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BVerfG 20.10.2022 - 1 BvR 201/20
BVerfG 20.10.2022 - 1 BvR 201/20 - Zur Abwägung von Belangen der Kunstfreiheit einerseits und des Jugendschutzes andererseits im Zusammenhang mit der Indizierung eines Musikalbums - Keine Anhaltspunkte für verfassungsrechtliche Bedenken bzgl §§ 15, 18 JuSchG - Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen die Indizierung eines Musikalbums aus dem Genre "Gangsta-Rap"
Normen
Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 5 Abs 3 S 1 GG, Art 6 Abs 2 S 1 GG, § 15 Abs 1 JuSchG, § 18 Abs 1 JuSchG, § 18 Abs 3 Nr 2 JuSchG, § 19 JuSchG
Vorinstanz
vorgehend BVerwG, 30. Oktober 2019, Az: 6 C 18/18, Urteil
vorgehend VG Köln, 2. September 2016, Az: 19 K 3287/15, Urteil
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 16. Mai 2018, Az: 19 A 2001/16, Urteil
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die aus Jugendschutzgründen erfolgte Indizierung eines Musikalbums aus dem Genre "Gangsta-Rap" des Künstlers "(…)".
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1. Das nach dem Gangsterboss aus dem Film "…" benannte Album "(…)", dessen Namensgeber zugleich ein Alias des Klägers des Ausgangsverfahrens und Beschwerdeführers im Verfassungsbeschwerdeverfahren (im Folgenden: Beschwerdeführer) sein soll, erschien im Februar 2014. Es besteht aus 15 Titeln, deren Texte mit Ausnahme von zwei Titeln, zu denen zwei weitere Künstler Texte beigesteuert haben, vom Beschwerdeführer stammen. An der Musik sämtlicher Titel haben neben dem Beschwerdeführer ein oder mehrere weitere Komponisten mitgewirkt. Deren Künstlernamen waren in dem der Album-CD beiliegenden Booklet benannt.
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2. a) Auf Antrag eines Jugendamts leitete die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien im Oktober 2014 ein Verfahren zur Prüfung einer jugendschutzrechtlichen Listenaufnahme des Tonträgers ein, das sogenannte Indizierungsverfahren. Die Bundesprüfstelle benachrichtigte im März 2015 die (…)-GmbH und die Vertriebsgesellschaft "(…)-GmbH", deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, davon, dass sie in der Sitzung am 9. April 2015 über die Indizierung von "(…)" verhandeln und entscheiden werde. Die aus dem Booklet der CD mit Künstlernamen bekannten Miturheber wurden nicht benachrichtigt, wobei die Bundesprüfstelle anheimstellte, diesen das Schreiben zuzuleiten oder die Anschriften mitzuteilen. In der Folgezeit äußerten sich weder der Beschwerdeführer noch die anderen Miturheber vor der Bundesprüfstelle.
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b) Die Bundesprüfstelle entscheidet gemäß § 19 JuSchG über Indizierungen in Besetzung von 12 Mitgliedern im sogenannten "12er-Gremium". Nachdem diesem in der Sitzung vom 9. April 2015 die CD in Auszügen vorgespielt wurde, beschloss die Bundesprüfstelle, das Trägermedium "(…)" nach § 18 Abs. 1 JuSchG in Teil A der Liste der jugendgefährdenden Medien einzutragen. In dem angegriffenen Bescheid über die Indizierung wird der Text sämtlicher Titel des Al- bums im Wortlaut wiedergegeben. Die Folgen einer solchen Indizierung ergeben sich aus § 15 Abs. 1 JuSchG.
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aa) Die Bundesprüfstelle begründete die Indizierung unter Bezugnahme auf seine ständige Spruchpraxis und die höchstrichterliche Rechtsprechung damit, dass der Inhalt der CD "(…)", dem Trägermedium, geeignet sei, Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren. Die Texte des Albums wirkten verrohend, verherrlichten einen kriminellen Lebensstil und insbesondere den Drogenhandel, und diskriminierten Frauen und homosexuelle Menschen. Gewalt würde in den Liedtexten durchgängig als angemessenes Mittel der Auseinandersetzung propagiert. In diesem Zusammenhang würden missliebige Personen und Personengruppen mit beleidigenden Ausdrücken bezeichnet. Zwar sei den Genres Battle- und Gangsterrap oftmals eine violente, diskriminierende und kriminalitätsaffine Sprache immanent. Es komme aber immer im Einzelfall darauf an, wie die werkgegenständlichen Aussagen insbesondere auf gefährdungsgeneigte Minderjährige wirken könnten. Hierfür spiele die Ausgestaltung des zu beurteilenden Gesamtwerks die entscheidende Rolle; wichtig sei etwa, ob es sich für gefährdungsgeneigte Jugendliche erkennbar um eine ironische Inszenierung handele oder ob Gewaltdarstellungen und Demütigungen derart ausgestaltet sind, dass sie als reine Wortspielereien ohne Realitätsbezug erkennbar seien. Das vorliegende Werk sei allein eine selbstüberhöhende Inszenierung des Beschwerdeführers unter dem Pseudonym "(…)", dessen hervorgehobene Stellung auf Gewalt, Kriminalität und Diskriminierungen beruhe. Es werde ein krimineller Lebensstil propagiert, indem sich der Beschwerdeführer zum "Paten" stilisiere, mit seinem durch Drogenhandel und Gewalt erworbenen Reichtum protze und den Einsatz von Gewalt nicht nur zum Zwecke seiner kriminellen Geschäfte, sondern auch als willkürliches Recht des Stärkeren rechtfertige. Diese Gesamtwertung belegte die Bundesprüfstelle anhand einzelner Textpassagen der Titel des Albums.
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bb) Die Bundesprüfstelle nahm in Anwendung von § 18 Abs. 3 Nr. 2 JuSchG und unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine umfangreiche Abwägung zwischen der Kunstfreiheit, in deren Schutzbereich der Tonträger nach allen Kunstbegriffen zweifelsohne falle, und dem Jugendschutz vor. Die Veröffentlichung des Albums sei in den Medien auf ein geteiltes Echo gestoßen, was bei der für die Abwägung relevanten Frage, ob dem Werk ein gesteigerter Kunstgehalt zukomme, zu berücksichtigen sei. Die Bundesprüfstelle selbst erkenne keinen gesteigerten Kunstgehalt, der über die reine Unterhaltung hinausginge. Inhaltlich erschöpften sich die Titel des Albums in Beschimpfungen, Gewaltandrohungen, homophoben Äußerungen, sexuellen Demütigungen, diskriminierenden Formulierungen und der Propagierung eines kriminellen Lebensstils. Dagegen sei das Schutzgut des Jugendschutzes durch die jugendaffine Präsentation besonders intensiv betroffen. Die Texte seien so gestaltet, dass gefährdungsgeneigte Jugendliche, die bereits anfällig für deviantes und delinquentes Sozialverhalten seien und deren Identitäts- und Rollenfindung aufgrund prekärer und martialischer gesellschaftlicher Rahmenbedingungen negativ vorbelastet seien, in den ihnen bekannten, aber problematischen Mustern bestätigt würden. Dass das Gangstergebaren für Minderjährige eine Vorbildfunktion haben könne, sei vielfach am Imitieren der Posen oder der Übernahme des Sprachjargons und der Kleidung zu beobachten. Es sei für gefährdungsgeneigte Minderjährige nur ein kleiner Schritt, dieses in dem Album zur Schau gestellte Verhalten zu übernehmen (Verweis auf Schumacher/Wolff, Gangster-Rap im Problembezirk - Die Propagierung kriminellen Verhaltens und ihre Wirkung auf Minderjährige, BPjM-aktuell, Ausgabe 04/2012, S. 12; Eppelsheim, Das ist pure Aggression, FAS vom 19. Juni 2011, S. 12).
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3. Der Beschwerdeführer ersuchte gegen die Indizierung vor den Verwaltungsgerichten um Rechtsschutz, der sowohl im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als auch im verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren im Ergebnis erfolglos blieb.
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a) Im Hauptsacheverfahren wies das Verwaltungsgericht seine Klage zunächst ab. Das Oberverwaltungsgericht änderte das erstinstanzliche Urteil zugunsten des Beschwerdeführers und hob die Indizierungsentscheidung der Bundesprüfstelle auf, weil diese rechtswidrig sei und den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletze. Nach § 18 Abs. 3 Nr. 2 JuSchG dürfe ein Medium nicht indiziert werden, wenn es der Kunst dient. Bevor eine Abwägung zwischen der Kunstfreiheit und dem Jugendschutz vorgenommen werden könne, müssten die widerstreitenden Belange umfassend ermittelt werden. Eine unzureichende Ermittlung habe daher zwangsläufig ein Abwägungsdefizit und damit die Rechtswidrigkeit der Entscheidung zur Folge. Zu dieser umfassenden Ermittlung gehöre auf der Seite der Kunstfreiheit grundsätzlich auch die Beteiligung und Anhörung derjenigen Personen, die schöpferisch an dem Kunstwerk mitgewirkt haben und insofern typischerweise in der Lage seien, etwas darüber auszusagen. Diese verfassungsrechtliche Ermittlungspflicht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, die mit der einfachgesetzlichen Anhörungspflicht in § 21 Abs. 7 JuSchG korrespondiere, habe die Bundesprüfstelle gegenüber den beigeladenen (Mit-)Urhebern verletzt. Aufgrund des der Bundesprüfstelle für die Abwägung zwischen Kunstfreiheit und Jugendschutz nach wie vor zustehenden Entscheidungsvorrangs sei die unterlassene Ermittlung und Gewichtung der Belange der Kunstfreiheit im gerichtlichen Verfahren auch nicht nachholbar. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus der Josefine Mutzenbacher-Entscheidung (vgl. BVerfGE 83, 130 148>) jeder Verkürzung der gerichtlichen Prüfung, auch im Sinne eines Entscheidungsvorrangs oder einer Einschätzungsprärogative der Bundesprüfstelle, entgegenstünden, teile der Senat nicht.
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b) Auf die Revision änderte das Bundesverwaltungsgericht mit angegriffenem Urteil wiederum die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ab und wies die Berufung des Beschwerdeführers gegen das erstinstanzliche Urteil zurück.
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Die tragende Erwägung des Oberverwaltungsgerichts, dem 12er-Gremium der Bundesprüfstelle stehe bei der Entscheidung über die Indizierung von Kunstwerken ein gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum für die Entscheidung über den Vorrang von Jugendschutz oder Kunstfreiheit zu, sei mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht vereinbar.
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Weil die Verwaltungsgerichte die Indizierungsentscheidungen uneingeschränkt nachzuprüfen hätten, könne die Aufhebung des angegriffenen Indizierungsbescheids entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts nicht darauf gestützt werden, dass die Bemühungen der Bundesprüfstelle zur notwendigen Anhörung der beigeladenen (Mit-)Urheber unzulänglich gewesen seien. Vielmehr müssten die Verwaltungsgerichte Indizierungsentscheidungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht uneingeschränkt nachprüfen und dürften sie nicht schon deshalb aufheben, weil die Bundesprüfstelle einen unvollständig und deshalb rechtsfehlerhaft festgestellten Sachverhalt zugrunde gelegt habe. Die Verwaltungsgerichte müssten die aus ihrer Sicht unterbliebenen Aufklärungsmaßnahmen selbst vornehmen. Das sei hier erfolgt.
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Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts sei auch nicht aus anderen Gründen richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Indizierungsbescheid erweise sich auch nach der gemäß § 18 Abs. 3 Nr. 2 JuSchG vorzunehmenden Abwägung der Belange der Kunstfreiheit und des Jugendschutzes als rechtmäßig. Die Begründung ließe unter anderem erkennen, dass das 12er-Gremium die Musik nicht übergangen und insbesondere angenommen habe, dass das Album Unterhaltung ohne gesteigerten Kunstgehalt darstelle. Bei der gebotenen Abwägung der widerstreitenden Belange komme dem Jugendschutz gegenüber der Kunstfreiheit jedoch der Vorrang zu. Die jugendgefährdenden Einflüsse des Albums wögen schwer, weil die Texte mit Ausnahme eines Titels durchgehend und ohne jede Distanzierung die - dem vom Jugendschutz beförderten Menschenbild des Grundgesetzes entgegenstehende - Botschaft vermittelten, dass Rücksichtslosigkeit und vollkommen fehlende Empathie gegenüber Schwächeren vorzugswürdig seien. Suggeriert würde, dass ein Lebensstil, der ohne jede Einschränkung auf das "Recht des Stärkeren" setze, zu Reichtum führe und gegenüber Strafverfolgung unantastbar mache. Zu diesem Zweck würden Schwerkriminalität wie Drogenhandel in Schulen oder Zwangsprostitution und brutale Gewalttätigkeit aus beliebigen Anlässen völlig unkritisch dargestellt, und Frauen und Homosexuelle durchgehend beleidigt und verächtlich gemacht. Es liege nahe, dass diese Ansammlung sozialethisch desorientierender Botschaften einen verheerenden Einfluss auf hierfür empfängliche Minderjährige haben könne, zumal "(…)" erkennbar als Alter Ego des Beschwerdeführers auftrete.
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4. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer vornehmlich eine Verletzung seiner Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG sowie daneben eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Art. 12 Abs. 1 GG durch die angegriffenen Entscheidungen der Bundesprüfstelle und des Bundesverwaltungsgerichts. Die durch die Indizierung erfolgten Eingriffe in den Wirkbereich seiner Kunstfreiheit seien nicht gerechtfertigt, weil die angegriffenen Entscheidungen auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruhten, das zudem in verfassungswidriger Weise angewandt worden sei.
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Die Vorschriften in § 18 in Verbindung mit § 15 JuSchG seien insbesondere vor dem Hintergrund des heute typischen Rezipientenverhaltens materiell nicht mehr verfassungsgemäß, da sie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht genügten. Darüber hinaus verletzten die angegriffenen Entscheidungen auch in ihrer konkreten Anwendung von § 18 JuSchG die Kunstfreiheit. Die Bundesprüfstelle habe nicht alle für die Abwägung von Kunstfreiheit und Jugendschutz erforderlichen Belange ermittelt und gewichtet; die CD sei lediglich in Auszügen vorgespielt worden. Das Bundesverwaltungsgericht habe die Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 JuSchG bejaht, ohne die von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gebotene Gesamtabwägung vorzunehmen. Es habe sich darauf beschränkt, dass aufgrund der Tragweite und Bedeutung des Jugendschutzes diesem gegenüber der Kunstfreiheit der Vorrang zukomme.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil keine zwingenden Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG vorliegen und auch sonst kein Grund für ihre Annahme ersichtlich ist. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 25 f.>).
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1. Die angegriffenen Entscheidungen der Bundesprüfstelle und des Bundesverwaltungsgerichts verletzen die Kunstfreiheit des Beschwerdeführers aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht.
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a) Das Bundesverfassungsgericht hat sich bereits mehrfach mit den Vorschriften des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften beziehungsweise dem nachfolgenden "Jugendschutzgesetz" befasst und die Regelungen über die Eintragung von Medien in die Liste jugendgefährdender Schriften unter den Gesichtspunkten der Kunstfreiheit, der Wissenschaftsfreiheit und der Meinungsfreiheit nicht beanstandet (vgl. BVerfGE 83, 130 138 f.>; 90, 1 11 f., 14 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2007 - 1 BvR 1584/07 -, Rn. 19). Anhaltspunkte dafür, dass die §§ 15, 18 JuSchG in ihrer aktuellen Fassung anders als die in den genannten Entscheidungen beurteilten Vorschriften verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen könnten, sind der Verfassungsbeschwerde nicht zu entnehmen.
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Insbesondere ist das Argument, aufgrund eines veränderten Musiknutzungsverhaltens über das Internet sei das aktuelle Indizierungsverfahren nicht mehr geeignet, den Jugendschutz umfassend zu gewährleisten, ebenso wie das Argument, das Jugendschutzgesetz müsse als milderes Mittel gegenüber der Indizierung eines gesamten Trägermediums auch die Indizierung nur einzelner Titel vorsehen, nicht geeignet, Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Vorschriften zu begründen. Denn für die Verhältnismäßigkeit kommt es im Rahmen der Eignung nicht darauf an, dass das vom Gesetzgeber gewählte Mittel am besten geeignet ist, einen umfassenden Jugendschutz zu gewährleisten, sondern lediglich auf die Förderung des legitimen Zwecks des Jugendschutzes durch die Indizierung.
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Auch an der Erforderlichkeit eines Indizierungsverfahrens, das auf den jugendgefährdenden Gesamtcharakter eines Trägermediums abstellt, bestehen verfassungsrechtlich keine Zweifel. Die vom Beschwerdeführer als milderes Mittel bezeichnete Indizierung einzelner Titel würde an dem Verbot der Bewerbung und Verbreitung des Albums an Kinder und Jugendliche nichts ändern. Für die Angemessenheit spricht, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit hat, Titel, die nicht jugendgefährdend sind, einzeln zu veröffentlichen, sodass diese wunschgemäß auch über solche Musikstreamingdienste im Internet erreichbar wären, die keine Altersverifizierung fordern.
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b) Auch die angegriffene fachgerichtliche Entscheidung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
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aa) Die Fachgerichte schulden bei der Überprüfung einer aus Jugendschutzgründen erfolgten Indizierung von Verfassungs wegen eine umfassende Abwägung aller widerstreitender Belange von Kunstfreiheit und Jugendschutz (vgl. BVerfGE 83, 130 149>; 119, 1 22>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. Januar 2019 - 1 BvR 1738/16 -, Rn. 18). Sie können sich insbesondere nicht darauf zurückziehen, dass Entscheidungen der Bundesprüfstelle, deren 12er-Gremium für die Beurteilung des jugendgefährdenden Charakters oder der künstlerischen Bedeutung eines Kunstwerks besonders qualifiziert ist (dazu BVerfGE 83, 130 151>), wegen eines Beurteilungsspielraums oder Entscheidungsvorrangs nur eingeschränkt überprüfbar seien (vgl. bereits BVerfGE 83, 130 148>).
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bb) Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidung der Bundesprüfstelle entsprechend umfassend überprüft und dabei die berührten Grundrechte hinreichend berücksichtigt.
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(1) Das Bundesverwaltungsgericht ist ebenso wie die Bundesprüfstelle zutreffend davon ausgegangen, dass das Album "(…)" in den sachlichen Schutzbereich der Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG fällt. Das gilt hier unabhängig davon, ob ein formaler, ein materieller oder ein offener Begriff von Kunst zugrunde gelegt wird. Zudem wurde berücksichtigt, dass die Kunstfreiheit auch die Wahl eines jugendgefährdenden, insbesondere Gewalt und Sexualität thematisierenden Themas sowie dessen Bearbeitung und Verarbeitung nach der vom Künstler selbst gewählten Darstellungsart umfasst (vgl. BVerfGE 83, 130 147>) und dass die Anerkennung von Kunst nicht von einer staatlichen Stil-, Niveau- oder Inhaltskontrolle oder von einer Beurteilung der Wirkungen des Kunstwerks abhängig gemacht werden darf (vgl. BVerfGE 75, 369 377>; 81, 278 291>). Darüber hinaus wurde beachtet, dass das Grundrecht der Kunstfreiheit in gleicher Weise den "Werkbereich" und den "Wirkbereich" des künstlerischen Schaffens betrifft. Ohne eine Erstreckung des personalen Geltungsbereichs der Kunstfreiheit auf den Wirkbereich des Kunstwerks würde das Grundrecht weitgehend leerlaufen (vgl. BVerfGE 30, 173 189>; 36, 321 331>; 67, 213 224>; 81, 278 292>; 119, 1 22>; 142, 74 96 Rn. 68>).
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(2) Die auf der Grundlage von § 18 JuSchG erfolgte, gerichtlich bestätigte Indizierung ist ein schwerwiegender Eingriff in den Wirkbereich der Kunstfreiheit des Beschwerdeführers. Der konkrete Inhalt und die Reichweite des mit der Indizierung verbundenen Verbots, das Kunstwerk gegenüber Kindern und Jugendlichen - nicht aber gegenüber Erwachsenen - zugänglich zu machen, es zu bewerben und zu verbreiten, ergeben sich aus § 15 Abs. 1 JuSchG, auf den der angegriffene Indizierungsbescheid Bezug nimmt. Diese Indizierung bleibt in der Eingriffsintensität hinter einem umfassenden Verbot, das Kunstwerk jeglichen Dritten gegenüber öffentlich zu machen oder zu verbreiten, was ein besonders schwerwiegender Eingriff wäre, zurück (vgl. BVerfGE 83, 130 145 f.>; 119, 1 22>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. Januar 2019 - 1 BvR 1738/16 -, Rn. 18).
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cc) Es ist nicht zu beanstanden, dass die angegriffenen Entscheidungen davon ausgehen, dass dieser Eingriff zu rechtfertigen ist.
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(1) Für die Kunstfreiheit gelten weder die Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG noch die des Art. 2 Abs. 1 Halbsatz 2 GG. Die Kunst ist in ihrer Eigenständigkeit und Eigengesetzlichkeit durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vielmehr vorbehaltlos gewährleistet. Ihre Grenzen sind daher nur von der Verfassung selbst zu bestimmen (vgl. BVerfGE 30, 173 193>; 47, 327 368 ff.>; 57, 70 99>; 67, 213 228>; 81, 278 292>; 83, 130 139>; 119, 1 23>; 142, 74 102 Rn. 84>; stRspr). Ein die Kunstfreiheit potentiell begrenzendes Rechtsgut mit Verfassungsrang ist der Schutz der Jugend vor sozialethischer Desorientierung. Der Jugendschutz genießt Verfassungsrang vor allem aufgrund des in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verbrieften elterlichen Erziehungsrechts und des Rechts der Kinder und Jugendlichen aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG auf Entfaltung ihrer Persönlichkeit, und ihres Anspruchs auf Schutz und Hilfe, um sich zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten innerhalb der sozialen Gemeinschaft entwickeln zu können (vgl. BVerfGE 79, 51 63>; 83, 130 139 f.>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 19. November 2021 - 1 BvR 971/21 u.a. -, Rn. 44 ff.).
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Die Kunstfreiheit und der Kinder- und Jugendschutz müssen im Einzelfall miteinander in Ausgleich gebracht werden. Keinem der Rechtsgüter kommt von vornherein Vorrang gegenüber dem anderen zu. Bei einer Kollision kann die von der Verfassung geforderte Konkordanz indes nicht allein auf der Grundlage werkgerechter Interpretation erreicht werden. Es sind nicht nur Wirkungen auf der ästhetischen, sondern auch auf der realen Ebene zu berücksichtigen. Insofern werden gerade Kinder und Jugendliche den vollen Gehalt eines Kunstwerks nicht immer ermessen können. Dies gilt nicht nur für labile, gefährdungsgeneigte Jugendliche, sondern auch für diejenigen Kinder und Jugendlichen, die gegen schädigende Einflüsse weitgehend geschützt sind. Bundesprüfstelle und Fachgerichte müssen sich im Rahmen des verfahrensrechtlich Möglichen Gewissheit darüber verschaffen, welchen schädigenden Einfluss die konkrete Schrift ausüben kann (vgl. BVerfGE 83, 130 146 ff.>).
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(2) Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist die Abwägung der Bundesprüfstelle, die das Bundesverwaltungsgericht bestätigt hat, und die sich jeweils ausführlich mit den zu gewichtenden Belangen der Kunstfreiheit und des Jugendschutzes befasst, verfassungsrechtlich nicht zu bemängeln.
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(a) Die Kunstfreiheit wird umso eher Vorrang beanspruchen können, je mehr die den Jugendlichen gefährdenden Darstellungen künstlerisch gestaltet und in die Gesamtkonzeption des Kunstwerkes eingebettet sind (vgl. BVerfGE 30, 173 195>). Daher erfordert die Prüfung, ob jugendgefährdende Passagen eines Werkes nicht oder nur lose in ein künstlerisches Konzept eingebunden sind, eine werkgerechte Interpretation (vgl. BVerfGE 83, 130 147 f.>). Vorliegend muss das Kunstwerk im Licht des Genres "Gangsta-Rap" und seiner typischen Eigenschaften - musikalisch unterlegte und geführte Auseinandersetzung in harter Sprache als selbstermächtigende Reaktion auf Marginalisierung, die unter anderem auf antikonventionelle Stilmittel wie Übertreibung, Gewaltphantasien, Abwertung anderer Personen und Gruppen, Provokation und sogenanntes "Posing" als betonte Selbstermächtigung setzt - betrachtet werden. Die gattungstypische Relativierung des Aussagegehalts, weil das Zielpublikum die Codes kennt und Abwertungen und Gewaltbeschreibungen nicht als ernst gemeint versteht, ist ein Grund für den nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vorbehaltlosen Schutz der Kunstfreiheit, im Unterschied zu den Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1 GG, für die der Schrankenvorbehalt des Art. 5 Abs. 2 GG gilt. Eine solche werkgerechte Interpretation des indizierten Tonträgers haben die Bundesprüfstelle und das Bundesverwaltungsgericht vorgenommen.
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(b) Sie haben das Kunstwerk auch keiner kunstfreiheitswidrigen Niveau-, Stil- oder Inhaltskontrolle unterworfen. Indem Bundesprüfstelle und Bundesverwaltungsgericht "einen gesteigerten Kunstgehalt, der über den reinen Unterhaltungsaspekt hinausginge, nicht zu erkennen vermochten", haben sie vielmehr unter Bezugnahme auf die Wertschätzung des Werkes in Kritik und Wissenschaft das Gewicht der Kunstfreiheit im konkreten Fall bestimmt und in die Abwägung eingestellt (vgl. BVerfGE 83, 130 148>).
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(c) Maßgeblich ist für die vom Bundesverwaltungsgericht bestätigte Entscheidung der Bundesprüfstelle, hier dem Jugendschutz gegenüber der Kunstfreiheit Vorrang einzuräumen, die nachvollziehbare und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Erwägung, dass sich der Beschwerdeführer in dem indizierten Album von den dem Wortlaut nach unbestritten frauenverachtenden, homophoben und gewaltverherrlichenden Textpassagen nicht etwa durch Verfremdung (vgl. BVerfGE 119, 1 30>) oder satirische Überspitzung (vgl. BVerfGE 75, 369 379>) oder gar ausdrücklich distanziert hat. Dass es sich bei den Texten um im Genre des "Gangsta-Rap" typische Wortspielereien handeln soll, die keinen Realitätsbezug aufweisen, ist jedenfalls nicht ohne Weiteres erkennbar. Durch die Bezugnahme auf autobiografische Details und durch das künstlerische Konzept von "(…)" als Alias seiner selbst stärkt der Beschwerdeführer im Gegenteil die Identifikation mit diesem Charakter und dessen Verhalten.
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(d) Die in dem vom Beschwerdeführer in Auftrag gegebenen Privatgutachten zum Ausdruck kommende Argumentation, dass bei werkgerechter Interpretation mit den Texten keine Herabwürdigung von Frauen, Homosexuellen oder Schwachen verbunden sei, Gewalt nicht glorifiziert werde und bei Aufrechterhaltung der Indizierung das gesamte Genre "Gangsta-Rap" verboten werden müsste; dass alles nur Fiktion sei, "(…)" ein lyrisches Ich, dessen Aussagen die Rezipienten, die den "Gangsta-Rap" verstanden hätten, einzuordnen wüssten, erscheint nicht zwingend. Gegen diese Deutung sprechen vielmehr die in den Texten des indizierten Albums benutzten, für sich genommen eindeutig abwertenden Begriffe wie "Fotze" oder "Missgeburten-Gang" und klar gewaltverherrlichenden Aussagen wie "Ja, ich schieße auf Politiker, Minister, zielsicher / Bin der Attentäter, …". Die Texte lassen auch erkennen, dass dem Beschwerdeführer die Möglichkeit einer solchen Rezeption bewusst ist und er sein künstlerisches Wirken auch darauf anlegt, wenn es heißt "guck die Ghettokids, sie nehmen meine Lebensweise an …" und "wie diese ganzen deutschen Spießer mich verfluchen / Aber ich bin wie ein Priester für die Jugend …". Insofern darf die Abwägung nicht allein auf werkgerechter Interpretation beruhen, sondern muss auch die realen Auswirkungen eines Kunstwerks berücksichtigen (vgl. BVerfGE 83, 130 147>). Die angegriffenen Entscheidungen stützen sich insoweit auf Erkenntnisse dazu, dass Kinder und Jugendliche den Wortlaut der Texte ernst nehmen, die besungenen Worte adaptieren, Taten nachahmen und dem Alias "(…)" insgesamt als Vorbild nacheifern können (vgl. Schumacher/Wolff, BPjM-aktuell, Ausgabe 04/2012, S. 12; Huber, BPjM-aktuell, Ausgabe 03/2018, S. 9 ff., jeweils m.w.N.). Das ist verfassungsrechtlich jedenfalls nicht fehlsam.
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2. Soweit der Beschwerdeführer neben der vorbehaltlos gewährleisteten Kunstfreiheit auch eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Art. 12 Abs. 1 GG durch die angegriffenen Entscheidungen rügt, führt das zu keinem anderen Ergebnis.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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