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BVerfG 06.09.2016 - 2 BvR 890/16
BVerfG 06.09.2016 - 2 BvR 890/16 - Nichtannahmebeschluss: Teils unzulässige im Übrigen unbegründete Verfassungsbeschwerde gegen die Auslieferung eines aufgrund eines Europäischen Haftbefehls in der Bundesrepublik festgenommenen Ausländers - zu Fällen, in denen der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit im Prozessrecht des ersuchenden Staates - hier: Vereinigtes Königreich - nicht in demselben Umfang wie im deutschen Strafverfahren gewährleistet ist
Normen
Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 23 Abs 1 S 3 GG, Art 79 Abs 3 GG, § 34 CJPOA GBR, § 35 CJPOA GBR, EGRaBes 584/2002
Vorinstanz
vorgehend KG Berlin, 21. April 2016, Az: (4) 151 AuslA 214/15 (29/16), Beschluss
vorgehend BVerfG, 29. April 2016, Az: 2 BvR 890/16, Einstweilige Anordnung
vorgehend BVerfG, 6. Mai 2016, Az: 2 BvR 890/16, Einstweilige Anordnung
nachgehend BVerfG, 15. März 2017, Az: 2 BvR 890/16, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
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Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Auslieferung an das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland zum Zwecke der Strafverfolgung. Er macht geltend, dass sein Schweigerecht dort nicht gewährleistet sei.
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I.
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1. Der Beschwerdeführer ist kroatischer und irischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Kroatien. Er wurde am 4. Februar 2016 aufgrund eines Europäischen Haftbefehls des Central Hertfordshire Magistrates' Court vom 12. Dezember 2007 in Berlin festgenommen und befindet sich seither in Haft.
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2. Dem Europäischen Haftbefehl liegt ein Haftbefehl des Central Hertfordshire Magistrates' Court vom 13. April 2007 zugrunde. Dem Beschwerdeführer wird zur Last gelegt, am 26. April 1993 in Hertfordshire einen Mann erschossen zu haben. Zuvor soll er ihn - zusammen mit drei Komplizen - unter dem Vorwand, ihm eine größere Menge Cannabis verkaufen zu wollen, bei dem es sich in Wahrheit um Wachsharz gehandelt habe, an den Tatort gelockt haben. Sodann soll er ohne Vorwarnung zu dem Fahrzeug des Opfers gelaufen sein und durch das Fahrzeugfenster auf das Opfer geschossen haben, das seinen Verletzungen erlag; nach dem Recht des ersuchenden Staates strafbar als Mord, Besitz einer Schusswaffe mit der Absicht der Begehung einer schweren Straftat, Verabredung zum Betrug und Angebot der Lieferung einer kontrollierten Droge. In dem Europäischen Haftbefehl wird weiter ausgeführt, dass zwei der bereits verurteilten Mittäter bereit seien, als Belastungszeugen gegen den Beschwerdeführer auszusagen.
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3. Mit Schriftsatz vom 3. März 2016 beantragte der Beschwerdeführer bei dem Kammergericht, seine Auslieferung für unzulässig zu erklären.
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Das für die Anerkennung und Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls notwendige Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit des ersuchenden Staates sei nicht gegeben. Insbesondere werde das dem Beschwerdeführer zustehende Schweigerecht im Vereinigten Königreich nicht gewährleistet. Zwar könne sich der Beschuldigte dort entscheiden, nicht zu dem Tatvorwurf auszusagen. Diese Entscheidung sei aber frühzeitig und oft schon vor der Gewährung von Akteneinsicht zu treffen und könne sich dann im Lauf des Verfahrens zu Lasten des Beschuldigten auswirken. Berufe sich der Beschuldigte zunächst auf sein Schweigerecht und mache er später gleichwohl Angaben zur Sache, könne dies zu seinen Lasten gewertet werden. Er sei daher nicht frei in seiner Entscheidung, ob er sich zur Sache einlassen wolle.
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Zudem sei zu berücksichtigen, dass das Vereinigte Königreich generelle Vorbehalte zur Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union formuliert habe. Außerdem habe sich das Vereinigte Königreich ausdrücklich nicht zu den von den Mitgliedstaaten in Konkretisierung des Art. 48 GRCh festgelegten Mindeststandards bekannt, insbesondere nicht zu der Richtlinie (EU) 2016/343 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Stärkung bestimmter Aspekte der Unschuldsvermutung und des Rechts auf Anwesenheit in der Verhandlung in Strafverfahren. In Art. 7 Abs. 1 und Abs. 5 der Richtlinie hätten die Mitgliedstaaten das Schweigerecht des Beschuldigten anerkannt. Bei dieser Sach- und Rechtslage sei das gegenseitige Vertrauen, das die Grundlage für die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls bilde, erschüttert. Das im Vereinigten Königreich geführte Verfahren biete keine Gewähr für die Einhaltung des Schweigerechts, das in Art. 1 GG verankert sei und als Mindeststandard der Beschuldigtenrechte im Rechtsraum der Europäischen Union gelten müsse.
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Unabhängig davon sei zu berücksichtigen, dass die britischen Strafverfolgungsbehörden den Beschwerdeführer in der Vergangenheit bereits mehrfach zu Unrecht strafrechtlich verfolgt hätten. Zudem seien die in dem Haftbefehl genannten Zeugen Informanten der Polizei aus der Liverpooler Drogenszene. Einer dieser Zeugen sei nachweislich in eine Korruptionsaffäre verstrickt gewesen.
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4. Mit Schriftsatz vom 4. März 2016 ergänzte der Beschwerdeführer seinen Vortrag. Er erklärte, dass die Rechtslage im Vereinigten Königreich in Bezug auf das Schweigerecht dramatischer sei als bisher angenommen. Maßgeblich sei § 35 des Criminal Justice and Public Order Act 1994, der in dem Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer zur Anwendung kommen werde. Danach könne das Gericht bei der Beweiswürdigung nachteilige Schlüsse in Bezug auf die Schuld des Angeklagten allein aus dem Umstand ziehen, dass er keine Fragen beantworte oder sich weigere, zur Sache auszusagen. Dies heble das Schweigerecht aus und verstoße gegen den aus Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz, der es verbiete, den Menschen zum bloßen Objekt eines staatlichen Verfahrens herabzuwürdigen. Der Angeklagte könne nicht frei entscheiden, ob er sich zur Sache äußere oder nicht. In jedem Fall werde er zum Beweismittel gegen sich selbst gemacht.
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5. Mit Beschluss vom 29. März 2016 ordnete das Kammergericht die Fortdauer der Auslieferungshaft an und führte aus, dass mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1992 (2 BvR 1901/91, juris, Rn. 10) kein Anlass zu der Annahme bestehe, dass aus § 35 Criminal Justice and Public Order Act 1994 ein Auslieferungshindernis folge. Ungeachtet dessen bitte der Senat die Generalstaatsanwaltschaft Berlin, bei den Behörden des Vereinigten Königreichs anzufragen, ob die Norm im Falle des Beschwerdeführers Anwendung finde und ob gegebenenfalls die Nichtanwendung der Norm zugesichert werden könne. Das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers betreffe die Frage des Tatverdachts, der im Auslieferungsverfahren regelmäßig nicht zu prüfen sei. Umstände, die ausnahmsweise Anlass für eine Tatverdachtsprüfung nach § 10 Abs. 2 IRG geben könnten, lägen nicht vor.
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6. Mit Schreiben vom 5. April 2016 teilten die Behörden des Vereinigten Königreichs mit, dass § 35 Criminal Justice and Public Order Act 1994 in dem Verfahren des Beschwerdeführers anwendbar sei. Eine Nichtanwendung der Vorschrift könne nicht zugesichert werden, da hierüber nur der zuständige Richter entscheiden könne.
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7. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 21. April 2016 erklärte das Kammergericht die Auslieferung des Beschwerdeführers an das Vereinigte Königreich für zulässig und ordnete die Fortdauer der Auslieferungshaft an.
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Das Kammergericht führte unter anderem aus, der Auslieferung stehe nicht entgegen, dass gemäß § 35 Criminal Justice and Public Order Act 1994 das Schweigen des Angeklagten und die Nichtbeantwortung einzelner Fragen im Rahmen der Beweiswürdigung zu seinem Nachteil gewertet werden könnten. Dies stelle keine im Rahmen des § 73 IRG beachtliche Verletzung völkerrechtlicher Mindeststandards dar. Zur Begründung seiner Auffassung verwies der Senat auf den Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 22. Juni 1992 (2 BvR 1901/91, juris, Rn. 10), der die wortlautidentische Vorschrift des § 4 Criminal Evidence (Northern Ireland) Order 1988 zum Gegenstand gehabt habe. § 38 Abs. 3 Criminal Justice and Public Order Act 1994 stelle klar, dass das in § 35 genannte Verhalten des Angeklagten nicht alleinige Grundlage einer Verurteilung sein könne.
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II.
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1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Kammergerichts vom 21. April 2016. Er rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
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Das Kammergericht habe die Reichweite des Grundsatzes der Selbstbelastungsfreiheit und des Schweigerechts verkannt. Das aus dem Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit herrührende Schweigerecht des Angeklagten sowie die Pflicht des Gerichts, das Schweigen des Angeklagten im Rahmen der Beweiswürdigung außer Acht zu lassen, gehörten zur Verfassungsidentität der Bundesrepublik Deutschland. Im Falle einer Auslieferung an das Vereinigte Königreich sei dieses Recht aufgrund von § 35 Criminal Justice and Public Order Act 1994 nicht gewährleistet, da diese Vorschrift einem Gericht oder einer Jury die Möglichkeit eröffne, aus dem Schweigen des Angeklagten Schlüsse auf seine Schuld zu ziehen. Dies stehe im Gegensatz zu der Stellung des Schweigerechts in der deutschen Rechtsordnung, wie sie durch die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs ausgebildet worden sei.
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Entscheidungen in Auslieferungsverfahren im Rahmen des Europäischen Haftbefehls unterlägen zwar grundsätzlich nur eingeschränkter verfassungsgerichtlicher Kontrolle. Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung verpflichte grundsätzlich jeden Mitgliedstaat der Europäischen Union, einen von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Haftbefehl zu vollstrecken. In seinem Beschluss vom 15. Dezember 2015 habe das Bundesverfassungsgericht allerdings klargestellt, dass es im Wege der Identitätskontrolle den gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG unabdingbar gebotenen Grundrechtsschutz uneingeschränkt und im Einzelfall gewährleiste. Der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens könne nur so lange Geltung beanspruchen, wie das Vertrauen nicht durch entgegenstehende Tatsachen erschüttert werde. Bei entsprechenden Anhaltspunkten seien die nationalen Justizbehörden unionsrechtlich berechtigt und verpflichtet, die Einhaltung der rechtsstaatlichen Anforderungen zu prüfen, selbst wenn der Europäische Haftbefehl den formalen Anforderungen genüge.
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Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit sei verfassungsrechtlich geschützt. Das daraus folgende Schweigerecht des Beschuldigten gehöre seit Langem zu den anerkannten Grundsätzen des Strafprozesses; es werde in Art. 14 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 ausdrücklich gewährleistet. In der Rechtsprechung werde der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit und das daraus folgende Schweigerecht des Beschuldigten als selbstverständlicher Ausdruck einer rechtsstaatlichen Grundhaltung bezeichnet, die auf dem Leitgedanken der Achtung der Menschenwürde beruhe. In der Literatur werde das Verbot des Selbstbezichtigungszwangs als eine durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gebotene Wertentscheidung zugunsten des Persönlichkeitsrechts des Beschuldigten gewürdigt, hinter dem das Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit zurücktreten müsse; die Menschenwürde gebiete, dass der Beschuldigte frei darüber entscheiden könne, ob er als Werkzeug zur Überführung seiner selbst benutzt werde. Das Bundesverfassungsgericht habe wiederholt betont, dass der Schutz, den der Beschuldigte durch den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit genieße, nicht dadurch entwertet werden dürfe, dass er befürchten müsse, sein Schweigen werde bei der Beweiswürdigung zu seinem Nachteil verwendet. Dabei werde das Schweigerecht verfahrensrechtlich ergänzt und abgesichert durch den aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleiteten Anspruch auf ein faires Verfahren. Das Schweigen als solches dürfe im Strafverfahren jedenfalls dann nicht als belastendes Indiz verwendet werden, wenn der Beschuldigte die Einlassung zur Sache im Ermittlungsverfahren oder während der Hauptverhandlung vollständig verweigere. Das Schweigerecht stelle sich somit anerkanntermaßen vor allem auch als Ausdruck der Subjektstellung des Beschuldigten dar, der in dem gegen ihn gerichteten Strafprozess nicht zum Werkzeug - mithin zum Objekt - gemacht werden dürfe. Das Schweigerecht schütze damit die Menschenwürde des Beschuldigten. Daraus folge zum einen, dass eine gerichtliche Feststellung, die unter Missachtung dieses Rechts aus dem Schweigen des Beschuldigten nachteilige Schlüsse auf seine Schuld ziehe, die Freiheit des Willens des Beschuldigten verletze, sich zu dem gegen ihn gerichteten Vorwurf zu äußern oder zu schweigen. Zum anderen verstoße sie gegen das ebenfalls in Art. 1 GG verankerte Schuldprinzip; denn es gebe keinen Erfahrungssatz, wonach der Unschuldige rede und der Schuldige schweige.
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Im Vereinigten Königreich sei ein Schweigerecht für den Beschuldigten mit dem in Deutschland von der Verfassung geschützten Kerninhalt nicht existent. Zwar könne der Beschuldigte entscheiden, nicht zu dem Tatvorwurf auszusagen. Insofern bestehe ein Beweiserhebungs- und -verwertungsverbot hinsichtlich erzwungener Aussagen. Das englische Recht eröffne dem Gericht oder der Jury in § 35 Criminal Justice and Public Order Act 1994 jedoch ausdrücklich die Möglichkeit, im Rahmen der Beweiswürdigung aus dem Schweigen des Angeklagten Schlüsse auf dessen Schuld zu ziehen. Die Aushöhlung der Selbstbelastungsfreiheit und des Schweigerechts durch § 35 Criminal Justice and Public Order Act 1994 sei durch die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht begrenzt worden.
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Durch § 34 Criminal Justice and Public Order Act 1994 würden der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit und das Schweigerecht darüber hinaus weiter aufgeweicht, indem dem Beschuldigten eine faktische Mitwirkungs- und Prozessförderungspflicht auferlegt werde. Danach könne zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt werden, wenn er versäumt habe, frühzeitig auf Tatsachen hinzuweisen, die für seine spätere Verteidigung in einem Strafverfahren von Bedeutung sein könnten. Ziel dieser Regelung sei es, den Beschuldigten davon abzuhalten, bis zum Ende des Verfahrens eine neue Verteidigung "herbeizuerfinden", und ihn dazu zu bewegen, frühzeitig seine Verteidigungsstrategie offenzulegen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung seien Rückschlüsse zum Nachteil des Beschuldigten selbst dann zulässig, wenn sein Rechtsbeistand ihm zum Schweigen geraten habe. Auch § 34 Criminal Justice and Public Order Act 1994 werde in dem gegen den Beschwerdeführer geführten Verfahren zur Anwendung kommen. Es drohe daher eine Aufklärungs- und Mitwirkungspflicht in dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren, die ihn zum bloßen Objekt des Verfahrens mache.
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Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass nach § 38 Abs. 3 des Gesetzes eine Verurteilung nicht allein auf das Schweigen des Angeklagten gestützt werden dürfe. Bei der gegebenen Rechtslage sei der Beschuldigte von vornherein einem enormen Aussagedruck ausgesetzt, da er Angst haben müsse, seine Lage durch Schweigen zu verschlechtern. Deshalb existiere keine autonome Wahlmöglichkeit zwischen Schweigen oder Aussage. Im Übrigen reiche bereits die Existenz eines einzigen zusätzlichen Beweismittels aus, um den Anwendungsbereich der §§ 34 ff. Criminal Justice and Public Order Act 1994 zu eröffnen.
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Eine Studie zu den Auswirkungen des Criminal Justice and Public Order Act 1994 zeige, dass die genannten Regelungen deutliche, insbesondere auch prozesstaktische Auswirkungen für die Anklage und die Verteidigung hätten. So hätten Verteidiger eine höhere Einlassungsbereitschaft bei Angeklagten beobachten können. Die Verteidigungstaktik habe sich dahingehend geändert, dass Beschuldigten nur noch dann geraten werde zu schweigen, wenn zu befürchten sei, dass eine etwaige Einlassung einem Kreuzverhör nicht standhalten könnte. Zudem sei es für die Verteidigung kaum noch möglich, in einem späteren Verfahrensstadium Beweisanträge zu stellen oder Beweismittel vorzulegen, da ein solches Verhalten ebenfalls zu Lasten des Angeklagten gewürdigt werden dürfe.
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Im konkreten Fall des Beschwerdeführers sei absehbar, dass die genannten Vorschriften eine zentrale Bedeutung erlangen würden. Angesichts der gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe und der Beweislage werde sich dieser auf sein Schweigerecht berufen. Der Ausgang des Verfahrens werde daher von der Würdigung der Aussagen der in dem Haftbefehl genannten Zeugen sowie des Schweigens des Beschwerdeführers abhängen.
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Soweit sich das Kammergericht zur Begründung seiner Rechtsauffassung auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1992 (2 BvR 1901/91, juris) berufen habe, vermöge dies in Anbetracht der seitdem erfolgten europarechtlichen Entwicklungen und der seitdem geänderten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu überzeugen. Zwar betreffe der zitierte Beschluss einen bei oberflächlicher Betrachtung vergleichbaren Fall. Das dort verfahrensgegenständliche Gesetz sei mit dem hier einschlägigen § 35 Criminal Justice and Public Order Act 1994 weitgehend wortgleich. Das Kammergericht verkenne jedoch, dass die Entscheidung zeitlich nicht nur vor der Gründung der Europäischen Union und der damit verbundenen Vielzahl an europarechtlichen Veränderungen ergangen sei, sondern vor allem auch vor der den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit und das Schweigerecht ausgestaltenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie einer maßgeblichen Veränderung des völkerrechtlichen Mindeststandards. Vor diesem Hintergrund sei nicht davon auszugehen, dass das Bundesverfassungsgericht an der Entscheidung vom 22. Juni 1992 festhalten werde. Im Übrigen habe das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung die Auslieferung nur für zulässig erachtet, weil von den britischen Behörden zugesichert worden sei, dass die streitgegenständliche Vorschrift nicht angewandt würde, und zudem eine gefestigte Beweislage vorgelegen habe. Im vorliegenden Fall sei dagegen eine insgesamt unberechtigte Strafverfolgung zu besorgen. Zum einen sei der Beschwerdeführer im Vereinigten Königreich schon mehrfach zu Unrecht schwerer Straftaten beschuldigt worden. Zum anderen sei einer der Zeugen in eine Korruptionsaffäre verstrickt gewesen.
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Zwar stünden §§ 34, 35 Criminal Justice and Public Order Act 1994 nicht per se in Widerspruch zu Art. 6 EMRK; vielmehr habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bisher auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt. Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen habe jedoch festgestellt, dass die Regelungen im Vereinigten Königreich gegen Art. 14 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte verstießen. Dass der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit zu den völkerrechtlichen Mindeststandards gehöre, lasse sich zudem daran ersehen, dass er auch in Verfahren vor den Ad-hoc-Strafgerichtshöfen der Vereinten Nationen und dem Internationalen Strafgerichtshof gewährleistet werde. Die Regelungen des Criminal Justice and Public Order Act 1994 entsprächen auch nicht den Rechtstraditionen des Common Law.
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Schließlich habe sich das Vereinigte Königreich ausbedungen, nicht an die durch die Richtlinien 2013/48/EU und (EU) 2016/343 etablierten europäischen Mindeststandards für Strafverfahren gebunden zu sein. Das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten darauf, dass ihre jeweiligen nationalen Rechtsordnungen in der Lage seien, einen gleichwertigen und wirksamen Schutz der auf Unionsebene und in der Charta anerkannten Grundrechte zu bieten, und der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung seien massiv gestört, wenn ein Mitgliedstaat - wie hier das Vereinigte Königreich - zu erkennen gebe, im Hinblick auf Beschuldigtenrechte nicht am europäischen Mindeststandard teilnehmen zu wollen. Auch wenn die Richtlinie (EU) 2016/343 erst bis zum 1. April 2018 umzusetzen sei, sei bereits die Ankündigung der Nichtumsetzung geeignet, das Vertrauen der Bundesrepublik Deutschland in die für den Auslieferungsverkehr nach den Regelungen des Europäischen Haftbefehls erforderliche Einhaltung der rechtsstaatlichen Garantien zu erschüttern. Darüber hinaus ließen auch die aktuellen Entwicklungen im Vereinigten Königreich weitere Erosionen des grundsätzlich zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden Vertrauens in die Einhaltung der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und des Menschenrechtsschutzes besorgen.
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2. Mit Beschluss vom 29. April 2016 hat das Bundesverfassungsgericht auf Antrag des Beschwerdeführers eine einstweilige Anordnung erlassen und die Übergabe des Beschwerdeführers an die Behörden des Vereinigten Königreichs bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, längstens für die Dauer von zehn Tagen, einstweilen ausgesetzt. Mit Beschluss vom 6. Mai 2016 ist die einstweilige Anordnung für die Dauer von sechs Monaten, längstens jedoch bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, wiederholt worden.
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3. Die Berliner Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten des Ausgangsverfahrens sind vom Bundesverfassungsgericht beigezogen worden.
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III.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, da die Annahmevoraussetzungen aus § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Weder hat die Verfassungsbeschwerde grundsätzliche Bedeutung, da die entscheidungserheblichen Fragen durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung bereits geklärt sind (vgl. BVerfGE 90, 22 24>; 96, 245 248>), noch ist eine Annahme zur Durchsetzung der Grundrechte angezeigt, da die Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 25 f.>; 96, 245 250>). Sie ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.
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1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass seine Auslieferung mit Blick auf § 34 Criminal Justice and Public Order Act 1994 unzulässig sei. Der Zulässigkeit steht insoweit der Grundsatz der materiellen Subsidiarität entgegen. Nach diesem Grundsatz muss ein Beschwerdeführer das ihm Mögliche tun, damit eine Grundrechtsverletzung im fachgerichtlichen Instanzenzug unterbleibt oder beseitigt wird. Er muss alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung in dem unmittelbar mit ihr zusammenhängenden sachnächsten Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 112, 50 60>; 129, 78 92>; 134, 106 115 Rn. 27>; stRspr).
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Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer mit Blick auf sein Vorbringen zu § 34 Criminal Justice and Public Order Act 1994 nicht gerecht geworden. Zwar hat er in seinem Schriftsatz an das Kammergericht vom 3. März 2016 Ausführungen gemacht, die der Sache nach den Regelungsgehalt dieser Vorschrift zum Gegenstand haben dürften. Die Vorschrift selbst hat er jedoch nicht genannt. Vielmehr hat er dem Kammergericht in seinem Schreiben vom Folgetag mitgeteilt, dass die Rechtslage in Bezug auf das Schweigerecht dramatischer sei als bislang angenommen und dass insoweit die Vorschrift in § 35 Criminal Justice and Public Order Act 1994 maßgeblich sei. Das Kammergericht hatte vor diesem Hintergrund keinerlei Veranlassung, sich mit § 34 dieses Gesetzes auseinanderzusetzen oder auch nur den Wortlaut dieser Vorschrift in Erfahrung zu bringen. Dementsprechend hat der Senat in der Folge lediglich Ermittlungen zu der von dem Beschwerdeführer genannten Vorschrift in § 35 angestellt.
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2. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet, da die angegriffene Entscheidung nicht gegen die in Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG für integrationsfest erklärten Grundsätze der Verfassung verstößt.
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a) Der Auslieferungsverkehr mit anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist durch den Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl Nr. L 190 vom 18. Juli 2002, S. 1 - RbEuHb -) zumindest teilweise unionsrechtlich determiniert. So zählt der Rahmenbeschluss - grundsätzlich abschließend (vgl. EuGH, Urteil vom 5. April 2016, Aranyosi und Căldăraru, C-404/15, C-659/15 PPU, Rn. 80) - bestimmte Gründe auf, aus denen die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls abzulehnen ist oder abgelehnt werden kann (vgl. Art. 3 ff. RbEuHb). Die nach der Rechtsordnung des ersuchenden Staates zulässige Verwertung des Schweigens des Beschuldigten zu dessen Lasten ist im Rahmenbeschluss nicht als Ablehnungsgrund genannt. Dementsprechend sieht auch das Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen einen solchen Ablehnungsgrund nicht ausdrücklich vor (vgl. §§ 81 ff. IRG).
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Durch das Unionsrecht determinierte Akte der deutschen öffentlichen Gewalt sind - wie Hoheitsakte der Europäischen Union selbst - mit Blick auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts grundsätzlich nicht am Maßstab der im Grundgesetz verankerten Grundrechte zu messen. Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts findet - wie der Senat in einem ebenfalls die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls betreffenden Verfahren klargestellt hat - seine Grenze jedoch in den durch Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG für integrationsfest erklärten Grundsätzen der Verfassung. Dazu gehören namentlich die Grundsätze des Art. 1 GG. Die Gewährleistung dieser Grundsätze ist daher auch bei der Anwendung unionsrechtlich determinierter Vorschriften durch die deutsche öffentliche Gewalt im Einzelfall sicherzustellen (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 -, NJW 2016, S. 1149 1150 Rn. 36>). Verletzt die Anwendung unionsrechtlich determinierter Vorschriften die von Art. 1 GG gewährleisteten Grundsätze, so kann dies im Rahmen eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens gerügt und festgestellt werden (vgl. BVerfGE 123, 267 354>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 -, NJW 2016, S. 1149 1151 Rn. 43>).
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Zwar ist einem Mitgliedstaat der Europäischen Union im Hinblick auf die Einhaltung der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und des Menschenrechtsschutzes grundsätzlich besonderes Vertrauen entgegenzubringen. Die Europäische Union bekennt sich zur Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und der Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören (vgl. Art. 2 EUV). Ihre Mitgliedstaaten haben sich sämtlich der Europäischen Menschenrechtskonvention unterstellt. Soweit sie Unionsrecht durchführen, sind sie überdies an die Gewährleistungen der Charta der Grundrechte gebunden (vgl. Art. 51 GRCh). Das für die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung zuständige Gericht ist daher grundsätzlich nicht verpflichtet, bestehende Aufklärungsmöglichkeiten auszuschöpfen oder positiv festzustellen, dass dem um Auslieferung ersuchenden Mitgliedstaat hinsichtlich der Wahrung des von Art. 1 GG geforderten Mindeststandards vertraut werden kann. Der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens wird jedoch dann erschüttert, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass im Falle einer Auslieferung die unverzichtbaren Anforderungen an den Schutz der Menschenwürde nicht eingehalten würden. Das über die Zulässigkeit der Auslieferung entscheidende Gericht trifft insoweit die Pflicht, Ermittlungen hinsichtlich der Rechtslage und der Praxis im ersuchenden Mitgliedstaat vorzunehmen, wenn der Betroffene hinreichende Anhaltspunkte für solche Ermittlungen dargelegt hat (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 -, NJW 2016, S. 1149 1155 Rn. 73 f.>). Stellt sich danach heraus, dass der vom Grundgesetz geforderte Mindeststandard vom ersuchenden Mitgliedstaat nicht eingehalten wird, darf das zuständige Gericht die Auslieferung nicht für zulässig erklären (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2734/14 -, NJW 2016, S. 1149 1155 Rn. 75>).
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b) aa) Das Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung und die Aussagefreiheit des Beschuldigten (nemo tenetur se ipsum accusare) sind im Grundgesetz verankert. Sie sind notwendiger Ausdruck einer auf dem Leitgedanken der Achtung der Menschenwürde beruhenden rechtsstaatlichen Grundhaltung (vgl. BVerfGE 133, 168 201 Rn. 60>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 25. August 2014 - 2 BvR 2048/13 -, juris, Rn. 13). Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit ist zum einen im Rechtsstaatsprinzip verankert und wird von dem Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG umfasst (vgl. BVerfGE 80, 109 119 ff.>; 109, 279 324>; 110, 1 31>; 133, 168 201 Rn. 60, 236 f. Rn. 124>; vgl. aus der Kammerrechtsprechung BVerfGK 14, 295 303>; 20, 347 351>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Juli 1995 - 2 BvR 326/92 -, juris, Rn. 32; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Februar 1997 - 2 BvR 122/97 -, juris, Rn. 2; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 25. August 2014 - 2 BvR 2048/13 -, juris, Rn. 13). Zum anderen ist der Schutz vor einem Zwang zur Selbstbezichtigung als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG anerkannt (vgl. BVerfGE 38, 105 114 f.>; 56, 37 41 ff.>; 95, 220 241>; vgl. aus der Kammerrechtsprechung BVerfGK 4, 105 108>; 15, 457 470 f.>; 16, 116 117>; 17, 253 264>; 18, 144 150>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 21. April 1993 - 2 BvR 930/92 -, juris, Rn. 13; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Juli 1995 - 2 BvR 326/92 -, juris, Rn. 30 f.; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 31. März 2008 - 2 BvR 467/08 -, juris, Rn. 2; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 21. April 2010 - 2 BvR 504/08, 2 BvR 1193/08 -, juris, Rn. 17 f.).
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Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit umfasst das Recht des Beschuldigten auf Aussage- und Entschließungsfreiheit im Strafverfahren. Dazu gehört, dass im Rahmen des Strafverfahrens niemand gezwungen werden darf, sich durch seine eigene Aussage einer Straftat zu bezichtigen oder zu seiner Überführung aktiv beizutragen (vgl. BVerfGE 109, 279 324>; 133, 168 201 Rn. 60>). Der Beschuldigte muss frei von Zwang eigenverantwortlich entscheiden können, ob und gegebenenfalls inwieweit er im Strafverfahren mitwirkt (vgl. BVerfGE 133, 168 201 Rn. 60>). Ein Zwang zur Selbstbezichtigung berührt die Würde des Menschen, dessen Aussage gegen ihn selbst verwendet wird (vgl. BVerfGE 56, 37 41 f.>; BVerfGK 4, 105 108>; 15, 457 471>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Juli 1995 - 2 BvR 326/92 -, juris, Rn. 30). Zwar ergibt sich aus der Verfassung kein ausnahmsloses Gebot, niemanden zu Auskünften oder sonstigen Handlungen zu zwingen, durch die er eine von ihm begangene strafbare Handlung offenbart (vgl. BVerfGE 56, 37 42, 49>; BVerfGK 4, 105 108>; 18, 144 150>). Unzumutbar und mit der Würde des Menschen unvereinbar wäre aber ein Zwang, durch eigene Aussagen die Voraussetzungen für eine strafgerichtliche Verurteilung oder die Verhängung entsprechender Sanktionen liefern zu müssen (vgl. BVerfGE 56, 37 49>; BVerfGK 1, 156 157>; 15, 457 471>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 6. Februar 2002 - 2 BvR 1249/01 -, juris, Rn. 19). Dementsprechend gehört das Schweigerecht des Beschuldigten im Strafverfahren seit Langem zu den anerkannten Grundsätzen des deutschen Strafprozesses. Es wird zudem ausdrücklich durch Art. 14 Abs. 3 Buchstabe g des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 (BGBl 1973 II S. 1533) und durch das Recht auf ein faires Verfahren aus Art. 6 EMRK gewährleistet (vgl. EGMR, Funke v. France, Urteil vom 25. Februar 1993, Nr. 10828/84, § 44; EGMR [GK], Murray v. United Kingdom, Urteil vom 8. Februar 1996, Nr. 18731/91, § 45; EGMR [GK], Bykov v. Russia, Urteil vom 10. März 2009, Nr. 4378/02, § 92). Steht dem Beschuldigten ein Schweigerecht zu, folgt hieraus auch, dass sein Schweigen jedenfalls dann nicht als belastendes Indiz gegen ihn verwendet werden darf, wenn er die Einlassung zur Sache vollständig verweigert hat, da ihn die Verwertung seines Schweigens mittelbar einem unzulässigen psychischen Aussagezwang aussetzte; anderenfalls würde das aus der Menschenwürde hergeleitete Schweigerecht des Beschuldigten entwertet (vgl. BVerfGK 14, 295 303>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Juli 1995 - 2 BvR 326/92 -, juris, Rn. 32; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Februar 1997 - 2 BvR 122/97 -, juris, Rn. 2).
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bb) Daraus, dass der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit in der Menschenwürde wurzelt, folgt allerdings nicht, dass jede verfassungsrechtlich gewährleistete Ausprägung dieses Grundsatzes auch unmittelbar dem Schutz von Art. 1 GG unterfiele. Die Beachtung dieses Grundsatzes wird verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG sichergestellt. Nur wenn der unmittelbar zur Menschenwürde gehörende Kerngehalt der Selbstbelastungsfreiheit berührt ist, liegt auch eine Verletzung von Art. 1 GG vor. Dies wäre etwa der Fall, wenn ein Beschuldigter durch Zwangsmittel dazu angehalten würde, eine selbstbelastende Aussage zu tätigen und so die Voraussetzungen für seine strafgerichtliche Verurteilung zu schaffen. Dagegen folgt unmittelbar aus Art. 1 GG nicht, dass ein Schweigen des Beschuldigten unter keinen Umständen einer Beweiswürdigung unterzogen und gegebenenfalls zu seinem Nachteil verwendet werden darf. Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet, dass in bestimmten Konstellationen des sogenannten Teilschweigens aus dem Aussageverhalten des Beschuldigten im Rahmen der Beweiswürdigung Schlüsse zu dessen Nachteil gezogen werden (vgl. BVerfGK 17, 223 227>), obgleich auch in derartigen Fällen die Selbstbelastungsfreiheit berührt ist und ein gewisser Aussagedruck entstehen kann. Vor dem Hintergrund, dass die Achtung der Menschenwürde eine Würdigung und Verwertung des Schweigens zum Nachteil des Beschuldigten nicht unter allen Umständen verbietet, sind auch die Ausführungen der 3. Kammer des Zweiten Senats in ihrem Beschluss vom 22. Juni 1992 (2 BvR 1901/91, juris, Rn. 10 f.) zu verstehen, wonach eine Auslieferung von Verfassungs wegen auch dann zulässig sein kann, wenn das Schweigen des Beschuldigten im ersuchenden Staat als belastendes Indiz gewertet werden darf. Eine Auslieferung auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls ist somit nicht schon dann unzulässig, wenn die Selbstbelastungsfreiheit im Prozessrecht des ersuchenden Staates nicht in demselben Umfang gewährleistet ist, wie dies von Verfassungs wegen im deutschen Strafverfahren der Fall ist. Vielmehr ist die Auslieferung erst dann unzulässig, wenn selbst der dem Schutz von Art. 1 GG unterfallende Kernbereich des nemo-tenetur-Grundsatzes nicht mehr gewährleistet ist.
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c) Gemessen an diesen Maßstäben genügt der angegriffene Beschluss des Kammergerichts den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Die Entscheidung berührt keine durch Art. 1 GG gewährleisteten und in Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG für integrationsfest erklärten Grundsätze.
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aa) Das Kammergericht hat sich mit der Vorschrift in § 35 Criminal Justice and Public Order Act 1994 auseinandergesetzt und festgestellt, dass Schweigen und die Nichtbeantwortung einzelner Fragen nach dieser Regelung im Rahmen der Beweiswürdigung zum Nachteil des Beschuldigten gewertet werden könnten. Unter Verweis auf den Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 22. Juni 1992 (2 BvR 1901/91, juris) hat es hierin jedoch kein Auslieferungshindernis gesehen, da § 38 Abs. 3 desselben Gesetzes klarstelle, dass das in § 35 genannte Aussageverhalten nicht alleinige Grundlage einer Verurteilung sein könne.
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Diese Bewertung hält einer verfassungsrechtlichen Prüfung stand. Zwar wird die Selbstbelastungsfreiheit, wie sie durch das Grundgesetz gewährleistet wäre, durch den Criminal Justice and Public Order Act 1994 eingeschränkt. Die Einschränkung berührt jedoch nicht den Kernbereich der Selbstbelastungsfreiheit und lässt daher keine Verletzung der unantastbaren Menschenwürde besorgen.
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bb) Insbesondere wird das Schweigerecht des Beschuldigten durch § 35 Criminal Justice and Public Order Act 1994 nicht aufgehoben. Es wird nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich, dass der Beschuldigte im ersuchenden Staat von den Strafverfolgungsbehörden oder von einem Gericht zu einer Aussage gezwungen werden könnte, was mit der Menschenwürde unvereinbar wäre. Vielmehr hat der Beschuldigte auch unter dem Criminal Justice and Public Order Act 1994 das Recht zu schweigen. Zwar unterliegt sein Schweigen unter Umständen der Beweiswürdigung und kann zu seinem Nachteil verwendet werden, wodurch mittelbar ein Aussagedruck entstehen kann. Dies wiegt jedoch nicht so schwer wie ein Zwang zu einer Aussage oder gar zu einer Selbstbezichtigung.
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Darüber hinaus hat das Kammergericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine Verurteilung nach den Vorschriften des Criminal Justice and Public Order Act 1994 nicht allein auf das Schweigen des Beschwerdeführers gestützt werden kann (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 22. Juni 1992 - 2 BvR 1901/91 -, juris, Rn. 11). Vielmehr kann das Schweigen nur neben weiteren Beweismitteln im Rahmen einer Gesamtwürdigung zur Begründung einer Verurteilung herangezogen werden. Außerdem sieht das Gesetz nicht vor, dass das Schweigen des Beschuldigten stets als belastendes Indiz zu werten ist, sondern unterstellt sein Aussageverhalten einer freien Beweiswürdigung. Auch wenn die Regelung gleichwohl dazu führen kann, dass sich der Beschwerdeführer zu einer Aussage gedrängt fühlt, muss er doch keine Verurteilung allein aufgrund seines Schweigens fürchten. Vielmehr kann er unter Berücksichtigung der Beweislage im Übrigen abwägen, ob er eine Aussage tätigen möchte. Ein derartiger Aussagedruck, wie er unter Umständen auch im deutschen Strafprozess in bestimmten Konstellationen des sogenannten Teilschweigens entstehen kann, verletzt noch nicht die Menschenwürde.
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cc) Schließlich ist anzumerken, dass die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in einer Grundsatzentscheidung zum Schweigerecht mit ähnlichen Erwägungen eine Verletzung von Art. 6 EMRK in einem Fall verneint hat, in dem das Schweigen eines Angeklagten nach den Vorschriften der Criminal Evidence (Northern Ireland) Order 1988 zu dessen Lasten verwertet worden war (EGMR [GK], Murray v. United Kingdom, Urteil vom 8. Februar 1996, Nr. 18731/91, §§ 44 ff.). Der Gerichtshof stützte seine Entscheidung insbesondere darauf, dass der Beschwerdeführer nicht daran gehindert worden sei, sein Schweigerecht auszuüben, und dass es im konkreten Fall angesichts der sonstigen Beweislage weder unfair noch unvernünftig gewesen sei, aus dem Schweigen des Beschwerdeführers Rückschlüsse zu dessen Nachteil zu ziehen. Seither entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass das Schweigerecht des Beschuldigten durch Art. 6 EMRK nicht absolut gewährleistet wird und es nicht von vornherein einen Verstoß gegen Art. 6 EMRK darstellt, wenn das Schweigen des Beschuldigten zu dessen Nachteil verwertet wird, sondern dass stets eine Einzelfallbetrachtung vorgenommen werden muss (vgl. EGMR, Condron v. United Kingdom, Urteil vom 2. Mai 2000, Nr. 35718/97, §§ 55 ff.; EGMR, Beckles v. United Kingdom, Urteil vom 8. Oktober 2002, Nr. 44652/98, §§ 57 ff.; EGMR, O'Donnell v. United Kingdom, Urteil vom 7. April 2015, Nr. 16667/10, §§ 48 ff.). Auch wenn die Anforderungen aus Art. 6 EMRK in Bezug auf das Schweigerecht hinter den Gewährleistungen des Grundgesetzes zurückbleiben und der Grundrechtsschutz nach dem Grundgesetz durch die Europäische Menschenrechtskonvention nicht eingeschränkt werden darf (Art. 53 EMRK; vgl. BVerfGE 128, 326 371>), bekräftigt die Rechtsprechung des Gerichtshofs gleichwohl die Feststellung, dass eine Anwendung von § 35 Criminal Justice and Public Order Act 1994 zumindest keine Verletzung der unantastbaren Menschenwürde darstellt.
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dd) Die Regelungen in § 35 Criminal Justice and Public Order Act 1994 mögen mithin mit dem nemo-tenetur-Grundsatz und dem daraus abgeleiteten Schweigerecht, wie es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz umfassend geschützt ist, unvereinbar sein; sie verletzen aber noch nicht die für integrationsfest erklärten Verfassungsgrundsätze, die bei einer Verfassungsbeschwerde gegen eine auf einem Europäischen Haftbefehl beruhende Auslieferung - soweit diese unionsrechtlich determiniert ist - den alleinigen Prüfungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts darstellen.
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IV.
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Mit Erlass dieses Beschlusses tritt die erstmals am 29. April 2016 erlassene und am 6. Mai 2016 verlängerte einstweilige Anordnung außer Kraft.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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