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BVerfG 10.06.2020 - 1 BvR 572/20
BVerfG 10.06.2020 - 1 BvR 572/20 - Nichtannahmebeschluss: Anforderungen an die fachgerichtliche Konkretisierung der Annahme einer Kindeswohlgefährdung bei der Entscheidung über eine vorläufige Sorgerechtsentziehung - Verschaffungsobliegenheit hinsichtlich Unterlagen aus dem fachgerichtlichen Verfahren, die zur hinreichenden Substantiierung der Verfassungsbeschwerde notwendig sind - hier: Verfassungsbeschwerde gegen vorläufige Sorgerechtsentziehung mangels hinreichender Begründung unzulässig
Normen
Art 6 Abs 2 S 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 1666 Abs 1 BGB, § 1666 Abs 3 Nr 6 BGB
Vorinstanz
vorgehend OLG München, 25. März 2020, Az: 16 UF 1296/19, Beschluss
vorgehend OLG München, 7. Februar 2020, Az: 16 UF 1296/19, Beschluss
vorgehend LG Landshut, 1. Oktober 2019, Az: 1 F 920/19, Beschluss
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
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Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).
Gründe
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I.
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Die Beschwerdeführerin wendet sich, auch im Wege des Eilantrags, gegen den im einstweiligen Anordnungsverfahren erfolgten Entzug weiter Teile des elterlichen Sorgerechts für ihren im November 2007 geborenen Sohn.
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1. a) Die Beschwerdeführerin ist Mutter von vier Kindern, von denen zwei noch minderjährig sind. Für den ursprünglich in ihrem Haushalt wohnenden Sohn hatte sie das alleinige Sorgerecht.
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b) Das Familiengericht leitete im Juli 2018 von Amts wegen ein Verfahren zum Entzug der elterlichen Sorge für den Sohn der Beschwerdeführerin ein. Auslöser dafür war der Bericht eines Sozialarbeiters, der die Umgänge der Beschwerdeführerin mit ihrer Tochter begleitete. Dessen Wahrnehmungen enthielten Anhaltspunkte für eine eingeschränkte Erziehungsfähigkeit der Beschwerdeführerin, die zu einer Gefährdung des seelischen Wohls des Sohnes führen könnte. Gestützt auf die Einschätzung der für den Sohn bestellten Verfahrensbeiständin und des zuständigen Jugendamts sah das Familiengericht zunächst von Maßnahmen nach § 1666 BGB ab, weil der Sohn aktuell noch in der Lage sei, mit dem Verhalten der Mutter umzugehen.
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c) Nachdem das Jugendamt Kenntnis von mehreren Vorfällen unter anderem mit erheblichem gewalttätigen Verhalten des Sohnes der Beschwerdeführerin gegenüber anderen Kindern in der Schule und im Hort erlangt hatte, leitete das Familiengericht auf Anregung des Jugendamts erneut ein Verfahren zur vorläufigen Entziehung der elterlichen Sorge für diesen ein. Im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens holte es eine Stellungnahme der Verfahrensbeiständin ein. Im September 2019 hörte es den Sohn sowie im Oktober 2019 die Beschwerdeführerin persönlich an. In diesem Termin nahmen die Verfahrensbeiständin und das Jugendamt erneut Stellung. Das Familiengericht hörte zudem die ehemalige Klassenlehrerin des Sohnes, den Leiter des Hortes und eine Gruppenerzieherin aus dem Hort an, den der Sohn bis zum Sommer 2019 besucht hatte.
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Mit angegriffenem Beschluss vom 1. Oktober 2019 entzog das Familiengericht der Beschwerdeführerin vorläufig weite Teile der elterlichen Sorge für ihren Sohn, unter anderem das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Gesundheitssorge sowie das Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten und übertrug diese auf den Ergänzungspfleger. Diesem wurde das Kind herausgegeben, der es am 4. Oktober 2019 in einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung unterbrachte, in der sich der Sohn der Beschwerdeführerin bis heute befindet. Das Familiengericht führte zur Begründung aus, auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts bestehe eine gegenwärtige, in einem solchen Maße vorhandene Gefahr für das Kindeswohl, dass sich ohne Maßnahmen des Familiengerichts bei einer weiteren aktuellen Entwicklung eine erhebliche Schädigung des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lasse. Bei den näher festgestellten erheblichen Gewalttätigkeiten des Sohnes handele es sich um "Hilferufe eines sich in großer seelischer Not befindenden Kindes". Die Beschwerdeführerin sei nicht in der Lage, die Gefahr für das Kindeswohl abzuwenden. Ihre Erziehungsfähigkeit sei aufgrund einer Persönlichkeitsstörung mit unreifen und impulsiven Wesenszügen sowie einer Störung der Impulskontrolle eingeschränkt. Die diesbezüglichen Annahmen stützte das Familiengericht auch auf zwei 2014 in früheren (wohl) familiengerichtlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten sowie auf die Schilderungen der im hier zugrundeliegenden Ausgangsverfahren gehörten Personen. Weniger eingriffsintensive Maßnahme als der weitgehende Entzug des Sorgerechts kämen wegen der fehlenden Mitwirkungsbereitschaft und Akzeptanz der Beschwerdeführerin nicht in Betracht. Im Hauptsacheverfahren hat das Amtsgericht ein Sachverständigengutachten zur Erziehungsfähigkeit der Beschwerdeführerin beauftragt. Das Gutachten liegt noch nicht vor.
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c) Das Oberlandesgericht lehnte am 13. Dezember 2019 eine Aussetzung der Vollziehung des familiengerichtlichen Beschlusses auf der Grundlage einer Folgenabwägung ab. Mit angegriffenem Beschluss vom 7. Februar 2020 wies es zudem die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen die vorläufige Sorgerechtsentscheidung des Familiengerichts zurück. Zur Begründung nahm das Oberlandesgericht auf seinen Beschluss vom 13. Dezember 2019 Bezug. Die dort getroffene vorläufige Abwägung sei durch die weitere Entwicklung bestätigt worden. Ein (erneuter) Aufenthaltswechsel des Kindes sei vor einer Entscheidung im Hauptsachverfahren zu vermeiden, um ihm die Möglichkeit rechtzeitiger therapeutischer Behandlung der bei ihm "diagnostizierten Verhaltensauffälligkeiten" zu erhalten.
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Eine gegen die Beschwerdeentscheidung gerichtete Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin verwarf das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 25. März 2020 als unzulässig.
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2. Die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung ihres Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geltend und sieht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht gewahrt. Sie beanstandet unter anderem unzureichende Feststellungen zur Kindeswohlgefährdung und bringt vor, die Fachgerichte hätten ihre Einwendungen gegen die Verwertbarkeit früherer, ihre Erziehungsfähigkeit betreffender Gutachten nicht gewürdigt. Zudem hätten sich die Gerichte nicht mit ihren Einwänden gegen die Stellungnahme der Verfahrensbeiständin und des Jugendamts auseinandergesetzt.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Ihr kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte beziehungsweise grundrechtsgleichen Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt, denn die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
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1. Die Beschwerdeführerin hat eine Verletzung ihrer Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte nicht in einer den Begründungs- und Substantiierungsanforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Weise dargetan.
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a) Danach muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrundeliegenden einfachen Recht sowie mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. BVerfGE 89, 155 171>). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen sie kollidiert (vgl. BVerfGE 88, 40 45>; 99, 84 87>; 101, 331 345>; 108, 370 386 f.>).
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Bei gegen gerichtliche Entscheidungen gerichteten Verfassungsbeschwerden zählt zu den Anforderungen an die hinreichende Begründung auch die Vorlage der angegriffenen Entscheidungen und derjenigen Schriftstücke, ohne deren Kenntnis sich die Berechtigung der geltend gemachten Rügen nicht beurteilen lässt, zumindest aber deren Wiedergabe ihrem wesentlichen Inhalt nach. Nur so wird das Bundesverfassungsgericht in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob die Entscheidungen mit dem Grundgesetz in Einklang stehen (vgl. BVerfGE 93, 266 288>; 129, 269 278>).
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b) Diesen Anforderungen genügt die Verfassungsbeschwerde insgesamt nicht.
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aa) Soweit sie sich gegen den Beschluss des Familiengerichts vom 1. Oktober 2019 und die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts vom 7. Februar 2020 richtet, hat es die Beschwerdeführerin versäumt, für die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde erforderliche Unterlagen vorzulegen oder zumindest ihrem wesentlichen Inhalt nach vorzutragen. Es handelt sich dabei um zwei in früheren, wohl ebenfalls das Sorgerecht der Beschwerdeführerin (möglicherweise für ihre Tochter A…) betreffenden gerichtlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten vom 17. August 2014 und vom 20. Oktober 2014, die sich zu ihrer Erziehungsfähigkeit verhalten. Das Familiengericht folgt in seinem angegriffenen Beschluss dem offenbar übereinstimmenden Ergebnis beider früherer Gutachterinnen über die aufgrund einer Persönlichkeitsstörung erheblich eingeschränkte Erziehungsfähigkeit der Beschwerdeführerin. Aus dieser Einschränkung leitet das Familiengericht sowohl ab, dass sie nicht in der Lage sei, die Gefährdung des Kindeswohls ihres Sohnes abzuwenden, als auch die Ungeeignetheit weniger eingriffsintensiver familiengerichtlicher Maßnahmen nach § 1666 BGB als den weitgehenden Entzug des Sorgerechts. Ohne Kenntnis zumindest der wesentlichen Inhalte dieser Gutachten kann nicht beurteilt werden, ob der mit einer Trennung des Kindes von seiner Mutter verbundene vorläufige Sorgerechtsentzug verfassungsrechtlicher Prüfung standhielte.
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bb) Der in der unterbliebenen Vorlage der Gutachten liegende Begründungsmangel erfasst auch die gegen die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts gerichtete Verfassungsbeschwerde. Das Oberlandesgericht hat zwar weder in dem angegriffenen Beschluss vom 7. Februar 2020 noch in der vorausgegangenen, in Bezug genommenen Entscheidung vom 13. Dezember 2019 selbst näher die Kindeswohlgefährdung bei dem Sohn der Beschwerdeführerin dargelegt noch sich ausdrücklich zu weniger stark in ihr Elternrecht eingreifenden (vorläufigen) Maßnahmen verhalten, sondern vor allem auf die bereits jetzt bestehende Notwendigkeit einer umfassenden kinder- und jugendpsychotherapeutischen Behandlung der Verhaltensauffälligkeiten des Kindes hingewiesen. Damit dürfte es sich aber implizit die Feststellungen des Familiengerichts zur Kindeswohlgefährdung und zu der fehlenden Fähigkeit der Beschwerdeführerin, diese Gefährdung abzuwenden, zu eigen gemacht haben. Für die Prüfung der gegen die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts gerichtete Verfassungsbeschwerde bedurfte es daher ebenfalls der Kenntnis vom Inhalt der beiden Gutachten.
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cc) Aus der Begründung der Verfassungsbeschwerde ergibt sich nicht in einer nachvollziehbaren Weise, dass der Beschwerdeführerin die Vorlage der beiden Sachverständigengutachten unmöglich oder unzumutbar ist (vgl. BVerfGE 48, 271 280>; 131, 66 82>). Soweit sie geltend macht, die beiden Gutachten könnten nicht als Anlagen beigefügt werden, weil das Familiengericht diese seinerseits "nicht vorgelegt" habe, begründet das weder die Unmöglichkeit noch die Unzumutbarkeit der Vorlage im Verfassungsbeschwerdeverfahren durch sie. Selbst wenn die Beschwerdeführerin nicht (mehr) über die Gutachten verfügen sollte, obwohl sie an den Verfahren, für die diese erstellt wurden, beteiligt war, konnte sie sich die Sachverständigengutachten beziehungsweise deren Inhalt durch Akteneinsicht nach § 13 FamFG verschaffen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. Juni 2002 - 1 BvR 575/02 -, Rn. 34). Das Akteneinsichtsrecht aus § 13 Abs. 1 FamFG bezieht sich auch auf die Anlagen der Akten des gegenständlichen Verfahrens sowie auf beigezogene Akten, wenn diese ‒ wie hier ‒ zur Grundlage der Entscheidungsfindung gemacht wurden (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juli 2018 - V ZB 223/17 -, Rn. 8; Borth/Grandel, in: Musielak/Borth, FamFG, 6. Aufl. 2018, § 13 Rn. 3; Sternal, in: Keidel, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 13 Rn. 21 m.w.N.).
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dd) Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den ihre fachrechtliche Anhörungsrüge zurückweisenden Beschluss des Oberlandesgerichts vom 25. März 2020 richtet, zeigt die Beschwerdeführerin nicht in einer § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Weise auf, dass das Oberlandesgericht entgegen dem ausdrücklichen Inhalt der angegriffenen Entscheidung entscheidungserhebliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat.
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c) Eine Verletzung der von der Beschwerdeführerin als beeinträchtigt geltend gemachten Grundrechte beziehungsweise grundrechtsgleichen Rechte liegt auch nicht derart auf der Hand (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010 - 1 BvR 1584/10 -, Rn. 3), dass ausnahmsweise auf die aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfG folgenden Anforderungen an die Begründung der Verfassungsbeschwerde verzichtet werden könnte. Ohne die offenbar die Erziehungsfähigkeit der Beschwerdeführerin betreffenden, in vorausgegangenen familiengerichtlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten kann nicht verantwortbar beurteilt werden, ob ein vorläufiger Entzug ihres Sorgerechts ohne Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 GG angeordnet werden durfte.
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d) Angesichts der den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechenden Begründung der Verfassungsbeschwerde kann offenbleiben, ob diese, soweit sie sich gegen den Beschluss des Familiengerichts richtet, auch wegen prozessualer Überholung aufgrund der vom Beschwerdegericht getroffenen eigenen Sachentscheidung unzulässig ist.
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2. Wegen der unterbliebenen Vorlage für die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde erforderlicher Unterlagen muss dahinstehen, ob die Beschlüsse des Amtsgerichts vom 1. Oktober 2019 und des Oberlandesgerichts vom 7. Februar 2020 über die vorläufige Entziehung des Sorgerechts den dafür maßgeblichen verfassungsrechtlichen Anforderungen aus Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 GG genügen, auch wenn daran ‒ soweit ohne die fehlenden Unterlagen beurteilbar ‒ Zweifel bestehen. Diese Zweifel rühren vor allem aus den wenig konkreten Feststellungen der Fachgerichte zu Art und Ausmaß der Kindeswohlgefährdung her.
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a) Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG garantiert den Eltern das Recht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder. Der Schutz dieses Rechts erstreckt sich auf die wesentlichen Elemente des Sorgerechts (vgl. BVerfGE 84, 168 180>; 107, 150 173>).
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aa) Eine ‒ hier erfolgte ‒ räumliche Trennung des Kindes von seinen Eltern gegen deren Willen stellt den stärksten Eingriff in das Elterngrundrecht dar, der nur unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfolgen oder aufrechterhalten werden darf (vgl. nur BVerfGE 60, 79, 88 ff.>; stRspr). Art. 6 Abs. 3 GG erlaubt diesen Eingriff lediglich unter der strengen Voraussetzung, dass das elterliche Fehlverhalten ein solches Ausmaß erreicht, dass das Kind bei den Eltern in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet wäre (vgl. BVerfGE 60, 79 91>; 72, 122, 140>; 136, 382 391 Rn. 28>; stRspr). Eine solche Gefährdung des Kindes ist dann anzunehmen, wenn bei ihm bereits ein Schaden eingetreten ist oder sich eine erhebliche Gefährdung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. Februar 2017 - 1 BvR 2569/16 -, Rn. 44; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. April 2018 - 1 BvR 383/18 -, Rn. 16 jeweils m.w.N.).
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bb) Für die Fachgerichte ergibt sich aus Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 GG das Gebot, die dem Kind drohenden Schäden ihrer Art, Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit nach konkret zu benennen und sie vor dem Hintergrund des grundrechtlichen Schutzes vor der Trennung des Kindes von seinen Eltern zu bewerten. Die Fachgerichte werden dem regelmäßig nicht gerecht, wenn sie ihren Blick nur auf die Verhaltensweisen der Eltern lenken, ohne die sich daraus ergebenden schwerwiegenden Konsequenzen für die Eltern darzulegen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juni 2014 - 1 BvR 725/14 -, Rn. 24 und 26 f.; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 19. November 2014 - 1 BvR 1178/14 -, Rn. 37 m.w.N.).
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b) Soweit dies auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen beurteilt werden kann, bestehen Zweifel, ob Amts- und Oberlandesgericht diese grundsätzlich auch im fachrechtlichen Eilverfahren zu beachtenden verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Feststellungen einer Kindeswohlgefährdung hinreichend in den Blick genommen haben.
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aa) Das Familiengericht ist von einer drohenden Kindeswohlgefährdung ausgegangen, die ohne den vorläufigen Sorgerechtsentzug und die Fremdunterbringung des Sohnes der Beschwerdeführerin mit ziemlicher Sicherheit zu dessen erheblicher Schädigung führen werde. Dem Gesamtzusammenhang seines Beschlusses lässt sich entnehmen, dass das Familiengericht wohl eine Gefährdung des seelischen Wohls des Kindes annimmt. Diese leitet es aus dem für die Jahre 2018 und 2019 festgestellten, mehrfachen, erheblich fremdaggressiven Verhalten des Sohnes zum Nachteil von Mitschülern sowie der objektivtatbestandlich § 17 TierschutzG unterfallenden Tötung eines Vogels (wohl einer Taube) mittels mehrerer Stockschläge durch den Sohn der Beschwerdeführerin ab. Derartige Verhaltensweisen eines Kindes, die mit Erreichen der Altersschwelle strafrechtlicher Verantwortlichkeit (vgl. § 19 StGB, § 3 JGG) zu jugendstrafrechtlichen Konsequenzen führen können, mögen Ausdruck einer erheblichen Gefährdung des Kindeswohls sein und dementsprechend grundsätzlich Maßnahmen nach § 1666 BGB begründen können. Allerdings hat sich das Familiengericht vorliegend weitgehend auf die Beschreibung der tatsächlichen Geschehnisse beschränkt und sie ohne weitergehende Begründung als Ausdruck eines in großer seelischer Not befindlichen Kindes gedeutet. Nähere Erwägungen zu der Art und der Schwere der Kindeswohlgefährdung enthält der familiengerichtliche Beschluss nicht. Auch wenn im fachgerichtlichen einstweiligen Anordnungsverfahren die praktisch verfügbaren Aufklärungsmöglichkeiten angesichts der spezifischen Eilbedürftigkeit dieser Verfahren regelmäßig hinter denen des Hauptsacheverfahrens zurückbleiben und insbesondere die Einholung eines Sachverständigengutachtens bereits im einstweiligen Anordnungsverfahren aus zeitlichen Gründen von Verfassungs wegen nicht stets geboten ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. April 2018 - 1 BvR 383/18 -, Rn. 18 m.w.N.), kann im Rahmen der unter den Bedingungen des Eilverfahrens möglichen Sachverhaltsaufklärung auf konkrete Feststellungen zu Art und Ausmaß der Kindeswohlgefährdung nicht gänzlich verzichtet werden. Entsprechendes gilt für die Feststellung und Beurteilung dazu, dass auch unter Berücksichtigung der negativen Folgen einer Trennung des Kindes von den Eltern eine hinreichende Aussicht auf Beseitigung der drohenden Kindeswohlgefährdung besteht und sich seine Situation in der Gesamtbetrachtung verbessert (zum Maßstab vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. Mai 2014 - 1 BvR 3190/13 -, Rn. 31; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. April 2018 - 1 BvR 383/18 -, Rn. 16 m.w.N.).
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Ob die Erwägungen des Familiengerichts zu der fehlenden Fähigkeit der Beschwerdeführerin, der drohenden Kindeswohlgefährdung zu begegnen, verfassungsrechtlicher Prüfung standhielten, kann wegen der unterbliebenen Vorlage der ihre Erziehungsfähigkeit betreffenden Gutachten, auf die sich der angegriffene Beschluss stützt, nicht beurteilt werden.
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bb) Auch die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts vom 7. Februar 2020 gibt nicht ohne weiteres zu erkennen, von welcher Art der Kindeswohlgefährdung es ausgeht. Den jeweils knappen Ausführungen des Oberlandesgerichts sowohl in der genannten Entscheidung als auch in dem vorausgegangenen, nicht angegriffenen Beschluss vom 13. Dezember 2019 lässt sich der Sache nach wohl entnehmen, dass dieses die Schädigung oder Gefährdung des Kindeswohls in dessen Verhaltensauffälligkeiten sieht und diese bereits vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren für therapiebedürftig hält. Soweit das Gericht "diagnostizierte(n) Verhaltensauffälligkeiten" als gegeben erachtet, bleibt die Grundlage für die Annahme einer Diagnose undeutlich. Mehr als die beobachtenden Wahrnehmungen des Verhaltens des Sohnes der Beschwerdeführerin durch Lehr- und andere pädagogische Kräfte dürfte bislang nicht vorliegen, so dass von einer für die Diagnose charakteristischen zusammenfassenden Beurteilung erhobener Befunde nicht ohne weiteres gesprochen werden kann. Zwar ist durchaus plausibel, dass Anlass besteht, die Ursachen für das erheblich gewalttätige Verhalten des Kindes abzuklären und an die Ergebnisse der Abklärung anknüpfend eine therapeutische Behandlung einzuleiten. Das enthebt die Fachgerichte selbst im einstweiligen Anordnungsverfahren aber nicht der aus der Intensität des Eingriffs in das Elternrecht resultierenden Anforderung, Art und Schwere der Kindeswohlgefährdung im Rahmen des im einstweiligen Anordnungsverfahren Möglichen konkret festzustellen und in den Entscheidungsgründen darzulegen.
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3. Die Fachgerichte werden im bereits eingeleiteten Hauptsacheverfahren zur elterlichen Sorge die verfassungsrechtlichen Erfordernisse ausreichend konkreter Feststellungen zu Art und Schwere der Kindeswohlgefährdung in den Blick nehmen müssen, zumal durch das bereits beauftragte Sachverständigengutachten und die Erkenntnisse der wohl eingeleiteten fachwissenschaftlichen Abklärung der Verhaltensauffälligkeiten des Sohnes der Beschwerdeführerin eine breitere Erkenntnisgrundlage zur Verfügung stehen wird.
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4. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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