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BFH 19.10.2021 - VII R 27/19
BFH 19.10.2021 - VII R 27/19 - Zollaussetzung für Polypropylenfolien
Normen
Art 12 Abs 5 Buchst a Ziff i ZK, Art 12 Abs 5 Buchst a Ziff i EWGV 2913/92, Art 9 Abs 1 ZK, Art 9 Abs 1 EWGV 2913/92, Art 220 ZK, Art 220 EWGV 2913/92, Art 105 Abs 3 EUV 952/2013, Art 119 Abs 1 EUV 952/2013, Art 252 EUV 2015/2446, Anh 1 EUV 1387/2013, Art 105 Abs 4 EUV 952/2013
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 12. Juni 2019, Az: 4 K 754/18 Z, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Eine vZTA wird nicht gemäß Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziffer i ZK ungültig, wenn eine Verordnung über eine Zollaussetzung für Waren bestimmter Taric-Codes lediglich durch eine Klarstellung und nicht durch eine neue Regelung geändert wird und die vZTA von Anfang an rechtswidrig war.
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2. NV: Die Zollaussetzung für Polypropylenfolien des Taric-Codes 3921 19 00 91 0 gilt nur für Waren, die die entsprechenden Beschaffenheitsmerkmale i.S. von Anhang I der VO 1387/2013 aufweisen; die AV 3 Buchst. b ist auf Taric-Ebene nicht anzuwenden.
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 12.06.2019 - 4 K 754/18 Z aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Düsseldorf zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) führte aus Drittländern Verbundfolien aus Kunststoff ein, die sie unter der Unterposition (Unterpos.) 3921 19 00 der Kombinierten Nomenklatur (KN) in der Fassung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1101/2014 der Kommission vom 16.10.2014 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif --VO 2658/87-- (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- 2014 Nr. L 312, 1 bzw. 2015 Nr. L 285, 1) mit dem Taric-Zusatzcode 91 0 als mikroporöse Polypropylenfolien mit einer Dicke von nicht mehr als 100 µm zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr anmeldete. Dabei nahm sie die Zollaussetzung für derartige Waren nach der Verordnung (EU) Nr. 1387/2013 des Rates vom 17.12.2013 zur Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte landwirtschaftliche und gewerbliche Waren und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1344/2011 --VO 1387/2013-- (ABlEU Nr. L 354/201) in Anspruch.
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Das Hauptzollamt X hatte der Klägerin drei verbindliche Zolltarifauskünfte (vZTAe) jeweils vom 10.07.2013 erteilt, mit der die Verbundfolien in die Unterpos. 3921 19 00 KN mit dem Taric-Zusatzcode 91 0 eingereiht worden waren. In der verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) DE 1 war die Ware als transparente, bunt bedruckte Kunststofffolie mit einer Dicke von etwa 55 µm, bestehend aus einer Polypropylenfolie mit einer Dicke von 20 µm, einem Zwei-Komponenten-Kleber aus Polyurethan und einer weiteren Polypropylenfolie mit einer Dicke von 20 µm angegeben. In der vZTA DE 2 beschrieb das Hauptzollamt X die begutachtete Ware als einseitig bunt bedruckte Kunststofffolie mit einer Dicke von etwa 58 µm, bestehend aus einer Polypropylenfolie mit einer Dicke von 30 µm, einem Zwei-Komponenten-Kleber aus Polyurethan und einer weiteren weiß geschäumten Polypropylenfolie mit einer Dicke von 28 bis 30 µm. In der vZTA DE 3 schließlich war die Ware als einseitig bunt bedruckte sowie auf der Rückseite silberfarbige Kunststofffolie mit einer Dicke von etwa 55 µm, bestehend aus einer Polypropylenfolie mit einer Dicke von 15 µm, einem Zwei-Komponenten-Kleber aus Polyurethan und einer weiteren weiß geschäumten Polypropylenfolie mit einer Dicke von 25 µm sowie einer Metallisierung aus Polyester beschrieben.
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Vom 03.07.2015 bis zum 30.12.2016 meldete die Klägerin in 143 Fällen die in den drei vZTAe beschriebenen Verbundfolien unter der Unterpos. 3921 19 00 KN mit dem Taric-Zusatzcode 91 zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Dabei nahm sie die Zollaussetzung nach der VO 1387/2013 in Anspruch. Bezüglich ihrer Zollanmeldungen vom 21.01., 21.03., 01.11. und 05.12.2016 fand eine Überprüfung der zu den Anmeldungen gehörenden Unterlagen durch die Zollstelle statt. Hinsichtlich ihrer Zollanmeldungen vom 03.07.2015 und 09.09.2016 führte die Zollstelle jeweils eine Beschau der eingeführten Waren durch. Die am 03.07.2015 angemeldeten Waren wurden vom Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung (BWZ) untersucht und der Unterpos. 3921 19 00 KN mit dem Taric-Zusatzcode 91 zugewiesen.
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Das Hauptzollamt X teilte der Klägerin mit Schreiben vom 21.03.2016 mit, dass die drei vZTAe vom 10.07.2013 mit Ablauf des 30.06.2015 ungültig geworden seien. Zur Begründung verwies es auf Art. 1 Nr. 1 der Verordnung (EU) 2015/982 des Rates vom 23.06.2015 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1387/2013 zur Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte landwirtschaftliche und gewerbliche Waren --VO 2015/982-- (ABlEU Nr. L 159/5), mit dem Art. 1 VO 1387/2013 um folgenden Absatz ergänzt worden war: "Absatz 1 gilt nicht für Gemische, Zubereitungen oder aus verschiedenen Bestandteilen bestehende Waren, die die in Anhang I aufgeführten Waren enthalten."
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Die Klägerin wandte sich daraufhin mit einer elektronischen Nachricht vom 29.03.2016 an die Generalzolldirektion - Zentrale Auskunft - (GZD) in Y. Dabei verwies sie darauf, dass nach dem Elektronischen Zolltarif der Zollverwaltung für Waren der Codenummer 3921 19 00 91 0 eine autonome Zollaussetzung vorgesehen sei. Die GZD teilte der Klägerin daraufhin mit einer elektronischen Nachricht vom 04.04.2016 mit, die Ungültigerklärung einer vZTA bedeute nicht automatisch, dass eine entsprechende "Zolltarifnummer" nicht mehr anwendbar sei. Da sich der Wortlaut der "Tarifnummer" in der Verordnung (EU) 2015/2449 des Rates vom 14.12.2015 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1387/2013 zur Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte landwirtschaftliche und gewerbliche Waren --VO 2015/2449-- (ABlEU Nr. L 345/11) nicht geändert habe, könne die Klägerin die Nummer weiter verwenden, auch ohne eine konkrete vZTA dafür zu haben. Falls sich die Folie verändert haben sollte, werde die Beantragung einer neuen vZTA empfohlen. Soweit die Antwort fachliche Ausführungen enthalte, seien diese aus rechtlichen Gründen unverbindlich.
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Im Anschluss an eine Außenprüfung gelangte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) zu der Auffassung, dass die Klägerin für die Verbundfolien die Zollaussetzung nach der VO 1387/2013 nicht habe in Anspruch nehmen dürfen, weil es sich um aus verschiedenen Bestandteilen bestehende Waren gehandelt habe. Das HZA erhob deshalb mit zwei Einfuhrabgabenbescheiden vom 24.08.2017 von der Klägerin für die von ihr vom 03.07.2015 bis zum 30.12.2016 abgegebenen Zollanmeldungen insgesamt 331.115,31 € Zoll nach. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
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Das Finanzgericht (FG) urteilte, die Einfuhrabgabenbescheide seien rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Gewährung einer Zollaussetzung nach Art. 1 Abs. 1 VO 1387/2013, weil diese nicht für Gemische, Zubereitungen oder aus verschiedenen Bestandteilen bestehende Waren gelte, welche die in Anhang I der VO 1387/2013 aufgeführten Waren enthielten. Bei den in Rede stehenden Verbundfolien handele es sich um aus verschiedenen Bestandteilen bestehende Waren, weil sämtliche Verbundfolien einen Zwei-Komponenten-Kleber aus Polyurethan und die in der vZTA DE 3 beschriebenen Verbundfolien außerdem eine Metallisierung aus Polyester aufwiesen. Auf den Umfang, die Bedeutung oder die Funktion der verschiedenen Bestandteile einer Ware komme es nach dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 VO 1387/2013 nicht an. Das HZA sei nicht an der Mitteilung der Zollschuldbeträge gehindert gewesen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass sich die Bindungswirkung der der Klägerin erteilten vZTAe auch auf die Frage der Zollaussetzung bezogen hätte, wären diese jedenfalls am 01.07.2015 ungültig geworden, weshalb sich die Klägerin insoweit nicht auf Vertrauensschutz nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 des Zollkodex (ZK) berufen könne.
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Die Klägerin begründet ihre Revision mit einer falschen Auslegung des Begriffs "Bestandteil" in Art. 1 Abs. 2 VO 1387/2013. Darüber hinaus habe das FG den Begriff der Erkennbarkeit des Irrtums der Zollbehörden für den Einfuhrabgabenschuldner zu weit gefasst und die Anforderungen an die Gutgläubigkeit des Zollschuldners i.S. des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK überspannt. Es sei grundsätzlich klärungsbedürftig und klärungsfähig, ob es für die Frage, was "Bestandteil" der Ware i.S. des Art. 1 Abs. 2 VO 1387/2013 in der Fassung der VO 2015/982 und der VO 2015/2449 sowie der Verordnung (EU) 2016/1051 des Rates vom 24.06.2016 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1387/2013 zur Aussetzung der autonomen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs für bestimmte landwirtschaftliche und gewerbliche Waren (ABlEU Nr. L 173, 5) sei, sehr wohl auf Umfang, Bedeutung und Zweck der Elemente der Ware ankomme und nicht allein auf den unmittelbaren Wortlaut, der von mehreren Bestandteilen spreche. Bestandteil in diesem Sinne sei nur der aufgrund Umfang und Bedeutung für die Funktion der Ware dominante Stoff, hier also jene die Lebensmittelverpackung sicherstellende Folie, nicht jedoch der unterlegene Kleber. Im Zolltarifrecht seien für die Einreihung nach der Allgemeinen Vorschrift für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV) 2 Buchst. b nur dominante, nicht jedoch unterlegene Stoffe einreihungsrelevant. Die vom FG herangezogenen Erläuterungen zur KN bezögen sich nicht auf die AV 2 Buchst. b und seien darüber hinaus nicht verbindlich. Abgesehen davon habe Art. 1 Abs. 2 VO 1387/2013 lediglich der Klarstellung dienen sollen. Weiterhin gehöre nach dem Verpackungsgesetz ein Kleber tatbestandlich nicht zur Verbundfolie.
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Ferner sei klärungsbedürftig, ob die rechtsfehlerhafte Anwendung einer Vorschrift trotz des Handelns verschiedener Zollbehörden allein wegen des im Wortlaut der streitentscheidenden Norm enthaltenen Begriffs "Bestandteil" für die Klägerin erkennbar sei und ob es für die Erkennbarkeit eines Irrtums ausreiche, dass der Importeur sich an die GZD in Y mit der Bitte um unverbindliche Auskunft wende. Auch die Tatsache, dass sie --die Klägerin-- eine gewerbsmäßige Einführerin sei, spreche nicht für die Erkennbarkeit der vermeintlichen Irrtümer, zumal ihr durch das Verhalten der Zollbehörden vermittelt worden sei, sie dürfe die Zollaussetzung für die begutachteten Waren weiterhin in Anspruch nehmen.
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Die Klägerin beantragt,
die Vorentscheidung sowie die Einfuhrabgabenbescheide vom 24.08.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.02.2018 aufzuheben.
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Das HZA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Der Begriff des Bestandteils im Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 VO 1387/2013 sei ein Rechtsbegriff, der hinreichend klar sei. Ausgehend von der AV 2 Buchst. b Satz 2 könnten Stoffe oder Bestandteile, die in offensichtlich unbedeutendem Umfang in der Ware vorkämen, vernachlässigt werden. Hinsichtlich aller anderen, zumindest teilweise vorliegenden Stoffe oder Bestandteile müssten jedoch i.S. der AV 3 Buchst. b zur Ermittlung des charakterbestimmenden Stoffs oder Bestandteils alle sinnvoll anwendbaren Kriterien berücksichtigt werden, wozu auch der Umfang und die Bedeutung für die Verwendung zählten. Aufgrund der ihr vorliegenden vZTAe habe die Klägerin jedenfalls keine Zweifel haben können, dass es sich bei ihren Verbundfolien um zusammengesetzte Waren i.S. der AV gehandelt habe. Die AV 3 Buchst. b sei auf Taric-Ebene für die Feststellung, ob eine Ware unter eine Zollaussetzung falle, nicht anzuwenden. Abgesehen davon sei die in Rede stehende Zollaussetzung ursprünglich für bestimmte mikroporöse Kunststofffolien zur Verwendung bei der Herstellung von Lithium-Batterien geschaffen worden. Aus dem Umstand, dass die Klägerin jahrelang die eigentlich für andere Produkte geschaffene Zollaussetzung habe in Anspruch nehmen können, dürfe sie keine Gesetzmäßigkeit ableiten bzw. den Sinn einer Verordnung der Europäischen Union nicht umkehren. Ausgehend von der Auskunft der GZD vom 04.04.2016 könne die Klägerin keinem Irrtum i.S. des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK unterlegen sein, weil diese Behörde nicht für die Erhebung der Einfuhrabgaben zuständig gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) sei bei einem gewerbsmäßigen Einführer von der Erkennbarkeit des Irrtums auszugehen, wenn sich dieser durch die Lektüre der einschlägigen Amtsblätter der Europäischen Union Gewissheit über das auf seine Geschäfte anwendbare Unionsrecht hätte verschaffen können. Die Klägerin habe durch Lektüre des Amtsblatts erkennen können, dass die Zollaussetzung nach der Änderung durch die VO 2015/982 für ihre aus verschiedenen Bestandteilen bestehenden Verbundfolien nicht habe in Anspruch genommen werden können.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung verletzt Bundesrecht und ist daher aufzuheben. Die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), weil die bisherigen Feststellungen des FG nicht ausreichen, um in der Sache zu entscheiden.
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Das HZA und mit ihm das FG sind zu Unrecht davon ausgegangen, dass die vZTAe D 1, DE 2 und DE 3 mit Ablauf des 30.06.2015 ungültig geworden sind und dass daher für alle streitigen Einfuhren mit den beiden Einfuhrabgabenbescheiden vom 24.08.2017 Einfuhrabgaben nachzuerheben waren. Soweit die vZTAe für die hier zu beurteilenden Einfuhren bindend sind, wäre die darin festgestellte Tarifierung der Abgabenberechnung zugrundezulegen.
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1. Die im Streitfall zu beurteilenden Einfuhren wurden vom 03.07.2015 bis zum 30.12.2016 durchgeführt. Die Nacherhebung des Zolls (vgl. Art. 201 Abs. 1 ZK) für die Einfuhren bis zum 30.04.2016 richtet sich nach Art. 220 ZK, während für die Nacherhebung der nach diesem Zeitpunkt durch die Annahme der Zollanmeldung zum zollrechtlich freien Verkehr entstandenen Einfuhrabgaben (vgl. Art. 77 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 des Zollkodex der Union --UZK--) Art. 105 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 UZK anzuwenden ist (vgl. Art. 288 Abs. 2 UZK). Bei diesen Vorschriften handelt es sich um materiell-rechtliche Bestimmungen, die grundsätzlich nicht auf vor ihrem Inkrafttreten entstandene Sachverhalte anwendbar sind (vgl. zu Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK EuGH-Urteil Beemsterboer Coldstore Services vom 09.03.2006 - C-293/04, EU:C:2006:162, Rz 20, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2006, 157).
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a) Gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK ist der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag nachzuerheben, wenn er nicht nach den Art. 218 und 219 ZK buchmäßig erfasst oder mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden ist. Eine buchmäßige Erfassung erfolgt gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK nicht, wenn der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat.
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Grundsätzlich begründet nur ein solcher Irrtum, der auf ein Handeln der zuständigen Behörde zurückzuführen ist (sog. aktiver Irrtum), einen Anspruch auf Absehen von der Nacherhebung der Einfuhrabgaben, nicht jedoch ein Irrtum, dem die Zollbehörde im Zeitpunkt der Abgabenerhebung wegen unzutreffender oder unvollständiger Angaben des Abgabenschuldners unterlag (EuGH-Urteil Veloserviss vom 16.03.2017 - C-47/16, EU:C:2017:220, Rz 28 f., ZfZ 2017, 159; Senatsurteil vom 07.07.2020 - VII R 43/18, BFH/NV 2021, 207, ZfZ 2021, 134).
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Zuständige Behörde ist in diesem Zusammenhang jede Behörde, die im Rahmen ihrer Zuständigkeit Gesichtspunkte beiträgt, die bei der Erhebung von Zöllen zu berücksichtigen sind und so beim Abgabenschuldner ein berechtigtes Vertrauen entstehen lassen können (EuGH-Urteile Mecanarte vom 27.06.1991 - C-348/89, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1993, 139, und Ilumitrónica vom 14.11.2002 - C-251/00, EU:C:2002:655, Rz 40, ZfZ 2003, 46; vgl. auch Ziffer 1.1.1. des Informationspapiers über die Anwendung der Art. 220 Abs. 2 Buchst. b und 239 ZK --ZK-Informationspapier--).
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Die Erkennbarkeit des Irrtums ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des erkennenden Senats unter Berücksichtigung seiner Art, d.h. unter Berücksichtigung der Komplexität der betreffenden Regelung, sowie der Berufserfahrung des betroffenen Wirtschaftsteilnehmers und der von ihm aufgewandten Sorgfalt zu beurteilen (vgl. Senatsurteil vom 26.02.2004 - VII R 20/03, BFHE 205, 366, ZfZ 2004, 270, m.w.N.). Allerdings entspricht es ebenfalls ständiger EuGH- sowie Senatsrechtsprechung, dass sich ein Wirtschaftsbeteiligter nicht auf die Unkenntnis der im Amtsblatt veröffentlichten Rechtsvorschriften berufen kann (EuGH-Urteile Binder vom 12.07.1989 - 161/88, Rz 19, Slg. 1989, 2415, ZfZ 1990, 78, und Covita vom 26.11.1998 - C-370/96, EU:C:1998:567, Rz 26, ZfZ 1999, 86; EuGH-Beschluss William Hinton & Sons vom 11.10.2001 - C-30/00, EU:C:2001:536, Rz 71, Slg. 2001, I-7511; Senatsurteile in BFHE 205, 366, ZfZ 2004, 270, und vom 19.06.2013 - VII R 31/12, ZfZ 2013, 323).
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b) Diese Rechtsprechung ist auf die Einfuhren ab Mai 2016, für die gemäß Art. 288 Abs. 2 UZK das neue Zollrecht anzuwenden ist, grundsätzlich übertragbar, weil die Vorschriften des ZK zur Nacherhebung im Wesentlichen in Art. 105 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 UZK und Art. 119 Abs. 1 UZK übernommen worden sind. Lediglich die Tatbestandsvoraussetzung der Einhaltung aller geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung, die in Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK enthalten war, ist nicht in die neue Regelung übernommen worden. Dies steht jedoch einer Übertragung der genannten Rechtsprechung zum Irrtum und zu dessen Erkennbarkeit sowie zur zuständigen Behörde nicht entgegen. Ein Unterschied besteht aber insofern, als Vertrauensschutzgesichtspunkte bei Anwendung des UZK nur noch im Rahmen eines Erlass- bzw. Erstattungsverfahrens gemäß Art. 119 Abs. 1 UZK zu berücksichtigen sind.
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2. Ausgehend von diesen Grundsätzen war das HZA im Streitfall nur insoweit zur Nacherhebung von Zoll berechtigt, als sich die Klägerin unter Geltung des Zollkodex in ihren Zollanmeldungen nicht auf eine der ihr erteilten vZTAe berufen hat (vgl. Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 1 ZK) oder diese nicht gemäß Art. 252 Satz 2 der delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom 28.07.2015 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union --UZK-DA-- (ABlEU Nr. L 343, 1) für beide Seiten verbindlich waren. Eine Bindung der Verwaltung durch die vZTAe bestand darüber hinaus auch dann nicht, wenn die eingeführten Waren nicht den begutachteten Waren entsprochen haben (Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 2 ZK, Art. 33 Abs. 2 Buchst. a UZK).
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a) Soweit die vZTAe DE 1, DE 2 und DE 3 für die zolltarifliche Beurteilung der von der Klägerin zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldeten Folien verbindlich waren (Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 1 ZK, Art. 252 Satz 2 UZK-DA), wurde der autonome Zollsatz 0 % zu Recht gewährt, weil in den vZTAen für die begutachteten Waren die Taric-Codenummer 3921 19 00 91 0 festgestellt worden war und das HZA an diese Einreihungsentscheidung gebunden war (vgl. auch Senatsurteil in ZfZ 2013, 323, Rz 17). Die Bindungswirkung besteht unabhängig von der Rechtmäßigkeit der vZTA, solange diese nicht ungültig geworden oder widerrufen worden ist.
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aa) Die vZTAe sind entgegen der Auffassung des HZA nicht mit Ablauf des 30.06.2015 ungültig geworden.
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Gemäß Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziffer i ZK wird eine vZTA ex nunc ungültig, wenn sie aufgrund des Erlasses einer Verordnung dem damit gesetzten Recht nicht mehr entspricht. Damit sind zum einen Verordnungen zur Änderung der Nomenklatur gemeint und zum anderen Verordnungen mit Auswirkung auf die Einreihung einer Ware in die betreffende Nomenklatur wie z.B. die Änderung einer gemäß Art. 9 VO 2658/87 erlassenen Verordnung zur Einreihung bestimmter Waren in den Taric (vgl. Lux in Dorsch, Zollrecht, Art. 12 ZK Rz 69 ff.; Witte/Schulmeister, Zollkodex, 6. Aufl., Art. 12 Rz 38). Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziffer i ZK enthält demnach eine besondere Regelung für den Fall, dass eine vZTA aufgrund einer Rechtsänderung nachträglich ungültig wird. Die Vorschrift ist dagegen nicht anwendbar, wenn die vZTA von Anfang an ungültig oder (nur) rechtswidrig ist.
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Im Streitfall ist keine Rechtsänderung eingetreten, die zu einer Unwirksamkeit der vZTAe DE 1, DE 2 und DE 3 geführt hat, weil der Taric-Code 3921 19 00 91 0 für mikroporöse Polypropylenfolien mit einer Dicke von nicht mehr als 100 µm i.S. des Anhangs I der VO 1387/2013 bis zu den hier zu beurteilenden Einfuhren unverändert geblieben ist. Auch die VO 2015/982 hat nicht zu einer Rechtsänderung im oben genannten Sinne geführt. Zwar wurde die VO 1387/2013 dahingehend geändert, dass in Art. 1 Abs. 2 klargestellt wurde, dass Abs. 1 nicht für Gemische, Zubereitungen oder aus verschiedenen Bestandteilen bestehende Waren gilt, die die in Anhang I aufgeführten Waren enthalten. Dabei handelt es sich jedoch, worauf auch in Erwägungsgrund 6 der VO 2015/982 hingewiesen wird, lediglich um eine Klarstellung und nicht um eine erstmalige Regelung. Dies ergibt sich auch aus den AV, da diese --und damit auch die hier von der Klägerin für einschlägig gehaltene AV 3 Buchst. b-- nur für die Einreihung in die KN gelten. Eine Anwendung der AV 3 Buchst. b auf Taric-Ebene war daher auch vor Erlass der VO 2015/982 nicht möglich. Dementsprechend hat auch die Europäische Kommission in ihrer Mitteilung vom 18.02.2016 - TAXUD/A 4 (2016/dv/457807) darauf hingewiesen, dass die AV 3 Buchst. b nicht auf Taric-Ebene zur Feststellung, ob eine Ware unter eine Zollaussetzung fällt, anzuwenden ist und die Waren für die Einreihung in den zehnstelligen Taric-Code seinem genauen Wortlaut entsprechen müssen (vgl. Nationale Entscheidungen und Hinweise zur AV 3 in EZT-online, Stand 18.02.2016).
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bb) Die vZTAe sind auch nicht aufgrund des Schreibens des Hauptzollamts X - Arbeitsbereich verbindliche Zolltarifauskünfte - vom 21.03.2016 ungültig geworden.
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Auch wenn der Klägerin in diesem Schreiben mitgeteilt wurde, dass die drei vZTAe mit Ablauf des 30.06.2015 ungültig geworden seien, führt dies jedenfalls nicht zu einer Unwirksamkeit gemäß Art. 12 Abs. 5 Buchst. a Ziffer i ZK, weil diese Vorschrift nur den Fall des Erlasses einer Verordnung regelt.
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cc) Bei dem Schreiben des Hauptzollamts X vom 21.03.2016 handelt es sich auch nicht um einen Widerruf der vZTAe gemäß Art. 9 Abs. 1 ZK.
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Die Frage, ob der Inhalt einer behördlichen Erklärung einen Verwaltungsakt darstellt, kann der Bundesfinanzhof (BFH) als Revisionsgericht selbständig prüfen und beantworten. Er ist nicht auf eine Wertung durch das Tatsachengericht angewiesen und, soweit das Tatsachengericht selbst eine Wertung bereits vorgenommen hat, nicht daran gebunden. Es handelt sich insoweit nicht um eine Tat-, sondern um eine Rechtsfrage (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 04.10.2017 - VI R 53/15, BFHE 259, 431, BStBl II 2018, 123, Rz 16; vom 01.10.2015 - X R 32/13, BFHE 251, 298, BStBl II 2016, 139, Rz 33, und vom 15.01.2015 - I R 69/12, BFHE 249, 99, Rz 14, jeweils m.w.N.; ebenso bereits Senatsurteil vom 07.08.1990 - VII R 120/89, BFH/NV 1991, 569, unter II.3.a; s.a. Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 118 FGO Rz 210; Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 118 Rz 25).
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Ob eine behördliche Äußerung eine unmittelbare Regelungswirkung hat oder ob es sich nur um einen nachrichtlichen Hinweis handelt, ist durch Auslegung des behördlichen Schreibens zu ermitteln (s.a. BFH-Urteil vom 25.04.2001 - I R 80/97, BFH/NV 2001, 1541, unter III.1.a). Die Auslegung ist nach den für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätzen vorzunehmen.
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(1) Bei der Auslegung einer einseitigen, empfangsbedürftigen Willenserklärung, wie sie hier ggf. vorliegt, ist nicht allein auf den Wortlaut abzustellen. Vielmehr ist sie so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte von seinem Empfängerhorizont aus verstehen musste (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa Urteile des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 21.05.2008 - IV ZR 238/06, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2008, 2702, und vom 17.12.2014 - VIII ZR 86/13, Zeitschrift für Miet- und Raumrecht --ZMR-- 2015, 216, Rz 38). Für die Auslegung sind nur solche Umstände heranzuziehen, die dem Erklärungsempfänger bekannt oder für ihn erkennbar waren (BGH-Urteile vom 05.10.2006 - III ZR 166/05, NJW 2006, 3777, unter II.3., m.w.N., und vom 19.09.2018 - VIII ZR 261/17, ZMR 2019, 13).
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Bei der Auslegung eines Verwaltungsakts kommt es nach den entsprechend anwendbaren §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches darauf an, wie der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt des Verwaltungsakts unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben verstehen konnte, wobei nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks gehaftet werden darf (BFH-Urteil vom 04.10.1988 - VIII R 161/84, BFH/NV 1989, 758, m.w.N.; Senatsurteil vom 15.09.2020 - VII R 42/18, BFH/NV 2021, 291, Rz 26). Die Auslegung des Verwaltungsakts muss jedoch einen Anhalt in der bekanntgegebenen Regelung haben (BFH-Urteil vom 27.11.1996 - X R 20/95, BFHE 183, 348, BStBl II 1997, 791, m.w.N.).
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Entscheidend ist letztlich, ob einer Erklärung aus Sicht eines objektiven Betrachters Regelungscharakter zukommt (vgl. BFH-Urteil vom 03.07.2002 - XI R 20/01, BFHE 199, 6, BStBl II 2002, 842, unter II.3.). Bedeutsam sind der Wortlaut und die Begründung der Erklärung; auch kann dem Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung indizielle Bedeutung gegen das Vorliegen eines Verwaltungsakts zukommen, ohne dass allerdings bereits allein dadurch der Regelungscharakter genommen wird (BFH-Urteil vom 19.05.2004 - III R 18/02, BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980, unter II.2.b).
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(2) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen ist das Schreiben des Hauptzollamts X vom 21.03.2016 als schlichte Mitteilung bzw. als nur nachrichtlicher Hinweis und nicht als Verwaltungsakt in Form eines Widerrufs der vZTAe gemäß Art. 9 Abs. 1 ZK auszulegen.
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Schon der Betreff "Hinweis über das Ungültigwerden einer verbindlichen Zolltarifauskunft ..." und die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung lassen einen objektiven Betrachter darauf schließen, dass das Hauptzollamt X mit diesem Schreiben keine rechtsverbindliche Regelung hat treffen, sondern nur über den Erlass der VO 2015/982 hat informieren wollen. Bestätigt wird diese Annahme durch den Hinweis in der Fußzeile des Schreibens, wonach diese Benachrichtigung lediglich der Information des Empfängers dienen solle. Zudem musste ein Empfänger auch deshalb nicht von einem Widerruf der vZTAe ausgehen, weil das Hauptzollamt X ausweislich des Inhalts des Schreibens annahm, dass die vZTAe infolge des Erlasses der VO 2015/982 ungültig geworden waren. Eines Widerrufs hätte es deshalb ausgehend von dieser Rechtsansicht nicht bedurft.
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dd) Die vZTAe haben ihre Wirkung somit erst mit Ablauf ihrer regulären sechsjährigen Gültigkeitsdauer verloren (Art. 12 Abs. 4 Satz 1 ZK, Art. 252 Satz 1 UZK-DA), da sie zuvor weder widerrufen noch infolge des Erlasses der VO 2015/982 ungültig geworden sind. Soweit die vZTAe für die hier in Rede stehenden Einfuhren bindend waren, ist eine Nacherhebung von Zoll zu Unrecht erfolgt.
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b) Soweit die vZTAe für die Einfuhren nicht maßgeblich waren, wurde der Zoll bei der Annahme der Zollanmeldungen zum zollrechtlich freien Verkehr zunächst in einer zu geringen Höhe festgesetzt, weil die Klägerin für die von ihr eingeführten Folien zu Unrecht die Zollaussetzung nach Art. 1 i.V.m. Anhang I der VO 1387/2013 für mikroporöse Polypropylenfolien mit einer Dicke von nicht mehr als 100 µm ex KN-Code 3921 19 00 mit dem Taric-Zusatzcode 91 in Anspruch genommen hat. Die Folien sind vielmehr in die Codenummer 3921 19 00 99 0 einzureihen und unterliegen einem Drittlandszollsatz von 6,5 %.
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aa) Die Unterpos. 3921 19 00 KN gilt für andere Tafeln, Platten, Folien, Filme, Bänder und Streifen, aus Kunststoffen, hier aus Zellkunststoff, andere als aus Polymeren des Styrols, des Vinylchlorids, andere als aus Polyurethanen und aus regenerierter Cellulose.
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Die hier in Rede stehenden (verschiedenen) und in die Unterpos. 3921 19 00 KN einzureihenden Kunststofffolien sind nach den Feststellungen des FG bunt bedruckt und weisen eine Dicke von unter 100 µm auf. Sie bestehen jeweils aus zwei Polypropylenfolien, die mit einem Zwei-Komponenten-Kleber aus Polyurethan verbunden sind. Der in den Waren vorhandene Polyurethankleber sowie in einem Fall die Metallisierung aus Polyester führen nicht zu einer anderen Einreihung, weil die Waren aus mehreren Bestandteilen bestehen und die Polypropylenfolien gemäß AV 3 Buchst. b charakterbestimmend sind. Von weiteren Ausführungen diesbezüglich sieht der Senat ab, weil die Tarifierung in die Unterpos. 3921 19 00 KN zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
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bb) Die Zollaussetzung gemäß Art. 1 i.V.m. Anhang I der VO 1387/2013 für mikroporöse Polypropylenfolien mit einer Dicke von nicht mehr als 100 µm ex KN-Code 3921 19 00 mit dem Taric-Zusatzcode 91 ist auf die vorliegenden Waren nicht anzuwenden, weil diese neben den Polypropylenfolien auch eine Schicht Polyurethankleber sowie in einem Fall auch eine Metallisierung aus Polyester aufweisen.
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Die AV 3 Buchst. b, wonach Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, und für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen, die nach der AV 3 Buchst. a nicht eingereiht werden können, nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht werden, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann, ist auf Taric-Ebene (vgl. Art. 3 Abs. 2 und 3 und Art. 5 VO 2658/87) nicht anzuwenden (s. oben unter II.2.a aa). Dies ergibt sich bereits daraus, dass die AV nach ihrem Wortlaut für die Einreihung von Waren in die KN gelten, während etwaige Taric-Unterpositionen nicht in Bezug genommen werden. Die KN umfasst jedoch ausschließlich die ersten acht Stellen der Codenummer (Art. 3 Abs. 1 VO 2658/87).
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Darüber hinaus werden die Taric-Codes und Zusatzcodes gemäß Art. 5 Abs. 2 VO 2658/87 auf die Einfuhren von Waren angewandt, die von den betreffenden Unterpositionen erfasst werden. Es kommt somit auf die genaue Bezeichnung der Waren in der Taric-Unterposition an (vgl. auch EuGH-Urteile Ethicon vom 18.03.1986 - 58/85, Rz 12 ff., Slg. 1986, 1131, und Schoonbroodt vom 03.12.1998 - C-247/97, EU:C:1998:586, Rz 23, ZfZ 1999, 88; s.a. Senatsurteil vom 31.05.2016 - VII R 47/14, BFH/NV 2016, 1759, Rz 18). Zu bedenken ist ferner, dass die Entrichtung der Zölle als der Normalfall anzusehen ist, weshalb die gemäß Art. 31 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union gewährten Zollaussetzungen eine Ausnahme vom Normalfall darstellen (vgl. Ziffern 2.1.2, 2.2.1 und 2.3.3 der Mitteilung der Kommission zu den autonomen Zollaussetzungen und Zollkontingenten 2011/C 363/02, ABlEU Nr. C 363, 6; vgl. auch Art. 5 Abs. 1 VO 2658/87); sie sind daher eng auszulegen.
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Die Zollaussetzung für die oben genannten Polypropylenfolien wurde eingeführt, weil diese Waren nicht oder nicht in ausreichender Menge in der Europäischen Union vorhanden waren (Erwägungsgrund 1 der VO 1387/2013). Mit der Zollaussetzung wird demnach der Zweck verfolgt, bestimmte Wirtschaftszweige mit bestimmten Waren zu versorgen, weshalb nur die in Anhang I der VO 1387/2013 beschriebenen Waren von der Zollaussetzung erfasst werden. Darüber hinaus muss bei der Einführung einer Zollaussetzung gewährleistet sein, dass der Rat den Bedarf an Waren im Einzelfall prüfen kann, was jedoch nicht der Fall wäre, wenn der begünstigte Warenkreis durch eine Anwendung der AV 3 Buchst. b erweitert würde. Dadurch wäre auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht mehr gewahrt (vgl. Erwägungsgrund 8 der VO 1387/2013).
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c) Sofern die Abgaben in zu geringer Höhe festgesetzt wurden, ist dies aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden erfolgt, weil die im Rahmen der Abfertigung beteiligten Zollstellen aktiv gehandelt haben.
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Bezüglich der Zollanmeldungen vom 21.01., 21.03., 01.11. und 05.12.2016 fand eine Überprüfung der zu den Anmeldungen gehörenden Unterlagen statt, zur Prüfung der Zollanmeldungen vom 03.07.2015 und 09.09.2016 wurde eine Beschau durchgeführt, und die am 03.07.2015 angemeldeten Waren wurden durch das BWZ untersucht. In jedem Fall wurde der Taric-Code 3921 19 00 91 0 für die eingeführten Waren bestätigt.
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Hinsichtlich der übrigen Zollanmeldungen liegt ebenfalls ein aktiver Irrtum der Zollbehörden vor, weil diese in großer Zahl fehlerhafte Zollanmeldungen angenommen haben, indem sie den zu Unrecht angegebenen Taric-Code 3921 19 00 91 0 akzeptiert haben (vgl. Ziffer 1.1.2. Buchst. A Punkt 5 ZK-Informationspapier).
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d) Ob sich die Klägerin auf Vertrauensschutz i.S. des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK berufen kann oder die Abgaben gemäß Art. 119 Abs. 1 UZK zu erlassen bzw. zu erstatten sind, weil sie den Irrtum der Zollbehörden bei der Gewährung der Zollaussetzung für die von ihr eingeführten Verbundfolien vernünftigerweise nicht hätte erkennen können, kann der erkennende Senat nicht abschließend entscheiden bzw. ist einem eventuellen Erlass-/Erstattungsverfahren vorbehalten.
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Wie eingangs dargestellt kommt es für die Erkennbarkeit eines Irrtums u.a. auf die Art des Irrtums, die Komplexität der betreffenden Regelung sowie die Berufserfahrung des betroffenen Wirtschaftsteilnehmers und die von ihm aufgewandte Sorgfalt an (s. oben unter II.1.a). Es sind also alle Umstände des jeweiligen Falles zu prüfen (vgl. 1.2.1. ZK-Informationspapier).
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3. Im zweiten Rechtsgang wird das FG daher zu prüfen haben, inwieweit die von der Klägerin vorgenommenen Einfuhren von der Bindungswirkung der vZTAe erfasst waren und --soweit zunächst Zoll in einer zu geringen Höhe festgesetzt worden ist-- ob die Klägerin den Irrtum der Zollbehörden vernünftigerweise hätte erkennen können, oder ob sie sich auf Vertrauensschutz berufen kann.
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a) Hinsichtlich einer etwaigen Bindungswirkung der vZTAe DE 1, DE 2 und DE 3 hat das FG festzustellen, ob sich die Klägerin, soweit die Einfuhren noch unter Geltung des ZK durchgeführt worden waren, in ihren Zollanmeldungen auf die jeweilige vZTA berufen hat. Ferner hat das FG zu klären, ob die eingeführten Waren mit den in den vZTAen beurteilten Waren übereinstimmen. Soweit das HZA durch die vZTAe gebunden war, war die Nacherhebung unzulässig, weil die Abgaben dann bereits bei der Annahme der jeweiligen Zollanmeldung in der richtigen Höhe festgesetzt worden sind.
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b) Soweit die Anwendung des Taric-Codes 3921 19 00 91 0 nicht durch die vZTAe vorgegeben ist, wurde der Zoll zunächst in zu geringer Höhe festgesetzt, weil die von der Klägerin eingeführten Folien nicht von der Zollaussetzung aufgrund der VO 1387/2013 erfasst werden.
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In diesem Fall hat das FG jedoch weiter zu prüfen, ob die Klägerin den Irrtum der Zollbehörden vernünftigerweise hätte erkennen können. Dabei wird es ernsthaft in Erwägung zu ziehen haben, dass im Rahmen der Abfertigung in mehreren Fällen die dazugehörigen Unterlagen geprüft worden sind oder eine Beschau durchgeführt worden ist. Zudem hat das BWZ die am 03.07.2015 angemeldeten Waren untersucht und der Unterpos. 3921 19 00 KN mit dem Taric-Zusatzcode 91 zugewiesen. Dies fällt insofern besonders ins Gewicht, als es sich bei dem BWZ um eine spezialisierte Abteilung der Zollverwaltung handelt und diese Untersuchung eine der ersten der hier zu beurteilenden Einfuhren betroffen hat. Das FG wird auch zu bedenken haben, dass sogar mehreren Zollstellen ein Irrtum unterlaufen ist.
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Zwar wurde durch die VO 2015/982, die am 25.06.2015 im ABlEU veröffentlicht wurde, in Art. 1 Abs. 2 VO 1387/2013 ausdrücklich klargestellt, dass die in Anhang I aufgelisteten Zollaussetzungen nicht für Gemische, Zubereitungen oder aus verschiedenen Bestandteilen bestehende Waren, die die in Anhang I aufgeführten Waren enthalten, gelten. Im Zeitpunkt der hier zu beurteilenden Einfuhren ab dem 03.07.2015 war diese Klarstellung somit im ABlEU veröffentlicht und hätte beachtet werden müssen. Allerdings wird das FG bei seiner erneuten Prüfung feststellen müssen, ob diese Veröffentlichung hinreichend klar und verständlich war, zumal im Streitfall auch die an der Prüfung der Waren beteiligten Zollstellen den Ausschluss der Zollaussetzung nicht erkannten.
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4. Die Kostenentscheidung wird gemäß § 143 Abs. 2 FGO dem FG übertragen.
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