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BFH 02.06.2022 - III R 9/21
BFH 02.06.2022 - III R 9/21 - Erlöschen der Kindergeldansprüche infolge von Sozialleistungen und Erstattungsansprüchen des Jobcenters
Normen
§ 37 AO, § 47 AO, § 218 AO, § 31 S 3 EStG 2009, § 62ff Abs 2 EStG 2009, § 62 Abs 2 EStG 2009, § 74 Abs 2 EStG 2009, Abschn V33.1 S 4 DA-KG 2017, Abschn V34.1 Abs 1 S 4 DA-KG 2021, § 19 SGB 2, § 45ff SGB 10, § 45 SGB 10, § 102ff SGB 10, § 102 SGB 10, § 104 SGB 10, § 107 SGB 10, § 111 SGB 10, EStG VZ 2016, EStG VZ 2017
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 18. Dezember 2019, Az: 2 K 1817/17, Urteil
Leitsatz
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1. Musste das Jobcenter wegen unterlassener oder verzögerter Kindergeldzahlungen an den Kindergeldberechtigten höhere Leistungen erbringen, kann es gemäß § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 SGB X einen Erstattungsanspruch gegen die Familienkasse haben und können die Kindergeldansprüche des Berechtigten gemäß § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 107 SGB X als erfüllt gelten und gemäß § 47 AO erloschen sein.
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2. Dies gilt nicht, wenn die Familienkasse das Kindergeld für den jeweiligen Monat im jeweiligen Monat ausgezahlt hat oder wenn die Familienkasse bereits selbst geleistet hat, bevor sie von der Leistung des Jobcenters Kenntnis erlangt hat.
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3. Die Familienkasse hat von der Leistung des Jobcenters Kenntnis erlangt, sobald die Information, ab wann das Jobcenter Leistungen erbringt und es deshalb "Erstattung" gemäß §§ 102 ff. SGB X begehrt, in ihren Geschäftsgang gelangt ist; die Kenntnis des Sachbearbeiters ist nicht erforderlich.
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4. Die Unkenntnis des Jobcenters von der Festsetzung und Zahlung des Kindergelds ist unerheblich; § 107 SGB X i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X stellt allein auf die rechtzeitige Erfüllung der Leistungsverpflichtung durch die Familienkasse ab.
Tenor
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Auf die Revision der Familienkasse werden das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 18.12.2019 - 2 K 1817/17 und der Abrechnungsbescheid der Familienkasse vom 12.05.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.06.2017 dahingehend geändert, dass bei Auszahlung des Kindergelds für die Zeit von Oktober 2016 bis März 2017 noch nicht als erfüllt geltende Kindergeldansprüche des Klägers in Höhe von 1.146 € (3 x 190 € + 3 x 192 €) bestanden haben; seine Rückzahlungsverpflichtung wird von 2.096 € um 1.146 € auf 950 € (5 x 190 €) verringert.
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Im Übrigen werden die Klage des Klägers und die Revision der Familienkasse als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Familienkasse trägt 46 % und der Kläger 54 % der Kosten des Verfahrens sowie 54 % der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Tatbestand
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I.
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In der Sache ist streitig, ob die Kindergeldansprüche des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) gemäß §§ 62 ff. des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die Zeit von Mai 2016 bis Mai 2017 wegen der Leistungen des Beigeladenen (Jobcenter) und dessen diesbezüglicher Erstattungsansprüche gegen die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) gemäß § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 107 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) als erfüllt gelten und erloschen sind. Streitig ist auch, ob die Familienkasse dem Kläger das Kindergeld für die Monate Mai 2016 bis März 2017 mit Rechtsgrund gezahlt hat oder ob es der Kläger zurückzahlen muss und ob er für die Monate April und Mai 2017 im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung noch unerfüllte Kindergeldansprüche hatte.
- 2
-
Der Kläger ist der Vater eines am ...12.2001 geborenen Kindes, das er im Februar 2016 in seinen Haushalt aufgenommen hatte. Im April 2016 stellte er für das Kind einen Kindergeldantrag. Die Familienkasse forderte Unterlagen an und bewilligte zunächst kein Kindergeld.
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Der Kläger bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II) gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II). Nach der Haushaltsaufnahme des Kindes erhöhte das Jobcenter die Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft. Der Kindergeldanspruch des Klägers wurde im Streitzeitraum --mangels Zuflusses zunächst zutreffend-- nicht bedarfs- und leistungsmindernd berücksichtigt.
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Mit Änderungsbescheid vom 26.08.2016 rechnete das Jobcenter aus hier nicht bekannten Gründen den Kindergeldanspruch des Klägers auf seine Leistungen ab Oktober 2016 an. Der Kläger teilte dies am 15.09.2016 der Familienkasse mit. Am 29.09.2016 erließ das Jobcenter einen gegenläufigen Bescheid mit der Folge, dass der Kindergeldanspruch des Klägers ab Oktober 2016 doch nicht angerechnet wurde. Unklar ist, ob dies der Familienkasse mitgeteilt wurde.
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Mit Schreiben vom 29.09.2016 machte das Jobcenter gegenüber der Familienkasse einen Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff. SGB X geltend. Es teilte mit, es erbringe für den Kläger und die mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen seit dem 01.10.2015 Leistungen nach dem SGB II. Die Familienkasse wurde darin gebeten, das Jobcenter vor der Bewilligung der Leistungen zu unterrichten und die Nachzahlung zunächst einzubehalten. Es werde dann mitteilen, in welcher Höhe ein Erstattungsanspruch bestehe.
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Zwischen dem Eingang des Schreibens bei der Familienkasse am 30.09.2016 und der Zuordnung zur Kindergeldakte des Klägers am 19.10.2016 setzte die Familienkasse mit Bescheid vom 17.10.2016 Kindergeld für das Kind ab Mai 2016 (bis Dezember 2019) fest und stieß die Auszahlung des Kindergelds an. In der Folge wurde am 21.10.2016 Kindergeld in Höhe von 1.140 €, davon 950 € (5 x 190 €) für Mai bis September 2016 sowie 190 € für Oktober 2016 ausgezahlt. In den Monaten November 2016 bis März 2017 wurde das Kindergeld laufend fristgerecht ausgezahlt (2 x 190 € + 3 x 192 € = 956 €). Das Jobcenter erfuhr hiervon zunächst nichts.
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Im April 2017 bemerkte die Familienkasse das Schreiben vom 29.09.2016, stellte die Kindergeldzahlungen an den Kläger am 06.04.2017 vorläufig ein und setzte sich mit dem Jobcenter in Verbindung. Am 27.04.2017 reichte das Jobcenter einen Vordruck zur Spezifizierung des Erstattungsanspruchs in Höhe von 2.480 € (8 x 190 € + 5 x 192 €) bis einschließlich Mai 2017 ein; die Leistungen für Mai 2017 waren schon zum 20.04.2017 angewiesen worden.
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Am 12.05.2017 erließ die Familienkasse gegenüber dem Kläger einen Bescheid mit dem Betreff "Bescheid über Kindergeld ..." und einen mit dem Betreff "Kindergeld ... - Rückforderungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 i.V.m. § 37 Abs. 2 (der) Abgabenordnung (AO)". Darin führte sie aus, dass der Kläger für das am ...12.2001 geborene Kind dem Grunde nach Kindergeldansprüche für die streitgegenständlichen Monate gehabt habe, dass diese jedoch infolge der Leistungen des Jobcenters, für die dieses gemäß §§ 102 ff. SGB X Erstattung verlangen könne, gemäß § 107 SGB X als erfüllt gälten und erloschen seien. Soweit eine Auszahlung erfolgt sei, sei der Kläger gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 AO zur Erstattung verpflichtet.
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-
Der Kläger legte gegen den "Rückforderungsbescheid vom 12.05.2017 - betreffend Kindergeld für den Zeitraum Mai 2016 bis Mai 2017" erfolglos Einspruch ein. In der Einspruchsentscheidung vom 12.06.2017 mit dem Betreff "Abrechnungsbescheid wegen Erstattung von Kindergeld für den Zeitraum von Mai 2016 bis Mai 2017" wies die Familienkasse den Einspruch des Klägers zurück. Sie entschied sinngemäß, dass der Kindergeldanspruch für den Zeitraum von Mai 2016 bis Mai 2017 in Höhe von 2.480 € nach § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 107 SGB X als erfüllt gelte und erloschen sei (§ 47 der Abgabenordnung --AO--). Die Zahlung in Höhe von 2.096 € (8 x 190 € + 3 x 192 €), die in Höhe von 1.140 € (6 x 190 €) im Oktober 2016 und in Höhe von 956 € (2 x 190 € + 3 x 192 €) von November 2016 bis März 2017 ausgezahlt worden sei, sei ohne Rechtsgrund erfolgt; der Kläger habe die Zahlungen gemäß § 37 Abs. 2 AO zu erstatten und für die Monate April und Mai 2017 keinen Anspruch mehr.
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Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben. Im Klageverfahren lud das Finanzgericht (FG) das Jobcenter zum Verfahren bei und hob mit Urteil vom 18.12.2019 den Abrechnungsbescheid vom 12.05.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.06.2017 auf.
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Gegen dieses Urteil wendet sich die Familienkasse mit der Revision.
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Die Familienkasse beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben.
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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Das Jobcenter beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben.
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Wie die Familienkasse trägt das Jobcenter vor, der Abrechnungsbescheid sei rechtmäßig; das FG habe den Bescheid zu Unrecht aufgehoben.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist teilweise begründet. Die Vorentscheidung verstößt zum Teil gegen Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Das FG hat den Abrechnungsbescheid vom 12.05.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.06.2017 zu Unrecht aufgehoben. Ein rechtswidriger Abrechnungsbescheid (§ 218 AO) ist in der Regel nicht aufzuheben, sondern bezogen auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung --das ist meist die Einspruchsentscheidung (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21.09.2021 - VII R 9/18, BFH/NV 2022, 44, Rz 26, m.w.N.)-- zu korrigieren.
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Die Vorentscheidung verstößt außerdem gegen Bundesrecht, soweit sie das Kindergeld für die Monate Mai bis September 2016 sowie April und Mai 2017 betrifft. Für diese Monate gelten die Kindergeldansprüche des Klägers gemäß § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 107 SGB X als erfüllt; sie sind erloschen (§ 47 AO). Der Kläger ist gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 AO zur Rückzahlung des dennoch für die Monate Mai bis September 2016 nachgezahlten Kindergelds verpflichtet und hat gegen die Familienkasse für die Monate April und Mai 2017 keine weiteren Ansprüche.
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Soweit die Vorentscheidung das in den Monaten Oktober 2016 bis März 2017 von der Familienkasse jeweils rechtzeitig gezahlte Kindergeld betrifft, ist sie hingegen im Ansatz richtig. Für diese Monate gelten die Kindergeldansprüche des Klägers trotz der Zahlungen des Jobcenters nicht gemäß § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 107 SGB X als erfüllt, weil das Jobcenter insoweit nicht zur Leistung verpflichtet war und keinen Erstattungsanspruch gemäß § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X gegen die Familienkasse hat. Der Kläger ist nicht zur Rückzahlung des in den Monaten Oktober 2016 bis März 2017 jeweils rechtzeitig ausgezahlten Kindergelds verpflichtet.
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1. Ein Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO, der von einem Erlöschen (vgl. BFH-Urteil vom 18.02.2020 - VII R 39/18, BFHE 268, 391, BFH/NV 2020, 1183, Rz 22) der Kindergeldansprüche gemäß § 47 AO i.V.m. § 74 Abs. 2 EStG, § 107 Abs. 1 SGB X ausgeht, ist rechtmäßig, wenn das Jobcenter wegen seiner Leistungen gegenüber der Familienkasse einen Erstattungsanspruch gemäß §§ 102 ff. SGB X hat.
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a) Im Streitfall kommt als Anknüpfungstatbestand für die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X nur ein Erstattungsanspruch gemäß § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 Abs. 1 und 2 SGB X in Betracht (vgl. z.B. Senatsurteil vom 14.04.2021 - III R 1/20, BFHE 273, 41, BStBl II 2021, 700, Rz 17 f.; BFH-Beschluss vom 05.06.2014 - VI R 15/12, BFHE 246, 298, BStBl II 2015, 145, Rz 20; Helmke in Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, Kommentar, Fach A, I. Kommentierung, § 74 EStG Rz 39; Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 74 EStG Rz 17).
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b) Ein Erstattungsanspruch gemäß § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 SGB X setzt voraus, dass ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Leistungen erbracht hat, die er bei rechtzeitiger Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers nicht erbringen hätte müssen. Dabei darf der vorrangig verpflichtete Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet haben, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat (§ 104 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB X).
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aa) Das Gesetz zielt u.a. darauf ab, Doppelzahlungen zu verhindern, und setzt deshalb die Kongruenz, also die Gleichartigkeit der Leistungen und die Übereinstimmung der Leistungszeiträume voraus (vgl. etwa HHR/Wendl, § 74 EStG Rz 17, m.w.N.). § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 Abs. 2 SGB X erweitert den Erstattungsanspruch auch auf Fälle, in denen von einem nachrangig verpflichteten Leistungsträger für einen Angehörigen Sozialleistungen erbracht worden sind, wenn ein anderer mit Rücksicht auf diesen Angehörigen einen Kindergeldanspruch nach dem EStG hat oder hatte (vgl. Senatsurteil vom 26.07.2012 - III R 28/10, BFHE 238, 315, BStBl II 2013, 26, Rz 11).
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bb) Außerdem ist der nachrangige Leistungsträger nur dann zur Leistung verpflichtet, wenn der vorrangig verpflichtete Leistungsträger die ihm obliegende Leistung nicht oder nicht rechtzeitig erbracht hat oder erbringt (vgl. z.B. Urteile des Bundessozialgerichts --BSG-- vom 28.08.1997 - 14/10 RKg 11/96, BSGE 81, 30, Rz 15; vom 30.06.1997 - 8 RKn 28/95, Sozialrecht --SozR-- 3-2600 § 93 Nr 4, Rz 27 und 30; vom 25.01.1994 - 7 RAr 42/93, BSGE 74, 36, Leitsatz 1 und unter II.6., und vom 19.03.1992 - 7 RAr 26/91, BSGE 70, 186, Rz 37 ff.; Landessozialgericht --LSG-- Mecklenburg-Vorpommern --MV--, Urteil vom 17.06.2021 - L 14 AS 255/17, Neue Justiz --NJ-- 2021, 421, Rz 55; Böttiger in Diering/Timme/Stähler, SGB X, 5. Aufl. 2019, Vor § 102 Rz 24 f., und § 104 Rz 12; Roos in Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 104 Rz 6).
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Eine rechtzeitige Erfüllung i.S. des § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X durch die Familienkasse liegt vor, wenn sie das Kindergeld im jeweiligen Monat für den jeweiligen Monat zahlt. Mangels eines in § 66 Abs. 2 EStG gesetzlich geregelten Auszahlungstermins im einzelnen Anspruchszeitraum ist es nicht erforderlich, dass die Familienkasse die nur durch eine Verwaltungsanweisung geregelten, nach Kindergeldendziffern gestaffelten kassenmäßigen Auszahlungstermine einhält (a.A. LSG MV in NJ 2021, 421, Rz 55; vgl. auch BSG-Urteil in BSGE 81, 30, Rz 16, m.w.N.; Roos, a.a.O., § 104 Rz 6). Gemäß § 31 Satz 3 EStG wird Kindergeld laufend monatlich als Steuervergütung gezahlt; auch sonst wird das Kindergeldrecht vom Monatsprinzip geprägt (vgl. § 66 Abs. 2 EStG).
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cc) Gemäß § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB X besteht ausnahmsweise kein Erstattungsanspruch, wenn der vorrangig verpflichtete Leistungsträger bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des nachrangig verpflichteten Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat.
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(1) Umstände und Form der Kenntniserlangung sind nicht von Bedeutung (vgl. etwa BFH-Beschluss in BFHE 246, 298, BStBl II 2015, 145, Rz 22; BSG-Urteil in BSGE 70, 186, Rz 42; Becker in Hauck/Noftz, SGB X, vor §§ 102 ff. Rz 77e).
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(2) Ob inhaltlich Kenntnis von der Leistung des anderen Leistungsträgers i.S. des § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 Abs. 1 und § 107 SGB X gegeben ist, ist in erster Linie eine Tatfrage (BSG-Urteil in BSGE 74, 36, unter II.8.). Hierzu sind der Akteninhalt und alle sonstigen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.
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(a) Im Fall des § 74 Abs. 2 EStG i.V.m § 104 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB X genügt es für die Kenntnis von der Leistung des Jobcenters, dass die Familienkasse in dem Zeitpunkt, in dem über eine Nachzahlung zu entscheiden ist, nach dem objektiven Empfängerhorizont positive Kenntnis davon hat, dass und ab wann das Jobcenter Leistungen zur Deckung der allgemeinen Lebenshaltungskosten des Kindergeldberechtigten und der mit ihm in einem Haushalt lebenden und eine Bedarfsgemeinschaft bildenden Kinder gewährt oder gewährt hat und dass das Jobcenter deshalb "Erstattung" gemäß §§ 102 ff. SGB X begehrt (wie BSG-Urteil vom 29.03.1994 - 13 RJ 65/92, Aktueller Informationsdienst für die berufsgenossenschaftliche Sachbearbeitung --HVBG-INFO-- 1994, 1735, Rz 20, zu § 104 Abs. 1 Sätze 1 und 4 SGB X; Beschlüsse des LSG Berlin-Brandenburg --Bln-BB-- vom 11.05.2009 - L 22 R 220/09 ER, juris, Rz 52, und vom 22.01.2009 - L 31 U 398/08, UV Recht & Reha Aktuell 2009, 398; Störmann in Jahn, SGB X, § 104 Rz 9; vgl. auch BSG-Urteil vom 22.06.2010 - B 1 KR 21/09 R, BSGE 106, 206, Rz 27 ff.; Sozialgericht Bln, Beschluss vom 11.05.2017 - S 2 EG 33/15, juris, Rz 12). Allein die Mitteilung, es handele sich um einen "Sozialhilfefall" oder "Sozialfall" o.ä. genügt hingegen regelmäßig nicht (vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 273, 41, BStBl II 2021, 700, Rz 18; BSG-Urteile in HVBG-INFO 1994, 1735, Rz 20, und in BSGE 70, 186, Rz 43).
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(aa) Nach dem objektiven Empfängerhorizont der Familienkasse, einer Behörde, deren Beschäftigten das Erstattungsverfahren im Wesentlichen bekannt ist, beinhaltet die Mitteilung, dass das Jobcenter um "Erstattung" ersucht, regelmäßig die Information, dass dieses Leistungen erbracht hat oder noch erbringt, die nach ihrer Art und der zeitlichen Zuordnung den verspäteten, an sich vorrangig von der Familienkasse zu erbringenden Leistungen entsprechen. Die Mitteilung eines Erstattungsfalls beinhaltet die Information, dass maximal ein Betrag in Höhe des Kindergelds zu erstatten ist (vgl. etwa BFH-Urteil vom 14.05.2002 - VIII R 88/01, BFH/NV 2002, 1156, unter 1.b, m.w.N.). Denn der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften (§ 104 Abs. 3 SGB X). Ein Erstattungsanspruch besteht nur für einen Monat, in dem sowohl eine Leistung erbracht wurde, als auch ein Anspruch auf Kindergeld besteht. Der Anspruch kann somit frühestens ab dem Monat bestehen, ab dem Kindergeld festgesetzt wird, auch wenn das Jobcenter seine Leistung vorher aufgenommen hat. Hat es seine Leistung erst später aufgenommen, ist dieser Zeitpunkt maßgeblich. Der Erstattungsanspruch endet --falls das Jobcenter nicht mitgeteilt hat, dass es seine Leistungen vorher eingestellt hat-- mit der Aufnahme der rechtzeitigen Zahlung des Kindergelds. Auch diesen Zeitpunkt kennt die Familienkasse. Somit ist in der Regel klar, in welcher Höhe die Nachzahlung zurückzustellen ist, um eine Überzahlung zu vermeiden.
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(bb) Die Kenntnis von den Leistungen des Jobcenters wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Familienkasse (lediglich) nicht weiß, ob sich die Verspätung in allen Monaten vollumfänglich in höheren Zahlungen des Jobcenters niedergeschlagen hat oder ob es (in einem Aufzahlungsfall oder Aufstockungsfall) nur ergänzende Leistungen erbracht hat. Es genügt, wenn klar ist, dass es bei einer Nachzahlung des ausstehenden Kindergelds an den Kindergeldberechtigten (jedenfalls) zu einer Doppelzahlung käme. Erfährt die Familienkasse von der Leistung des nachrangig zur Leistung verpflichteten Jobcenters im Leistungszeitraum und kann sie somit von einer teilweisen Erfüllung nach § 107 Abs. 1 SGB X ausgehen, darf sie eine sofortige Leistung gegenüber dem Berechtigten verweigern, um die Höhe der Nachzahlung abzuklären (vgl. z.B. BSG-Urteil in BSGE 106, 206, Rz 27).
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(cc) Soweit der Senat entschieden hat, es reiche für eine Kenntniserlangung aus, dass die Umstände, die für die Entscheidung über den Erstattungsanspruch maßgeblich seien, und der Zeitraum, für den die Sozialleistung erbracht wurde, hinreichend konkret mitgeteilt wurden, sodass es dem erstattungsverpflichteten Leistungsträger ohne weitere Nachforschungen möglich sei, zu entscheiden, welche Teile der von ihm zu erbringenden Leistung zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs einzubehalten und welche an den Kindergeldberechtigten auszuzahlen seien (BFH-Urteil in BFHE 273, 41, BStBl II 2021, 700, Rz 18), heißt dies nicht, dass diese Anforderungen stets zwingend erfüllt sein müssen.
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(dd) Die vom FG erwähnte V 33.1 Satz 4 der Dienstanweisung des Bundeszentralamts für Steuern zum Kindergeld nach dem EStG (DA-KG) 2017 (BStBl I 2017, 1007; vgl. auch V 34.1 Abs. 1 Satz 4 DA-KG 2021, BStBl I 2021, 1599), wonach etwa der Sozialleistungsträger durch detaillierte Angaben darzulegen hat, dass er einen Erstattungsanspruch hat, betrifft in erster Linie die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs, nicht das Verschaffen der Kenntnis i.S. des § 104 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB X. Im Übrigen können die Familienkassen die Anforderungen an die Kenntnis von der Leistung des anderen Leistungsträgers nicht zu dessen Lasten regeln.
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(b) Zur Vermittlung der Kenntnis i.S. des § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB X genügt es, dass die Information über die Leistung des nachrangigen Leistungsträgers, die Leistungszeit und sein Erstattungsbegehren vor der Nachzahlung in den Geschäftsgang der zuständigen Familienkasse gelangt ist. Das Gesetz stellt nicht auf den Bediensteten, sondern auf den Leistungsträger ab (vgl. BSG-Urteil vom 18.10.1991 - 9b/7 RAr 12/88, HVBG-Info 1992, 1312, Rz 17; LSG Bln-BB, Urteil vom 10.07.2009 - L 1 KR 415/08, juris, Rz 37).
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dd) Die hier gewahrte Ausschlussfrist des § 111 SGB X ist im Streitfall unerheblich, denn sie betrifft nur das Verhältnis der Leistungsträger (vgl. BSG-Urteil vom 06.02.1992 - 12 RK 14/90, BSGE 70, 93, Rz 27 f.; vom 25.04.1991 - 11 Bar 135/90; Brandis/Heuermann/Selder, § 74 EStG Rz 49; Dalichau, a.a.O., § 102 Nr. 2 S. 37).
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2. Nach diesen Grundsätzen verstößt die Vorentscheidung gegen Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO), weil das FG den Abrechnungsbescheid aufgehoben und nicht korrigiert hat.
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Soweit die Vorentscheidung die Monate Mai bis September 2016, April und Mai 2017 betrifft, ist der Abrechnungsbescheid, anders als das FG angenommen hat, nicht korrekturbedürftig. Denn die Familienkasse hat zutreffend entschieden, dass die Kindergeldansprüche des Klägers für das am ...12.2001 geborene Kind für die Monate, für die das Kindergeld verspätet (Mai bis September 2016) oder nicht (April und Mai 2017) gezahlt wurde, gemäß § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 107 SGB X als erfüllt gelten und damit erloschen sind (§ 47 AO). Somit erfolgte die Nachzahlung des Kindergelds für Mai bis September 2016 ohne Rechtsgrund. Der Kläger ist in Höhe von 950 € (5 x 190 €) zur Rückzahlung verpflichtet. Für April und Mai 2017 hat er keinen Anspruch mehr.
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Soweit die Vorentscheidung jedoch das in der Zeit von Oktober 2016 bis März 2017 von der Familienkasse rechtzeitig gezahlte Kindergeld in Höhe von 1.146 € (3 x 190 € + 3 x 192 €) betrifft, ist sie im Ansatz richtig. Insoweit ist der Abrechnungsbescheid zugunsten des Klägers zu ändern.
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a) Es ist im Streitfall nicht zweifelhaft, dass die Leistungen des Jobcenters und die Kindergeldansprüche und -zahlungen in Höhe des Kindergelds kongruent sind, dieselben Monate betreffen und demselben Zweck dienen, nämlich der Deckung des Lebensbedarfs des Kindergeldberechtigten und des mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Kindes.
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b) Das FG hat jedoch zu Unrecht nicht geprüft, ob das Jobcenter im Streitfall zur Leistung verpflichtet war; nur dann kann es einen Erstattungsanspruch gemäß § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X haben und der Kindergeldanspruch gemäß § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt gelten und gemäß § 47 AO erloschen sein. Dies setzt voraus, dass die Familienkasse ihre Leistungen nicht oder nicht rechtzeitig erbracht hat (§ 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X).
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Für die Monate Oktober 2016 bis März 2017 war das Jobcenter nicht (nachrangig) zur Leistung verpflichtet und hat keinen Erstattungsanspruch, weil die Familienkasse von Oktober 2016 bis März 2017 im jeweiligen Monat für den Monat Kindergeld gezahlt und damit rechtzeitig geleistet hat. Ob das Jobcenter davon wusste oder die Doppelzahlung hätte verhindern können, ist von Rechts wegen unerheblich; § 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X, an den § 107 SGB X anknüpft, stellt allein auf die rechtzeitige Erfüllung der Leistungsverpflichtung durch die Familienkasse ab.
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Für die Monate Mai bis September 2016 und April und Mai 2017 hingegen war das Jobcenter gemäß § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X (nachrangig) zur Leistung verpflichtet. Die Familienkasse hat erstmals am 21.10.2016 --für die Monate Mai bis September 2016 also zu spät-- gezahlt. In den Monaten April und Mai 2017 hat die Familienkasse die Zahlungen ausgesetzt, also nicht gezahlt.
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c) Für die Monate Mai bis September 2016 und April und Mai 2017 ist der Erstattungsanspruch auch nicht gemäß § 74 Abs. 2 EStG i.V.m § 104 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB X ausgeschlossen. Denn die Familienkasse hat nicht geleistet, bevor sie von den Leistungen des Jobcenters Kenntnis erlangt hat.
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aa) Für die Monate Mai bis September 2016 hat die Familienkasse am 21.10.2016 geleistet. Zu diesem Zeitpunkt war das Schreiben des Jobcenters vom 29.09.2016 bereits in ihren Geschäftsbereich gelangt. Wie ausgeführt, spielt es keine Rolle, wann das Schreiben der Kindergeldakte zugeordnet wurde und ob es dem Bearbeiter, der die Nachzahlung veranlasste, bekannt war.
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bb) Die Familienkasse konnte diesem Schreiben entnehmen, dass das Jobcenter ab dem 01.10.2015 Geldleistungen nach dem SGB II zur Deckung der allgemeinen Lebenshaltungskosten des Klägers und des mit ihm in einem Haushalt lebenden und eine Bedarfsgemeinschaft bildenden Kindes gewährt hat und dass das Jobcenter deshalb einen Erstattungsanspruch gemäß §§ 102 ff. SGB X geltend machen will. Ein derartiger Anspruch konnte nur die Zeit der verspäteten Leistung der Familienkasse (Mai 2016 bis September 2016 sowie weitere Zeiten der Zahlungseinstellung) betreffen. Wie ausgeführt, genügen diese Angaben im Fall des § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB X (wie BSG-Urteil in HVBG-INFO 1994, 1735, Rz 20, zu § 104 Abs. 1 Sätze 1 und 4 SGB X).
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d) Die Gefahr einer doppelten Rückforderung besteht nicht. Die §§ 45 ff. SGB X sind gesperrt, soweit ein Erstattungsanspruch besteht (z.B. BSG-Beschluss vom 08.04.2020 - B 13 R 80/18, juris, Rz 10; BSG-Urteile vom 20.12.2011 - B 4 AS 203/10 R, SozR 4-1300 § 107 Nr 5, Rz 19; vom 22.05.2002 - B 8 KN 11/00 R, SozR 3-2600 § 93 Nr 12, Rz 17 f., und in SozR 3-2600 § 93 Nr 4, Rz 27 ff.).
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e) Einer Rückforderung der Zahlung für die Monate Mai bis September 2016 steht auch der Gesichtspunkt von Treu und Glauben oder der Verwirkungsgedanke nicht entgegen (wie im Senatsurteil in BFHE 273, 41, BStBl II 2021, 700, Rz 26 ff.; vgl. auch Senatsbeschluss vom 27.02.2007 - III B 1/06, BFH/NV 2007, 1120).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1, § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Hiernach trägt der Kläger 54 % (7/13) und die Familienkasse 46 % (6/13) der Kosten des Verfahrens.
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Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des beigeladenen Jobcenters nach § 139 Abs. 4 FGO zu 54 % aufzuerlegen. Voraussetzung für eine Billigkeitsentscheidung nach dieser Vorschrift ist, dass der Beigeladene den obsiegenden Beteiligten unterstützt hat (BFH-Urteil vom 04.05.2000 - IV R 10/99, BFHE 191, 529, BStBl II 2002, 850). Da vorliegend die vom Jobcenter unterstützte Familienkasse zu 54 % obsiegt hat und das Jobcenter das Verfahren gefördert hat, entspricht es der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Jobcenters zu 54 % aufzuerlegen (vgl. Senatsurteil vom 09.02.2009 - III R 36/07, juris, unter II.5.).
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