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BFH 29.08.2023 - VII R 47/20
BFH 29.08.2023 - VII R 47/20 - Zu den Voraussetzungen der Haftung eines Geschäftsführers für Biersteuer
Normen
§ 191 Abs 1 S 1 AO, § 69 S 1 AO, § 34 Abs 1 S 1 AO, § 35 GmbHG, § 14 Abs 1 BierStG 2009, § 15 Abs 1 S 6 BierStG 2009, § 120 Abs 1 S 2 FGO, § 14 Abs 2 Nr 1 BierStG 2009
Vorinstanz
vorgehend FG München, 23. Juli 2020, Az: 14 K 1208/17, Urteil
Leitsatz
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1. Die Entnahme von Bier aus einem Steuerlager mit der Folge der Entstehung der Biersteuer nach § 14 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 Nr. 1 des Biersteuergesetzes stellt für sich betrachtet noch keine objektive Pflichtverletzung dar, auf die eine Haftungsinanspruchnahme des Geschäftsführers einer GmbH nach § 69 Satz 1 der Abgabenordnung gestützt werden kann.
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2. Der Geschäftsführer hat dafür zu sorgen, dass die Biersteuer bei Fälligkeit aus den von ihm verwalteten Mitteln entrichtet wird, wobei ihm aufgrund des auf Abwälzung ausgerichteten Verbrauchsteuersystems die Möglichkeit eingeräumt wird, das Bier in Ausübung seiner unternehmerischen Freiheit zu verkaufen und damit Einnahmen zu erzielen.
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3. Sofern jedoch bereits bei der Entnahme des Bieres aus dem Steuerlager für den Geschäftsführer klar erkennbar ist, dass im Zeitpunkt der Fälligkeit der Biersteuer keine Mittel für deren Begleichung vorhanden sein werden, liegt in der Entnahme ein Verstoß gegen die Mittelvorsorgepflicht vor.
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 23.07.2020 - 14 K 1208/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist seit dem 25.07.2019 Liquidator der Produktions-GmbH. Deren Alleingesellschafterin ist die X-GmbH, mit der ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag bestand. Zur X-Gruppe gehörte außerdem die X-Verwaltungs GmbH. Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer aller drei Gesellschaften war der Kläger.
- 2
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Die Produktions-GmbH verfügte über eine Erlaubnis als Steuerlagerinhaberin für Bier. Sie braute verschiedene Biersorten und erwarb die dafür erforderlichen Rohstoffe von der herrschenden GmbH, an die sie das hergestellte Bier verkaufte. Im Rechtsverkehr nach außen trat nahezu ausschließlich die Brauhaus X-GmbH auf, von der auch Zahlungen veranlasst wurden. Die Produktions-GmbH verfügte über keine eigenen Kontoverbindungen. Wechselseitige Forderungen und Verbindlichkeiten wurden in das Verrechnungskonto eingestellt.
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Bei der Produktions-GmbH waren neun Mitarbeiter beschäftigt. Die monatlichen Lohnkosten beliefen sich auf circa … € brutto. Die Löhne wurden bis einschließlich November 2014 bezahlt. Die Verbindlichkeiten gegenüber der Stadtwerke Y GmbH, von der die Produktions-GmbH Strom, Gas und Wasser bezog, betrugen zum 30.09.2014 … €. Am 08.10.2014 und am 12.12.2014 erfolgten Zahlungen an die Stadtwerke Y GmbH in Höhe von … € und … €.
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Aufgrund der von der Produktions-GmbH abgegebenen Steuererklärungen setzte der Beklagte und Revisionskläger (Hauptzollamt --HZA--) mit Bescheid vom 13.10.2014 für den Monat September 2014 Biersteuer in Höhe von … € (fällig am 20.10.2014), mit Bescheid vom 11.11.2014 für den Monat Oktober 2014 Biersteuer in Höhe von … € (fällig am 20.11.2014), mit Bescheid vom 09.12.2014 für den Monat November 2014 Biersteuer in Höhe von … € (fällig am 20.12.2014) und mit Bescheid vom 13.01.2015 für den Monat Dezember 2014 Biersteuer in Höhe von … € (fällig am 20.01.2015) fest.
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Mit Schreiben vom 04.12.2014 beantragte die Produktions-GmbH die Stundung der Biersteuer für September 2014 bis zum 15.12.2014. Die Vollstreckungsstelle teilte der Produktions-GmbH mit, dass der Zahlungseingang bis zum 20.12.2014 erwartet werde. Die Zahlung der Biersteuer für September 2014 nebst entstandener Säumniszuschläge in Höhe von … € erfolgte am 15.12.2014.
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Mit Schreiben vom 10.12.2014 teilte die Produktions-GmbH der Vollstreckungsstelle mit, dass die Verhandlungen über einen Kreditrahmen noch nicht abgeschlossen seien. Sie bat um Stundung der Biersteuer für Oktober bis 22.12.2014. Die Vollstreckungsstelle erklärte sich damit am 16.12.2014 einverstanden. Die Zahlung der Biersteuer für Oktober 2014 und der entstandenen Säumniszuschläge in Höhe von … € wurde am 19.12.2014 angewiesen und ging am 23.12.2014 beim HZA ein. Für die Begleichung der am 20.12.2014 fälligen Biersteuer für November 2014 und der sonstigen fälligen Verbindlichkeiten waren keine ausreichenden Mittel mehr vorhanden. Auch die Biersteuer für Dezember 2014 blieb unbezahlt.
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Am 30.12.2014 beantragte die Produktions-GmbH aufgrund von Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Mit Beschluss vom 02.01.2015 ordnete das Amtsgericht (AG) Y die vorläufige Insolvenzverwaltung an und bestimmte, dass Verfügungen der Gesellschaft nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft wurde durch Beschluss des AG Y vom 01.03.2015 eröffnet und durch Beschluss vom 15.10.2018 nach Schlussverteilung aufgehoben.
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Gegen die Steuerforderung für den Monat November 2014 erklärte das HZA die Aufrechnung mit einem Betrag in Höhe von … €. Offen blieb damit Biersteuer in Höhe von … € für November 2014. Für diesen Betrag und für Säumniszuschläge in Höhe von … € nahm das HZA den Kläger mit Bescheid vom 02.03.2016 gemäß § 191 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 69 AO in Haftung. Der Kläger bezahlte den Haftungsbetrag am 25.04.2016.
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Der gegen den Bescheid vom 02.03.2016 gerichtete Einspruch des Klägers war hinsichtlich der Haftung für Säumniszuschläge erfolgreich; im Übrigen wurde er mit Einspruchsentscheidung vom 31.03.2017 zurückgewiesen.
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Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Haftungsbescheid sei rechtswidrig, sodass der Kläger nicht für die von der Produktions-GmbH für den Monat November 2014 geschuldete Biersteuer zu haften habe. Der Kläger habe zwar die Pflicht zur Entrichtung der Biersteuer bei Fälligkeit objektiv verletzt. Dies sei ihm aber nicht vorzuwerfen, weil zu diesem Zeitpunkt keine ausreichenden Mittel mehr vorhanden gewesen seien. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass ab dem Fälligkeitszeitpunkt am 20.12.2014 überhaupt noch Zahlungen erfolgt seien. Somit sei nicht zu klären, ob der Grundsatz der anteiligen Tilgung zur Anwendung komme. Eine Pflicht, von der Entnahme des Bieres aus dem Steuerlager abzusehen, weil die dadurch entstehende Biersteuer voraussichtlich nicht habe entrichtet werden können, habe nicht bestanden. Denn die steuerliche Pflicht zur Mittelvorsorge bereits vor Fälligkeit betreffe allein die künftige Erfüllung entstandener Steueransprüche des Fiskus, nicht aber deren Begründung. Das HZA sei abgesehen davon nicht gegenüber anderen Gläubigern benachteiligt worden. Die vorliegende Situation sei weder mit den Abzugsteuern noch mit der Einfuhrumsatzsteuer zu vergleichen.
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Das HZA begründet seine Revision folgendermaßen: Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Mineralölsteuer müsse der Steuerlagerinhaber von Entnahmen aus dem Steuerlager Abstand nehmen, sobald er erkennt oder erkennen muss, dass er die Verpflichtung zur Zahlung der Mineralölsteuer am Fälligkeitstag nicht erfüllen kann. Dies könne auf die Biersteuer übertragen werden und werde auch durch die Rechtsprechung des BFH zum Zolllager bestätigt. Zudem seien aufgrund des Verzichts des Steuergläubigers auf eine Geltendmachung der Sachhaftung bei der Überführung von Bier aus einem Steuerlager in den freien Verkehr an einen Geschäftsführer bei der Biersteuer höhere Anforderungen zu stellen als bei sonstigen umsatzsteuerpflichtigen Waren. Denn mit der rechtmäßigen Entnahme in den freien Verkehr erlösche bei verbrauchsteuerpflichtigen Waren die Sachhaftung.
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Das HZA beantragt sinngemäß,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Das HZA stelle nicht klar, worin genau der Pflichtverstoß des Klägers liegen solle. Soweit das HZA einen Verstoß gegen die Mittelvorsorgepflicht sehe, gebe es keine Feststellungen dazu, ob und wie der angeblich haftungsauslösende Tatbestand verwirklicht worden sei. Auch für die Zurechenbarkeit der Bierentnahme an den Kläger fehle es an jeglicher Feststellung. Das BFH-Urteil vom 20.10.1987 - VII R 6/84 (BFH/NV 1988, 428) könne auf den Streitfall nicht übertragen werden, weil dieses einen anderen Sachverhalt betreffe. Wollte man aus der Sachhaftung nach § 76 AO eine weitergehende Haftung des Geschäftsführers ableiten, benötigte man dafür eine rechtliche Grundlage. Schließlich hätte eine Privilegierung des Fiskus durch das Konstrukt der Mittelvorsorge früher zu einem Insolvenzantrag geführt.
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Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Vorentscheidung entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO).
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1. Die Revision ist zulässig, obwohl das HZA in seiner Rechtsmittelschrift vom 28.08.2020 als Vorinstanz das Finanzgericht Nürnberg angegeben hat.
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Die Revision muss gemäß § 120 Abs. 1 Satz 2 FGO das angefochtene Urteil bezeichnen. Dies erfordert grundsätzlich, dass das Finanzgericht bezeichnet wird, gegen dessen Entscheidung sich die Revision richtet. Allerdings kann ein Fehler bei der Bezeichnung des Finanzgerichts dadurch geheilt werden, dass der Revision eine Abschrift des angefochtenen Urteils beigefügt und dadurch und durch die sonstigen Angaben klar ist, welches Urteil gemeint ist (vgl. Rüsken in Gosch, FGO § 120 Rz 21 ff.; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 120 FGO Rz 63; Seer in Tipke/Kruse, § 120 FGO Rz 14).
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Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, weil das HZA in seinem Schreiben vom 28.08.2020, mit dem es die Revision eingelegt hat, das Aktenzeichen und das Datum der Entscheidung des FG angegeben und diesem Schreiben eine Kopie der Vorentscheidung beigefügt hat. Auch die Beteiligten und der Streitgegenstand wurden korrekt angegeben.
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2. Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der angefochtene Haftungsbescheid vom 02.03.2016 --soweit er vor dem FG streitgegenständlich war-- rechtswidrig ist.
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Gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 AO kann, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Gemäß § 69 Satz 1 AO, § 34 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 35 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) haftet der Geschäftsführer einer GmbH, soweit deren Verbindlichkeiten aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden.
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Welches die maßgebliche Handlung beziehungsweise Unterlassung ist, die dem Haftungsschuldner zur Last gelegt wird, ist dem Haftungsbescheid zu entnehmen, um dessen Wirksamkeit die Beteiligten streiten (Senatsurteile vom 19.01.2021 - VII R 38/19, Rz 28 und vom 14.12.2021 - VII R 14/19, Rz 20).
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a) Der Kläger war im Haftungszeitraum von November 2014 (Entstehung der Biersteuer) bis zum 01.03.2015 (Eröffnung des Insolvenzverfahrens) alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Produktions-GmbH im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG und gehörte damit zu dem von der Haftungsnorm des § 69 AO erfassten Personenkreis.
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b) Weiterhin ist ein Haftungsschaden eingetreten, weil die Biersteuer, die die Produktions-GmbH als Steuerlagerinhaberin gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Biersteuergesetzes in der für die streitgegenständlichen Zeiträume geltenden Fassung (BierStG) für November 2014 in Höhe von … € schuldete, nicht entrichtet wurde (§ 69 Abs. 1 Satz 1 Alternative 3 AO).
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c) Darüber hinaus liegt hinsichtlich der Nichtentrichtung der Biersteuer eine objektive Pflichtverletzung vor.
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Als allein vertretungsberechtigter Geschäftsführer der Produktions-GmbH war der Kläger verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den von ihm verwalteten Mitteln entrichtet würden (§ 34 Abs. 1 Satz 2 AO). Er hätte demnach die noch offene Biersteuer für November 2014 bei Fälligkeit anweisen oder die Erledigung anderen Personen übertragen müssen (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 15.11.2022 - VII R 23/19, BFHE 278, 392, BStBl II 2023, 549, Rz 34).
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Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG wurde die Biersteuer für November 2014 weder bei Fälligkeit am 20.12.2014 (§ 15 Abs. 1 Satz 6 BierStG) noch danach entrichtet, weshalb --nach einer teilweisen Aufrechnung-- die Steuerforderung in Höhe von … € nicht beglichen wurde.
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d) Nicht hingegen hat der Kläger seine Mittelvorsorgepflicht verletzt, indem er im November 2014 Bier aus dem Steuerlager entnommen hat und dadurch Biersteuer gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1 BierStG entstanden ist.
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aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann sich ein gesetzlicher Vertreter bereits vor Fälligkeit einer Steuer der Verletzung seiner Pflicht zur Bereithaltung von Mitteln schuldig machen. Denn von ihm ist zu verlangen, dass er vorausschauend plant und insbesondere in der Krise finanzielle Mittel zur Entrichtung der geschuldeten Steuern bereithält. Vom Eintritt der Fälligkeit der Steuern ist diese Pflicht unabhängig (Senatsurteile vom 09.01.1997 - VII R 51/96, BFH/NV 1997, 324 und vom 26.09.2017 - VII R 40/16, BFHE 259, 423, BStBl II 2018, 772, Rz 11; Senatsbeschluss vom 11.11.2015 - VII B 74/15, Rz 7; BFH-Beschluss vom 29.08.2018 - XI R 57/17, Rz 46).
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(1) Welche Anforderungen an die einem Geschäftsführer obliegende Mittelvorsorgepflicht zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. Senatsbeschluss vom 25.04.2013 - VII B 245/12, Rz 19; BFH-Beschluss vom 29.08.2018 - XI R 57/17, Rz 46). Ein Geschäftsführer einer GmbH verletzt seine ihm gegenüber dem Steuergläubiger obliegenden Pflichten deshalb auch dann, wenn er sich durch Vorwegbefriedigung anderer Gläubiger oder in sonstiger Weise schuldhaft außerstande setzt, künftig fällig werdende Steuerschulden, deren Entstehung ihm bekannt ist, zu tilgen (vgl. Senatsurteil vom 28.11.2002 - VII R 41/01, BFHE 200, 482, BStBl II 2003, 337, unter II.2.b; BFH-Beschluss vom 29.08.2018 - XI R 57/17, Rz 46). Dies gilt (auch) für Steuerforderungen, mit denen der Geschäftsführer rechnen muss beziehungsweise deren Entstehung absehbar ist (vgl. BFH-Beschluss vom 29.08.2018 - XI R 57/17, Rz 46).
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(2) Mit Urteil vom 21.02.1989 - VII R 165/85 (BFHE 156, 46, BStBl II 1989, 491) hat der erkennende Senat entschieden, dass der Inhaber eines offenen Zolllagers die Pflicht hat sicherzustellen, dass die Steuer im Fälligkeitszeitpunkt entrichtet wird. Um diese Verpflichtung erfüllen zu können, muss er dafür sorgen, dass am Fälligkeitstag die Mittel zur Entrichtung der Steuer vorhanden sind (unter II.3.a). Diese gesteigerte Sorgfaltspflicht im Zusammenhang mit Entnahmen aus einem Zolllager ergibt sich auch daraus, dass infolge der Überführung der Waren in den freien Verkehr die Sachhaftung gemäß § 76 Abs. 4 Satz 2 AO erlischt, aber infolge der (nur) monatlichen Abrechnung der Entnahmen aus dem Zolllager dessen Kreditfunktion bestehen bleibt. Dementsprechend kam der Senat zu dem Ergebnis, dass der Lagerinhaber zwar nicht generell von Entnahmen aus dem Zolllager abzusehen, aber bei Eintritt der Fälligkeit ohne Rücksicht auf Forderungen anderer Gläubiger die Abgaben an den Steuergläubiger abzuführen hatte (unter II.3.a).
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(3) Weniger streng hat der erkennende Senat die Frage der Pflichtverletzung im Umsatzsteuerrecht beurteilt und hier keine gesteigerte Sorgfaltspflicht angenommen. Im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer hat der erkennende Senat zwar eine Pflichtverletzung des gesetzlichen Vertreters einer GmbH bejaht, weil dieser zu einem Zeitpunkt, in dem er wusste, dass der GmbH keine Zahlungsmittel mehr zur Verfügung stehen und auch zukünftig nicht mehr zufließen werden, ein Umsatzsteuer auslösendes Verkaufsgeschäft durchgeführt hatte, ohne dafür Sorge zu tragen, dass die GmbH über das durch dieses Geschäft erzielte Entgelt verfügen kann, um damit die durch das Geschäft entstehende Umsatzsteuer begleichen zu können (Senatsurteil vom 05.02.1985 - VII R 124/80, BFH/NV 1987, 2, unter 2.b der Entscheidungsgründe). Der Senat hat aber andererseits darauf hingewiesen, dass der gesetzliche Vertreter auch in Zeiten der Krise, unbeschadet gesellschafts- und/oder insolvenzrechtlicher Regelungen, deren Verletzung eine steuerliche Haftung nicht begründen könnte, nicht verpflichtet ist, von Geschäften Abstand zu nehmen, weil diese Umsatzsteuer auslösen, die voraussichtlich nicht beglichen werden kann. Er bleibt auch in Krisenzeiten in seinen unternehmerischen Dispositionen und in der Vertragsgestaltung frei (Senatsurteil vom 28.11.2002 - VII R 41/01, BFHE 200, 482, BStBl II 2003, 337, Rz 15; vgl. auch Senatsbeschluss vom 07.09.2007 - VII B 180/06, BFH/NV 2008, 16).
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(4) Eine gesteigerte Sorgfaltspflicht, wie sie der Senat in seinem Urteil vom 21.02.1989 - VII R 165/85 (BFHE 156, 46, BStBl II 1989, 491) bezüglich Entnahmen aus einem Zolllager angenommen hat, besteht nach Auffassung des erkennenden Senats im Zusammenhang mit der Entnahme von Bier aus einem Steuerlager jedoch nicht. Denn dieser Vorgang und dessen Umstände weisen eine größere Nähe zum Umsatzsteuerrecht und zu der unter (3) dargestellten Senatsrechtsprechung auf.
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(a) Zum einen kommt der unternehmerischen Freiheit bei der Herstellung von Bier im Vergleich zur Nutzung eines Zolllagers insofern eine größere Tragweite zu, als bei der Bierproduktion häufig die Brauerei als Herstellungsbetrieb selbst --wie auch im Streitfall-- Inhaber des Biersteuerlagers ist (vgl. § 4 Satz 1 Alternative 1 BierStG), während bei der zollrechtlichen Einlagerung von Nichtunionswaren nicht selten ein von einem Dritten, zum Beispiel einer Spedition, betriebenes und als Zolllager zugelassenes Warenlager genutzt wird. Würde die Auslagerung von Bier in einer finanziell angespannten Situation als objektive Pflichtverletzung angesehen und infolgedessen der Geschäftsführer des Inhabers des Biersteuerlagers in Haftung genommen werden, käme dies im Ergebnis einer Betriebseinstellung gleich, zumal der Betrieb eines Steuerlagers der Regelfall ist und eine bedingte Steuerschuld wie im früheren Mineralölsteuerrecht (vgl. z.B. § 36 der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung) im Biersteuerrecht nicht mehr existiert.
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(b) Bei der Biersteuer handelt es sich darüber hinaus um eine Verbrauchsteuer, die typischerweise auf Überwälzung an den Endverbraucher angelegt ist (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13.04.2017 - 2 BvL 6/13, BVerfGE 145, 171, Rz 113). Da die Person des Steuerschuldners und des Belastungsträgers auseinanderfallen und nur wenige Personen --zum Vorteil des Staates-- als Steuerschuldner in Anspruch genommen werden müssen, erscheint es sachgerecht, für die Frage der Pflichtverletzung auf die Fälligkeit und nicht bereits auf die Entstehung der Steuer abzustellen. Es müssen dem Steuerschuldner auch die Möglichkeit und die Zeit bleiben, die der Verbrauchsteuer unterliegenden und zu besteuernden Waren zu verkaufen und die Verbrauchsteuern über den Kaufpreis an den Endverbraucher weiterzugeben. Verlangte man vom Unternehmer, gleich im Zeitpunkt der Steuerentstehung die Mittel für die Entrichtung der Steuer vorzuhalten, liefe dies dem Sinn und Zweck der Überwälzbarkeit der Verbrauchsteuern zuwider.
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(c) Davon ausgehend kann die Entnahme von Bier aus einem Biersteuerlager nur dann eine Pflichtverletzung begründen, wenn bereits in diesem Zeitpunkt feststeht, dass bei Fälligkeit der Steuer keine Mittel zur Verfügung stehen werden. Solange dies jedoch noch ungewiss ist, etwa weil noch Verkäufe durchgeführt werden oder Verhandlungen mit einer kreditgebenden Bank laufen, kann eine Pflichtverletzung bereits bei Entnahme von verbrauchsteuerpflichtigen Waren aus dem Steuerlager noch nicht angenommen werden.
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bb) Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze hat der Kläger seine Mittelvorsorgepflicht nicht verletzt.
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(1) Zwar bestand im Streitfall eine Mittelvorsorgepflicht bereits im Zeitpunkt der Entnahme des Bieres aus dem Steuerlager. Darüber hinaus war die Produktions-GmbH seit langem Inhaberin einer Steuerlagererlaubnis, weshalb dem Kläger --als ihrem Geschäftsführer-- das Prozedere um die Entstehung, Abrechnung und Entrichtung der Biersteuer sowie die Fälligkeitstermine bekannt waren.
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(2) Allerdings widerspräche es der unternehmerischen Freiheit des Klägers, wenn er wegen der --bereits im November 2014-- bestehenden finanziellen Schwierigkeiten gezwungen gewesen wäre, von der Entnahme von Bier aus dem Steuerlager abzusehen, um die Steuerentstehung gemäß § 14 Abs. 1 BierStG zu verhindern. Dies hätte dazu geführt, dass die Produktions-GmbH praktisch gezwungen gewesen wäre, ihren Geschäftsbetrieb einzustellen.
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(3) Der Kläger war auch nicht verpflichtet, bereits im Zeitpunkt der Entstehung der Biersteuer infolge der Entnahmen aus dem Steuerlager die Mittel für die Entrichtung der Biersteuer aus anderen Einnahmen abzuzweigen und für die spätere Entrichtung der Biersteuer zurückzulegen oder den Anteil aus den Verkaufserlösen, der der Biersteuer entspricht, zweckgebunden zur Entrichtung der Biersteuerschuld zurückzulegen. Er hatte lediglich dafür zu sorgen, dass die Mittel für die Entrichtung der Biersteuer im Fälligkeitszeitpunkt vorhanden sein würden. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger Gelegenheit, die Biersteuer auf seine Abnehmer als eigentliche Belastungsträger abzuwälzen und entsprechende Einnahmen zu erzielen.
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(4) Abgesehen von diesen grundsätzlichen Erwägungen sprechen auch die Umstände des hier zu beurteilenden Einzelfalls dafür, eine Verletzung der Mittelvorsorgepflicht zu verneinen. In diesem Zusammenhang hält es der erkennende Senat für bedeutsam, dass das HZA die Biersteuer für September und Oktober 2014 gestundet hatte, was dafür spricht, dass auch das HZA davon ausging, dass der Kläger entsprechende Erlöse erwirtschaften und die Steuern entrichten würde. Es liegt daher kein Sachverhalt vor, in dem bereits bei der Entnahme des Bieres aus dem Steuerlager feststand, dass keine Zahlungseingänge bei der Produktions-GmbH mehr erfolgen würden.
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Hinzu kommt, dass nach einer Mitteilung der Produktions-GmbH an die Vollstreckungsstelle des HZA vom 10.12.2014 im Dezember 2014 die Verhandlungen mit der Bank über einen Kreditrahmen noch andauerten, weshalb auch aus diesem Grund keinesfalls sicher war, dass die Produktions-GmbH die Biersteuer bei Fälligkeit am 20.12.2014 nicht würde entrichten können.
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(5) Der Kläger hat das HZA auch nicht gegenüber anderen Gläubigern benachteiligt.
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Dem Kläger war zwar spätestens mit Erlass des Bescheids vom 09.12.2014, mit dem die Biersteuer für November 2014 in Höhe von … € gegenüber der Produktions-GmbH festgesetzt wurde, bekannt, wie hoch die Biersteuerforderung für November 2014 war und dass er diesen Betrag bei Fälligkeit würde entrichten müssen.
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Es bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger Maßnahmen getroffen hat, die dazu geführt haben, dass die Mittel zur Entrichtung der Biersteuer am Fälligkeitstag nicht zur Verfügung standen (vgl. dazu Senatsurteil vom 04.03.1986 - VII R 38/81, BFHE 146, 336, BStBl II 1986, 577, unter 2.b aa der Entscheidungsgründe). Vielmehr hat der Kläger die im Dezember noch vorhandenen Mittel nach den Feststellungen des FG zu einem großen Teil zur Tilgung der --wenn auch gestundeten-- Biersteuer verwendet. So wurde die Biersteuer für September 2014 (verspätet) am 15.12.2014 vollständig gezahlt und die Biersteuer für Oktober 2014 (verspätet) am 19.12.2014 in voller Höhe angewiesen. Demgegenüber wurden die Verbindlichkeiten gegenüber der Stadtwerke Y GmbH nur teilweise getilgt und am 12.12.2014 … € bezahlt.
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(6) Zu Recht weist das FG auch darauf hin, dass die Situation im Streitfall nicht mit der Lohnsteuer zu vergleichen ist, bei der es sich um Entgelt des Arbeitnehmers handelt, das der Arbeitgeber treuhänderisch einzubehalten und abzuführen hat (Senatsurteil vom 01.08.2000 - VII R 110/99, BFHE 192, 249, BStBl II 2001, 271, unter II.3.; vgl. auch Senatsurteil vom 27.02.2007 - VII R 67/05, BFHE 216, 491, BStBl II 2009, 348).
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e) Der Kläger hat auch seine Mittelverwendungspflicht nicht verletzt.
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Kann der Schuldner nicht alle Schulden tilgen, hat er zumindest für eine möglichst gleichmäßige Befriedigung sämtlicher Gläubiger zu sorgen (Senatsurteile vom 12.06.2018 - VII R 2/17, Rz 13 und vom 14.06.2016 - VII R 20/14, Rz 21; Senatsbeschluss vom 11.11.2015 - VII B 57/15, Rz 7). In diesem Zusammenhang sind die Verbrauchsteuern wie andere Forderungen zu behandeln, weil Kriterien, die eine besondere Behandlung rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich sind.
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Nach den Feststellungen des FG bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ab dem Fälligkeitszeitpunkt am 20.12.2014 überhaupt noch Zahlungen erfolgt sind. Im Übrigen hat auch das HZA in seiner Einspruchsentscheidung auf Seite 10 --im Zusammenhang mit den ursprünglich in die Haftung einbezogenen Säumniszuschlägen-- ausgeführt, dass nach Aktenlage im Haftungszeitraum ab dem 20.12.2014 keine Zahlungen mehr geleistet wurden und das HZA im Vergleich zu anderen Gläubigern nicht benachteiligt wurde. Es kann daher dahinstehen, wie hoch eine etwaige Haftungsquote anzusetzen gewesen wäre.
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f) Soweit dem Kläger wegen der Nichtentrichtung der Biersteuer eine objektive Pflichtverletzung vorzuwerfen ist (s.o. II.2.c), hat der Kläger diese Pflicht jedenfalls nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt.
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aa) Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung indiziert die objektive Pflichtwidrigkeit des Verhaltens das Verschulden im Sinne von § 69 Satz 1 AO (z.B. Senatsbeschluss vom 15.11.2022 - VII R 23/19, BFHE 278, 392, BStBl II 2023, 549, Rz 33, m.w.N.).
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Die Feststellung der Voraussetzungen für eine vorsätzliche oder zumindest grob fahrlässige Handlungsweise des Haftungsschuldners ist Aufgabe des FG als Tatsacheninstanz und mit der Revision nur bedingt angreifbar. Der BFH als Revisionsinstanz kann die Entscheidung des FG nur daraufhin überprüfen, ob das FG den Rechtsbegriff des Vorsatzes oder der groben Fahrlässigkeit verkannt oder für die Beurteilung wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 15.11.2022 - VII R 23/19, BFHE 278, 392, BStBl II 2023, 549, Rz 37, m.w.N.).
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bb) Derartige Fehler sind dem FG nicht unterlaufen; ausgehend von den genannten Rechtsgrundsätzen hat das FG in der angefochtenen Vorentscheidung weder den Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt noch Umstände außer Acht gelassen, die für die Beurteilung des vorliegenden Streitfalls wesentlich sind.
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Nach den Feststellungen des FG waren im Zeitpunkt der Fälligkeit der Biersteuer für November 2014 am 20.12.2014 keine ausreichenden Mittel mehr vorhanden (FG-Urteil, Seite 8, erster Absatz), weil zuvor die Löhne für November 2014 (Lohnkosten in Höhe von circa … € brutto) und bereits früher fällig gewordene Steuerverbindlichkeiten (Biersteuer in Höhe von … € für September 2014 und in Höhe von … € für Oktober 2014) zur Zahlung angewiesen worden waren. Außerdem erfolgte am 12.12.2014 eine Zahlung an die Stadtwerke Y GmbH in Höhe von … €. Am 30.12.2014 beantragte die Produktions-GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit.
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Diese Zahlungen sowie die Gründe für die Nichtzahlung der Biersteuer hat das FG in der Vorentscheidung rechtsfehlerfrei gewürdigt und eine Vorwerfbarkeit der Nichtzahlung verneint, weil bei Fälligkeit der Biersteuer am 20.12.2014 keine ausreichenden Mittel mehr vorhanden waren. Das FG erkannte auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verspätet gestellt wurde (FG-Urteil, Seite 8, erster Absatz).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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4. Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung.
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