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BVerfG 09.12.2013 - 2 BvR 2541/13
BVerfG 09.12.2013 - 2 BvR 2541/13 - Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung: Ablehnung der Besuchsüberstellung eines Strafgefangenen - kein schwerer Nachteil iSd § 32 BVerfGG - Rechtsschutzgarantie (Art 19 Abs 4 GG) und Abgrenzung zwischen zulässiger vorläufiger Regelung einerseits sowie unzulässiger irreversibler Vorwegnahme der Hauptsache andererseits im fachgerichtlichen Eilverfahren
Normen
Art 19 Abs 4 S 1 GG, § 32 Abs 1 BVerfGG, § 8 Abs 2 StVollzG, § 24 StVollzG
Vorinstanz
vorgehend LG Braunschweig, 13. November 2013, Az: 50 StVK 847/13, Beschluss
Gründe
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Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.
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1. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung scheidet hier nicht bereits deshalb aus (vgl. BVerfGE 88, 185 186>; 103, 41 42>), weil die Verfassungsbeschwerde von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet wäre. Jedenfalls soweit das Landgericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auch hinsichtlich des von ihm gestellten Hilfsantrags abgelehnt hat, liegt eine Verletzung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) durch den angegriffene Beschluss nicht fern. Der Beschluss ist auf die Annahme gestützt, dass der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes das grundsätzlich bestehende Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsache entgegenstehe und die Voraussetzungen dafür, dass dieses Verbot ausnahmsweise nicht eingreift, nicht vorlägen.
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Diese Annahme erscheint hinsichtlich des vom Beschwerdeführer gestellten Hilfsantrages angreifbar. Dieser war der Formulierung nach darauf gerichtet, die Justizvollzugsanstalt im Wege des Eilrechtsschutzes zu verpflichten, die primär für den 11. Dezember 2013 begehrte Besuchsüberstellung an einem anderen Tag im Dezember 2013 durchzuführen.
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Ausgehend von dem Vortrag des Beschwerdeführers, in der Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel sei ihm, wie zuvor bereits in der Justizvollzugsanstalt Celle, zugesagt worden, alle zwei Monate eine Besuchsüberstellung in die Justizvollzugsanstalt Sehnde vorzunehmen, handelte es sich bei diesem Hilfsantrag darum, die Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel an der gegebenen Zusage vorläufig festzuhalten. Das Begehren des Beschwerdeführers in der Hauptsache geht ausdrücklich dahin, dass ihm - entsprechend der Zusage - weiterhin Besuchszusammenkünfte mit seiner einzigen anstaltsexternen Kontaktperson im Wege der Besuchsüberstellung in die Justizvollzugsanstalt Sehnde im Zweimonatsabstand zu ermöglichen sind. Auch unabhängig von der Frage, ob insoweit ein Verpflichtungsantrag oder ein Aussetzungsantrag- gerichtet gegen den impliziten Widerruf der Zusage, Besuchsüberstellungen in Zweimonatsabständen durchzuführen - vorliegt, erscheint fraglich, ob hinsichtlich dieses Begehrens von einer Vorwegnahme der Hauptsache durch den auf eine Besuchsüberstellung zu einem nicht näher bestimmten Termin im Monat Dezember gerichteten Eilantrag ausgegangen werden kann. Denn eine irreversible Gewährung dessen, was der Beschwerdeführer in der Hauptsache beantragt - hier: die Weitergewährung von Besuchsüberstellungen im Zweimonatsabstand - wäre damit nicht verbunden (vgl. dazu, dass das grundsätzliche Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsache zwar der endgültigen, nicht aber, wenn das verfolgte Sicherungsinteresse nur so gewahrt werden kann, einer nur vorläufigen Einräumung dessen, was der Rechtsschutzsuchende in der Hauptsache begehrt, entgegensteht, für die Aussetzungskonstellation BVerfGK 11, 54 61>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Mai 2012 - 2 BvR 2355/10, 2 BvR 1443/11 -, juris, jew. m. zahlr. w. N.).
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2. Der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung des Bundesverfassungsgerichts kommt dennoch nicht in Betracht. Für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer einstweiligen Anordnung nach § 32 BVerfGG ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BVerfGE 93, 181 186>). Dies gilt nicht nur im Hinblick darauf, dass einstweilige Anordnungen des Bundesverfassungsgerichts weittragende Folgen haben können (vgl. BVerfGE 3, 41 44>; stRspr), sondern auch im Hinblick auf die besondere Funktion und Organisation des Bundesverfassungsgerichts. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 32 BVerfGG ist - anders als der von Art. 19 Abs. 4 GG geprägte vorläufige Rechtsschutz im fachgerichtlichen Verfahren - nicht darauf angelegt, möglichst lückenlosen vorläufigen Rechtsschutz zu bieten (vgl. BVerfGE 94, 166 216 f.>; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Juli 2013 - 2 BvR 1573/13 - sowie vom 23. August 2010 - 2 BvQ 56/10 -, jew. juris, sowie Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 3. November 1999 - 2 BvR 2039/99 -, NJW 2000, S. 1399 1400>). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht kommt danach nur unter wesentlich engeren Voraussetzungen in Betracht als die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch die Fachgerichte. Insbesondere sind, wenn eine einstweilige Anordnung zur Abwendung eines geltend gemachten schweren Nachteils erstrebt wird, erheblich strengere Anforderungen an die Schwere des Nachteils zu stellen (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Juli 2013 - 2 BvR 1573/13 - sowie vom 23. August 2010 - 2 BvQ 56/10 - und 23. Februar 2009 - 2 BvQ 7/09 -, jew. juris). Nach diesen strengen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts im Verfahren des Eilrechtsschutzes hier nicht vor. Ob die angegriffene Entscheidung des Landgerichts Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt, wird im Hauptsacheverfahren zu entscheiden sein.
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3. Sollte die Strafvollstreckungskammer zwischenzeitlich über den ihr vorliegenden Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache entscheiden, wird sie den Versagungsbescheid der Justizvollzugsanstalt auch unter dem Gesichtspunkt eines darin liegenden Widerrufs der - nach dem Vortrag des Beschwerdeführers- gegebenen Zusage zu würdigen sowie zu prüfen haben, ob die Justizvollzugsanstalt Wolfenbüttel sich hinreichend mit den Schwierigkeiten auseinandergesetzt hat, die Besuchen der Kontaktperson des Beschwerdeführers in dieser Justizvollzugsanstalt nach dessen Vortrag im Hinblick darauf entgegenstehen, dass die Kontaktperson drei verschiedenen Arbeitstätigkeiten nachgeht und darüber hinaus ein minderjähriges Kind zu betreuen hat.
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Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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