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BFH 25.07.2016 - X B 213/15, X B 4/16, X B 213/15, X B 4/16
BFH 25.07.2016 - X B 213/15, X B 4/16, X B 213/15, X B 4/16 - Anspruch des Steuerpflichtigen auf Überlassung von Kalkulationen des Betriebsprüfers in elektronischer Form
Normen
§ 162 AO, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Nürnberg, 22. Oktober 2015, Az: 6 K 933/13, Urteil
vorgehend FG Nürnberg, 22. Oktober 2015, Az: 6 K 935/13, Urteil
Leitsatz
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NV: Stützt das FA eine Hinzuschätzung auf die Durchführung einer Kalkulation, ist es verpflichtet, sowohl die Kalkulationsgrundlagen als auch die Ergebnisse der Kalkulation sowie die Ermittlungen, die zu diesen Ergebnissen geführt haben, offenzulegen. Wurde die Kalkulation in elektronischer Form durchgeführt, kann der Steuerpflichtige einen Anspruch auf Übermittlung der Kalkulationsgrundlagen in elektronischer Form haben .
Tenor
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Die Verfahren X B 213/15 und X B 4/16 werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.
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Die Beschwerden der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen die Urteile des Finanzgerichts Nürnberg vom 22. Oktober 2015 6 K 933/13 und 6 K 935/13 werden als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten der Beschwerdeverfahren hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betrieb seit 1998 in B --wo sie auch wohnte-- ein China-Restaurant. Im Jahr 2007 übernahm sie zusätzlich ein italienisches Restaurant in A. Die Einkünfte aus diesem Betrieb wurden gesondert festgestellt.
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In beiden Betrieben verwendete sie Kassensysteme der Fa. Z. Diese Systeme erlauben in jedem beliebigen Umfang die nachträgliche Veränderung der gespeicherten Daten. Die Verwendung des Kassensystems Z wurde von Seiten der Finanzverwaltung gegenüber der Klägerin bereits in einer für die Jahre 2000 bis 2005 für den Betrieb in B durchgeführten Steuerfahndungsprüfung beanstandet.
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Für die Streitjahre 2007 bis 2009 führte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) eine Außenprüfung für den Betrieb in A durch. Die Klägerin konnte die von der Prüferin angeforderten Kassendaten für die Jahre 2007 und 2008 nicht übermitteln, weil die Kasse Ende 2008 ohne Sicherung der Daten ausgetauscht worden war. Die Kassendaten für das Jahr 2009 konnten nicht lesbar gemacht werden. Die Klägerin legte weder Nachweise über die Grundprogrammierung der verwendeten Kassen noch über Programmänderungen vor.
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Die Prüferin nahm Hinzuschätzungen zu den von der Klägerin erklärten Erlösen vor. Deren Höhe stützte sie auf eine Aufschlagkalkulation, die von den Getränkeeinkäufen ausging und nach einem bestimmten Verhältnis auf die Speisen --die nicht eigens kalkuliert wurden-- übertragen wurden.
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Die Einsprüche und Klagen blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) bejahte die Schätzungsbefugnis dem Grunde nach, da die Buchführung weder formell noch materiell ordnungsmäßig sei. So sei das verwendete Kassensystem auf Manipulationen geradezu angelegt. Auch der Höhe nach sei das Schätzungsergebnis nicht zu beanstanden. Das FA sei von zutreffenden Voraussetzungen ausgegangen; die Schätzung sei in sich schlüssig und im Ergebnis wirtschaftlich möglich. Insbesondere liege der vom FA angenommene Rohgewinnaufschlagsatz noch innerhalb der Richtsatzspanne.
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Die Klägerin begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und zur Fortbildung des Rechts.
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Das FA hält die Beschwerden für unzulässig.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerden sind unbegründet.
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Keiner der von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe ist tatsächlich gegeben.
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1. Grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (Senatsbeschluss vom 19. Januar 2011 X B 43/10, BFH/NV 2011, 636, unter II.1.).
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Diese Voraussetzungen sind für keine der drei von der Klägerin formulierten Rechtsfragen erfüllt.
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a) Die Klägerin wirft zunächst die Rechtsfrage auf, ob das FA verpflichtet ist, vorgenommene Kalkulationen in elektronischer Form vorzulegen, damit der Steuerpflichtige sie überprüfen könne. Im Streitfall habe die Klägerin sowohl im Verwaltungs- als auch im Klageverfahren die Übermittlung der Kalkulation in elektronischer Form beantragt. Das FA habe indes nur Papierausdrucke vorgelegt.
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aa) Diese Frage bedarf allerdings keiner höchstrichterlichen Klärung mehr, so dass es an der --für eine Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung unerlässlichen-- Voraussetzung der Klärungsbedürftigkeit fehlt. Bereits aus der von der Klägerin selbst zitierten Rechtsprechung ergibt sich, dass ein solcher Anspruch grundsätzlich besteht. So hat der BFH schon für "klassische" Kalkulationen in Papierform entschieden, dass sowohl die Kalkulationsgrundlagen als auch die Ergebnisse der Kalkulation sowie die Ermittlungen, die zu diesen Ergebnissen geführt haben, offengelegt werden müssen (vgl. BFH-Urteile vom 31. Juli 1974 I R 216/72, BFHE 113, 400, BStBl II 1975, 96, unter 2.b, und vom 17. November 1981 VIII R 174/77, BFHE 135, 11, BStBl II 1982, 430, unter 4.c). In seiner Entscheidung zum Zeitreihenvergleich hat der erkennende Senat darüber hinaus ausgeführt, dass auch die spezifischen "Daten", auf denen der Zeitreihenvergleich basiere, offengelegt werden müssen (Urteil vom 25. März 2015 X R 20/13, BFHE 249, 390, BStBl II 2015, 743, Rz 49). Die Klägerin legt in ihrer Beschwerdebegründung diese Rechtsgrundsätze zutreffend dar, äußert sich indes nicht dazu, inwieweit sie umstritten sein sollten. Dies wäre aber zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erforderlich gewesen.
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Auch die Finanzverwaltung vertritt letztlich keine grundlegend andere Auffassung. So hat das FA in seiner Beschwerdeerwiderung zutreffend auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 17. Dezember 2008 (BStBl I 2009, 6) hingewiesen. Danach hat eine Finanzbehörde Beteiligten auf Antrag Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten zu erteilen, wenn sie ein berechtigtes Interesse darlegen und keine Gründe für eine Auskunftsverweigerung vorliegen (Tz 1). Die Auskunft kann nach pflichtgemäßem Ermessen der Finanzbehörde schriftlich, elektronisch, mündlich oder durch Gewährung von Akteneinsicht erteilt werden (Tz 6). Danach geht auch die Finanzverwaltung grundsätzlich vom Bestehen eines Auskunftsanspruchs aus, der nach pflichtgemäßem Ermessen zudem in elektronischer Form zu erfüllen sein kann.
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Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage ist damit im Grundsätzlichen nicht umstritten. Soweit es in Einzelfällen Streit darüber geben mag, ob das von der Finanzverwaltung angenommene Ermessen hinsichtlich der Art und Weise der Erfüllung des Auskunftsanspruchs dahingehend auszuüben ist, dass die Daten in elektronischer Form zu übermitteln sind, ist derzeit keine grundsätzliche Bedeutung dieser von den Besonderheiten des einzelnen Falles abhängigen Fragen der Ausübung des Ermessens erkennbar.
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bb) Obwohl die Klägerin ihr Vorbringen zum Anspruch auf Übermittlung der Kalkulation in elektronischer Form nur unter den Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache stellt, hat der Senat dies zusätzlich unter dem Gesichtspunkt eines möglichen Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geprüft. In Betracht käme insoweit etwa die Rüge, das FG habe seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) verletzt.
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Allerdings erfüllt die Beschwerdebegründung nicht die für eine Verfahrensrüge geltenden Darlegungsanforderungen (vgl. zu den Anforderungen an die Rüge, das FG habe seine von Amts wegen bestehende Pflicht zur Sachaufklärung verletzt, Senatsbeschluss vom 22. August 2012 X B 155/11, BFH/NV 2012, 2015, unter II.1.a; zu den Anforderungen an die Rüge, das FG habe einen gestellten Beweisantrag übergangen, vgl. Senatsbeschluss vom 8. Juni 2011 X B 214/10, BFH/NV 2011, 2073, unter II.2.a, m.w.N.).
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b) Darüber hinaus hält die Klägerin die Frage, ob eine allein formell ordnungswidrige Buchführung zur Schätzung berechtige, für grundsätzlich bedeutsam.
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Insoweit fehlt es allerdings bereits an der Klärungsfähigkeit dieser Rechtsfrage in einem künftigen Revisionsverfahren im Streitfall. Denn das FG hat den Sachverhalt ausdrücklich dahingehend gewürdigt, dass die Buchführung der Klägerin nicht nur formell, sondern auch materiell nicht ordnungsmäßig gewesen sei. Auf Rechtsfragen einer lediglich formell ordnungswidrigen Buchführung kann es daher im vorliegenden Verfahren nicht ankommen.
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c) Ferner wirft die Klägerin die Frage auf, ob eine Getränkekalkulation eine taugliche Schätzungsmethode darstelle oder ob sie wegen geringerer Genauigkeit hinter eine Speisen- und Getränkekalkulation zurücktrete. Zur näheren Erläuterung hat die Klägerin behauptet, eine sogenannte "30/70-Kalkulation" sei bei einem hohen Anteil von Außer-Haus-Verkäufen und häufiger Gewährung von Freigetränken ungeeignet.
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Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass das FG --teilweise im Urteil selbst, teilweise durch Verweis auf die Einspruchsentscheidung gemäß § 105 Abs. 5 FGO-- festgestellt hat, im Betrieb der Klägerin seien weder für die Erzielung nennenswerter Außer-Haus-Umsätze noch für die umfangreiche Gewährung von Freigetränken Anhaltspunkte ersichtlich. Angesichts der Bindungswirkung dieser Feststellungen in einem künftigen Revisionsverfahren im Streitfall (§ 118 Abs. 2 FGO) könnte die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage daher im vorliegenden Verfahren nicht geklärt werden.
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2. Bei dem Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) handelt es sich um einen speziellen Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Für seine Darlegung gelten daher regelmäßig dieselben Anforderungen, die an eine auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gestützte Beschwerdebegründung zu stellen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. November 2010 VI B 100/10, BFH/NV 2011, 574, Rz 5, und vom 13. Dezember 2012 X B 104/12, BFH/NV 2013, 559, Rz 15). Da das Vorbringen der Klägerin insoweit über ihren Vortrag zur grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht hinausgeht, kann eine Zulassung im Streitfall auch nicht auf das Erfordernis einer Rechtsfortbildung gestützt werden.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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4. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.
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