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BFH 17.12.2019 - VII R 62/18
BFH 17.12.2019 - VII R 62/18 - Unterschriftserfordernis bei Pfändungsverfügungen
Normen
§ 87a Abs 4 AO, § 119 Abs 3 S 2 Halbs 2 AO, § 309 Abs 1 S 2 AO, § 314 AO, § 126 BGB
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 13. November 2018, Az: 11 K 2921/17, Urteil
nachgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 23. November 2021, Az: 11 K 1433/20, Urteil
Leitsatz
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1. Für die Frage, ob eine Pfändungsverfügung i.S. des § 309 Abs. 1 Satz 2 AO in elektronischer Form vorliegt, ist darauf abzustellen, ob dem Adressaten ein elektronisches Dokument übermittelt wird (§ 87a Abs. 4 AO) .
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2. § 309 Abs. 1 Satz 2 AO verdrängt die Anwendung des § 119 Abs. 3 AO nicht insgesamt, sondern nur insoweit, als es um die Zulässigkeit einer Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form geht .
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3. Pfändungsverfügungen können in der Regel nicht formularmäßig ergehen, weil es sich bei deren Erlass um Ermessensentscheidungen handelt, deren Begründung der Aufnahme der Ermessenserwägungen bedarf .
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4. Mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassene Pfändungsverfügungen bedürfen gemäß § 119 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 AO keiner Unterschrift des zuständigen Bediensteten der Vollstreckungsstelle .
Tenor
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, vom 13.11.2018 - 11 K 2921/17 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
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I.
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Streitig ist, ob eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung i.S. der §§ 309 und 314 der Abgabenordnung (AO) die Unterschrift oder die Namenswiedergabe eines Amtsträgers enthalten muss.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein Kreditinstitut, dem als Drittschuldner in den letzten Jahren jeweils über 1 000 Pfändungs- und Einziehungsverfügungen von Finanzbehörden zugestellt worden sind. Seitens des Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt --HZA--) geschah dies in den Jahren 2017 und 2018 jeweils mehr als hundertmal. Zu den Kunden der Klägerin gehörte auch die A GmbH; diese Geschäftsbeziehung ist inzwischen beendet.
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Im Jahr 2017 führte das HZA aufgrund entsprechender Aufträge die Vollstreckung von Beitragsforderungen der Krankenkasse (Gläubigerin) gegen die A GmbH (Schuldnerin) durch. In diesem Zusammenhang erzeugte das HZA zwei Pfändungs- und Einziehungsverfügungen über das IT-Verfahren "Elektronisches Vollstreckungssystem" (eVS), druckte diese über eine zentrale Druckstraße aus und veranlasste deren förmliche Zustellung an die Klägerin.
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Mit den Verfügungen pfändete das HZA wegen Beitragsschulden der Schuldnerin in Höhe von … € bzw. … € deren Ansprüche gegen die Klägerin auf Zahlung der zu Gunsten der Schuldnerin bestehenden Guthaben und ordnete die Einziehung der gepfändeten Forderungen bis zur Höhe des in der jeweiligen Verfügung bezifferten Gesamtbetrags an. Die Verfügungen enthalten das jeweils an die Klägerin gerichtete Verbot, an den Schuldner zu leisten oder bei einer Verfügung über dessen Ansprüche mitzuwirken, sowie die Aufforderung, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung der Verfügung eine Drittschuldnererklärung abzugeben und hierzu vier Fragen zu beantworten.
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Die der Klägerin mit Zustellungsurkunde zugestellten Verfügungen weisen im Briefkopf jeweils den Namen und die Anschrift des HZA und den Namen des Bearbeiters auf. Sie tragen weder eine Unterschrift noch ein Dienstsiegel; mit einer Rechtsbehelfsbelehrung sind diese Ausfertigungen nicht versehen. Sie schließen jeweils mit dem Satz: "Dieses Schriftstück ist ohne Unterschrift und ohne Namensangabe gültig".
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Einspruch und Klage waren erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 402 abgedruckten Gründen ab.
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Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Das FG habe verkannt, dass § 309 Abs. 1 AO durch die Anordnung der Schriftform und den Ausschluss der elektronischen Form lex specialis sei und dass deshalb eine Unterzeichnung der Verfügung erforderlich sei. Der Gesetzgeber habe in § 309 Abs. 1 Satz 2 AO die elektronische Form ausgeschlossen und damit deutlich gemacht, dass erst recht kein formularmäßig erlassener Verwaltungsakt ohne qualifizierten Hinweis auf die erlassende Person ausreichend sein könne.
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Die Klägerin ist darüber hinaus der Ansicht, dass Pfändungs- und Einziehungsverfügungen als Ermessensentscheidungen überhaupt nicht formularmäßig i.S. des § 119 Abs. 3 Satz 2 AO ergehen dürften. Das Ob und Wie der Zwangsvollstreckung seien Ermessensentscheidungen. Die Erwägungen der Ermessensausübung müssten in den Bescheid aufgenommen werden (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18.09.1981 - VI R 44/77, BFHE 134, 149, BStBl II 1981, 801). Die Aufnahme dieser Ermessenserwägungen stehe der Formularmäßigkeit entgegen. Schließlich biete die Schriftform einschließlich Unterschrift die Möglichkeit der nochmaligen inhaltlichen Überprüfung und schütze vor Fälschungen.
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Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und festzustellen, dass die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 10.08.2017 rechtswidrig waren.
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Das HZA beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob die beiden streitgegenständlichen Pfändungs- und Einziehungsverfügungen rechtmäßig waren.
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1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO zulässig ist.
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Wegen der Beendigung der Geschäftsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Schuldnerin konnten die beiden Pfändungs- und Einziehungsverfügungen keine belastenden Wirkungen mehr entfalten. Ein besonderes berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügungen hat die Klägerin hinreichend dargelegt. Danach ergibt sich eine Wiederholungsgefahr, weil nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) das HZA weiterhin Pfändungs- und Einziehungsverfügungen in der vorliegend streitbefangenen Form erlässt und eine Änderung der Vorgehensweise nicht beabsichtigt ist.
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2. Das FG hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass die beiden Pfändungs- und Einziehungsverfügungen als formularmäßig erlassene Verwaltungsakte gemäß § 119 Abs. 3 Satz 2 AO keine Unterschrift oder Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten müssen. Anhand der bisher getroffenen Feststellungen kann aber nicht abschließend beurteilt werden, ob die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen zulässigerweise mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen worden sind und deshalb keine Unterschrift oder Namenswiedergabe erforderlich ist.
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a) Nach § 309 Abs. 1 Satz 1 AO muss eine Pfändungsverfügung schriftlich ergehen. Die Pfändung setzt nach dem Wortlaut der Vorschrift voraus, dass sowohl das an den Drittschuldner gerichtete Verbot, an den Vollstreckungsschuldner zu zahlen (Arrestatorium) als auch das an den Vollstreckungsschuldner gerichtete Gebot, sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten (Inhibitorium), schriftlich erfolgen müssen. Das HZA hat der Klägerin entsprechende, auf das HZA als ausstellende Behörde hinweisende Urkunden zustellen lassen, in denen Arrestatorium und Inhibitorium enthalten sind.
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b) Die beiden Pfändungsverfügungen sind nicht in der nach § 309 Abs. 1 Satz 2 AO für solche Verwaltungsakte ausgeschlossenen elektronischen Form ergangen. Wie sich aus § 87a Abs. 4 AO ergibt, kommt es nicht auf die Erzeugung der Verwaltungsakte mit Hilfe elektronischer Datenverarbeitungsanlagen an, sondern auf die äußere Form. Entscheidend ist, ob dem Adressaten ein elektronisches Dokument übermittelt wird. Das ist vorliegend unstreitig nicht der Fall.
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c) Die angefochtenen Pfändungsverfügungen entsprachen mangels Unterschrift nicht den Formerfordernissen nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Durchführung der Vollstreckung nach der Abgabenordnung (Vollstreckungsanweisung --VollstrA--). In der bis 14.11.2017 geltenden Fassung der VollstrA war in Abschn. 41 Abs. 2 Nr. 7 (noch) geregelt, dass eine Pfändungsverfügung "die Unterschrift eines zuständigen Bediensteten der Vollstreckungsstelle" enthalten müsse.
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Es handelt sich hierbei um norminterpretierende Verwaltungsvorschriften, die nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung keine Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren haben. Sie stehen unter dem Vorbehalt einer abweichenden Auslegung der Norm durch die Rechtsprechung. Dieser allein obliegt es zu entscheiden, ob die Auslegung der Rechtsnorm durch die Finanzverwaltung im Einzelfall Bestand hat (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 28.11.2016 - GrS 1/15, BFHE 255, 482, BStBl II 2017, 393, Rz 107; Senatsurteil vom 27.02.2019 - VII R 34/17, BFHE 264, 563, BFH/NV 2019, 736).
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d) Nach § 119 Abs. 3 Satz 2 AO muss ein schriftlicher Verwaltungsakt grundsätzlich die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten, woran es im Streitfall fehlt.
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Nach § 119 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 AO ist eine Unterschrift oder die Namenswiedergabe nicht erforderlich für Verwaltungsakte, die formularmäßig oder mit Hilfe elektronischer Einrichtungen erlassen werden. Damit wird eine eigenständige Regelung für das Abgabenrecht getroffen, die der allgemeinen Regelung in § 126 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), wonach die Schriftform eine eigenhändige Unterschrift (oder ein notariell beglaubigtes Handzeichen) enthalten muss, vorgeht.
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aa) Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 309 Abs. 1 AO die Anwendung der in § 119 Abs. 3 Satz 2 AO enthaltenen Ausnahmeregelung nicht ausschließt.
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Zwar verdrängt § 309 Abs. 1 Satz 2 AO die Regelung des § 119 Abs. 3 Satz 3 AO insoweit, als die Ersetzung der Schriftform durch die elektronische Form (§ 87a Abs. 4 AO) durch das Dritte Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften vom 21.08.2002 (BGBl I 2002, 3322) mit Wirkung zum 28.08.2002 explizit ausgeschlossen worden ist. An dem Schriftformerfordernis hielt der Gesetzgeber insbesondere deshalb fest, weil es bei Pfändungen auf die Rangfolge ankommt und für deren Feststellung die Zustellung einer schriftlichen Verfügung vorteilhaft erschien (BRDrucks 343/02, S. 85; § 309 Abs. 2 Satz 1 AO, § 2 Abs. 2 Satz 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes). Für das Schriftformerfordernis an sich bleibt es jedoch gesetzessystematisch bei einem Rückgriff auf die Regelung in § 119 Abs. 3 Satz 2 AO. Die im dritten Teil der AO vor die Klammer gezogenen allgemeinen Verfahrensvorschriften gelten für alle Regelungsmaterien des Besteuerungsverfahrens, soweit nicht in speziellen Regelungen etwas Abweichendes normiert ist.
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bb) Ein formularmäßiger Erlass der Pfändungsverfügung --wie ihn das FG angenommen hat-- kommt nicht in Betracht, weil es sich um eine Ermessensentscheidung handelt.
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Formularmäßig ergehen Bescheide, für die ein Formular verwendet wird, das ausgefüllt werden kann, aber nicht wesentlich abgeändert werden darf (BFH-Urteil vom 18.07.1985 - VI R 41/81, BFHE 144, 240, BStBl II 1986, 169, unter 1.b). Die Beifügung kurzer Erläuterungen in dem dafür auf dem Formular vorgesehenen Freiraum von wenigen Zeilen steht der formularmäßigen Entstehung noch nicht entgegen (BFH-Urteil vom 28.04.1987 - VIII R 353/83, BFH/NV 1988, 3, für Gewinnfeststellungsbescheide). Die Aufnahme von Ermessenserwägungen widerspricht jedoch der Formularmäßigkeit (vgl. BFH-Urteil in BFHE 144, 240, BStBl II 1986, 169, unter 1.b).
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Bei der Auswahl einer Vollstreckungsmaßnahme muss die Behörde ihr Ermessen ausüben (für das "Ob" der Vollstreckung offengelassen in Senatsurteil vom 22.10.2002 - VII R 56/00, BFHE 199, 511, BStBl II 2003, 109). So liegt die Entscheidung über die Fragen des "Wann" und des "Wie" der Vollstreckung im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörden; dabei ist insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten (Kögel in Gosch, AO § 309 Rz 143; Klein/Werth, AO, 14. Aufl., § 249 Rz 1; vgl. auch zur Stellung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Senatsbeschluss vom 28.02.2011 - VII B 224/10, BFH/NV 2011, 763).
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Damit der Betroffene und ggf. die Gerichte die Ermessenserwägungen der Finanzbehörde überprüfen können, muss eine Ermessensentscheidung grundsätzlich begründet werden. Die Begründung muss zeigen, dass die Finanzbehörde den Ermessensspielraum erkannt hat und von welchen Gesichtspunkten sie bei ihrer Ermessensentscheidung ausgegangen ist (Klein/Gersch, a.a.O., § 5 Rz 13). Zwar ist unter den Voraussetzungen des § 121 Abs. 2 AO oder in Fällen, in denen die Ermessenserwägungen dem Betroffenen bereits bekannt sind, eine Begründung der Entscheidung nicht erforderlich. Daneben ist in bestimmten Bereichen des den Finanzbehörden eingeräumten Ermessens, wie z.B. bei der Anordnung von Außenprüfungen oder der Inhaftungnahme von Steuerhinterziehern, die Ermessensentscheidung in einer Weise vorgeprägt, die eine besondere Begründung in der Regel entbehrlich macht (vgl. näher Klein/Gersch, a.a.O., § 5 Rz 13). Der Bereich der Vollstreckung nach den Vorschriften der §§ 249 ff. AO zählt hierzu aber nicht.
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cc) Auf Unterschrift oder Namenswiedergabe kann nach § 119 Abs. 3 Satz 2 AO allerdings auch dann verzichtet werden, wenn die Verfügungen mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen worden sind. Das ist der Fall, wenn Verwaltungsakte unter Einschaltung einer EDV-Anlage gefertigt werden (hierzu Güroff in Gosch, a.a.O., § 119 Rz 41.1; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 119 AO Rz 23).
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Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hat sich das HZA des IT-Verfahrens eVS bedient. Für den Senat ist nach den Feststellungen des FG allerdings nicht erkennbar, nach welchen konkreten Vorgaben das System die Entscheidung der Behörde umsetzt (hierzu Frotscher in Schwarz/ Pahlke, AO/FGO, § 119 Rz 24).
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Das FG wird im zweiten Rechtsgang zu ermitteln haben, wie genau das eVS durch das HZA genutzt wird; insbesondere in welcher Weise und unter welchen Voraussetzungen das System die von der Behörde zu treffenden Entscheidungen unterstützt und umsetzt.
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Dabei ist zu berücksichtigen, dass automatische Einrichtungen nur Hilfsmittel der Behörde sein dürfen, die Entscheidung selbst muss durch die Behörde getroffen werden (Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 119 AO Rz 354; Güroff in Gosch, a.a.O., § 119 Rz 41.1). Über die Art und Weise der Entscheidung und das Ergebnis der Datenverarbeitung muss die Behörde durch die Programmierung entscheiden. Das ist insbesondere deshalb von Bedeutung, weil es sich bei den streitgegenständlichen Verfügungen --wie bereits ausgeführt-- um Ermessensentscheidungen handelt, die einen Automatismus ausschließen.
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3. Der Senat konnte gemäß §§ 121 Satz 1, 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet hatten.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.
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