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BFH 17.07.2024 - XI R 34/22 (XI R 38/19), XI R 34/22, XI R 38/19
BFH 17.07.2024 - XI R 34/22 (XI R 38/19), XI R 34/22, XI R 38/19 - (Teilweise Inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 17.07.2024 XI R 35/22 (XI R 14/20) - Keine rückwirkende Korrektur von Rechnungen bei fehlendem Hinweis auf ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft)
Normen
§ 25b UStG 2005, § 3d S 1 UStG 2005, § 3d S 2 Halbs 1 UStG 2005, § 14a Abs 7 UStG 2005, Art 41 EGRL 112/2006, Art 42 EGRL 112/2006, § 3d S 2 Halbs 2 UStG 2005, § 25b Abs 3 UStG 2005, UStG VZ 2013
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 28. November 2019, Az: 6 K 1767/17, Urteil
Leitsatz
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NV: Die nachträgliche Korrektur von Rechnungen entfaltet im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 14a Abs. 7 UStG keine Rückwirkung (Anschluss an das EuGH-Urteil Luxury Trust Automobil vom 08.12.2022 - C-247/21, EU:C:2022:966; s.a. BFH-Urteil vom 17.07.2024 - XI R 35/22 (XI R 14/20)).
Tenor
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1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 28.11.2019 - 6 K 1767/17 aufgehoben.
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2. Die Klage wird abgewiesen.
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3. Der Kläger trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.
Tatbestand
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I.
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Streitig ist, ob fehlerhaft behandelte innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte mit Rückwirkung umsatzsteuerrechtlich korrigiert werden können.
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Die … GmbH (GmbH) erwarb im Jahr 2013 (Streitjahr) Waren bei der I S.p.A. (I) mit Sitz in der Republik Italien (Italien). Diese Waren wurden durch die GmbH zum Teil an die T s.r.o. (T) mit Sitz in der Slowakischen Republik (Slowakei) weiterveräußert. Die Warenlieferungen wurden wie folgt abgewickelt: Waren mit einem Einkaufspreis von … € (Verkaufspreis: … €) wurden unmittelbar von der I in Italien an die T in die Slowakei ausgeliefert. Waren mit einem Einkaufspreis von … € (Verkaufspreis: … €) wurden unmittelbar von der I in Italien zu einem Lager in die Tschechische Republik (Tschechien) ausgeliefert. Alle drei beteiligten Unternehmen traten unter der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) ihres Ansässigkeitsstaates auf. Der Transport der Waren erfolgte im Auftrag der GmbH durch eine Spedition.
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Für die Lieferungen nach Tschechien ist in den von I an die GmbH gerichteten Rechnungen ohne Umsatzsteuerausweis als Lieferort das Lager in Tschechien genannt, unter Lieferbedingungen ist "…" (Incoterm … = "free carrier") vermerkt. In den Verbringungsnachweisen der Spedition war als Empfängerin zunächst die GmbH mit dem Zusatz "c/o … S.r.O., CZ …" genannt, diese Empfängerangabe wurde außerhalb des Streitjahres auf die T mit gleichem Zusatz abgeändert.
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In den Rechnungen der Spedition an die GmbH ist als Lieferkondition "ab Werk" (Incoterm EXW = "ex works") angegeben. Die (berichtigten) Rechnungen der GmbH an die T ohne Umsatzsteuerausweis enthalten keine Angaben zu den in diesem Leistungsverhältnis vereinbarten Lieferkonditionen.
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I sah ihre Lieferungen an die GmbH als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen an. Die GmbH wendete auf die Lieferungen an T in ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung sowie in den Zusammenfassenden Meldungen für das Streitjahr die Vereinfachungsregelung für innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte (§ 25b des Umsatzsteuergesetzes --UStG--) an. Sie, die GmbH, sei die erste Abnehmerin. Die letzte Abnehmerin T schulde die Steuer. Dies habe zur Folge, dass sie, die GmbH, in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) keine Umsatzsteuer schulde.
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Bei der GmbH fand für Teile des Streitzeitraums eine Außenprüfung statt. Der Prüfer gelangte zu der Rechtsauffassung, dass hinsichtlich der Lieferungen in die Slowakei die Voraussetzungen des § 25b UStG mangels ordnungsgemäßer Rechnungen der GmbH an die T nicht vorlägen. In den Rechnungen sei zum Teil die USt-IdNr. der T als letzte Abnehmerin nicht enthalten gewesen, zudem sei nicht auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und den Übergang der Steuerschuld hingewiesen worden. Hinsichtlich der Lieferungen nach Tschechien seien die Voraussetzungen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts im Sinne von § 25b UStG nicht gegeben, da die T als letzte Abnehmerin unter ihrer slowakischen USt-IdNr. und damit nicht unter der USt-IdNr. des Landes aufgetreten sei, in dem die Versendung geendet habe (Tschechien).
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Der Prüfer nahm an, dass die Warenbewegung der Lieferung von I an die GmbH zuzuordnen sei, weil die GmbH zwar den Transport der Ware beauftragt, nicht jedoch nachgewiesen habe, dass sie die Lieferung nicht als Abnehmer, sondern als Lieferer versendet habe (vgl. § 3 Abs. 6 Satz 5 und 6 UStG i.d.F. des Streitjahres --nachfolgend a.F.--). Demnach handele es sich, wie I zutreffend angenommen habe, bei der Lieferung der I an die GmbH um eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. Die GmbH habe in der Slowakei beziehungsweise in Tschechien, wo die jeweilige Versendung der Waren geendet habe, nach § 3d Satz 1 UStG einen innergemeinschaftlichen Erwerb verwirklicht. Daneben habe die GmbH, da sie unter ihrer deutschen USt-IdNr. aufgetreten sei, nach § 3d Satz 2 UStG auch in Deutschland einen innergemeinschaftlichen Erwerb verwirklicht. Die Besteuerungsfiktion des § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG komme nicht zur Anwendung, da die GmbH den Nachweis nach § 3d Satz 2 UStG nicht geführt habe. Daher seien die innergemeinschaftlichen Erwerbe um insgesamt … € (… € im Zusammenhang mit den Lieferungen in die Slowakei sowie … € im Zusammenhang mit den Lieferungen nach Tschechien) zu erhöhen. Die für die innergemeinschaftlichen Erwerbe entstandene deutsche Umsatzsteuer sei auch nicht als Vorsteuer abziehbar.
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Am 07.09.2015 erließ der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) einen auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung gestützten Umsatzsteuer-Änderungsbescheid für das Streitjahr, mit dem er die Feststellungen der Außenprüfung umsetzte und die innergemeinschaftlichen Erwerbe um … € erhöhte und keinen Vorsteuerabzug zuließ.
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Gegen diesen Änderungsbescheid erhob die GmbH Einspruch. Hinsichtlich der Warenlieferungen in die Slowakei wurden die Rechnungen an die T am 15.09.2015 berichtigt. Die GmbH nahm an, damit lägen nunmehr die formellen Voraussetzungen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts im Sinne von § 25b UStG vor. Der Rechnungsberichtigung komme Rückwirkung zu. Des Weiteren trug die GmbH vor, dass die Bemessungsgrundlage für den vom FA angenommenen innergemeinschaftlichen Erwerb gemäß § 3d Satz 2 UStG zu hoch sei, weil der Verkaufspreis (… €) statt des Einkaufspreises (… €) zugrunde gelegt worden sei.
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Hinsichtlich der Lieferungen nach Tschechien trug die GmbH vor, das Lager in Tschechien gehöre nicht der T. T als Empfängerin der Waren in Tschechien habe die Waren ihrerseits an das Unternehmen B mit Sitz in Tschechien weitergeliefert. Das Lager sei eine kurzfristig von B organisierte Unterstellmöglichkeit gewesen, von wo aus B die Waren umgehend zu ihren jeweiligen Abnehmern weitertransportiert habe. Es liege zwischen allen vier beteiligten Unternehmen ein Reihengeschäft vor. Die Lieferungen zwischen der GmbH, der T und der B seien als innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft anzusehen. Da die GmbH die Versendung veranlasst habe und als Lieferer aufgetreten sei, sei die Warenbewegung der Lieferung der GmbH an T zuzuordnen, die in Italien als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei sei.
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Am 01.12.2015 erließ das FA einen Umsatzsteuer-Änderungsbescheid, der zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurde. Als Bemessungsgrundlage für die innergemeinschaftlichen Erwerbe wurde der Einkaufspreis (… € im Zusammenhang mit den Lieferungen in die Slowakei und … € im Zusammenhang mit den Lieferungen nach Tschechien) zugrunde gelegt.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 14.06.2017 wies das FA den Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid 2013 als unbegründet zurück.
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Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz gab der Klage teilweise statt und wies sie im Übrigen ab (Urteil vom 28.11.2019 - 6 K 1767/17, Entscheidungen der Finanzgerichte 2020, 319). Es vertrat die Ansicht, dass die Klage begründet sei, soweit das FA im Zusammenhang mit den Lieferungen in die Slowakei den innergemeinschaftlichen Erwerb gemäß § 3d Satz 2 UStG im Streitjahr nicht als besteuert angesehen habe. Der Rechnungsberichtigung komme Rückwirkung zu. Hinsichtlich der Lieferungen nach Tschechien sei die Klage unbegründet. Das FA sei insoweit zutreffend von einem innergemeinschaftlichen Erwerb im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 5 UStG ausgegangen, der nach § 3d Satz 2 UStG im Inland der Umsatzbesteuerung unterliege und nicht als besteuert gelte.
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Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision.
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Im Laufe des Revisionsverfahrens wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Y vom …2020 über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 27.02.2020 erklärte er die Aufnahme des Rechtsstreits.
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Das FA rügt die Verletzung materiellen Rechts; es bringt im Kern vor, das FG gehe zu Unrecht davon aus, dass die ordnungsgemäße Rechnung mit Hinweis auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und auf die Umkehr der Steuerschuldnerschaft lediglich eine formelle Voraussetzung sei und dass der nachträglichen Berichtigung einer unvollständigen Rechnung eine auf den Zeitpunkt der Lieferung rückwirkende Heilung zukommen könne. Eine Rechnung ohne den Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers führe dazu, dass der Leistungsempfänger nicht zum Steuerschuldner bestimmt worden sei und damit die materiellen Voraussetzungen des Art. 42 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) nicht erfülle. Die Rechnung habe daher keine reine Kontroll- beziehungsweise Nachweisfunktion. Aus diesem Grunde sei auch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) Senatex vom 15.09.2016 - C-518/14, EU:C:2016:691 nicht einschlägig.
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Das FA beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger stellte keinen Antrag.
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Der Senat hat mit Beschluss vom 20.10.2021 das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des EuGH in dem Verfahren C-247/21 angeordnet. Nach Ergehen des EuGH-Urteils Luxury Trust Automobil vom 08.12.2022 - C-247/21, EU:C:2022:966 wurde das Verfahren wieder aufgenommen.
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Das FA trägt dazu vor, dass die Rechtsaufassung des FA durch den EuGH vollumfänglich bestätigt worden sei. Der Kläger hat keine Stellungnahme zu der Entscheidung des EuGH abgegeben.
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Beide Beteiligte haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Der Senat ist nicht wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an der Entscheidung des Streitfalls gehindert (s. hierzu unter 1.). Der Ort der innergemeinschaftlichen Erwerbe liegt in der Slowakei und in Tschechien (Art. 40 MwStSystRL, für Deutschland s. § 3 Abs. 6 UStG a.F., § 3d Satz 1 UStG; s. hierzu unter 2.). Jedoch hat die GmbH auch einen Erwerb nach § 3d Satz 2 UStG in Deutschland bewirkt (s. hierzu unter 3.), der nicht nach § 25b Abs. 3 UStG als besteuert gilt (s. hierzu unter 4.).
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1. Der Senat ist trotz der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die zunächst zu einer Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 240 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO geführt hat, nicht an der Entscheidung des Streitfalls gehindert, da ein sogenannter Aktivprozess vorliegt und der Kläger als Insolvenzverwalter das Revisionsverfahren wirksam aufgenommen hat (vgl. zur Aufnahmebefugnis Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16.06.2015 - XI R 18/13, BFH/NV 2015, 1607, Rz 19; vom 16.09.2015 - XI R 47/13, BFH/NV 2016, 428, Rz 30; vom 10.12.2019 - VIII R 2/17, BFHE 267, 361, BStBl II 2020, 679, Rz 22; BFH-Beschluss vom 20.02.2018 - XI B 110/17, BFH/NV 2018, 736).
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2. Sowohl der Ort der Lieferungen der GmbH an die T als auch der Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs der GmbH liegt in der Slowakei beziehungsweise in Tschechien. Es liegt ein innergemeinschaftliches Reihengeschäft vor, bei dem die Warenbewegung der Lieferung der I an die GmbH zuzurechnen ist.
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a) Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte ab und gelangt der Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer, ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands gemäß § 3 Abs. 6 Satz 5 UStG a.F. nur einer der Lieferungen zuzuordnen.
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aa) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG a.F. dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt (vgl. auch Art. 32 Unterabs. 1 MwStSystRL). Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet (§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG). Der innergemeinschaftliche Erwerb durch den Abnehmer wird in dem Gebiet des Mitgliedstaates bewirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet (§ 3d Satz 1 UStG).
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bb) Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist, ist gemäß § 3 Abs. 6 Satz 6 UStG a.F. die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat (s. im Übrigen zur Rechtsentwicklung und zu den Tatbestandsvoraussetzungen des innergemeinschaftlichen Reihengeschäfts im Einzelnen auch BFH-Urteile vom 28.05.2013 - XI R 11/09, BFHE 242, 84, BStBl II 2023, 537; vom 11.03.2020 - XI R 18/18, BFHE 268, 364, BStBl II 2023, 525; BFH-Beschluss vom 22.11.2023 - XI R 1/20, BStBl II 2024, 530).
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b) Im Streitfall sind die Versendungen der Lieferung der I an die GmbH zuzuordnen. Dass die GmbH die Gegenstände als Lieferer befördert oder versendet hat, hat das FG nicht festgestellt und ist auch aus den Akten nicht ersichtlich. Wie das FG festgestellt hat, hat die GmbH der T in keinem Fall bereits vor der Warenbewegung die Verfügungsmacht an den Waren übertragen (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 22.11.2023 - XI R 1/20, BStBl II 2024, 530, Rz 45, m.w.N.). An diese Feststellungen ist der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden.
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Da die Versendung der ersten Lieferung (der I an die GmbH) zuzuordnen ist, liegt der Ort der (zweiten) Lieferungen der GmbH an T nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG in der Slowakei beziehungsweise Tschechien. Der Ort der innergemeinschaftlichen Erwerbe der GmbH liegt nach § 3d Satz 1 UStG ebenfalls dort. Ein Besteuerungsrecht Deutschlands ergibt sich daraus nicht. Vielmehr hätte die GmbH in der Slowakei beziehungsweise Tschechien innergemeinschaftliche Erwerbe (Art. 40 MwStSystRL) erklären müssen und dort die Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen können (Art. 168 Buchst. c MwStSystRL) sowie ihre steuerpflichtigen Ausgangsumsätze an T versteuern müssen.
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3. Der innergemeinschaftliche Erwerb ist aber daneben auch nach § 3d Satz 2 UStG in Deutschland bewirkt.
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a) Verwendet der Erwerber gegenüber dem Lieferer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet, erteilte USt-IdNr., gilt der Erwerb gemäß § 3d Satz 2 Halbsatz 1 UStG als im Gebiet dieses Mitgliedstaates bewirkt.
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b) Im Streitfall liegen die Voraussetzungen des § 3d Satz 2 Halbsatz 1 UStG vor. Danach hat die GmbH als Erwerberin gegenüber ihren Lieferern in einem anderen Mitgliedstaat die deutsche USt-IdNr. verwendet.
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4. Das Besteuerungsrecht Deutschlands ist weder nach § 3d Satz 2 Halbsatz 2 UStG weggefallen noch kommt die Besteuerungsfiktion des § 25b Abs. 3 UStG zur Anwendung. Die Voraussetzungen für ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft liegen im Streitfall (teilweise noch) nicht vor.
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a) Die Ortsregelung des § 3d Satz 2 Halbsatz 1 UStG gilt so lange, bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den in § 3d Satz 1 UStG bezeichneten Mitgliedstaat besteuert worden ist oder nach den Bestimmungen über innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte gemäß § 25b Abs. 3 UStG als besteuert gilt, sofern der erste Abnehmer nach § 18a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 UStG seiner Erklärungspflicht hierüber nachgekommen ist.
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b) Diese Regelung steht im Einklang mit dem Unionsrecht (Art. 41 Abs. 1 und Art. 42 MwStSystRL, vormals Art. 28b Teil A der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage; vgl. BFH-Urteil vom 08.09.2010 - XI R 40/08, BFHE 231, 343, BStBl II 2011, 661, Rz 18). Sie dient nicht rechtssystematischen, sondern rein praktischen Überlegungen. Sie soll zum einen sicherstellen, dass der fragliche innergemeinschaftliche Erwerb besteuert wird (entweder im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat), und zum anderen verhindern, dass dieser Erwerb doppelt besteuert wird. Zur weiteren Begründung verweist der Senat auf sein Urteil vom 17.07.2024 - XI R 35/22 (XI R 14/20), zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt. …
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c) Eine tatsächliche Besteuerung in der Slowakei oder in Tschechien hat die GmbH nicht nachgewiesen. Weder aus dem Tatbestand des FG-Urteils noch aus den Akten ergibt sich, dass der innergemeinschaftliche Erwerb in den Abnehmer-Mitgliedstaaten (Slowakei und Tschechien) besteuert worden ist.
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d) Die Besteuerungsfiktion des § 25b Abs. 3 UStG greift im Streitjahr (in Bezug auf die Slowakei: noch) nicht ein.
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aa) Nach § 25b Abs. 1 Satz 1 UStG ist ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft gegeben, wenn drei Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen und dieser Gegenstand unmittelbar vom ersten Lieferer an den letzten Abnehmer gelangt (§ 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG), die Unternehmer in jeweils verschiedenen Mitgliedstaaten für Zwecke der Umsatzsteuer erfasst sind (§ 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG), der Gegenstand der Lieferungen aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt (§ 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG) und der Gegenstand der Lieferungen durch den ersten Lieferer oder den ersten Abnehmer befördert oder versendet wird (§ 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG).
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bb) Für den Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den letzten Abnehmer setzt § 25b Abs. 2 UStG voraus, dass der Lieferung ein innergemeinschaftlicher Erwerb vorausgegangen ist (§ 25b Abs. 2 Nr. 1 UStG), der erste Abnehmer in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung endet, nicht ansässig ist und eine USt-IdNr. verwendet, die nicht von dem Mitgliedstaat des ersten Lieferers oder letzten Abnehmers stammt (§ 25b Abs. 2 Nr. 2 UStG), der erste Abnehmer dem letzten Abnehmer eine Rechnung im Sinne des § 14a Abs. 7 UStG erteilt, in der die Steuer nicht gesondert ausgewiesen ist (§ 25b Abs. 2 Nr. 3 UStG), und der letzte Abnehmer eine USt-IdNr. des Mitgliedstaates verwendet, in dem die Beförderung oder Versendung endet (§ 25b Abs. 2 Nr. 4 UStG).
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cc) Liegen die Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 und 2 UStG vor, so gilt nach § 25b Abs. 3 UStG der innergemeinschaftliche Erwerb des ersten Abnehmers als besteuert.
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dd) Die Besteuerungsfiktion greift im Streitfall in Bezug auf die Lieferungen in die Slowakei noch nicht ein, da die Voraussetzungen des § 25b Abs. 1 und 2 UStG im Streitjahr noch nicht vorlagen.
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(1) Dies ergibt sich daraus, dass der erste Abnehmer dem letzten Abnehmer im Streitjahr keine Rechnung erteilt hat, in der nach § 14a Abs. 7 Satz 1 und 2 UStG auf das Vorliegen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts und die Steuerschuldnerschaft des letzten Abnehmers hingewiesen ist.
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(2) Die berichtigten Rechnungen vom 15.09.2015 erfüllen zwar die in § 14a Abs. 7 Satz 1 und 2 UStG benannten Voraussetzungen. Ihnen kommt aber keine Rückwirkung zu. Zur weiteren Begründung verweist der Senat auf sein Urteil vom 17.07.2024 - XI R 35/22 (XI R 14/20), zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt.
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ee) Die streitige Umsatzsteuer ist auch nicht im Rahmen einer Saldierung zu reduzieren. Die Besteuerungsfiktion des § 25b Abs. 3 UStG greift in Bezug auf die Lieferungen nach Tschechien endgültig nicht ein.
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(1) Der Senat lässt dabei mangels Entscheidungserheblichkeit die Frage offen, ob die Regelungen des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts auf Vorgänge mit vier Beteiligten (I, die GmbH, T und B) überhaupt anwendbar sind (einschränkend Abschn. 25b.1 Abs. 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses; weitergehend Rz 3.6.17.1 der Erläuterungen der Europäischen Kommission zu den "quick fixes"; Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 25b Rz 23, 126 ff.; zweifelnd Burgmaier in Wäger, UStG, 3. Aufl., § 25b Rz 70 f.). Denn selbst wenn § 25b Abs. 3 UStG auch insoweit gälte, lägen seine Voraussetzungen nicht vor.
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(2) Geht man davon aus, dass das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft (am Ende des Reihengeschäfts mit vier Beteiligten) aus der GmbH, der T (als erste Abnehmerin) und aus B (als letzte Abnehmerin) bestehen soll, wäre die Lieferung der GmbH an die T die erste Lieferung und T erste Abnehmerin. § 25b Abs. 3 UStG gälte in Bezug auf den (dem Dreiecksgeschäft dann vorausgegangenen) innergemeinschaftlichen Erwerb, der mit der Lieferung der I an die GmbH einhergeht, schon deshalb nicht, weil die Lieferung der I an die GmbH nicht Teil des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts (und die GmbH dann nicht die erste Abnehmerin) wäre.
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(3) Geht man hingegen davon aus, dass das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft (am Anfang des Reihengeschäfts mit vier Beteiligten) aus der I, der GmbH (als erste Abnehmerin) und aus T (als letzte Abnehmerin) bestehen soll, hat --wie das FG zu Recht festgestellt hat-- nicht gemäß § 25b Abs. 2 Nr. 4 UStG T als letzte Abnehmerin die USt-IdNr. des Mitgliedstaates, in dem die Beförderung oder Versendung endet, verwendet. T hat vielmehr die USt-IdNr. der Slowakei verwendet.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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6. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 121 Satz 1, § 90 Abs. 2 FGO).
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