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BFH 20.04.2016 - II R 54/14
BFH 20.04.2016 - II R 54/14 - Verwertungsbefugnis bei Treuhandverhältnissen
Normen
§ 1 Abs 2 GrEStG 1997, § 122 HGB
Vorinstanz
vorgehend FG Köln, 18. Dezember 2013, Az: 5 K 4091/08, Urteil
Leitsatz
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Veranlasst der einzige Kommanditist einer GmbH & Co. KG, der zugleich der alleinige Gesellschafter der Komplementär-GmbH ist, die KG dazu, ein dieser gehörendes Grundstück ohne Gegenleistung zur Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtung aus einem als Treugeber abgeschlossenen Treuhandvertrag auf den Treuhänder zu übertragen, begründet der Treuhandvertrag keine Verwertungsbefugnis des Kommanditisten i.S. von § 1 Abs. 2 GrEStG .
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 18. Dezember 2013 5 K 4091/08 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine AG, war die einzige Kommanditistin einer GmbH & Co. KG (KG) und Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH, die im Innenverhältnis am Vermögen der KG nicht beteiligt war. Die KG war u.a. Eigentümerin von Grundstücken in B, die ihr die Klägerin im Jahr 1996 übertragen hatte.
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Die Klägerin schloss am 19. Dezember 2005 als Treugeberin mit T als Treuhänder zur Sicherung der betrieblichen Versorgungsrechte, die ihren Mitarbeitern und ehemaligen Mitarbeitern sowie deren Hinterbliebenen zustehen, einen Sicherungs-Treuhandvertrag. Durch diesen Vertrag erhielten die Begünstigten für den Sicherungsfall Ansprüche gegen T. Um es T zu ermöglichen, ggf. diese Ansprüche zu erfüllen, hatte die Klägerin dem T Vermögensgegenstände zu übertragen und für den Regelfall zu belassen. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung der Klägerin übertrug die KG u.a. die ihr gehörenden Grundstücke in B durch notariell beurkundeten Vertrag vom ... Dezember 2005 ohne Gegenleistung auf T. Auch die Klägerin war Partei dieses Vertrags.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) war der Ansicht, die Klägerin habe durch den Vertrag vom ... Dezember 2005 von T die Verwertungsbefugnis an den Grundstücken i.S. des § 1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) erlangt, und setzte demgemäß gegen die Klägerin Grunderwerbsteuer fest. Während des Einspruchsverfahrens setzte das FA die Steuer aufgrund der inzwischen erfolgten gesonderten Feststellung der Grundbesitzwerte durch Bescheid vom 2. November 2006 auf 40.427 € herab. Der Einspruch blieb im Übrigen erfolglos.
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Das Finanzgericht (FG) gab der auf Aufhebung des Steuerbescheids gerichteten Klage mit der Begründung statt, es handle sich nicht um einen üblichen Auftragserwerb. Die Klägerin könne die Grundstücke nicht für sich verwerten. Als alleiniger Kommanditistin der KG habe ihr zudem bereits vor der Übertragung des Eigentums an den Grundstücken auf T eine zumindest mittelbare Verwertungsbefugnis zugestanden. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 581, veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 1 Abs. 2 GrEStG. Die Klägerin habe aufgrund der geschlossenen Verträge von T die Verwertungsmöglichkeit an den Grundstücken in B erlangt. Aufgrund ihrer Gesellschafterstellung in der KG habe sie keine Verwertungsmöglichkeit gehabt.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2, 4 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Klägerin den Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG nicht erfüllt hat.
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1. Nach § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen Rechtsvorgänge der Grunderwerbsteuer, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.
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a) Dadurch sollen Sachverhalte erfasst werden, bei denen es zwar nicht --wie in den Fällen des § 1 Abs. 1 GrEStG-- zu einem Rechtsträgerwechsel, d.h. zu einer Änderung der Rechtszuständigkeit im Außenverhältnis kommt, bei denen der Eigentümer einem anderen aber im Innenverhältnis so weitgehende Möglichkeiten zur Einflussnahme hinsichtlich des Grundstücks einräumt, dass dieser und nicht mehr der Eigentümer über die Verwertung des Grundstücks entscheiden kann (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. Juli 2000 II R 33/98, BFH/NV 2001, 206; vom 24. April 2013 II R 32/11, BFHE 242, 165, BStBl II 2013, 962, Rz 11, und vom 22. Oktober 2014 II R 41/13, BFH/NV 2015, 232, Rz 14).
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b) Diese Voraussetzungen sind beispielsweise beim sog. Auftragserwerb erfüllt, bei dem der Auftraggeber die Rechtsmacht erlangt, von dem Beauftragten, der in seinem Auftrag im eigenen Namen ein Grundstück von einem Dritten erworben hat, die Auflassung des Grundstücks (§ 925 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--) zu verlangen (§ 667 BGB ggf. i.V.m. § 675 Abs. 1 BGB) oder es --bei entsprechender Ausgestaltung des Vertrags-- durch andere Maßnahmen der Substanz nach auf eigene Rechnung zu verwerten (BFH-Urteile in BFH/NV 2001, 206; vom 8. November 2000 II R 55/98, BFHE 194, 245, BStBl II 2001, 419, und in BFH/NV 2015, 232, Rz 15). Eine Verwertungsbefugnis des Auftraggebers i.S. von § 1 Abs. 2 GrEStG kann auch bei Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses zwischen dem Auftraggeber und dem Beauftragten gegeben sein (BFH-Urteil in BFH/NV 2015, 232, Rz 16, m.w.N.). In solchen Fällen unterliegt nicht nur der Erwerb des Grundstücks durch den Beauftragten der Grunderwerbsteuer, sondern gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG auch die damit dem Auftraggeber verschaffte Verwertungsbefugnis (BFH-Urteile in BFHE 194, 245, BStBl II 2001, 419, und in BFH/NV 2015, 232, Rz 15).
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c) Übereignet ein Grundstückseigentümer sein Grundstück aufgrund eines Treuhandvertrags auf den Treuhänder, verschafft dieser hingegen dem Treugeber nicht die Verwertungsbefugnis i.S. von § 1 Abs. 2 GrEStG. Vielmehr verbleibt die Verwertungsbefugnis des Treugebers aufgrund des Treuhandvertrags von vornherein bei diesem, soweit sie bestehen bleibt (Nr. 1.1. letzter Satz der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 12. Oktober 2007, BStBl I 2007, 757; Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 10. Aufl., § 1 Rz 87; Fischer in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 17. Aufl., § 1 Rz 211; Pahlke, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 5. Aufl., § 1 Rz 108).
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d) Einwirkungsmöglichkeiten eines Gesellschafters auf Gesellschaftsebene reichen für eine Verwertungsbefugnis i.S. des § 1 Abs. 2 GrEStG nicht aus. Das folgt aus der Systematik des Grunderwerbsteuerrechts, das Gesamthandsgemeinschaften und Kapitalgesellschaften als eigene Rechtssubjekte behandelt (BFH-Urteile vom 27. März 1991 II R 82/87, BFHE 164, 473, BStBl II 1991, 731, unter II.2.; vom 1. März 2000 II R 53/98, BFHE 191, 416, BStBl II 2000, 357, und in BFHE 242, 165, BStBl II 2013, 962, Rz 13). § 1 Abs. 2 GrEStG erfasst als Ersatztatbestand regelmäßig nur diejenigen Fälle, in denen die Beteiligten vom Abschluss eines Verpflichtungsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet und nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegt, absehen und an Stelle des Eigentums nur die Verwertungsbefugnis übergehen lassen (BFH-Urteil in BFHE 164, 473, BStBl II 1991, 731, unter II.2.).
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2. Der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG ist im Streitfall nicht erfüllt. Dies ergibt sich zwar nicht bereits daraus, dass die Klägerin einzige Kommanditistin der KG und Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH gewesen war; denn dies vermittelte ihr nicht die Verwertungsbefugnis an den Grundstücken. Die Klägerin hat die Rechtsposition, die ihr an den Grundstücken aufgrund des Sicherungs-Treuhandvertrags zustand, aber nicht von T erhalten, sondern im Rahmen der Grundstücksübertragung auf T zurückbehalten. Diese Zurückbehaltung war möglich, weil die Grundstücksübereignung von der KG auf T nicht auf einer zwischen diesen bestehenden schuldrechtlichen Grundlage beruhte. Bei der Grundstücksübereignung handelte es sich vielmehr um einen Fall des abgekürzten Leistungswegs. Indem die Klägerin die KG zu der Grundstücksübereignung ohne Gegenleistung veranlasste, verwendete sie die Grundstücke, um damit im Verhältnis zu T teilweise ihre aus dem Sicherungs-Treuhandvertrag folgende Verpflichtung zur Übertragung von Vermögensgegenständen auf T zu erfüllen. Diese Verwendung der Grundstücke beruhte im Verhältnis der Klägerin zur KG auf dem Gesellschaftsverhältnis und stellt daher zivilrechtlich eine Entnahme der Grundstücke aus dem Gesellschaftsvermögen dar (vgl. MünchKommHGB/Priester, 3. Aufl., § 122 Rz 5; Eberoth/ Boujong/Joost/Strohn/Ehricke, Handelsgesetzbuch, 3. Aufl., § 122 Rz 4; Baumbach/Hopt/Roth, HGB, 36. Aufl., § 122 Rz 1; Haas in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl., § 122 Rz 1b; Ensthaler, GK-HGB, 8. Aufl., § 122 Rz 2). T hat die Grundstücke zwar sachenrechtlich von der KG, schuldrechtlich aber aufgrund des Sicherungs-Treuhandvertrags von der Klägerin als Leistende erhalten. Dabei behielt die Klägerin die Rechtsposition zurück, die ihr an den Grundstücken aufgrund des Sicherungs-Treuhandvertrags zustand. Ob diese Rechtsposition eine Verwertungsbefugnis i.S. des § 1 Abs. 2 GrEStG begründet, kann danach auf sich beruhen. Für die Entnahme der Grundstücke aus dem Gesellschaftsvermögen der KG durch die Klägerin ist nach § 6 Abs. 2 Satz 1 GrEStG keine Grunderwerbsteuer zu erheben.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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