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BVerfG 10.10.2017 - 1 BvR 2019/16
BVerfG 10.10.2017 - 1 BvR 2019/16 - Partielle Verfassungswidrigkeit von § 21 Abs 1 Nr 3 PStG iVm § 22 Abs 3 PStG wegen fehlender Möglichkeit zur Eintragung einer weiteren positiven Geschlechtsbezeichnung bei Person mit Varianten der Geschlechtsentwicklung - allgemeines Persönlichkeit sowie Diskriminierungsverbot schützen geschlechtliche Identität auch derjenigen, die sich dauerhaft weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnen lassen - Frist für Neuregelung bis 31.12.2018
Normen
Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 2 S 1 GG, Art 3 Abs 3 S 1 GG, § 21 Abs 1 Nr 3 PStG vom 19.02.2007, § 22 Abs 3 PStG vom 07.05.2013
Vorinstanz
vorgehend BGH, 22. Juni 2016, Az: XII ZB 52/15, Beschluss
vorgehend OLG Celle, 21. Januar 2015, Az: 17 W 28/14, Beschluss
vorgehend AG Hannover, 13. Oktober 2014, Az: 85 III 105/14, Beschluss
nachgehend BVerfG, 7. Februar 2018, Az: 1 BvR 2019/16, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren
Leitsatz
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1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) schützt die geschlechtliche Identität. Es schützt auch die geschlechtliche Identität derjenigen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen.
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2. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG schützt auch Menschen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, vor Diskriminierungen wegen ihres Geschlechts.
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3. Personen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, werden in beiden Grundrechten verletzt, wenn das Personenstandsrecht dazu zwingt, das Geschlecht zu registrieren, aber keinen anderen positiven Geschlechtseintrag als weiblich oder männlich zulässt.
Tenor
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1. § 21 Absatz 1 Nummer 3 des Personenstandsgesetzes (PStG) in der Fassung von Artikel 1 des Gesetzes zur Reform des Personenstandsrechts (Personenstandsrechtsreformgesetz - PStRG) vom 19. Februar 2007 (Bundesgesetzblatt I Seite 122) in Verbindung mit § 22 Absatz 3 des Personenstandsgesetzes (PStG) in der Fassung von Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe b des Gesetzes zur Änderung personenstandsrechtlicher Vorschriften (Personenstandsrechts-Änderungsgesetz - PStRÄndG) vom 7. Mai 2013 (Bundesgesetzblatt I Seite 1122) ist mit Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 und mit Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit sie eine Pflicht zur Angabe des Geschlechts begründen und dabei Personen, deren Geschlechtsentwicklung gegenüber einer weiblichen oder männlichen Geschlechtsentwicklung Varianten aufweist und die sich selbst dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen, keinen positiven Geschlechtseintrag ermöglichen, der nicht "weiblich" oder "männlich"lautet.
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Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2018 eine verfassungsgemäße Regelung herbeizuführen.
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2. Die Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 22. Juni 2016 - XII ZB 52/15 -, des Oberlandesgerichts Celle vom 21. Januar 2015 - 17 W 28/14 - und des Amtsgerichts Hannover vom 13. Oktober 2014 - 85 III 105/14 - verletzen die beschwerdeführende Person in ihren Grundrechen aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 und Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes. Die Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 22. Juni 2016 - XII ZB 52/15 - und des Oberlandesgerichts Celle vom 21. Januar 2015 - 17 W 28/14 - werden aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Das Verfahren ist bis zu einer gesetzlichen Neuregelung auszusetzen.
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3. Die Bundesrepublik Deutschland hat der beschwerdeführenden Person die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe
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A.
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob die angegriffenen Entscheidungen und der zugrunde liegende § 21 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 22 Abs. 3 Personenstandsgesetz (PStG) die beschwerdeführende Person in ihren Grundrechten verletzen. Die beschwerdeführende Person wurde bei der Geburt dem weiblichen Geschlecht zugeordnet und als Mädchen in das Geburtenregister eingetragen. Sie verfügt über einen atypischen Chromosomensatz (sog. Turner-Syndrom) und fühlt sich dauerhaft weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugehörig. Sie beantragte die positive Eintragung der Geschlechtsangabe "inter/divers", hilfsweise "divers" in das Geburtenregister. Das zuständige Standesamt lehnte dies ab, weil § 21 Abs. 1 Nr. 3, § 22 Abs. 3 PStG eine solche Eintragung nicht zuließen. Die beschwerdeführende Person hält die Regelungen für verfassungswidrig.
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I.
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1. a) Nach der Geburt eines Kindes ist nach deutschem Personenstandsrecht im Geburtenregister auch dessen Geschlecht zu beurkunden. Das Kind ist entweder dem weiblichen oder dem männlichen Geschlecht zuzuordnen. Wenn dies nicht möglich ist, wird das Geschlecht nicht eingetragen. Die beiden mittelbar angegriffenen Vorschriften des Personenstandsgesetzes lauten wie folgt:
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§ 21 Eintragung in das Geburtenregister
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(1) Im Geburtenregister werden beurkundet
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…
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3. das Geschlecht des Kindes,
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…
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§ 22 Fehlende Angaben
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…
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(3) Kann das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden, so ist der Personenstandsfall ohne eine solche Angabe in das Geburtenregister einzutragen.
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b) § 22 Abs. 3 PStG wurde mit der Reform des Personenstandsrechts im Jahr 2013 eingeführt. Zuvor hatte es seit 1875 keine gesetzliche Regelung zu Personen gegeben, deren Geschlecht nicht eindeutig weiblich oder männlich ist. Das Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten von 1794 (ALR) hatte noch Regelungen zur geschlechtlichen Einordnung von Zwittern enthalten: "Wenn Zwitter geboren werden, so bestimmen die Aeltern, zu welchem Geschlechte sie erzogen werden sollen" (§ 19 I 1 ALR). "Jedoch steht einem solchen Menschen, nach zurückgelegtem achtzehnten Jahre, die Wahl frey, zu welchem Geschlecht er sich halten wolle" (§ 20 I 1 ALR). Mit der Einführung der Standesämter und der Führung von Geburtenregistern durch das "Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung" vom 6. Februar 1875 (RGBl I S. 23) war diese Regelung ersatzlos entfallen. Dadurch entstand eine Regelungslücke, die letztlich bis zur Reform des Personenstandsrechts im Jahr 2013 fortbestand (dazu Wacke, in: Festschrift für Kurt Rebmann, 1989, S. 861, 868 ff.; Kolbe, Intersexualität, Zweigeschlechtlichkeit und Verfassungsrecht, 2010, S. 81; Lettrari, Aktuelle Aspekte der Rechtslage zur Intersexualität, 2015, S. 6).
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c) Der Neuregelung in § 22 Abs. 3 PStG vorausgegangen sind die Abschließenden Bemerkungen des Ausschusses der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau vom 10. Februar 2009, in denen der Ausschuss die Bundesrepublik Deutschland aufforderte, "… in einen Dialog mit Nichtregierungsorganisationen von intersexuellen und transsexuellen Menschen einzutreten, um ein besseres Verständnis für deren Anliegen zu erlangen und wirksame Maßnahmen zum Schutz ihrer Menschenrechte zu ergreifen" (CEDAW/C/DEU/ CO/6 Nr. 62).
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Im Jahr 2010 erteilten das Bundesministerium für Bildung und Forschung und das Bundesministerium für Gesundheit dem Deutschen Ethikrat den Auftrag, im Dialog mit den von Intersexualität betroffenen Menschen eine Stellungnahme zur Situation intergeschlechtlicher Personen in Deutschland zu verfassen. Im Februar 2012 legte der Deutsche Ethikrat seine Stellungnahme vor: Dort heißt es zusammenfassend (BTDrucks 17/9088, S. 59):
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"Der Deutsche Ethikrat ist der Auffassung, dass ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht und das Recht auf Gleichbehandlung vorliegt, wenn Menschen, die sich aufgrund ihrer körperlichen Konstitution weder dem Geschlecht weiblich noch männlich zuordnen können, rechtlich gezwungen werden, sich im Personenstandsregister einer dieser Kategorien zuzuordnen.
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1. Es sollte geregelt werden, dass bei Personen, deren Geschlecht nicht eindeutig feststellbar ist, neben der Eintragung als "weiblich" oder "männlich" auch "anderes" gewählt werden kann.
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Zusätzlich sollte geregelt werden, dass kein Eintrag erfolgen muss, bis die betroffene Person sich selbst entschieden hat. Der Gesetzgeber sollte ein Höchstalter der betroffenen Person festlegen, bis zu dem sie sich zu entscheiden hat.
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2. Es sollte über die bestehende Möglichkeit der Änderung eines Eintrags nach § 47 Absatz 2 PStG hinaus geregelt werden, dass die Betroffenen eine Änderung des Eintrags verlangen können, wenn sich die bisherige Eintragung als unrichtig herausgestellt hat.
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…
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4. Als Grundlage für künftige Entscheidungen des Gesetzgebers sollten die Zwecke, die mit der Pflicht zur Eintragung nach derzeitigem Recht verfolgt werden, evaluiert werden. Es sollte geprüft werden, ob eine Eintragung des Geschlechts im Personenstandsregister überhaupt noch notwendig ist."
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d) Der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung personenstandsrechtlicher Vorschriften (Personenstandsrechts-Änderungsgesetz - PStRÄndG) vom 25. Mai 2012 griff die Empfehlung des Deutschen Ethikrats nicht auf (BRDrucks 304/12; BTDrucks 17/10489, S. 5 ff.). Der Bundesrat forderte die Bundesregierung mit Stellungnahme vom 6. Juli 2012 auf, die Empfehlungen des Deutschen Ethikrats zum Thema Intersexualität, die er teile, im Rahmen des Gesetzesentwurfes zu prüfen (BTDrucks 17/10489, S. 56). Die Bundesregierung bekundete in ihrer Gegenäußerung, die Probleme der Betroffenen und die Stellungnahme des Ethikrats sehr ernst zu nehmen. Eine Lösung der komplexen Probleme insbesondere unter Berücksichtigung medizinischer Aspekte könne in diesem schon weit fortgeschrittenen Gesetzgebungsverfahren nicht kurzfristig gefunden werden. Vor einer Neuregelung wären umfassende Anhörungen von Betroffenen und Sachverständigen durchzuführen. Dabei müsse auch geprüft werden, welche Änderungen in anderen Gesetzen erforderlich wären (BTDrucks 17/10489, S. 72; BT-Plenarprotokoll 17/219, S. 27222). Der Innenausschuss des Bundestags empfahl die Aufnahme des heutigen § 22 Abs. 3 PStG (BTDrucks 17/12192, S. 3, 11). In der zweiten und dritten Beratung wurde der Vorschlag in der Fassung des Ausschusses einstimmig angenommen (vgl. BT-Plenarprotokoll 17/219, S. 27217 ff.). Weitergehende Regelungen sollten zunächst weiteren Diskussionen durch die Fachgremien überlassen bleiben (vgl. BT-Plenarprotokoll 17/219, S. 27222).
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e) Im Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode vom 27. November 2013 verpflichteten sich die Koalitionsparteien zur Evaluierung und zum Ausbau der zwischenzeitlich erfolgten personenstandsrechtlichen Änderungen für intergeschlechtliche Menschen sowie dazu, "die besondere Situation von trans- und intersexuellen Menschen in den Fokus" zu nehmen (vgl. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode, S. 105). Zu diesem Zweck wurde im September 2014 eine interministerielle Arbeitsgruppe "Intersexualität/Trans-sexualität" gegründet, deren Abschlussbericht im ersten Halbjahr 2017 vorgelegt werden sollte. Das ist bislang nicht erfolgt (vgl. Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BTDrucks 18/7310, S. 14).
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2. Die rechtliche oder faktische geschlechtliche Zuordnung, häufig auch der personenstandsrechtliche Geschlechtseintrag und personenstandsrechtliche Urkunden, spielen in unterschiedlichen Lebenssituationen eine Rolle. Teils hat die Geschlechtszugehörigkeit bestimmte rechtliche Folgen, teils wird der Geschlechtszugehörigkeit im Alltag praktische Relevanz beigemessen, mitunter wird der Registereintrag zum Zwecke der Identifizierung und Datenvalidierung oder zu statistischen Zwecken benötigt. So enthalten beispielsweise der deutsche Pass nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 PassG und die elektronische Gesundheitskarte nach § 291 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB V die Angabe des Geschlechts einer Person. Die Vorlage einer Geburtsurkunde oder des Ausdrucks aus dem Geburtenregister gegenüber Behörden, Gerichten oder Dritten ist in einer Vielzahl von Lebenssituationen rechtlich vorgesehen oder jedenfalls praktisch erforderlich; beide weisen grundsätzlich das Geschlecht aus (§ 59 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 PStG sowie § 55 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 3 und § 22 Abs. 3 PStG). Die Vorlage der Geburtsurkunde wird unter anderem für die Anmeldungen zum Studium, zu universitären Prüfungen, Staatsexamina und zur Promotion, bei Bewerbungen in den öffentlichen Dienst beziehungsweise in das Beamtenverhältnis sowie für bestimmte Ausbildungsberufe angefordert.
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3. Aus medizinischer Sicht wird an einer allein binären Geschlechtskonzeption nicht festgehalten. Die Bundesärztekammer hat im Jahr 2015 auf Empfehlung ihres Wissenschaftlichen Beirats die Stellungnahme "Versorgung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Varianten/Störungen der Geschlechtsentwicklung (Disorders of Sex Development, DSD)" abgegeben. Dort heißt es, Varianten der Geschlechtsentwicklung stellten eine heterogene Gruppe von Abweichungen der Geschlechtsdeterminierung oder -differenzierung dar. Unter Varianten der Geschlechtsentwicklung werden angeborene Variationen der genetischen, hormonalen, gonadalen und genitalen Anlagen eines Menschen mit der Folge verstanden, dass das Geschlecht einer Person nicht mehr eindeutig den biologischen Kategorien 'männlich' oder 'weiblich' entspreche. Eine Gleichsetzung mit Fehlbildung oder Krankheit sei nicht angemessen (vgl. Bundesärztekammer, Deutsches Ärzteblatt vom 30. Januar 2015, S. 1 2>). Die im Jahr 2016 erstellte "Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) e.V., der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) e.V., der Deutschen Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -diabetologie (DGKED) e.V." stellt fest, angesichts der biologischen Zusammenhänge und der Erlebniswelt von Menschen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung bedürfe es für die adäquate psychologisch-medizinische Begleitung oder Behandlung einer Revision des tradierten normativen Menschbildes von Frau und Mann. Varianten der Geschlechtsentwicklung seien keine Krankheit. Man könne nicht über deren "Heilbarkeit" nachdenken. Keine medizinische oder psychologische Intervention werde an dem Zustand der Uneindeutigkeit per se etwas ändern. Der Umgang mit Menschen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung sei in der Regel ein gesellschaftspolitisches Problem und müsse im gesamtgesellschaftlichen Rahmen bedacht werden (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. <AWMF>, S2k-Leitlinie Register Nr. 174/001, Stand: 07/2016, Varianten der Geschlechtsentwicklung, S. 4). In den medizinischen und psycho-sozialen Wissenschaften besteht zudem weitgehend Einigkeit darüber, dass sich das Geschlecht nicht allein nach genetisch-anatomisch-chromosomalen Merkmalen bestimmen oder gar herstellen lässt, sondern von sozialen und psychischen Faktoren mitbestimmt wird (z.B. Bundesärztekammer, a.a.O., S. 5, 7; Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 266. Aufl. 2014, Stichwort: Geschlecht; Richter-Appelt, in: Irrsinnig weiblich - Psychische Krisen im Frauenleben, Aufl. 2016, S. 107 116>).
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4. Die Angaben zur Anzahl der Menschen in Deutschland mit Varianten der Geschlechtsentwicklung variieren je nachdem, welche Erscheinungsformen gezählt werden. So wird beispielsweise eine Häufigkeit von 1:500 Intersexuellen in der Bevölkerung angegeben (Pschyrembel, a.a.O., Stichwort: Intersexualität), was einer Anzahl von circa 160.000 Personen in Deutschland entspricht (weitere Zahlenangaben bei Schmidt am Busch, AöR 2012, S. 441 443>; Böcker/Denk u.a., Pathologie, 5. Aufl. 2012, S. 730; Johow/Voland, APuZ 2012, S. 9 12 f.>; Helms, Brauchen wir ein drittes Geschlecht?, 2015, S. 3 m.w.N.; Bundesärztekammer, a.a.O., S. 4; vgl. auch Althoff/Schabram/Follmar-Otto, Gutachten Geschlechtervielfalt im Recht - Status quo und Entwicklung von Regelungsmodellen zur Anerkennung und zum Schutz von Geschlechtervielfalt, BMFSFJ (Hrsg.), 2017, S. 18 und Fn. 39).
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II.
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1. Unter Vorlage einer Chromosomenanalyse beantragte die beschwerdeführende Person die Berichtigung ihres Geburtseintrags beim zuständigen Standesamt dahingehend, dass die bisherige Geschlechtsangabe "weiblich" gestrichen und die Angabe "inter/divers", hilfsweise nur "divers", eingetragen werden solle. Ausweislich der vorgelegten Chromosomenanalyse verfügt sie über einen numerisch auffälligen Chromosomensatz mit einem X-Chromosom und einem fehlenden zweiten Gonosom. Die Standesamtaufsicht wies in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass es nicht möglich sei, ein drittes Geschlecht in das Geburtenregister einzutragen. Der Gesetzgeber habe sich für eine binäre Geschlechterordnung entschieden und lediglich die Möglichkeit geschaffen, gar kein Geschlecht einzutragen. Die Region Hannover schloss sich dieser Stellungnahme an und leitete den Antrag an das zuständige Amtsgericht weiter.
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2. Das Amtsgericht wies den Berichtigungsantrag zurück, da die Eintragung eines dritten Geschlechts auch nach Inkrafttreten des Personenstands-Änderungsgesetzes nicht möglich sei. Gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 3, § 22 Abs. 3 PStG sei das Geschlecht des Kindes mit "weiblich" oder "männlich" oder ohne eine solche Angabe einzutragen. Die Angabe des Geschlechts mit "inter" oder "divers" sei nicht vorgesehen. Eine Verfassungswidrigkeit dieser Regelung sei nicht zu erkennen.
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3. Das Oberlandesgericht wies die hiergegen gerichtete Beschwerde zurück. Das Amtsgericht habe den Berichtigungsantrag in Übereinstimmung mit dem Wortlaut der § 21 Abs. 1 Nr. 3, § 22 Abs. 3 PStG zurückgewiesen. Die beschwerdeführende Person könne lediglich eine Streichung des Eintrags "weiblich" erreichen. Das Tatbestandsmerkmal "Geschlecht" in § 21 Abs. 1 Nr. 3 PStG müsse nicht verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass es neben "männlich" und "weiblich" als drittes Geschlecht "inter" oder "divers" gebe. § 22 Abs. 3 PStG sei in der jetzt gültigen Fassung nicht verfassungswidrig.
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4. Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde wies der Bundesgerichtshof zurück. Eine Änderung der Eintragung im Geburtenregister in "inter" beziehungsweise "divers" sei nach geltendem Recht nicht möglich. Eine andere Auslegung des Tatbestandsmerkmals Geschlecht in § 21 Abs. 1 Nr. 3 PStG komme nicht in Betracht. Für eine Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht bestehe keine Veranlassung, da der Senat § 21 Abs. 1 Nr. 3, § 22 Abs. 3 PStG nicht für verfassungswidrig halte. Die antragstellende Person könne gemäß § 48 Abs. 1, § 47 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 22 Abs. 3 PStG erreichen, dass die Angabe des Geschlechts nachträglich aus dem Geburtenregister gelöscht werde. Weil der Bezeichnung "inter" oder "divers" im Geburtenregister kein materieller Gehalt gegenüberstehe, mache es für die Betroffenen im Ergebnis keinen verfassungsrechtlich bedeutsamen Unterschied, ob ein geschlechtszuordnender Eintrag unterbleibe oder ein Eintrag erfolge, der keinem bestehenden Geschlecht zugeordnet werden könne, also rein deklaratorischer Natur sei. In welcher Weise der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gehalten sei, der Situation der Betroffenen durch eine Änderung des materiellen Familienrechts Rechnung zu tragen, sei im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen. Durch die Schaffung eines weiteren Geschlechts wären staatliche Ordnungsinteressen betroffen. Darum gehe es der antragstellenden Person hier aber nicht.
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III.
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Mit der Verfassungsbeschwerde rügt die beschwerdeführende Person eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG sowie eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG und einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG.
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1. Weil ihre intergeschlechtliche Identität eindeutig und dauerhaft sei, habe sie Anspruch auf gleichberechtigte Anerkennung ihres Geschlechts als Ausprägung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Die erzwungene Zuordnung zum männlichen oder weiblichen Geschlecht greife in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht ein, da sie verpflichtet werde, sich in ein binäres System einzuordnen, das ihrem eigenen Identitätsempfinden nicht entspreche. Auch nach Neuregelung des Personenstandsgesetzes habe sie lediglich die Wahl, sich entweder in eine unzutreffende Kategorie als männlich oder weiblich einzuordnen oder den Geburtseintrag offen stehen zu lassen und damit keinem Geschlecht anzugehören. Dies bedeute, ein "Nullum" zu sein. Zwar mache es materiell-rechtlich keinen Unterschied, ob der personenstandsrechtliche Geschlechtseintrag offengehalten oder positiv bezeichnet werde, weil das materielle Recht die Existenz intergeschlechtlicher Menschen bislang ignoriere. Die Funktion des Personenstandseintrags im Geburtenregister gehe aber über die Abbildung von familienrechtlich erheblichen Tatsachen weit hinaus. Solange es den Geschlechtseintrag im Personenstandsrecht gebe, sei er ein wichtiger Baustein der Identitätsbildung des Individuums im sozialen Kontext. Der staatliche Akt verleihe dem Merkmal eine zusätzliche Bedeutsamkeit. Es werde ihr so in einem konstitutiven Bestandteil ihrer Identitätunmöglich gemacht, nach außen als die Person aufzutreten, die sie nach eigenem Empfinden sei. Eine weitere geschlechtliche Kategorie "inter/divers" wäre nicht weniger als die derzeitige Rechtslage geeignet, dem Zweck der personenstandsrechtlichen Klarheit zu entsprechen. Mit dieser Kategorie würde der Gesetzgeber nicht notwendig ein "drittes Geschlecht" schaffen, wie der Bundesgerichtshof suggeriere, sondern eine Sammelbezeichnung für alle Personen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordneten, aber auch nicht dauerhaft als "geschlechtslos" registriert werden möchten. Der bürokratische Aufwand erhöhe sich nicht nennenswert.
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2. In der unterschiedlichen Behandlung intergeschlechtlicher Personen gegenüber männlichen oder weiblichen Individuen liege eine unzulässige Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG). Während männliche und weibliche Personen im Personenstandsregister als männlich oder weiblich bezeichnet würden, gebe es für die intergeschlechtliche Identität der beschwerdeführenden Person keine rechtlich registrierbare Bezeichnung.
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IV.
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Zum Verfahren haben die Landesregierung des Freistaats Thüringen, der Deutsche Ethikrat, die Bundesärztekammer, das Deutsche Institut für Menschenrechte e.V., der Bundesverband der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten e.V. (BDS), die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung e.V. (DGfS), der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP), die Deutsche Gesellschaft für Psychologie e.V. (DGPs), die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e.V. (dgti), der Intersexuelle Menschen e.V., der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) e.V., das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), das Studienzentrum der EKD für Genderfragen in Kirche und Theologie, die Bundesvereinigung Trans* e.V. (BVT*), der Trans-InterQueer e.V. (TrIQ) sowie eigeninitiativ der Verband für lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intersexuelle und queere Menschen in der Psychologie e.V. (VLSP) sowie der freie zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) e.V. Stellung genommen.
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1. Die Landesregierung des Freistaats Thüringen unterstützt die "Intention der Verfassungsbeschwerde".
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2. Der Deutsche Ethikrat zitiert seine im Jahr 2012 abgegebene Stellungnahme, dass bei Personen, deren Geschlecht nicht eindeutig feststellbar ist, neben der Eintragung als weiblich oder männlich auch "anderes" gewählt werden können solle, und verweist auch im Übrigen auf diese im Auftrag der Bundesregierung erarbeitete ausführliche Stellungnahme zur Intersexualität (BTDrucks 17/9088).
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3. Die Bundesärztekammer weist auf ihre frühere Stellungnahme hin (Deutsches Ärzteblatt vom 30. Januar 2015, S. 1 ff.).
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4. Das Deutsche Institut für Menschenrechte verweist weitgehend auf ein Gutachten, welches es im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erstellt hat (Althoff/Schabram/Follmar-Otto, a.a.O.). Insgesamt hält das Institut die personenstandsrechtliche Anerkennung einer nicht-binären Geschlechtlichkeit für notwendig. Bei Befragungen inter- und transgeschlechtlicher Personen in Deutschland habe ein Viertel bis ein Drittel eine nicht-binäre Identifikation angegeben. Vor diesem Hintergrund erscheine die Verweigerung der Eintragung nicht-binärer Geschlechtskategorien nicht vertretbar. Das Offenlassen bewirke keine positive Anerkennung des Geschlechts, sondern negiere lediglich die Zuordnung zu den binären Kategorien "männlich" und "weiblich".Aus grundrechtlicher Perspektive gehe es nicht um die Schaffung von Geschlechtern durch den Gesetzgeber, sondern um die gleichberechtigte rechtliche Anerkennung der Geschlechtlichkeit auf der Grundlage der individuellen psychischen und physischen Konstitution.Die Zuweisungs- und Ordnungsfunktion der Kategorie Geschlecht im geltenden Recht vermöge die Verweigerung der Eintragung eines nicht-binären Geschlechts nicht zu rechtfertigen. Insbesondere sei die Verweigerung bereits nicht zur Erreichung dieses legitimen Ziels geeignet. Denn die mit der Eintragung von Personen als "inter/divers" eintretenden Rechtsunsicherheiten bestünden gleichermaßen bei der derzeitigen Regelung des offengelassenen Geschlechtseintrags nach § 22 Abs. 3 PStG.
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5. Der Bundesverband der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten sieht die geltende Regelung als vom Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt an. Sie stelle sicher, dass das Personenstandsregister die ihm im Rechtsverkehr zugedachte Funktion zuverlässig erfüllen könne. Da das geltende materielle Familien- und Personenstandsrecht keine spezifischen Regeln für das Geschlecht "inter/divers" kenne, widerspreche die Eintragung eines entsprechenden Geschlechts der Funktion und den Aufgaben des Personenstandsregisters. Durch die Eintragung würde der unzutreffende Eindruck hervorgerufen, im (personenstands-)rechtlichen Kontext könne es einen Unterschied machen, ob jemand dem Geschlecht "inter/divers" angehöre oder einen offenen Geschlechtseintrag habe. Dies würde dem Ziel der Rechtssicherheit und -klarheit widersprechen. Mit der Möglichkeit einer Eintragung aller Geschlechtsidentitäten zwischen den Kategorien "männlich" und "weiblich" außerhalb der Sammelkategorie des offenen Geschlechtseintrags sei die Eindeutigkeit des Personenstands nicht mehr gewährleistet, zumal eine große Vielfalt von Geschlechtsidentitäten existiere. Dass der Gesetzgeber davon abgesehen habe, autoritativ eine Bezeichnung "inter" oder "divers" zuzuordnen, nehme auf die Interessen intergeschlechtlicher Menschen Rücksicht, die sich mit einer solchen Geschlechtsbezeichnung nicht identifizierten. Das eigentliche Problem intergeschlechtlicher Personen sei, dass es allgemein akzeptierte Geschlechtsidentitäten und soziale Rollen in der gesellschaftlichen Wirklichkeit für Intergeschlechtliche noch nicht gebe. Es sei nicht zu erkennen, welchen Vorteil es hätte, wenn im Geburtenregister der Eintrag "inter" oder "divers" enthalten wäre. Mit der vom Gesetzgeber gewählten Lösung habe Deutschland im internationalen Vergleich eine Vorreiterstellung eingenommen.
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6. Die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung hält die vom Gesetzgeber getroffene Regelung für unzureichend. Der in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vertretene wissenschaftliche Standpunkt, wonach man Personen mit uneindeutigem Geschlecht "heilen" könne, indem man sie körperlich, aber auch in ihrem Erziehungsgeschlecht, eindeutig Mann oder Frau anpasse, sei falsch. Es sei Zeit, die Eintragung eines anderen Geschlechts als männlich oder weiblich zu ermöglichen.
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7. Nach Auffassung des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen sollte einer Person die Eintragung ihrer Geschlechtsidentität als "inter/divers" oder hilfsweise "divers" ins Personenstandsregister ermöglicht werden, wenn dies auf einem autonomen, überdauernden und intensiven Wunsch der betroffenen Person beruhe. Die Geschlechtsidentität, ihre Entwicklung und Sozialisation stelle einen bedeutsamen Bereich im menschlichen Erleben und Verhalten dar. Aus psychologischer Sicht sollte Intergeschlechtlichen die Möglichkeit gegeben werden, bei einem entsprechenden Wunsch und Bedürfnis dieses Zugehörigkeitsgefühl auch nach außen hin kenntlich zu machen. Allerdings sähen einige Betroffene die Möglichkeit erneuter Diskriminierung. Diese Gefahr trete jedoch in den Hintergrund, wenn eine solche Eintragung nur eine Option, also keine zwingende Verpflichtung darstelle und die Wahlmöglichkeit zu einem anderen Eintrag bestehen bliebe.
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8. Die Deutsche Gesellschaft für Psychologiebefürwortet die personenstandsrechtliche Anerkennung intergeschlechtlicher Menschen als "inter/divers", hilfsweise "divers". Die Annahme, dass das Geschlecht eines Menschen ausschließlich männlich oder weiblich sein könne, sei weder psychologisch noch biologisch und sexualwissenschaftlich haltbar. Geschlecht sei ein mehrdimensionales Konstrukt, dessen Entwicklung durch das komplexe Zusammenspiel verschiedener körperlicher, psychosozialer und psychosexueller Einflussfaktoren bedingt sei. Die Verfassungsbeschwerde trage psychologischen und aktuellen sexualwissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung, wenn sie darauf hinweise, dass die rechtliche und damit gesellschaftliche Anerkennung der eigenen geschlechtlichen Existenz und Identität eine wesentliche Voraussetzung für die Fähigkeit zur Entwicklung eines gesunden Selbst- und Verantwortungsgefühls darstelle. Entsprechend schädlich könnten die Erfahrungen des gesellschaftlichen Ausschlusses und der "personenstandsrechtlichen Nicht-Existenz" für eine gesunde psychische Entwicklung sein. Psychosoziale Risiken, Diskriminierungen und Ungleichbehandlungen führten unter anderem zu einer Selbststigmatisierung und stellten potentielle Gesundheitsrisiken dar. Ein Zusammenhang mit erhöhter Suizidalität sei empirisch belegt. Durch eine rechtliche Anerkennung könnten solche Risiken reduziert werden.
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9. Nach Auffassung der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität sollte die Angabe "inter/divers" zugelassen werden. Menschen, die weder weiblich noch männlich seien, erlebten die fortwährende Negierung ihrer Persönlichkeit, indem ihnen ihre Geschlechtsidentität abgesprochen werde. Die Erfahrung zeige, dass Personen, die versucht hätten, entsprechend ihrer Persönlichkeit zu leben, diese Lebensphasen durch einen innerlichen Zusammenbruch beendet und sich entweder ganz aus der Gesellschaft oder in Räume der Gesellschaft zurückgezogen hätten, in denen sie akzeptiert würden. Aber auch eine Zwangsanpassung habe häufig fatale Folgen wie Verlust des Grundvertrauens zu anderen Menschen, Verlust des Selbstwertes und der Selbstakzeptanz, tiefgreifende Depressionen bis hin zum Suizid. Darüber hinaus seien nicht-binäre Menschen sehr häufig körperlichen Angriffen ausgesetzt und durchliefen einen steinigen Lebensweg. Menschen, die sich als "inter*" identifizierten, sei es nicht gleichgültig, ob der Geschlechtseintrag offengelassen oder das Geschlecht als "inter*" positiv beschrieben werde. Werde bei einem erwachsenen Menschen der Geschlechtseintrag im Geburtenregister offengelassen, erscheine er nach außen als ein Mensch, dessen Geschlechtsentwicklung noch nicht abgeschlossen sei.
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10. Der Verein Intersexuelle Menschen hält die bisherige rechtliche Lösung des § 22 Abs. 3 PStG für unzureichend. Der Gesetzgeber habe es versäumt, einen weiteren Personenstand neben "männlich" und "weiblich" einzurichten, was tiefgreifende Folgen für intergeschlechtliche Menschen habe. Die Aufrechterhaltung eines gesellschaftlichen Konstrukts der Zweigeschlechtlichkeit sei unverhältnismäßig. Denn sie mache einer ganzen Gruppe von intergeschlechtlich geborenen Menschen die Teilhabe am Leben und an einer geschlechtergerechten medizinischen Versorgung unmöglich.
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11. Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland ist der Meinung, dass die jetzige Fassung des § 22 Abs. 3 PStG die beschwerdeführende Person in ihrem Recht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verletze. Die Möglichkeit der Streichung des Geschlechtseintrags reiche nicht aus, um dem Persönlichkeitsrecht der beschwerdeführenden Person gerecht zu werden, da hiermit ihre selbstempfundene geschlechtliche Identität nicht anerkannt werde. Die beschwerdeführende Person empfinde sich nicht als "geschlechtlos", sondern als Mensch mit dem Geschlecht "intersexuell".
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12.Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken stellt fest, dass die von ihm befragten katholischen Verbände gegen die Auflösung einer binär orientierten Geschlechterordnung seien, weil sie den Wertvorstellungen der Katholikinnen und Katholiken mehrheitlich widerspreche. Es sei unstreitig, dass Intersexualität ein biologisches Phänomen sei. Die teilweise vertretene Einschätzung, dass dies als körperlicher Defekt beziehungsweise als medizinisch behandlungs- und anpassungsbedürftige Normabweichung zu verstehen sei, werde nicht geteilt. Die Personenwürde verbiete die Diskriminierung aufgrund persönlicher Merkmale. Durch die bereits vollzogene Änderung des Personenstandsgesetzes sei das Erfordernis der Nichtdiskriminierung intergeschlechtlicher Menschen jedoch angemessen berücksichtigt. Für die Zukunft könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich die gesellschaftlichen Wertvorstellungen dahingehend änderten, dass sich wie in einigen anderen Staaten auch in Deutschland eine politische Mehrheit für die personenstandsrechtliche Option eines dritten Geschlechts ergebe. Aktuell lasse sich aber jedenfalls für die gesellschaftliche Gruppe der in Deutschland in katholischen Verbänden und Gemeinschaften organisierten Christen und Christinnen sagen, dass sie nicht erkennbar für die Schaffung dieser Option votierten.
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13. Das Studienzentrum der EKD für Genderfragen in Kirche und Theologie ist der Auffassung, dass Menschen, die sich aufgrund ihrer selbst empfundenen geschlechtlichen Identität weder dem "weiblichen" noch dem "männlichen" Geschlecht zuordnen könnten oder wollten, erst dann eine diesen beiden Kategorien gleichwertige Zuordnung erfahren würden, wenn diese ebenfalls als Geschlechtszuordnung erkennbar sei. Das institutionell und kulturell dominierende Ordnungsprinzip der Zweigeschlechtlichkeit stelle für Menschen jenseits der binären Zweigeschlechtlichkeit einen erheblichen Eingriff in ihr Selbstbild und die Lebbarkeit gemäß diesem Selbstbild dar. Die Geschlechtsidentität sei eine für Menschen so wesentliche Kategorie, dass eine Fehlzuschreibung schwerwiegende Folgen haben könne. Wer als weder eindeutig weiblich noch eindeutig männlich zugeordnet werden könne und wolle, sei damit nicht ein geschlechtliches "nullum", sondern ein "aliud".
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14. Die Bundesvereinigung Trans*plädiert für die Schaffung eines dritten Personenstands, dessen Zugang einzig auf individueller Selbstbestimmung und Selbstdefinition beruhen und allen Menschen hürdenlos zugänglich sein sollte. Langfristig solle die registerliche Erfassung von Geschlecht ganz abgeschafft werden, da die Erhebung von Geschlecht als Kategorie im Personenstandsrecht von Personen, deren Identität ihrem zugewiesenen Geschlecht entspreche, meist kaum wahrgenommen werde und nur notwendig sei, solange für unterschiedliche Geschlechter unterschiedliche Rechte gälten.
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15. Der TransInterQueer hält die Einführung einer dritten Geschlechtskategorie nicht für weitgehend genug, weil es nicht möglich sei, einen passenden Begriff für alle Menschen zu finden, die sich jenseits binärer Geschlechtsangaben verorteten. Die Einführung einer starren "dritten Option" stelle einen Umweg dar, der das eigentliche Ziel der Abschaffung einer personenstandsrechtlichen Registrierung des Geschlechts weiter hinauszögere.
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16. Der Verband für lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intersexuelle und queere Menschen in der Psychologie sowie der freie zusammenschluss von studentInnenschaften sprechen sich jeweils für eine dritte Option des Personenstands aus.
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B.
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Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet. § 21 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 22 Abs. 3 PStG ist insofern verfassungswidrig, als § 21 Abs. 1 Nr. 3 PStG zur personenstandsrechtlichen Eintragung des Geschlechts zwingt, § 22 Abs. 3 PStG aber Personen, deren Geschlechtsentwicklung gegenüber einer weiblichen oder männlichen Geschlechtsentwicklung Varianten aufweist und die sich selbst dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen, neben dem Geschlechtseintrag "weiblich" oder "männlich" keinen weiteren positiven Geschlechtseintrag ermöglicht. Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen beruhen auf diesen Bestimmungen. Sie verletzen die beschwerdeführende Personin ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG)und verstoßen gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Geschlechts (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG).
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I.
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§ 21 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 22 Abs. 3 PStG verstößt gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) in seiner Ausprägung als Schutz der geschlechtlichen Identität. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die geschlechtliche Identität auch jener Personen, die weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen sind (1). In deren Grundrecht wird eingegriffen, weil das geltende Personenstandsrecht dazu zwingt, das Geschlecht zu registrieren, aber keinen anderen Geschlechtseintrag als weiblich oder männlich zulässt (2). Der Grundrechtseingriff ist nicht gerechtfertigt (3).
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1.Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die geschlechtliche Identität der beschwerdeführenden Person.
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a) Art. 2 Abs. 1 GG gewährt jedem das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit. Dieses Grundrecht umfasst neben der allgemeinen Handlungsfreiheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).Letzteres ergänzt als "unbenanntes" Freiheitsrecht die speziellen ("benannten") Freiheitsrechte, die ebenfalls konstituierende Elemente der Persönlichkeit schützen (vgl. BVerfGE 54, 148 153>). Eine der Aufgaben des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist es dabei, Grundbedingungen dafür zu sichern, dass die einzelne Person ihre Individualität selbstbestimmt entwickeln und wahren kann (vgl. BVerfGE 35, 202 220>; 79, 256 268>; 90, 263 270>; 117, 202 225>). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt indessen nur solche Elemente der Persönlichkeitsentfaltung, die - ohne bereits Gegenstand der besonderen Freiheitsgarantien des Grundgesetzes zu sein - diesen in ihrer konstituierenden Bedeutung für die Persönlichkeit nicht nachstehen (vgl. BVerfGE 79, 256 268>; 99, 185 193>; 120, 274 303>; stRspr). Es verbürgt also nicht Schutz gegen alles, was die selbstbestimmte Persönlichkeitsentwicklung auf irgendeine Weise beeinträchtigen könnte; ohnehin vermag kein Mensch seine Individualität unabhängig von äußeren Gegebenheiten und Zugehörigkeiten zu entwickeln. Der lückenschließende Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts greift aber dann, wenn die selbstbestimmte Entwicklung und Wahrung der Persönlichkeit spezifisch gefährdet ist (BVerfGE 141, 186 201 f. Rn. 32>).
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b) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt danach auch die geschlechtliche Identität (vgl. BVerfGE 115, 1 14 ff.>; 116, 243 259 ff.>; 121, 175 190 ff.>; 128, 109 123 ff.>), die regelmäßig ein konstituierender Aspekt der eigenen Persönlichkeit ist. Der Zuordnung zu einem Geschlecht kommt für die individuelle Identität unter den gegebenen Bedingungen herausragende Bedeutung zu; sie nimmt typischerweise eine Schlüsselposition sowohl im Selbstverständnis einer Person als auch dabei ein, wie die betroffene Person von anderen wahrgenommen wird. Die Geschlechtszugehörigkeit spielt in den alltäglichen Lebensvorgängen eine wichtige Rolle: Teilweise regelt das Recht Ansprüche und Pflichten in Anknüpfung an das Geschlecht, vielfach bildet das Geschlecht die Grundlage für die Identifikation einer Person, und auch jenseits rechtlicher Vorgaben hat die Geschlechtszugehörigkeit im täglichen Leben erhebliche Bedeutung. Sie bestimmt etwa weithin, wie Menschen angesprochen werden oder welche Erwartungen an das äußere Erscheinungsbild einer Person, an deren Erziehung oder an deren Verhalten gerichtet werden.
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Geschützt ist auch die geschlechtliche Identität jener Personen, die weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen sind. Diese Personen könnten ihre Persönlichkeit möglicherweise ungehinderter entfalten, wenn der geschlechtlichen Zuordnung generell geringere Bedeutung zukäme. Doch ist unter den gegebenen Bedingungen die geschlechtliche Zuordnung ein besonders relevanter Aspekt der fremden Wahrnehmung wie auch des eigenen Verständnisses der Persönlichkeit. Auch die beschwerdeführende Person betont die praktische Bedeutung der geschlechtlichen Zuordnung und macht geltend, dass die geschlechtliche Identität unter diesen Umständen konstitutiver Bestandteil ihrer Persönlichkeit sei.
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2. Die durch § 21 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 22 Abs. 3 PStG getroffene Regelung greift in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Schutz der geschlechtlichen Identität ein (a)und gefährdet spezifisch die Entwicklung und Wahrung der Persönlichkeit der beschwerdeführenden Personin ihrer geschlechtlichen Identität (b).
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a) Die mittelbar angegriffenen Regelungen greifen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Schutz der geschlechtlichen Identität ein. Das Personenstandsrecht zwingt dazu, das Geschlecht zu registrieren, ermöglicht der beschwerdeführenden Person, deren Geschlechtsentwicklung gegenüber einer weiblichen oder männlichen Geschlechtsentwicklung Varianten aufweist und die sich selbst dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnet, aber keinen personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag, der ihrer Geschlechtsidentität entspräche (vgl. zum Eingriffscharakter bereits BVerfGE 49, 286 298>; 60, 123 132 ff.>; 116, 243 259 ff.>; 121, 175 190 ff.>; 128, 109 124>). Nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 PStG ist das Geschlecht einer Person im Geburtenregister personenstandsrechtlich zu beurkunden. Als positive Eintragungsmöglichkeiten stehen dafür nur das Geschlecht"weiblich" und das Geschlecht "männlich", nicht aber eine weitere Möglichkeit des Geschlechtseintrags zur Verfügung. Dies folgt aus § 22 Abs. 3 PStG ("Fehlende Angaben"), wonach der Personenstandsfall ohne Angabe in das Geburtenregister einzutragen ist, wenn das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden kann. Eine positive Eintragung in das Geburtenregister kann nicht erfolgen. Infolgedessen muss die beschwerdeführende Person einen Eintrag hinnehmen, der ihrer grundrechtlich geschützten geschlechtlichen Identität nicht entspricht.
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Zwar hat sie nach § 22 Abs. 3 PStG die Möglichkeit der Streichung ihres weiblichen Geschlechtseintrags im Geburtenregister. Das beseitigt den Grundrechtseingriff jedoch nicht: Die beschwerdeführende Person wäre nicht nur durch die fehlerhafte Zuordnung als Frau, sondern im Rahmen der derzeitigen Rechtslage auch durch die Wahl der gesetzlichen Variante "fehlende Angabe" (§ 22 Abs. 3 PStG) in ihrer geschlechtlichen Identität beeinträchtigt. Durch den offenen Geschlechtseintrag würde nicht abgebildet, dass sie sich zwar nicht als Mann oder als Frau, aber auch nicht als geschlechtslos begreift, und nach eigenem Empfinden ein Geschlecht jenseits von männlich oder weiblich hat. Die "fehlende Angabe" belässt es bei dem allein binären Grundmuster der Geschlechtszugehörigkeit und ruft den Eindruck hervor, dass die rechtliche Anerkennung einer weiteren Geschlechtsidentität nicht in Betracht kommt und die Geschlechtseintragung lediglich noch nicht geklärt, noch keiner Lösung zugeführt oder auch vergessen wurde. Eine Anerkennung der beschwerdeführenden Person in ihrer dem eigenen Empfinden entsprechenden Geschlechtlichkeit liegt hierin nicht. Der Eintrag bleibt aus ihrer Sicht unzutreffend, weil eine bloße Löschung eines binären Geschlechtseintrags den Eindruck fehlender Geschlechtlichkeit erweckt (vgl. Althoff/Scha-bram/Follmar-Otto, a.a.O., S. 24, 44; vgl. auch Vöneky/Wilms, Stellungnahme zur Situation von Menschen mit Intersexualität in Deutschland im Deutschen Ethikrat, 2011, S. 3; Sieberichs, FamRZ 2013, S. 1180 1181>; Gössl, NZFam 2016, 1122 1123>).
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b) Verlangt das Personenstandsrecht einen Geschlechtseintrag, verwehrt es einer Person aber zugleich die personenstandsrechtliche Anerkennung ihrer geschlechtlichen Identität, ist die selbstbestimmte Entwicklung und Wahrung der Persönlichkeit dieser Person spezifischgefährdet:
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aa) Unter den gegebenen Umständen hat die personenstandsrechtliche Anerkennung des Geschlechts Identität stiftende und ausdrückende Wirkung. Der Personenstand ist keine Marginalie, sondern ist nach dem Gesetz die "Stellung einer Person innerhalb der Rechtsordnung" (§ 1 Abs. 1 Satz 1 PStG). Mit dem Personenstand wird eine Person nach den gesetzlich vorgesehenen Kriterien vermessen; er umschreibt in zentralen Punkten die rechtlich relevante Identität einer Person. Daher gefährdet die Verwehrung der personenstandsrechtlichen Anerkennung der geschlechtlichen Identität bereits an sich, das heißt unabhängig davon, welche Folgen außerhalb des Personenstandsrechts an den Geschlechtseintrag geknüpft sind, die selbstbestimmte Entwicklung und Wahrung der Persönlichkeit einer Person spezifisch.
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Spezifische Bedeutung für die geschlechtliche Identität erlangt der personenstandsrechtliche Eintrag für sich genommen zwar nur, weil das Personenstandsrecht überhaupt die Angabe der Geschlechtszugehörigkeit verlangt. Täte es dies nicht, gefährdete es auch die Entwicklung und Wahrung der Persönlichkeit nicht spezifisch, wenn die konkrete Geschlechtszugehörigkeit einer Person keinen personenstandsrechtlichen Niederschlag fände. Es handelte sich dann beim Geschlecht um keine Größe von personenstandsrechtlicher Relevanz. Ein von der konkreten Rechtslage losgelöster Anspruch auf personenstandsrechtliche Anerkennung beliebiger Identitätsmerkmale ergibt sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht.
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Nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 PStG umfasst der Personenstand indessen derzeit auch das Geschlecht. An einer Registrierung des Geschlechts als personenstandsrechtlichem Ordnungsmerkmal hat der Gesetzgeber trotz mehrfacher Reformen des Personenstandsrechts festgehalten. Misst der Gesetzgeber dem Geschlecht so über das Personenstandsrecht erhebliche Bedeutung für die Beschreibung einer Person und ihrer Rechtsstellung bei, hat die personenstandsrechtliche Anerkennung der konkreten Geschlechtszugehörigkeit bereits für sich genommen eine Identität stiftende und ausdrückende Wirkung, ohne dass es noch darauf ankäme, welche materiell-rechtlichen Konsequenzen der Personenstandseintrag außerhalb des Personenstandsrechts hat (vgl. zur eigenständigen Grundrechtsrelevanz des Registereintrags für den Fall von Transsexualität bereits BVerfGE 49, 286 297 f.>; s. auch zur Namensführung BVerfGE 104, 373 385>; 109, 256 266>; 115, 1 14>). Findet unter diesen Voraussetzungen die geschlechtliche Identität einer Person personenstandsrechtlich keine Anerkennung, gefährdet dies die selbstbestimmte Entwicklung und Wahrung der Persönlichkeit spezifisch.
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bb)Insbesondere erschwert das personenstandsrechtliche Erfordernis des Geschlechtseintrags in Kombination mit den begrenzten Eintragungsmöglichkeiten den Betroffenen, sich in der Öffentlichkeit als die Person zu bewegen und von anderen als die Person gesehen zu werden, die sie in geschlechtlicher Hinsicht sind. Die Art und Weise, wie eine Person dargestellt und in der Öffentlichkeit und durch andere wahrgenommen wird, ist aber für die Möglichkeiten freier Entfaltung der Persönlichkeit von Bedeutung und kann spezifische Gefährdungen begründen (vgl. BVerfGE 99, 185 193>; 114, 339 346>; 119, 1 24>; Kube, in: Isensee/Kirchhof, HStR VII, 3. Aufl. 2009, § 148 Rn. 29, 43 ff., insbes. Rn. 46; Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Rn. 166 ff. [Sept. 2016]; Dreier, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 2 I Rn. 72 ff.). Dass das Personenstandsrecht den Geschlechtseintrag fordert, den hier Betroffenen aber keinen dem Selbstverständnis gemäßen Geschlechtseintrag im Personenregister ermöglicht, trägt dazu bei, dass sie in ihrer individuellen Identität nicht in gleichem Maße und in gleicher Selbstverständlichkeit wahrgenommen werden und Anerkennung finden wie weibliche oder männliche Personen. Wie die beschwerdeführende Person plausibel geltend macht, kann das Individuum den personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag bei ihrem Auftreten in der Öffentlichkeit häufig nicht einfach übergehen.
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3. Der Eingriff ist nicht gerechtfertigt. Die den Gerichtsentscheidungen zugrunde liegende gesetzliche Regelung ist verfassungswidrig, weil der Zwang zum personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag in Kombination mit der Versagung einer weiteren positiven Eintragungsmöglichkeit jenseits von "weiblich" oder "männlich" von keinem legitimen Zweck getragen ist, den zu erreichen die Regelung geeignet, erforderlich und angemessen wäre.
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a) Das Grundgesetz gebietet nicht, den Personenstand hinsichtlich des Geschlechts ausschließlich binär zu regeln. Es zwingt weder dazu, das Geschlecht als Teil des Personenstandes zu normieren, noch steht es der personenstandsrechtlichen Anerkennung einer weiteren geschlechtlichen Identität jenseits des weiblichen und männlichen Geschlechts entgegen.Zwar spricht Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG von "Männern" und "Frauen". Eine abschließende begriffliche Festlegung des Geschlechts allein auf Männer und Frauen ergibt sich daraus jedoch nicht. Aus dem Gleichberechtigungsgebot des Art. 3 Abs. 2 GG folgt, dass bestehende gesellschaftliche Nachteile zwischen Männern und Frauen beseitigt werden sollen.Stoßrichtung der Norm ist es vor allem, geschlechtsbezogene Diskriminierung zu Lasten von Frauen zu beseitigen (vgl. BVerfGE 85, 191 207>; Heun, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 3 Rn. 107; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl. 2016, Art. 3 Rn. 79; Rüfner, in: Bonner Kommentar, Bd. 2, Art. 3 Abs. 2 und 3 Rn. 550 [Mai 1996]; Sacksofsky, Das Grundrecht auf Gleichberechtigung, 2. Aufl. 1996, S. 323 ff., insbes. S. 331), nicht jedoch, eine geschlechtliche Zuordnung im Personenstandsrecht festzuschreiben oder eine weitere Geschlechts-kategorie jenseits von "männlich" und "weiblich" auszuschließen. Soweit das Bundesverfassungsgericht früher formuliert hat, unsere Rechtsordnung und unser soziales Leben gingen von dem Prinzip aus, dass jeder Mensch entweder "männlichen" oder "weiblichen" Geschlechts sei (vgl. BVerfGE 49, 286 298>), handelte es sich schon damals nicht um die Feststellung, eine Geschlechterbinarität sei von Verfassungs wegen vorgegeben, sondern um eine bloße Beschreibung des zum damaligen Zeitpunkt vorherrschenden gesellschaftlichen und rechtlichen Verständnisses der Geschlechtszugehörigkeit.
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b) Dass § 22 Abs. 3 PStG keine dritte Möglichkeit bietet, ein Geschlecht positiv in das Geburtenregister eintragen zu lassen, lässt sich nicht mit Belangen Dritter rechtfertigen. Der Status personenstandsrechtlicher Männer und Frauen bleibt durch die Eröffnung einer weiteren Eintragungsmöglichkeit unberührt. Dies gilt auch für die Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung, die sich selbst gleichwohl dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuordnen, entsprechend registriert sind und sein wollen. Durch die bloße Eröffnung der Möglichkeit eines weiteren Geschlechtseintrags wird niemand gezwungen, sich diesem weiteren Geschlecht zuzuordnen. Die Ermöglichung eines weiteren Geschlechtseintrags vermehrt die Optionen von Menschen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung, die über den Eintrag als Mann oder Frau nicht abgebildet wird, ohne ihnen Möglichkeiten zu nehmen, die das Recht bislang bietet. In einem Regelungssystem, das Geschlechtsangaben vorsieht, müssen die derzeit bestehenden Möglichkeiten für Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung, sich als weiblich oder männlich oder ohne Geschlechtseintrag registrieren zu lassen, erhalten bleiben.
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c) Dass keine Möglichkeit besteht, ein weiteres Geschlecht eintragen zu lassen, ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil mit der Einführung einer dritten positiven Eintragungsmöglichkeit in einer Übergangszeit ein bürokratischer und finanzieller Aufwand verbunden sein kann. Zwar müssten die formalen und technischen Voraussetzungen zur Erfassung eines weiteren Geschlechts zunächst geschaffen werden. Gegenüber der Grundrechtsbeeinträchtigung, die es bedeutet, in der eigenen geschlechtlichen Identität durch das Recht ignoriert zu werden, wäre der durch die Ermöglichung einer einheitlichen dritten Bezeichnung verursachte Mehraufwand aber hinzunehmen. Ein Anspruch auf personenstandsrechtliche Eintragung beliebiger Identitätsmerkmale, die einen Bezug zum Geschlecht haben, ergibt sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht hingegen nicht. Davon abgesehen steht es dem Gesetzgeber frei, in personenstandsrechtlichen Angelegenheiten ganz auf den Geschlechtseintrag zu verzichten.
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d) Ordnungsinteressen des Staates vermögen die Verwehrung einer weiteren einheitlichen positiven Eintragungsmöglichkeit ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Sofern die rechtliche Identifikation von Personen de lege lata anhand ihres Geschlechts erfolgt und einzelne rechtliche Pflichten und Ansprüche nach geltendem Recht anhand des Geschlechts zugeordnet sind, trägt die personenstandsrechtliche Registrierung des Geschlechts zwar dazu bei, dass diese Identifikation und Zuordnung sicher und eindeutig erfolgen kann (vgl. BVerfGE 128, 109 129 f.>). Das rechtfertigt es jedoch nicht, dass nach § 22 Abs. 3 PStG kein anderes Geschlecht als das männliche oder das weibliche im Personenstandsregister eingetragen werden kann.
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Durch die Ermöglichung des positiven Eintrags eines weiteren Geschlechts unter einer einheitlichen dritten Bezeichnung (vgl. zu Vorschlägen z.B. die Stellungnahme des Deutschen Ethikrats, BTDrucks 17/9088, S. 59) entstehen keine Zuordnungsprobleme, die sich nach geltendem Recht nicht ohnehin schon stellen. Unklarheiten könnten auftreten, wenn eine Regelung außerhalb des Personenstandsrechts an das Geschlecht anknüpft und voraussetzt, dass die Person entweder weiblichen oder männlichen Geschlechts ist. Wie eine Person zu behandeln wäre, die einem weiteren Geschlecht zugeordnet ist, wäre dann in der Tat unklar. Diese Schwierigkeit besteht jedoch bereits nach geltendem Recht in gleicher Weise, wenn der Geschlechtseintrag nach § 22 Abs. 3 PStG offenbleibt. Dann ist eine Zuordnung zum männlichen oder zum weiblichen Geschlecht ebenfalls nicht möglich: Insoweit regelt das materielle Recht weder, welche geschlechtsbezogenen Vorschriften gelten sollen, noch hat der Gesetzgeber eigenständige Regelungen für Personen ohne Geschlechtseintrag geschaffen. Wird ein weiterer positiver Geschlechtseintrag ermöglicht, sind somit die gleichen Fragen zu klären, die sich auch bei der de lege lata möglichen Nichteintragung des Geschlechts stellen. Der positive Eintrag eines weiteren Geschlechts könnte vielmehr klarer sein, weil er im Gegensatz zum dauerhaft offenen Geschlechtseintrag nicht den falschen Eindruck vermittelt, die Eintragung sei versehentlich unterblieben.
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Auch die Dauerhaftigkeit des Personenstands wird durch die Option eines weiteren Geschlechtseintrags nicht beeinträchtigt, weil mit der bloßen Schaffung einer weiteren Eintragungsmöglichkeit zum Geschlecht keine Aussage zu den Voraussetzungen des Wechsels des Personenstands getroffen ist.
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II.
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Soweit § 21 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 22 Abs. 3 PStG die Eintragung eines Geschlechts jenseits der Kategorien "männlich" und "weiblich" ausschließen, verstößt dies auch gegen das besondere Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG. Die mittelbar angegriffenen Regelungen benachteiligen Menschen, die nicht männlichen oder weiblichen Geschlechts sind und sich selbst dauerhaft einem weiteren Geschlecht zuordnen (1). Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG schützt nicht nur Männer und Frauen, sondern auch Menschen, die sich diesen beiden Kategorien in ihrer geschlechtlichen Identität nicht zuordnen, vor Diskriminierungen wegen ihres Geschlechts (2). Die Benachteiligung ist nicht gerechtfertigt (3).
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1. § 21 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 22 Abs. 3 PStG benachteiligt Menschen, die nicht männlichen oder weiblichen Geschlechts sind und sich selbst dauerhaft einem weiteren Geschlecht zuordnen, wegen ihres Geschlechts. Nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG darf das Geschlecht grundsätzlich nicht als Anknüpfungspunkt für eine rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern in erster Linie andere Ziele verfolgt (BVerfGE 85, 191 206>; stRspr). § 21 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 22 Abs. 3 PStG behandelt Menschen, die nicht männlichen oder weiblichen Geschlechts sind, ungleich und benachteiligt sie wegen ihres Geschlechts insofern, als diese im Gegensatz zu Männern und Frauen nicht ihrem Geschlecht gemäß registriert werden können. § 22 Abs. 3 PStG lässt ausdrücklich nur die Eintragung als weiblich oder als männlich zu. Andere Menschen müssen im geltenden Personenstandsrecht entweder die unzutreffende Zuordnung zu einem der beiden genannten Geschlechter oder aber einen Eintrag hinnehmen, der den Eindruck erweckt, sie hätten kein Geschlecht.
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2. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG schützt nicht nur Männer vor Diskriminierungen wegen ihres männlichen Geschlechts und Frauen vor Diskriminierungen wegen ihres weiblichen Geschlechts, sondern schützt auch Menschen, die sich diesen beiden Kategorien in ihrer geschlechtlichen Identität nicht zuordnen, vor Diskriminierungen wegen dieses weder allein männlichen noch allein weiblichen Geschlechts (vgl. Langenfeld, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Abs. 2 Rn. 24 sowie Art. 3 Abs. 3 Rn. 42 [Sept. 2016]; Krieger, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, 13. Aufl. 2014, GG, Art. 3 Rn. 77; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl. 2016, Art. 3 Rn. 120; Sachs, in: Isensee/Kirchhof, HStR VIII, 3. Aufl. 2010, § 182 Rn. 42; Froese, AöR 2015, S. 598 611>; Lettrari, Aktuelle Aspekte der Rechtslage zu Intersexualität, 2015, S. 13; Kolbe, Intersexualität, Zweigeschlechtlichkeit und Verfassungsrecht, 2010, S. 120 ff.; Schmidt, in: Schochow/Gehrmann/Steger, Inter* und Trans*identitäten, 2016, S. 231 245 f., 251 f.>; Adamietz, Geschlecht als Erwartung, 2011, S. 246 ff.).
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Zweck des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG ist es, Angehörige strukturell diskriminierungsgefährdeter Gruppen vor Benachteiligung zu schützen (vgl. BVerfGE 88, 87 96>; Osterloh/Nußberger, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 236, 244). Die Vulnerabilität von Menschen, deren geschlechtliche Identität weder Frau noch Mann ist, ist in einer überwiegend nach binärem Geschlechtsmuster agierenden Gesellschaft besonders hoch. Der Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG lässt es ohne Weiteres zu, sie in den Schutz einzubeziehen. Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG spricht ohne Einschränkung allgemein von "Geschlecht", was auch ein Geschlecht jenseits von männlich oder weiblich sein kann.
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In systematischer Hinsicht besteht kein Widerspruch zum Gleichberechtigungsgebot des Art. 3 Abs. 2 GG, das nur von Männern und Frauen spricht (vgl. aber Heun, in: Dreier, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 2013, Art. 3 Rn. 127; Boysen, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 3 Rn. 155; Kischel, in: Epping/Hillgruber, Beck'scher Online-Kommentar Grundgesetz, 31. Edition, Stand Dezember 2016, Art. 3 Rn. 183, 219; Hufen, Staatsrecht II Grundrechte, 5. Aufl. 2016, § 40 Rn. 3; Manssen, Staatsrecht II Grundrechte, 13. Aufl. 2016, Rn. 831; vgl. auch Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2010, Art. 3 Abs. 3 Rn. 383). So nennt schon der Wortlaut des Absatzes 3, anders als Absatz 2 nicht Männer und Frauen, sondern spricht allgemein vom Geschlecht. Vor allem aber besitzt Art. 3 Abs. 2 GG gegenüber Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG eigenständige Bedeutung, die die engere Fassung von Absatz 2 erklärt. Der über das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG hinausreichende Regelungsgehalt von Art. 3 Abs. 2 GG besteht darin, dass er ein Gleichberechtigungsgebot aufstellt und dieses auch auf die gesellschaftliche Wirklichkeit erstreckt (BVerfGE 85, 191 206 f.>). Seit 1994 betont Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung im Geschlechterverhältnis.
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Die Entstehungsgeschichte steht der Annahme, dass Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG die Diskriminierung wegen eines weiteren Geschlechts erfasst, ebenfalls nicht entgegen. Dass dem Verfassungsgeber 1949 bei der Formulierung von Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG kaum Menschen weiteren Geschlechts vor Augen gestanden haben dürften, hindert die Verfassungsinterpretation nicht daran, diese Menschen angesichts des heutigen Wissens um weitere geschlechtliche Identitäten in den Diskriminierungsschutz einzubeziehen.
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Auch die Entscheidung des verfassungsändernden Gesetzgebers, das Merkmal der "sexuellen Identität" nicht in Art. 3 Abs. 3 GG aufzunehmen, spricht - ungeachtet von Bedeutungsunterschieden zwischen Geschlechtsidentität und sexueller Identität - nicht gegen eine weite Interpretation des Merkmals "Geschlecht". Zuletzt wurde die Einfügung des Merkmals der sexuellen Identität nicht wegen inhaltlicher Bedenken gegen den angestrebten Diskriminierungsschutz der sexuellen Identität, sondern mit dem Argument abgelehnt, dieser sei rechtlich bereits verwirklicht; der Schutz vor Diskriminierungen wegen der sexuellen Identität durch Art. 3 Abs. 1 GG decke sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mittlerweile mit dem Schutz nach Art. 3 Abs. 3 GG (vgl. BTDrucks 17/4775, S. 5).
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Im Übrigen hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union den Schutz vor geschlechtsbezogener Diskriminierung weit gefasst, indem er Diskriminierungen einbezieht, die ihre Ursache in der Geschlechtsumwandlung einer Person haben (grundlegend EuGH, Urteil vom 30. April 1996, P./S. und Cornwall County Council, C-13/94, Slg. 1996, I-2143, Rn. 20).
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3.Die Benachteiligung ist nicht gerechtfertigt. Wie gesehen, gibt es hierfür keinen tragfähigen Grund (oben I 3).
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C.
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I.
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Die Verfassungswidrigkeit einer mit der Verfassungsbeschwerde mittelbar angegriffenen gesetzlichen Vorschrift führt in der Regel zu ihrer Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 Satz 2 BVerfGG). Hier kommt jedoch nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht, weil dem Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die Benachteiligung der Betroffenen zu beseitigen (vgl. BVerfGE 133, 59 99 Rn. 106>; stRspr). So könnte der Gesetzgeber auf einen personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag generell verzichten. Er kann aber stattdessen auch für die betroffenen Personen - zusätzlich zu der bestehenden Option keinen Geschlechtseintrag vorzunehmen (§ 22 Abs. 3 PStG) - die Möglichkeit schaffen, eine einheitliche positive Bezeichnung eines Geschlechts zu wählen, das nicht männlich oder weiblich ist. Die Option eines weiteren Geschlechtseintrags lässt sich gesetzlich auf unterschiedliche Weise ausgestalten. Insbesondere ist der Gesetzgeber nicht auf die Wahl einer der von der antragstellenden Person im fachgerichtlichen Verfahren verfolgten Bezeichnungen beschränkt.
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II.
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Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen die Normen im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit nicht mehr anwenden. Der Gesetzgeber muss bis zum 31. Dezember 2018 eine Neuregelung treffen. Verfahren, in denen eine Person mit Varianten der Geschlechtsentwicklung, die sich zudem selbst dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnet, die Eintragung einer anderen Geschlechtsbezeichnung als männlich oder weiblich begehrt, sind bis zu einer Neuregelung auszusetzen.
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III.
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Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, des Oberlandesgerichts Celle und des Amtsgerichts Hannover beruhen auf der mit den genannten Grundrechten unvereinbaren Regelung und verstoßen gegen die Grundrechte der beschwerdeführenden Person. Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und des Oberlandesgerichts Celle werden aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Das Verfahren ist bis zu einer gesetzlichen Neuregelung auszusetzen.
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IV.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
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D.
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Diese Entscheidung ist mit 7:1 Stimmen ergangen.
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