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BVerfG 06.10.2017 - 1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15
BVerfG 06.10.2017 - 1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15 - Unzulässigkeit zweier Richtervorlagen zur Verfassungsmäßigkeit von § 22 Abs 1 S 1 SGB II (juris: SGB 2) idF vom 13.05.2011, insb im Hinblick auf die Bestimmtheit der Vorschrift (Erstattung "angemessener" Bedarfe für Unterkunft und Heizung bei Fehlen einer Satzung iSd §§ 22a ff SGB 2) - unzureichender Ausschluss der Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung der vorgelegten Norm mit Blick auf gesetzgeberische Weichenstellung durch §§ 22a bis § 22c SGB 2
Normen
Art 1 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG, § 80 Abs 1 BVerfGG, § 80 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 19 Abs 1 SGB 2, § 19 Abs 3 S 1 SGB 2, § 22a SGB 2, § 22 Abs 1 S 1 Halbs 2 SGB 2 vom 13.05.2011, § 22b SGB 2, § 22c SGB 2
Vorinstanz
vorgehend SG Mainz, 12. Dezember 2014, Az: S 3 As 130/14, Vorlagebeschluss
vorgehend SG Mainz, 12. Dezember 2014, Az: S 3 AS 370/14, Vorlagebeschluss
Tenor
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Die Vorlagen sind unzulässig.
Gründe
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I.
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Die Vorlageverfahren betreffen die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
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1. Die Regelungen zur Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung in § 22 SGB II wurden durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I S. 2954) mit Wirkung zum 1. Januar 2005 eingeführt. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, der sich seitdem inhaltlich nicht verändert hat, lautet seit 1. Juli 2011: "Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind."
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Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wurde zunächst in § 27 Nr. 1 SGB II a. F. ermächtigt, bundesweit zu bestimmen, welche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung angemessen sind. Von dieser Möglichkeit wurde jedoch kein Gebrauch gemacht. Der Gesetzgeber ermöglichte sodann mit §§ 22a bis c SGB II den Ländern, ihre Kreise und kreisfreien Städte zu ermächtigen, die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung in einer Satzung näher zu bestimmen (Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011, BGBl I S. 453, mit Wirkung zum 1. April 2011). Von dieser Möglichkeit haben Schleswig-Holstein und Hessen Gebrauch gemacht.
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2. Fehlt eine Satzung nach § 22a SGB II, muss die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in einer mehrstufigen Einzelfallprüfung ermittelt werden. Sie errechnet sich aus dem Produkt von angemessener Wohnfläche und dem angemessenen Mietzins pro Quadratmeter ("Produkttheorie"; BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R -, juris, Rn. 13 m.w.N.). Es könne grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass eine angemessene Unterkunft zu diesen Kosten auch tatsächlich verfügbar sei (vgl. BSG, Urteil vom 13. April 2011 - B 14 AS 106/10 R -, juris, Rn. 30).
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Für die Bestimmung des Berechnungsfaktors der angemessenen Wohnfläche zieht das Bundessozialgericht die Werte heran, welche die Bundesländer aufgrund von § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R -, juris, Rn. 15 ff.). Maßstab für den Faktor des angemessenen Mietzinses seien "Wohnungen mit bescheidenem Zuschnitt" im räumlichen Vergleichsraum (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R -, juris, Rn. 24; Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R -, juris, Rn. 13 m.w.N.). Dieser Vergleichsraum müsse ausreichend groß sein, um eine Ghettobildung zu vermeiden (so BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R -, juris, Rn. 21). Das Bundessozialgericht gibt jedoch keine bestimmte Methode vor, nach der die kommunalen Grundsicherungsträger die Daten über das Mietpreisniveau zu ermitteln haben. Es hat insoweit Mindestanforderungen definiert, die sicherstellen sollen, dass die ermittelten Daten die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes tatsächlich wiedergeben. Eine Datenermittlung, die diese Mindestanforderungen erfüllt, wird als "schlüssiges Konzept" bezeichnet (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, juris, Rn. 18 f.; Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R -, juris, Rn. 20).
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Entscheidet ein Grundsicherungsträger über die Kosten der Unterkunft, ohne ein schlüssiges Konzept erstellt zu haben, muss er im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung die unterbliebene Datenerhebung und Datenaufbereitung nachholen (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, juris, Rn. 26; Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R -, juris, Rn. 19 m.w.N.). Die Gerichte haben im Rahmen ihrer Pflicht zur Amtsermittlung darauf hinzuwirken, dass die notwendigen Daten über den örtlichen Mietwohnungsmarkt nachträglich erhoben werden (BSG, Urteil vom 20. August 2009 - B 14 AS 65/08 R -, juris, Rn. 21; Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 27/09 R -, juris, Rn. 23). Ist es unmöglich, nachträglich ein schlüssiges Konzept zu erstellen, zieht das Bundessozialgericht die Tabellenhöchstwerte nach dem Wohngeldgesetz heran (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R -, juris, Rn. 27), wobei es diese um einen abstrakt-generellen Sicherheitszuschlag von 10 % erhöht (BSG, Urteil vom 22. März 2012 - B 4 AS 16/11 R -, juris, Rn. 22; Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R -, juris, Rn. 30).
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3. In dem der Vorlage 1 BvL 2/15 zugrunde liegenden Ausgangsverfahren verlangt der Kläger die Erstattung höherer Kosten der Unterkunft und Heizung. Für den Zeitraum von 1. Dezember 2013 bis 31. März 2014 bewilligte ihm das Jobcenter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Es ging von einer angemessenen Kaltmiete von 285 € aus. Das ergebe sich aus einer für einen Einpersonenhaushalt zu beanspruchenden Wohnfläche von 50 m² zu einem Mietpreis von 5,70 € pro Quadratmeter. Zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten sei ein schlüssiges Konzept von einer privaten Firma erstellt worden.
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Die tatsächliche Kaltmiete des Klägers für seine 73 m² große Wohnung betrug im Dezember 2013 monatlich 314 € und ab Januar 2014 monatlich 336 €. Nachdem der Kläger das Widerspruchsverfahren erfolglos durchlaufen hatte, erhob er vor dem Sozialgericht Klage, um eine vollständige Kostenübernahme zu erreichen. Die Kosten für seine Wohnung seien angemessen; er habe sich in den letzten Jahren erfolglos um eine kostengünstigere Wohnung bemüht.
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4. Gegenstand des der Vorlage 1 BvL 5/15 zugrunde liegenden Ausgangsverfahrens ist ebenfalls die Höhe der zu erstattenden Kosten der Unterkunft und Heizung. Im Streit steht der Zeitraum von 1. Juni bis 30. November 2013, in dem der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erhielt. Er bewohnte mit seiner Ehefrau eine 65,40 m² große Wohnung zu einer monatlichen Kaltmiete ab 1. Juni 2013 von 487 €. Das Jobcenter errechnete auf Grundlage einer maximal zu beanspruchenden Wohnfläche von 60 m² und des von einer privaten Firma erstellten schlüssigen Konzepts eine angemessene Kaltmiete für einen Zweipersonenhaushalt von 430 €. Diese legte es der Leistungsbewilligung zugrunde. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren beantragte der Kläger vor dem Sozialgericht, das Jobcenter zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu bewilligen.
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5. Das vorlegende Gericht hat aufgrund mündlicher Verhandlung am 12. Dezember 2014 beschlossen, die beiden Verfahren auszusetzen. Es hat dem Bundesverfassungsgericht folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:
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"Ist § 22 Abs. 1 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13.05.2011 (BGBl Nr. 23 S. 868) mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG - Sozialstaatlichkeit - und dem sich daraus ergebenden Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar, soweit nach dessen 2. Halbsatz die für die Höhe des Anspruchs auf Grundsicherungsleistungen nach §§ 19 Abs. 1, 19 Abs. 3 S. 1 SGB II maßgeblichen Bedarfe für Unterkunft und Heizung lediglich anerkannt werden, soweit die tatsächlichen Aufwendungen hierfür angemessen sind, ohne dass der Gesetzgeber nähere Bestimmungen darüber getroffen hat, unter welchen Umständen von unangemessenen Aufwendungen auszugehen ist?"
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Die Kammer sei davon überzeugt, dass § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II verfassungswidrig sei. Die Regelung verstoße gegen das in Art. 1 Abs. 1 in Verbindung Art. 20 Abs. 1 GG gesicherte Grundrecht. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des Anspruchs auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht, denn er sei nicht hinreichend konkret bestimmt. Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip verpflichteten jedoch dazu, zur Berechnung existenzsichernder Leistungen für Unterkunft und Heizung hinreichend konkrete Vorgaben in einem formellen Bundesgesetz zu machen.
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Die zur Prüfung vorgelegte Regelung sei einer verfassungskonformen Auslegung nicht zugänglich. Mit anerkannten Auslegungsmethoden könne die fehlende demokratische Legitimation einer Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung, die aufgrund von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ergehe, nicht ersetzt werden. Eine Auslegung der vorgelegten Norm mithilfe der §§ 22a bis c SGB II sei schon deshalb nicht möglich, weil das Land Rheinland-Pfalz keine Satzungsermächtigung erlassen habe; §§ 22a bis c SGB II setzten nur den Rahmen für das Landesrecht. Das Bundesverfassungsgericht habe bisher nicht über die Verfassungsmäßigkeit von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II entschieden. Die Vorlagefrage sei für die Ausgangsverfahren entscheidungserheblich. Beide Klagen seien zulässig und die Anspruchsvoraussetzungen im Übrigen gegeben. Im Falle der Gültigkeit des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sei ein anderes Entscheidungsspektrum eröffnet als bei dessen Nichtigkeit. Wäre die "Angemessenheit" zu unbestimmt, sei der zweite Halbsatz der Norm nichtig und den Klagen ganz oder - wegen einer Überzahlung im Ausgangsverfahren des Vorlageverfahrens 1 BvL 5/15 - weitgehend stattzugeben. Dann seien die angefallenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung komplett zu berücksichtigen gewesen. Im Fall der Gültigkeit der Norm sei aufgrund der Unbestimmtheit der Regelung ein volles Obsiegen oder eine Klageabweisung denkbar. Die sonst geforderte klare Entscheidungsalternative könne hier nicht gefordert werden; für die Zulässigkeit der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht müsse hier die Darlegung des Entscheidungsspektrums genügen.
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II.
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Die Vorlagen sind unzulässig, weil sie nicht in jeder Hinsicht den Darlegungsanforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügen. Die Unzulässigkeit der Vorlage kann die Kammer durch einstimmigen Beschluss feststellen (§ 81a Satz 1 BVerfGG).
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1. Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 1 BVerfGG hat ein Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn es ein Gesetz für verfassungswidrig hält, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt. Das vorlegende Gericht muss deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist und aus welchen Gründen es zu dieser Auffassung gelangt ist. Insoweit bedarf es eingehender, Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehender Darlegungen (vgl. BVerfGE 78, 165 171 f.>; 89, 329 336 f.>; 131, 1 15>; 131, 88 118>). Wird der Verfassungsverstoß aufgrund der Unbestimmtheit der Norm angenommen, ist darzulegen, inwiefern eine Entscheidung für eine der in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten den Rahmen der Aufgabe der Rechtsanwendungsorgane, Zweifelsfragen zu klären und Auslegungsprobleme mit herkömmlichen juristischen Methoden zu bewältigen, sprengen würde. Es muss erkennbar sein, dass eine ausreichende Konkretisierung des Regelungsgehalts der Vorschrift im Wege der juristischen Auslegungsmethoden nicht möglich ist (vgl. BVerfGE 131, 88 118 f.> m.w.N.). Dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügt ein Vorlagebeschluss zudem nur, wenn die Ausführungen des Gerichts erkennen lassen, dass es sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (vgl. BVerfGE 127, 335 355 f.>; stRspr).
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2. Diese Vorgaben sind hier zwar ganz überwiegend, aber in entscheidender Hinsicht nicht vollständig beachtet worden.
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Das Gericht hat seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 22 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB II in sorgfältiger Auseinandersetzung mit der umfangreichen Rechtsprechung und Literatur entwickelt. Der Gewährleistungsgehalt von Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG wird anhand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Fachliteratur dargestellt. Das Gericht würdigt auch die aus dem Urteil des Ersten Senats vom 9. Februar 2010 (BVerfGE 125, 175 223>) resultierenden Bestimmtheitsanforderungen an eine gesetzgeberische Ausgestaltung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Es geht zutreffend davon aus, dass das Grundgesetz selbst keinen exakt bezifferbaren Anspruch zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz in Deutschland vorgibt (vgl. BVerfGE 125, 175 225 f.>; 132, 134 165>; 137, 34 75 Rn. 81>) und kommt in Auseinandersetzung mit weiterer Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu dem Ergebnis, dass sich dieses bisher nicht mit der Verfassungsmäßigkeit von § 22 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB II befasst habe. Davon ausgehend prüft das Gericht die Vereinbarkeit der Regelung mit dem Grundgesetz und verneint diese.
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Das Sozialgericht erkennt auch, dass die vorgelegte Norm in ein Regelungssystem eingebunden ist. So sind insbesondere die Regelungen der §§ 22a bis c SGB II auch bei der Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigen. Insoweit fehlt es aber an einer hinreichenden Darlegung, inwieweit durch die Heranziehung der §§ 22a bis c SGB II eine ausreichende Konkretisierung des Leistungsanspruchs erreicht werden kann. Das wird der vom Gesetzgeber vorgegebenen Systematik nicht gerecht. Die Regelungen der §§ 22a bis c SGB II sind im direkten Zusammenhang mit der vorgelegten Norm des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in das Gesetz eingefügt worden, um den Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung transparent und rechtssicher zu regeln (vgl. BTDrucks 17/3404, S. 44). Dabei ist der Gesetzgeber von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ausgegangen und hat teils übereinstimmende, teils davon abweichende Vorgaben an den Satzungsgeber normiert. Für die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft sollen weiterhin die einfachen Standards auf dem örtlichen Wohnungsmarkt maßgeblich sein (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R -, juris, Rn. 24; Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R -, juris, Rn. 13 m.w.N.). In § 22b Abs. 1 Satz 1 SGB II hat der Gesetzgeber sodann die "Produkttheorie" normiert. Gleichzeitig hat er in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts den Satzungsgebern die Möglichkeit eröffnet, von der "bisherigen Rechtslage" (BTDrucks 17/3404, S. 101) abweichende Regelungen vorzusehen (§ 22a Abs. 2, § 22b Abs. 1 Satz 3 SGB II). Der Gesetzgeber hat also mit §§ 22a bis c SGB II die Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II durch das Bundessozialgericht gesetzlich nachvollzogen, wonach die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft nach Maßgabe der Produkttheorie auf Grundlage eines schlüssigen Konzepts zu bestimmen ist. Damit bleiben Behörden und Gerichten zwar durchaus Entscheidungsspielräume insbesondere mit Blick auf das schlüssige Konzept, doch ist die Auslegung der hier in Frage gestellten Norm gesetzlich begrenzt.
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Es wäre daher vor dem Hintergrund der Regelungsgeschichte und Regelungssystematik und angesichts der anerkannten Möglichkeit des Gesetzgebers, unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden (vgl. BVerfGE 102, 254 337>), näher zu begründen gewesen, warum diese gesetzgeberische Weichenstellung eine verfassungskonforme Auslegung der Ausgangsregelung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht tragen können soll, zumal der Gesetzgeber dadurch, dass er in § 22a Abs. 1 SGB II für Länder, Kreise und kreisfreie Städte lediglich die Möglichkeit einer näheren Ausgestaltung auf Satzungsebene einräumt, zu erkennen gibt, dass er die gesetzliche Regelung in § 22 SGB II vor dem Hintergrund der sozialgerichtlichen Rechtsprechung für hinreichend bestimmt hält. Daran fehlt es hier.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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