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BVerfG 28.02.2022 - 1 BvR 1619/21
BVerfG 28.02.2022 - 1 BvR 1619/21 - Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Art 6 Abs 1 GG (Schutz von Ehe und Familie) durch Entlassung von Familienmitgliedern als Betreuer ihrer Tochter bzw Schwester
Normen
Art 6 Abs 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 1837 BGB, § 1897 Abs 5 BGB, § 1899 Abs 1 S 1 BGB
Vorinstanz
vorgehend LG Würzburg, 3. Mai 2021, Az: 3 T 354/21, Beschluss
vorgehend AG Würzburg, 21. Dezember 2020, Az: 24 XVII 116/01, Beschluss
Tenor
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1. Der Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 3. Mai 2021 - 3 T 354/21 - und der Beschluss des Amtsgerichts Würzburg vom 21. Dezember 2020 - 24 XVII 116/01 - verletzen die Beschwerdeführenden in ihrem Grundrecht aus Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes.
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2. Der Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 3. Mai 2021 - 3 T 354/21 - wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Betreuung in Vermögensangelegenheiten durch den Beschwerdeführer zu 3) an das Landgericht Würzburg zurückverwiesen.
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3. Der Freistaat Bayern hat den Beschwerdeführenden ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.
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4. Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe
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I.
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Die Beschwerdeführenden wenden sich gegen ihre Entlassung als Betreuerinnen und Betreuer ihrer weiterhin betreuungsbedürftigen Tochter und Schwester.
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1. Die Beschwerdeführerin zu 1) ist die Mutter, die Beschwerdeführerin zu 2) und der Beschwerdeführer zu 3) sind die Geschwister der Betroffenen. Die Familie lebt in einer gemeinsamen Wohnung, in der die Betroffene seit ihrer Geburt auch gepflegt wird. Die Betroffene leidet seit dem Säuglingsalter an einem Zustand frühkindlicher Hirnschädigung. Sie bedarf einer umfassenden Pflege, die seitens ihrer Familie im häuslichen Umfeld geleistet wird. Für die Betroffene wurde mit dem Eintritt der Volljährigkeit eine Betreuung für alle Angelegenheiten eingerichtet und die Beschwerdeführenden als Betreuerinnen und Betreuer bestellt. Die Betreuung wurde in den Jahren 2006, 2013 und 2020 jeweils verlängert und verlief bis zu dem hier gegenständlichen Betreuerwechsel ohne Beanstandung.
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2. Den Anlass für den Betreuerwechsel bildete ein Versäumnisurteil, mit dem die Betroffene zur Zahlung von knapp 2.000 Euro verurteilt wurde. Gegenstand des Verfahrens waren zwei Reparaturrechnungen betreffend einen Pkw, den der Beschwerdeführer zu 3) erworben und auf die Betroffene zugelassen hatte, um einen günstigeren Versicherungstarif zu erhalten. Gegen das Versäumnisurteil legten die Beschwerdeführenden keinen Einspruch ein.
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3. Aus diesem Anlass leitete das Amtsgericht Ermittlungen zu der Eignung der Beschwerdeführenden als Betreuerinnen und Betreuer der Betroffenen ein, in deren Verlauf sich die Betreuungsbehörde für einen Betreuerwechsel aussprach. Das Amtsgericht entließ daraufhin die Beschwerdeführenden und bestellte einen Berufsbetreuer für alle Angelegenheiten. Zur Begründung führte das Gericht aus, die Eignung aller drei Beschwerdeführenden, die Angelegenheiten der Betroffenen zu besorgen, sei nicht mehr gewährleistet. Die Betroffene sei durch die Beschwerdeführenden insbesondere in finanziellen Angelegenheiten nicht hinreichend vertreten worden.
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4. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Landgericht zurück. Der Beschwerdeführer zu 3) habe durch die Zulassung des Pkw auf die Betroffene und die fehlende Verteidigung gegen die Zahlungsklage das Vermögen der Betroffenen nicht nur gefährdet, sondern auch geschädigt und sich dadurch als ungeeignet für die Ausübung der Betreuung erwiesen. Die Beschwerdeführerinnen zu 1) und zu 2) hätten zwar das Vermögen der Betroffenen nicht aktiv geschädigt, jedoch durch ihr passives Verhalten die Vermögensschädigung seitens des Beschwerdeführers zu 3) ermöglicht. Eine Erklärung oder eine Distanzierung seien nicht erkennbar.
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Die Entlassung sei auch nicht unverhältnismäßig, da minder schwere Maßnahmen nach § 1837 BGB nicht ausreichten, um das Vermögen der Betroffenen zu schützen. Die Erklärungsversuche für das Verhalten des Beschwerdeführers zu 3) seien nicht nachvollziehbar und ließen keine Einsicht erkennen. Der Entlassung stünde auch nicht entgegen, dass die Beschwerdeführenden die Betroffene seit ihrer Geburt pflegen und die Betreuung bislang ohne Beanstandung geführt wurde. Die Kammer verkenne auch nicht, dass ein Betreuer aus dem engeren Familienkreis gegenüber einem Berufsbetreuer grundsätzlich vorzuziehen sei. Bei Ungeeignetheit seien aber auch Angehörige als Betreuer zu entlassen. Zudem stehe der enge Zusammenhang der Aufgabenkreise einer Aufteilung auf mehrere Mitbetreuer entgegen.
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Ein Verstoß gegen Grundrechte aus Art. 6 Abs. 1 GG liege nicht vor. Die Entlassung der Beschwerdeführenden als Betreuer stelle schon keinen Eingriff dar. Art. 6 Abs. 1 GG schütze zwar die Familie, gewähre Familienangehörigen aber kein Recht auf Bestellung als Betreuer.
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II.
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Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführenden unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 31. März 2021 (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 31. März 2021 - 1 BvR 413/20 -) eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung als Willkürverbot.
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Durch die angegriffenen Entscheidungen werde in nicht gerechtfertigter Weise in den Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG eingegriffen. Hinsichtlich der Beschwerdeführerinnen zu 1) und 2) folge dies daraus, dass ihre Entlassung auf einer reinen Prognoseentscheidung beruhe, die jedoch ohne Substanz sei. Das Gericht habe gerade nicht erfasst, dass der Schutzbereich von Art. 6 Abs. 1 GG betroffen sei und entsprechend bei seiner Abwägung den Schutz der Familie nicht hinreichend berücksichtigt. Aber auch hinsichtlich der Entlassung des Beschwerdeführers zu 3) habe das Landgericht den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG verkannt und nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer die Betroffene fast 19 Jahre gepflegt und betreut habe. Darüber hinaus fehlten jegliche Anhaltspunkte dahingehend, dass der Beschwerdeführer das beanstandete Verhalten in Zukunft wiederholen werde. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Betreuerwechsel zu einer Neubestimmung des Aufenthaltsorts der Betreuten führen könne.
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Das Bayerische Staatsministerium der Justiz, der neue Betreuer der Betroffenen sowie der Verfahrenspfleger der Betroffenen haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen vor.
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III.
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Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung nach § 93c Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 93a Abs. 2 BVerfGG sind erfüllt.
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1. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Inhalt und Tragweite des durch Art. 6 Abs. 1 GG garantierten Schutzes der Familie im Hinblick auf die Beziehung zwischen Eltern und Kindern und zwischen nahen Verwandten sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinreichend geklärt (vgl. BVerfGE 112, 332 352>; 133, 59 82 f.>; 136, 382 388 Rn. 21 ff.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. Dezember 2008 - 1 BvR 2604/06 -, Rn. 21; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 31. März 2021 - 1 BvR 413/20 -, Rn. 16 ff.).
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2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführenden aus Art. 6 Abs. 1 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und offensichtlich begründet. Das Landgericht hat bei der Entscheidung über die Entlassung der Beschwerdeführenden als Betreuerinnen und Betreuer ihrer Tochter und Schwester die Bedeutung und Tragweite der bestehenden familiären Bindungen nicht hinreichend berücksichtigt und damit die Beschwerdeführenden in ihrem Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG verletzt.
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a) Die Auslegung und Anwendung des bürgerlichen Rechts obliegt grundsätzlich den Fachgerichten. Regelmäßig ist es nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, den Zivilgerichten vorzugeben, wie sie im Ergebnis zu entscheiden haben (vgl. BVerfGE 129, 78 102>). Die Schwelle eines Verstoßes gegen Verfassungsrecht, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist erst erreicht, wenn die Auslegung der Zivilgerichte Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der betroffenen Grundrechte beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 134, 204 234 Rn. 103>; 142, 74 101 Rn. 83>; 148, 267 281 Rn. 34>; stRspr).
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b) Art. 6 Abs.1 GG enthält eine wertentscheidende Grundsatznorm für das gesamte die Familie betreffende private Recht (vgl. BVerfGE 6, 55 71 f.>). Der Schutz des Familiengrundrechts zielt generell auf den Schutz spezifisch familiärer Bindungen (vgl. BVerfGE 80, 81 91>; 112, 332 352>; 133, 59 82 f. Rn. 62>; 136, 382 388 Rn. 22>; 151, 101 124 Rn. 56>; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 19. November 2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, Rn. 108), wie sie auch zwischen erwachsenen Familienmitgliedern bestehen können (vgl. BVerfGE 136, 382 388 Rn. 22>). Zwar treten mit wachsender Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit des Kindes Verantwortlichkeit und Sorgerecht der Eltern zurück. Jedoch sind familiäre Bindungen im Selbstverständnis des Individuums regelmäßig von hoher Bedeutung und haben im Lebensalltag der Familienmitglieder häufig besondere praktische Relevanz. Sie zeichnen sich durch schicksalhafte Gegebenheit aus und können von besonderer Nähe und Zuneigung, von Verantwortungsbewusstsein und Beistandsbereitschaft geprägt sein (vgl. BVerfGE 57, 170 178>; 112, 332 352>; 136, 382 388 Rn. 22>).
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c) Dem Schutz der Familie ist auch bei der Bestellung eines Betreuers Rechnung zu tragen. Art. 6 Abs. 1 GG gebietet eine bevorzugte Berücksichtigung der (nahen) Familienangehörigen jedenfalls dann, wenn eine tatsächlich von familiärer Verbundenheit geprägte engere Bindung besteht (vgl. BVerfGE 136, 382 389 Rn. 23>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 31. März 2021 - 1 BvR 413/20 -, Rn. 20). Dem trägt einfachrechtlich die Regelung des § 1897 Abs. 5 BGB Rechnung, wonach bei der Auswahl des Betreuers auf die verwandtschaftlichen und sonstigen persönlichen Bindungen des Volljährigen, insbesondere auf die Bindungen zu Eltern, zu Kindern, zum Ehegatten und zum Lebenspartner, sowie auf die Gefahr von Interessenkonflikten Rücksicht zu nehmen ist (vgl. Müller-Engels, in: Hau/Poseck, BeckOK BGB, § 1897 Rn. 23 [Feb. 2022]).
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d) Der Beschluss des Landgerichts genügt diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht. Das Landgericht verkennt, dass dem Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG auch bei der Auswahl des Betreuers Rechnung zu tragen ist.
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aa) Gemäß § 1908b Abs. 1 Satz 1 BGB hat das Betreuungsgericht den Betreuer zu entlassen, wenn seine Eignung, die Angelegenheiten des Betreuten zu besorgen, nicht mehr gewährleistet ist oder ein anderer wichtiger Grund für die Entlassung vorliegt. Wie auch bei der (erstmaligen) Bestellung eines Betreuers nach § 1897 Abs. 1 BGB ist danach die (fehlende) Eignung bezogen auf die Aufgaben der rechtlichen Betreuung in dem konkreten Einzelfall festzustellen. Die fehlende Eignung muss dabei nicht erwiesen sein, es genügen berechtigte Zweifel aufgrund konkreter Tatsachen (vgl. Schneider, in: Münchener Kommentar BGB, 8. Aufl. 2020, § 1908b Rn. 4). Erforderlich ist eine Prognoseentscheidung dahingehend, ob der potentielle Betreuer voraussichtlich die aus der konkreten Betreuung erwachsenden Aufgaben erfüllen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 20. März 2019 - XII ZB 334/18 -, NJW-RR 2019, S. 705 706 Rn. 10>).
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Erklärt sich ein Familienangehöriger bereit, die Betreuung zu übernehmen und steht dem kein (gemäß § 1897 Abs. 4 BGB vorrangiger) Vorschlag des Betroffenen entgegen, muss die Bestellung eines familienfremden Betreuers unter Berücksichtigung des in § 1897 Abs. 5 BGB zum Ausdruck kommenden Schutzes der Familie im Hinblick auf den konkret in Rede stehenden Aufgabenkreis und die Erfordernisse einer persönlichen Betreuung begründet werden. Dabei ist auch die Regelung des § 1899 Abs. 1 Satz 1 BGB einzubeziehen, wonach eine weitere Person als Mitbetreuer bestellt werden kann, um der fehlenden Eignung hinsichtlich (nur) einzelner Aufgabenkreise Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 31. März 2021 - 1 BvR 413/20 -, Rn. 34; BGH, Beschluss vom 22. April 2015 - XII ZB 577/14 -, NJW 2015, S. 1876 1877>).
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bb) Das Landgericht missachtet den in der Regelung des § 1897 Abs. 5 BGB zum Ausdruck kommenden und in Art. 6 Abs. 1 GG verankerten Schutz der Familie, soweit es davon ausgeht, dass Art. 6 Abs. 1 GG für die Betreuerauswahl keine Bedeutung entfalte und in der Folge den familiären Beziehungen für die Entscheidung über die Entlassung der Beschwerdeführenden als Betreuer nur ein geringes Gewicht beimisst.
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(1) Hinsichtlich aller drei Beschwerdeführenden berücksichtigt das Landgericht nicht hinreichend, dass die Beschwerdeführenden mit der Betroffenen in einem Hausstand leben und diese seit 19 Jahren ohne Beanstandung sowohl pflegen als auch betreuen. Insbesondere der gemeinsame Hausstand und die Pflege für die Betroffene deuten auf eine besondere innerfamiliäre Bindung hin. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Bestellung eines familienfremden Betreuers dazu führt, dass ein Dritter von außen in das gewachsene Beziehungsgeflecht der Familie eintritt, dessen Aufgabe − je nach Umfang der Betreuung − es sein kann, Entscheidungen zu treffen, die das familiäre Zusammenleben und damit auch die äußeren Bedingungen, unter denen sich die innerfamiliären Beziehungen weiterentwickeln können, erheblich beeinflussen können. Dies ist insbesondere unter Berücksichtigung der hier ebenfalls von dem Betreuerwechsel umfassten Aufgabenkreise der Aufenthaltsbestimmung und der Gesundheitsfürsorge der Fall.
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(2) Hierzu steht außer Verhältnis, dass das Landgericht die Entlassung der Beschwerdeführerinnen zu 1) und zu 2) lediglich mit deren Passivität und einer fehlenden Distanzierung von dem Verhalten des Beschwerdeführers zu 3) begründet. Die Beschwerdeführerinnen haben mit ihrem eigenen aktiven Verhalten keinerlei Anlass für Zweifel an ihrer Eignung als Betreuerinnen der Betroffenen gegeben. Konkrete Tatsachen, die angesichts der bislang beanstandungslos geführten Betreuung berechtigte Zweifel an der Eignung der Beschwerdeführerinnen begründen und eine Entlassung der Familienangehörigen als Betreuerinnen der Betroffenen rechtfertigen könnten, sind daher nicht ersichtlich.
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(3) Darüber hinaus berücksichtigt das Landgericht nicht hinreichend, dass sich das seitens des Landgerichts kritisierte Verhalten des Beschwerdeführers zu 3) allein auf den Bereich der Vermögenssorge bezieht. Mit seinem Verhalten, das zum Erlass eines rechtskräftigen Zahlungsurteils gegen die Betroffene geführt hat, mag der Beschwerdeführer Anlass für Zweifel an seiner Geeignetheit als Betreuer für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge gegeben haben. Dass aus der mangelnden Eignung zur Betreuung in Vermögensangelegenheiten auch die fehlende Eignung in Bezug auf alle anderen Aufgabenkreise einschließlich der Gesundheitsfürsorge und der Aufenthaltsbestimmung folgen soll, erschließt sich jedoch nicht. Der bloße Verweis darauf, dass auch Aufgaben außerhalb der Vermögenssorge finanzielle Auswirkungen haben können, reicht unter Berücksichtigung der mit der Bestellung eines familienfremden Betreuers einhergehenden Folgen für das familiäre Zusammenleben ersichtlich nicht aus.
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Bestehen berechtigte Zweifel an der Eignung des ehrenamtlichen Betreuers in Bezug auf einen einzelnen Aufgabenkreis, eröffnet § 1899 Abs. 1 BGB, wonach das Betreuungsgericht mehrere Betreuer bestellen kann, wenn die Angelegenheiten des Betreuten hierdurch besser besorgt werden können, die Möglichkeit, neben dem ehrenamtlichen Betreuer für einen abgegrenzten Bereich einen Berufsbetreuer zu bestellen (vgl. Schmidt-Recla, in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK BGB, § 1899 Rn. 7 [Feb. 2022]).
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e) Angesichts der Verletzung von Art. 6 Abs.1 GG kann dahinstehen, ob die Entscheidung des Landgerichts auch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) verstößt.
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3. Da der angegriffene Beschluss des Landgerichts auf dem Verfassungsverstoß beruht, war er aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 1 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).
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Bei einer erneuten Abwägung der Interessen der Betroffenen und neuen Entscheidung über die Entlassung des Beschwerdeführers zu 3) aus der Vermögenssorge wird das Landgericht auch zu berücksichtigen haben, dass es sich bei dem Versäumnisurteil soweit ersichtlich um den bisher einzigen Fall einer Missachtung der Vermögensinteressen der Betroffenen handelt.
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IV.
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Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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