1997 zu gewähren.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält an ihren Entscheidungen fest und verteidigt das angefochtene Urteil des SG.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung ihrer Regelaltersrente bereits ab 1.7.1997.
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Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ein Anspruch der Klägerin auf Rentenzahlung auch für die Zeit vor dem 1.1.2004. Die übrigen im Bescheid vom 2.6.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.7.2010 enthaltenen Regelungen sind nicht angefochten.
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Die Bescheide der Beklagten sind im streitigen Umfang nicht rechtswidrig. Eine weitergehende Rückwirkung der Rentenzahlung als, wie dort geregelt, ab 1.1.2004 steht der Klägerin nicht zu.
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1. In ihrem Falle sind die Voraussetzungen für eine Rücknahme des die Rente nach dem ZRBG ablehnenden Bescheids vom 21.5.2004 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.2.2005) mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 44 Abs 1 SGB X erfüllt. Denn im Sinne des Satzes 1 der Vorschrift hatte sich ergeben, dass bei Erlass des Ablehnungsbescheids das Recht unrichtig angewandt worden war und deshalb Sozialleistungen (hier: die Rente) zu Unrecht nicht erbracht worden waren.
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Damit war nach Abs 4 S 1 bis 3 der Vorschrift die in der Vergangenheit zu Unrecht nicht gezahlte Rente "längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren" ab Beginn des Jahres der Stellung des Antrags auf Rücknahme zu erbringen. Da die Klägerin den Rücknahme-(Überprüfungs-)Antrag im März 2008 gestellt hatte, ergab sich ein Beginn der rückwirkenden Rentenzahlung am 1.1.2004.
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2. Einer Anwendung der dargestellten Regelung steht nicht entgegen, dass die Klägerin Berechtigte nach dem ZRBG ist.
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a) Wie sie zu Recht vorträgt, konnte die Klägerin ihre Ansprüche erst aufgrund der Urteile des BSG vom Juni 2009 (BSG 13. Senat> vom 2.6.2009 - BSGE 103, 190 = SozR 4-5075 § 1 Nr 7; BSGE 103, 201 = SozR 4-5075 § 1 Nr 5 und B 13 R 85/08 R - veröffentlicht in Juris; BSG 5. Senat> vom 3.6.2009 - BSGE 103, 220 = SozR 4-5075 § 1 Nr 8; B 5 R 66/08 R - veröffentlicht in Juris) durchsetzen, die entgegenstehende frühere Rechtsprechung aufgegeben hatten. Wäre zu diesem Zeitpunkt über ihren ursprünglichen Antrag vom November 2002 noch nicht bindend (hier: durch Urteil des SG vom 13.2.2006) - negativ - entschieden gewesen, hätte sie die Zahlung ihrer Rente rückwirkend ab 1.7.1997 (Inkrafttreten des ZRBG nach Art 3 Abs 2 des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto und zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 20.6.2002, BGBl I 2074) beanspruchen können. Aus diesen Umständen kann die Klägerin jedoch keine weitergehenden Ansprüche als nach § 44 SGB X ableiten.
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Nach § 77 SGG ist ein Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, wenn der dagegen eingelegte Rechtsbehelf erfolglos geblieben ist, "soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist". Als gesetzliche Regelung, mit deren Hilfe die Klägerin die Bindungswirkung des Ablehnungsbescheids vom Mai 2004 überwinden kann, kommt lediglich die Vorschrift des § 44 SGB X in Betracht.
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Sie gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, die nach dem SGB ausgeübt wird (§ 1 Abs 1 S 1 SGB X). Hierzu gehört auch die Ausführung des ZRBG, das der Gesetzgeber als Spezialregelung zu dem im SGB VI geregelten Recht der gesetzlichen Rentenversicherung konzipiert hat. Dies geht insbesondere aus der Regelung des § 1 Abs 2 ZRBG hervor, wonach dieses Gesetz "die rentenrechtlichen Vorschriften des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung" (WGSVG) ergänzt; nach § 7 WGSVG ergänzen jedoch wiederum diese Vorschriften "zugunsten von Verfolgten die allgemein anzuwendenden Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch". Nichts anderes ergibt sich aus den in § 3 ZRBG in Bezug genommenen Begriffen des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung ("Antrag auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung", "Zugangsfaktor", "Wartezeit", "Rente wegen Alters").
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b) Eigene einschlägige Bestimmungen, die zugunsten der Klägerin als Spezialregelung dem § 44 SGB X vorgehen könnten, enthält das ZRBG nicht.
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Eine solche Bestimmung ist insbesondere nicht die Regelung des § 3 Abs 1 S 1 ZRBG. Nach dieser Vorschrift gilt "ein bis zum 30. Juni 2003 gestellter Antrag auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (…) als am 18. Juni 1997 gestellt". Die Vorschrift regelt schon nach ihrem Wortlaut - anders als etwa § 17c WGSVG - nicht selbst unmittelbar den Rentenbeginn, sondern modifiziert bzw fingiert lediglich den maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, BT-Drucks 14/8583 S 1: "Die Antragstellung auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wird fiktiv auf den Tag der BSG-Entscheidung am 18. Juni 1997 festgesetzt" - inhaltsgleich der Gesetzentwurf der Fraktion der PDS, BT-Drucks 14/8602 S 1: "Die Antragstellung auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wird auf den Tag der BSG-Entscheidung am 18. Juni 1997 fingiert"). Sie ist mithin (nur) für eines von mehreren Tatbestandsmerkmalen, die nach § 99 Abs 1 SGB VI für den Beginn einer Altersrente maßgeblich sind, von Bedeutung und führt lediglich "im Zusammenwirken" (so BT-Drucks 14/8583 bzw 14/8602, jeweils S 6 - zu Art 1, zu § 3) mit anderen Regelungen zu einem Rentenbeginn frühestens ab 1.7.1997. Einem solchen Verständnis steht auch die amtliche Überschrift des § 3 Abs 1 ZRBG ("Besonderheiten beim Rentenbeginn") nicht entgegen; diese verdeutlicht vielmehr, dass die Regelung nicht selbst den Rentenbeginn für "Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto" festlegt, sondern lediglich Besonderheiten hinsichtlich eines einzelnen für den Rentenbeginn nach § 99 SGB VI bedeutsamen Umstands - des Zeitpunkts der Antragstellung - normiert.
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Hiernach galt zwar der ursprüngliche Rentenantrag der Klägerin vom 26.11.2002 gemäß § 3 Abs 1 S 1 ZRBG als am 18.6.1997 gestellt. Wie oben ausgeführt, ist jedoch die daraufhin mit Bescheid vom 21.5.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.2.2005 - wenn auch zu Unrecht - erfolgte Ablehnung für die Klägerin bindend geworden. Von dieser Bindungswirkung kann lediglich nach näherer Maßgabe des § 44 SGB X abgewichen werden, und damit mit keiner längeren als der in dessen Abs 4 geregelten Rückwirkung.
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3. Dies ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
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Insbesondere folgt im Fall der Klägerin aus dem von der Revision herangezogenen allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) kein Verfassungsverstoß. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist Art 3 Abs 1 GG dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl zB BVerfG vom 27.2.2007 - BVerfGE 117, 272, 301 = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 70 mwN).
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Hier jedoch besteht der ausschlaggebende Unterschied zwischen jenen Berechtigten nach dem ZRBG, denen gegenüber im Zeitpunkt der Rechtsprechungsänderung durch das BSG im Juni 2009 noch keine bindende Ablehnung erfolgt war, und jenen, bei denen (wie bei der Klägerin) eine solche bereits vorlag, aus eben diesem Umstand. Hieran ändert nichts, dass es, wie die Revision aufzeigt, angesichts der Vielzahl der bis zum Stichtag nach § 3 Abs 1 ZRBG eingegangenen Anträge nach dem ZRBG oft von Zufällen abhing, ob im Zeitpunkt der Urteile des BSG vom Juni 2009 bereits eine unanfechtbare Entscheidung ergangen war.
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Denn zu den tragenden Prinzipien des Rechtsstaats gehört der Grundsatz, dass nach Abschluss eines Verfahrens durch unanfechtbare Entscheidung allenfalls ausnahmsweise eine neue Entscheidung in der Sache möglich ist. Demgemäß ist die öffentliche Gewalt von Verfassung wegen nicht verpflichtet, rechtswidrige Verwaltungsakte ohne Rücksicht auf ihren formellen Rechtsbestand auf Antrag oder von Amts wegen zu beseitigen (vgl BVerfG vom 11.10.1966 - BVerfGE 20, 230, 235; BVerfG vom 27.2.2007 - BVerfGE 117, 302, 315 = SozR 4-8100 Art 19 Nr 1 RdNr 32). Vielmehr hat der Gesetzgeber bei der Regelung der Rechtsbeständigkeit unanfechtbarer Verwaltungsakte zwischen dem Prinzip der Rechtssicherheit und dem Grundsatz der (materiellen) Gerechtigkeit abzuwägen. Zwar kommt im Wiedergutmachungsrecht dem Prinzip der materiellen Gerechtigkeit größeres Gewicht zu. Dennoch fordert das GG selbst hier (lediglich) einen Anspruch darauf, dass die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen darüber entscheidet, ob sie in eine erneute Nachprüfung eines unanfechtbaren ablehnenden Bescheids eintreten will (BVerfG vom 17.12.1969 - BVerfGE 27, 297, 305 ff).
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Über das hiernach verfassungsrechtlich Gebotene ist der Gesetzgeber des SGB X, in Kraft seit 1.1.1981, bereits weit hinausgegangen, hat er doch zugunsten der Sozialleistungsberechtigten die auch im Fall der Klägerin angewandte Regelung des § 44 Abs 1 SGB X (hierzu oben unter 1.) geschaffen. Dieser enthält auch gegenüber der Parallelvorschrift in § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) günstigere Regelungen, weil dort die Überprüfung bindender Verwaltungsakte - wie vom BVerfG für das Wiedergutmachungsrecht gefordert - in das Ermessen der Verwaltungsbehörde gestellt ist, was damit auch für den Umfang der Rückwirkung gilt. Demgegenüber ist nach § 44 Abs 1 SGB X ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine Sozialleistung zu Unrecht verweigert hat, zurückzunehmen, ohne dass der Verwaltung insoweit ein Ermessen zustünde; nach Abs 4 der Vorschrift sind ferner die vorenthaltenen Leistungen zwingend für vier Jahre rückwirkend zu erbringen. Diese Regelung kommt auch der Klägerin zugute.
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Ohne dass dies für die Entscheidung des Senats ein tragender Grund ist, wirkt sich zu Gunsten der Klägerin weiterhin aus, dass die Beklagte für den Zugangsfaktor (§ 77 Abs 2 S 1 Nr 2 Buchst b SGB VI) davon ausgegangen ist, dass die Klägerin die Altersrente nach Erreichen der Regelaltersgrenze erst zum 1.1.2004 in Anspruch genommen hat; die Rente wird daher nach einem höheren Zugangsfaktor (1,945) als bei einem (begehrten) Rentenbeginn zum 1.7.1997 (1,555) berechnet (vgl § 3 Abs 2 ZRBG).
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Wenn aber, wie aufgezeigt, die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden nicht gegen das GG verstoßen hat, besteht in keinerlei Hinsicht ein Anlass, im vorliegenden Fall die Vorschriften des § 3 Abs 1 ZRBG und § 44 Abs 4 SGB X im Sinne des Klageantrags "verfassungskonform" anzuwenden.
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4. Der Fall der Klägerin ist entgegen ihrer Meinung nicht mit der Konstellation vergleichbar, die zum Senatsurteil vom 3.5.2005 (B 13 RJ 34/04 R - BSGE 94, 294 = SozR 4-2600 § 306 Nr 1) geführt hat. Denn im vorliegenden Fall führt der neue Antrag nach Unanfechtbarkeit des früheren Bescheids - anders als damals - nicht dazu, dass die Klägerin von einem Rentenanspruch nach dem ZRBG vollständig (und auf Dauer) ausgeschlossen wird, sondern lediglich zu einer nur eingeschränkten Rückwirkung.
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5. Etwas anderes lässt sich nicht aus der Antwort der Bundesregierung vom 8.8.2003 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andreas Storm ua und der Fraktion der CDU/CSU zu Frage 6 (BT-Drucks 15/1475 S 4) ableiten; denn diese erläutert, dass auf Rentenanträge, die nach dem 30.6.2003 gestellt wurden, die Zahlung mit dem Antragsmonat beginnt. Zur Frage, ob bei Überprüfungsanträgen nach § 44 SGB X nach Ablauf des 30.6.2003 die Vier-Jahres-Frist nach dessen Abs 4 (nicht) gelten soll, nimmt sie keine Stellung (vgl hierzu aber die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke ua und der Fraktion DIE LINKE zu Frage 10 <BT-Drucks 17/6776 S 5>, die die Anwendung des § 44 Abs 4 SGB X bejaht).
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Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich auch aus dem Urteil des Senats vom 31.1.2002 (B 13 RJ 23/01 R - BSGE 89, 151 = SozR 3-1300 § 44 Nr 34) nichts Abweichendes. Denn diese Entscheidung ist zum Übergang eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung ergangen und daher für den vorliegenden Sachverhalt von vornherein nicht einschlägig.
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6. Ob die Klägerin vor dem 30.6.2003 weitere Rentenanträge zB bei einem israelischen Versicherungsträger (mit Wirkung für die deutsche gesetzliche Rentenversicherung: s hierzu Senatsurteil vom 19.4.2011 - B 13 R 20/10 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-6480 Art 27 Nr 1 vorgesehen) gestellt hat, kann im vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben. Solche Anträge hätten sich auch dann mit Erlass des Bescheids der Beklagten vom 21.5.2004 erledigt, wenn sie der Beklagten nicht bekannt waren. Denn dieser Bescheid ist mit Eintritt seiner Bestandskraft nach § 77 SGG "in der Sache" bindend geworden (vgl zur Bindungswirkung bestandskräftiger Verwaltungsakte bereits BSG vom 21.9.1962 - BSGE 18, 22, 26 = SozR Nr 35 zu § 77 SGG). Nach dessen Rücknahme gemäß § 44 SGB X ist daher auch insoweit die rückwirkende Rentenzahlung durch § 44 Abs 4 SGB X beschränkt.
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7. a) Unerheblich ist, in welchem Maße rechtswidrig die ablehnenden ursprünglichen Entscheidungen der Beklagten und der Gerichte waren. Dass sie sich überhaupt als rechtswidrig erwiesen haben, ist bereits Voraussetzung der Anwendung der Vorschrift des § 44 Abs 1 SGB X. Diese macht keine Unterscheidung zwischen verschiedenen Graden der Rechtswidrigkeit. Jedenfalls kann keine Nichtigkeit (§ 40 Abs 1 SGB X) der genannten Bescheide festgestellt werden. Es lag kein "besonders schwerwiegenden Fehler" vor, der "bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich" gewesen wäre; insbesondere lässt sich dies den Urteilen des BSG vom 2. und 3.6.2009 nicht entnehmen.
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Im Übrigen führt noch nicht einmal die vom BVerfG festgestellte Nichtigkeit eines verfassungswidrigen Gesetzes automatisch zur Rücknahme unanfechtbarer, auf diesem Gesetz beruhender Verwaltungsentscheidungen (§ 79 Abs 2 BVerfGG), geschweige denn zu rückwirkender Leistungsgewährung.
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b) Auch der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) steht der Anwendung des § 44 Abs 4 SGB X nicht entgegen. Denn § 44 Abs 4 SGB X ist beim Vorliegen seiner Voraussetzungen ohne weiteres anwendbar, ohne dass der Leistungsträger eine Einrede zu erheben bräuchte und vor allem ohne dass gegen die Anwendung der Vorschrift der Einwand unzulässiger Rechtsausübung oder ein Verstoß gegen Treu und Glauben geltend gemacht werden könnte (BSG vom 23.7.1986 - BSGE 60, 158, 160 = SozR 1300 § 44 Nr 23 S 53; BSG vom 26.5.1987 - BSGE 62, 10, 14 = SozR 2200 § 1254 Nr 7 S 18). Unerheblich ist, ob den Versicherungsträger an der Rechtswidrigkeit des nach § 44 Abs 1 SGB X zurückgenommenen Verwaltungsakts ein Verschulden trifft (BSG vom 11.4.1985 - SozR 1300 § 44 Nr 17, Leits 1).
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c) Zugunsten der Klägerin wirkt sich schließlich nicht der vom BGH zum Entschädigungsrecht entwickelte Grundsatz aus, dass eine Gesetzesauslegung, die möglich ist und dem Ziel entspricht, das zugefügte Unrecht so bald und so weit wie irgend möglich wiedergutzumachen, den Vorzug gegenüber jeder anderen Auslegung verdient, die die Wiedergutmachung erschwert oder zunichte macht (stRspr, zB BGH vom 22.11.1954 - IV ZR 107/54 - RzW 1955, 55, 57; aus neuerer Zeit BGH vom 22.2.2001 - IX ZR 113/00 - LM BEG 1956 § 35 Nr 37 unter II 2 c der Gründe; BGH vom 1.12.1994 - IX ZR 63/94 - LM BEG 1956 § 35 Nr 34 unter II 2 der Gründe).
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Zwar ist hiervon bei der Auslegung einschlägiger Vorschriften auch das BSG ausgegangen (zB BSG vom 28.2.1984 - SozR 5070 § 9 Nr 7 S 14; BSG vom 25.8.1982 - SozR 5070 § 10 Nr 20 S 46; BSG vom 12.10.1979 - SozR 5070 § 10a Nr 2 S 3; BSG vom 26.10.1976 - SozR 5070 § 9 Nr 1 S 3).
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Die von der Klägerin erstrebte Rechtsanwendung ist jedoch, wie bereits erläutert, nicht möglich:
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Der Gesetzgeber hat mit dem ZRBG zur Wiedergutmachung erlittenen Unrechts Rentenzeiten, die mit in einem Ghetto verrichteter Arbeit erworben wurden, unabhängig von weiteren Voraussetzungen (insbesondere nach dem FRG) als Regelaltersrente zahlbar gemacht. Anders als etwa bei der Zuerkennung eines festen Entschädigungsbetrags handelt es sich damit bei den auf der Grundlage des ZRBG gezahlten Leistungen um Renten, die dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI folgen. Die aus dieser Konzeption folgenden Konsequenzen, wie etwa im vorliegenden Fall aus der Bestandskraft eines ablehnenden Bescheids, treten bei allen Renten ein. Sie widersprechen insbesondere nicht dem Wiedergutmachungsgedanken (s hierzu oben unter 3.).
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d) Damit lässt sich auch kein anderes Ergebnis aus § 2 Abs 2 Halbs 2 SGB I ableiten, wonach bei der Auslegung der Vorschriften des SGB "sicherzustellen (ist), dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden". Im Übrigen enthält § 44 SGB X bereits eine Konkretisierung des in dieser Vorschrift allgemein geregelten Effektuierungsgedankens (BSG vom 31.5.1988 - BSGE 63, 214, 218 = SozR 1300 § 44 Nr 34 S 95; Steinbach in Hauck/Noftz, SGB I, K § 2 RdNr 36, Stand Einzelkommentierung Dezember 2005).
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8. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
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