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BFH 06.04.2016 - XI R 20/14
BFH 06.04.2016 - XI R 20/14 - EuGH-Vorlage zum Rechnungsmerkmal "vollständige Anschrift" und zur Berücksichtigung des Gutglaubensschutzes beim Vorsteuerabzug
Normen
§ 14 Abs 4 S 1 Nr 1 UStG 2005, § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 UStG 2005, § 163 AO, § 227 AO, Art 168 Buchst a EGRL 112/2006, Art 178 Buchst a EGRL 112/2006, Art 226 Nr 5 EGRL 112/2006, UStG VZ 2008, § 31 Abs 2 UStDV 2005, Art 1 Nr 1 EWGRL 560/86, § 18 UStG 2005
Vorinstanz
vorgehend FG Düsseldorf, 14. März 2014, Az: 1 K 4566/10 U, Urteil
nachgehend EuGH, 15. November 2017, Az: C-374/16 und C-375/16, Urteil
nachgehend BFH, 13. Juni 2018, Az: XI R 20/14, Urteil
Leitsatz
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Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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1. Enthält eine zur Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug nach Art. 168 Buchst. a i.V.m. Art. 178 Buchst. a MwStSystRL erforderliche Rechnung die "vollständige Anschrift" i.S. von Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL, wenn der leistende Unternehmer in der von ihm über die Leistung ausgestellten Rechnung eine Anschrift angibt, unter der er zwar postalisch zu erreichen ist, wo er jedoch keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt?
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2. Steht Art. 168 Buchst. a i.V.m. Art. 178 Buchst. a MwStSystRL unter Beachtung des Effektivitätsgebots einer nationalen Praxis entgegen, die einen guten Glauben des Leistungsempfängers an die Erfüllung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen nur außerhalb des Steuerfestsetzungsverfahrens im Rahmen eines gesonderten Billigkeitsverfahrens berücksichtigt? Ist Art. 168 Buchst. a i.V.m. Art. 178 Buchst. a MwStSystRL insoweit berufbar?
Tenor
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Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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1. Enthält eine zur Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug nach Art. 168 Buchst. a i.V.m. Art. 178 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem erforderliche Rechnung die"vollständige Anschrift" i.S. von Art. 226 Nr. 5 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2008 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, wenn der leistende Unternehmer in der von ihm über die Leistung ausgestellten Rechnung eine Anschrift angibt, unter der er zwar postalisch zu erreichen ist, wo er jedoch keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt?
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2. Steht Art. 168 Buchst. a i.V.m. Art. 178 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem unter Beachtung des Effektivitätsgebots einer nationalen Praxis entgegen, die einen guten Glauben des Leistungsempfängers an die Erfüllung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen nur außerhalb des Steuerfestsetzungsverfahrens im Rahmen eines gesonderten Billigkeitsverfahrens berücksichtigt? Ist Art. 168 Buchst. a i.V.m. Art. 178 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem insoweit berufbar?
Tatbestand
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I. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine im Dezember 2007 gegründete und sich seit 2015 in Liquidation befindende GmbH, handelte im Jahr 2008 (Streitjahr) mit Kfz. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH war A, der die Klägerin nunmehr als Liquidator vertritt.
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In ihrer Umsatzsteuererklärung für 2008 erklärte die Klägerin u.a. steuerfreie innergemeinschaftliche Kfz-Lieferungen und 122 von der D erworbene Fahrzeuge betreffende Vorsteuerbeträge in Höhe von ... €.
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Das seinerzeit zuständige Finanzamt folgte den Angaben der Klägerin nicht und setzte die Umsatzsteuer für 2008 mit Bescheid vom 31. August 2010 entsprechend den Feststellungen von zwei Umsatzsteuer-Sonderprüfungen fest. Die als umsatzsteuerfrei erklärten innergemeinschaftlichen Kfz-Lieferungen nach Spanien (X) seien steuerpflichtig, weil die betreffenden Fahrzeuge tatsächlich nicht nach Spanien verbracht, sondern im Inland vermarktet worden seien. Die geltend gemachten Vorsteuerbeträge aus Rechnungen der D seien nicht abziehbar, weil es sich dabei um eine "Scheinfirma" handele, die unter ihrer Rechnungsanschrift keinen Sitz gehabt habe.
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Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 19. November 2011).
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Während des anschließenden Klageverfahrens wurde aufgrund eines Organisationsakts der Finanzverwaltung der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) für die Besteuerung der Klägerin zuständig.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nur insoweit statt, als die Lieferung eines Porsche 997 S Cabrio besteuert worden war. Im Übrigen wies es die Klage als unbegründet ab.
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Hinsichtlich der --was allein Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens ist-- im Streit stehenden Vorsteuerbeträge stellte das FG u.a. fest, dass sich unter der von D in ihren Rechnungen angegebenen Anschrift zwar ihr statuarischer Sitz befunden habe, es sich hierbei jedoch um einen "Briefkastensitz" gehandelt habe. Unter der betreffenden Anschrift sei D lediglich postalisch erreichbar gewesen. Dort habe sich u.a. ein Buchhaltungsbüro befunden, das die Post für D entgegengenommen und für sie Buchhaltungsarbeiten erledigt habe. Geschäftliche Aktivitäten der D hätten dort nicht stattgefunden. D habe ab dem 1. Oktober 2007 Räumlichkeiten (zwei Büroräume, eine Einbauküche, zwei Toiletten und eine Lagerfläche) unter einer anderen Anschrift angemietet; es spreche einiges dafür, dass sich dort auch die von D gehandelten Fahrzeuge befunden hätten.
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Es komme nicht darauf an, ob die Klägerin auf die Richtigkeit der in den Rechnungen der D angegebenen Anschrift habe vertrauen dürfen. Denn § 15 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sehe den Schutz des guten Glaubens an die Erfüllung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen nicht vor, weshalb Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht bei der Steuerfestsetzung, sondern ggf. nur im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme gemäß §§ 163, 227 der Abgabenordnung (AO) berücksichtigt werden könnten.
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Die Vorentscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 1526 veröffentlicht.
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Mit ihrer Revision macht die Klägerin hinsichtlich des Vorsteuerabzugs aus den Rechnungen der D geltend, die Anschrift i.S. von § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG und i.S. von Art. 226 Nr. 5 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) diene der Identifikation des Rechnungsausstellers. Sie setze (nur) postalische Erreichbarkeit voraus, die gegeben sei, wenn --wie hier-- Schriftstücke zugestellt werden könnten. Davon gehe auch die Finanzverwaltung in Abschn. 14.5 Abs. 2 Satz 3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) aus. Das FG habe dagegen rechtsfehlerhaft auf geschäftliche Aktivitäten des leistenden Unternehmers D unter der von ihm in seinen Rechnungen angegebenen Anschrift abgestellt.
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Es sei für einen vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer, der grundsätzlich auf die Richtigkeit der Angaben des an ihn leistenden Unternehmers vertrauen dürfe, unzumutbar, wenn er prüfen müsse, ob bzw. inwieweit an der angegebenen Anschrift über die postalische Erreichbarkeit hinaus betriebliche Aktivitäten des leistenden Unternehmers stattfänden. D habe existiert, sei leistende Unternehmerin i.S. von § 2 UStG und unter der angegebenen Anschrift auch postalisch erreichbar gewesen. Die angegebene Anschrift werde auch nicht deshalb unzutreffend, weil der leistende Unternehmer --wie hier die D-- auch unter einer weiteren Adresse erreichbar sei und dort betriebliche Aktivitäten entfalte.
- 13
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Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 2008 vom 31. August 2010 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer für 2008 wie erklärt festgesetzt wird.
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Sinngemäß regt sie hilfsweise an, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob "... unter den Umständen wie bei der D ... davon auszugehen (ist), dass sie an ihrem Firmensitz ... auch ihre Anschrift im Sinne der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (Richtlinie 2006/112/EG) hatte".
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Zur Rechtslage nach nationalem Recht
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1. Maßgebliche Vorschriften des nationalen Rechts
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a) Der Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt.
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b) Eine solche Rechnung muss u.a. gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers enthalten.
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Nach § 31 Abs. 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung ist den Anforderungen des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG genügt, wenn sich auf Grund der in die Rechnung aufgenommenen Bezeichnungen der Name und die Anschrift sowohl des leistenden Unternehmers als auch des Leistungsempfängers eindeutig feststellen lassen.
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c) Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Entscheidung über die abweichende Festsetzung kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden (§ 163 Satz 3 AO).
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Außerdem können die Finanzbehörden nach § 227 AO Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.
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2. Rechtliche Würdigung nach nationalem Recht
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Die Klägerin ist nach nationalem Recht nicht zu dem von ihr geltend gemachten Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der D berechtigt.
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a) Fehlen die für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 i.V.m. §§ 14, 14a UStG erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht für den Leistungsempfänger kein Anspruch auf Vorsteuerabzug (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Dezember 2008 XI R 62/07, BFHE 223, 535, BStBl II 2009, 432, unter II.2., Rz 21; vom 2. September 2010 V R 55/09, BFHE 231, 332, BStBl II 2011, 235, Rz 12; vom 22. Juli 2015 V R 23/14, BFHE 250, 559, BStBl II 2015, 914, Rz 22; jeweils m.w.N.).
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b) Der V. Senat des BFH hat entschieden, dass das Merkmal "vollständige Anschrift" i.S. von § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nur die Angabe der zutreffenden Anschrift des leistenden Unternehmers erfüllt, unter der er seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet (vgl. BFH-Urteil in BFHE 250, 559, BStBl II 2015, 914, Leitsatz 1 sowie Rz 25).
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Das Urteil in BFHE 250, 559, BStBl II 2015, 914 ist in einem Parallel-Verfahren einer "Schwester-GmbH" der Klägerin ergangen. Es betrifft u.a. ebenfalls den Vorsteuerabzug aus Rechnungen der D und bestätigt die Versagung des Vorsteuerabzugs aus deren Rechnungen.
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Die gegen dieses Urteil erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. Beschluss vom 13. Februar 2016 1 BvR 2419/15, nicht veröffentlicht, juris).
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c) Danach ist die Klägerin hinsichtlich der in Rede stehenden Vorsteuerbeträge nicht im Besitz von zur Ausübung des Vor-steuerabzugs berechtigenden Rechnungen i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 i.V.m. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG. D hatte unter der in ihren Rechnungen angegebenen Anschrift keinerlei eigene geschäftliche (wirtschaftliche) Aktivitäten entfaltet.
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d) Soweit es die Finanzverwaltung hinsichtlich der nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Angabe der "vollständigen Anschrift" des Leistungsempfängers in Abschn. 14.5 Abs. 2 Satz 3 UStAE ausreichen lässt, wenn in der Rechnung dessen Postfach oder Großkundenadresse "anstelle der Anschrift angegeben wird", bindet diese Verwaltungsanweisung die Gerichte nicht (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13. Januar 2011 V R 12/08, BFHE 232, 261, BStBl II 2012, 61, Rz 68; vom 5. September 2013 XI R 7/12, BFHE 242, 399, BStBl II 2014, 37, Rz 20, m.w.N.; vom 16. Dezember 2015 XI R 28/13, BFHE 252, 500, BFH/NV 2016, 695, Rz 63, m.w.N.). Sie betrifft überdies den Leistungsempfänger und nicht den leistenden Unternehmer.
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e) Die Klägerin kann sich nach der Rechtsprechung des BFH im Rahmen des vorliegenden Steuerfestsetzungsverfahrens nicht auf den Schutz ihres guten Glaubens an die Richtigkeit der Rechnungsangaben der D berufen.
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aa) Das nationale Recht (§ 15 UStG) sieht den Schutz des guten Glaubens an die Erfüllung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen im Steuerfestsetzungsverfahren nicht vor.
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bb) Vertrauensschutz ist nach nationaler Rechtslage nicht im Rahmen der Steuerfestsetzung nach §§ 16, 18 UStG, sondern nur im Rahmen eines gesonderten Billigkeitsverfahrens gemäß §§ 163, 227 AO aufgrund besonderer Verhältnisse des Einzelfalls zu gewähren (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 30. April 2009 V R 15/07, BFHE 225, 254, BStBl II 2009, 744, unter II.3.a, Rz 46; vom 8. Juli 2009 XI R 51/07, BFH/NV 2010, 256, unter II.2., Rz 17; vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259, unter II.1.c bb, Rz 40; in BFHE 231, 332, BStBl II 2011, 235, Rz 16 f.; in BFHE 250, 559, BStBl II 2015, 914, Rz 31).
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cc) Macht der Steuerpflichtige Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes bereits im Festsetzungsverfahren --vor Bekanntgabe der Steuerfestsetzung-- geltend, ist die Entscheidung über die Billigkeitsmaßnahme gemäß § 163 Satz 3 AO regelmäßig mit der Steuerfestsetzung zu verbinden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 250, 559, BStBl II 2015, 914, Rz 32, 46). Dies ist hier nicht der Fall.
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III. Zur Anrufung des EuGH
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Es ist aus den nachfolgenden Gründen fraglich, ob die Versagung des Vorsteuerabzugs in einem Fall wie diesem gegen Unionsrecht verstößt.
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1. Maßgebliche Vorschriften des Unionsrechts
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a) Der Steuerpflichtige, der Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, ist nach Art. 168 Buchst. a der im Streitjahr 2008 maßgeblichen Fassung der MwStSystRL berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden, abzuziehen.
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b) Um das Recht auf Vorsteuerabzug nach Art. 168 Buchst. a MwStSystRL in Bezug auf die Lieferung von Gegenständen oder das Erbringen von Dienstleistungen ausüben zu können, muss der Steuerpflichtige nach Art. 178 Buchst. a dieser Richtlinie eine gemäß Titel XI Kap. 3 Abschn. 3 bis 6 (Art. 220 bis Art. 236 sowie Art. 238, 239 und 240 MwStSystRL) ausgestellte Rechnung besitzen.
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c) Eine derartige Rechnung muss u.a. gemäß Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Steuerpflichtigen und des Erwerbers oder Dienstleistungsempfängers enthalten.
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2. Zur ersten Vorlagefrage
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Unionsrechtlich klärungsbedürftig ist nach Auffassung des Senats, ob für die in ausgestellten Rechnungen anzugebende "vollständige Anschrift" des leistenden Unternehmers i.S. von Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL die Angabe einer Anschrift ausreicht, unter der dieser zwar postalisch zu erreichen ist, wo er jedoch keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.
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a) Das Recht auf Vorsteuerabzug setzt auch unionsrechtlich neben den sonstigen Anforderungen als formelle Ausübungsvoraus-setzung gemäß Art. 178 Buchst. a MwStSystRL den Besitz einer Rechnung voraus, die alle gemäß Titel XI Kap. 3 Abschn. 3 bis 6 (Art. 220 bis Art. 236 sowie Art. 238, 239 und 240 MwStSystRL) erforderlichen Angaben enthält (vgl. EuGH-Urteil Mahagebén und Dávid vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11, EU:C:2012:373, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2012, 591, Rz 52).
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Dazu gehören gemäß Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL auch der vollständige Name und die vollständige Anschrift des Steuerpflichtigen. Dabei muss die Rechnung alle in Art. 226 MwStSystRL genannten Informationen enthalten (vgl. EuGH-Urteile Pannon Gép Centrum vom 15. Juli 2010 C-368/09, EU:C:2010:441, UR 2010, 693, Rz 40 ff.; Dankowski vom 22. Dezember 2010 C-438/09, EU:C:2010:818, UR 2011, 435, Rz 29, zu der im Wesentlichen inhaltsgleichen Regelung in Art. 22 Abs. 3 Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern --Richtlinie 77/388/EWG--).
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b) Der EuGH hat im Urteil Planzer Luxembourg vom 28. Juni 2007 C-73/06 (EU:C:2007:397, UR 2007, 654) zum Sitz einer wirtschaftlichen Tätigkeit i.S. von Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie 86/560/EWG des Rates vom 17. November 1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige (Richtlinie 86/560/EWG) entschieden, dass sich eine fiktive Ansiedlung in der Form, wie sie für eine "Briefkastenfirma" oder für eine "Strohfirma" charakteristisch sei, nicht als derartiger Sitz ansehen lasse (vgl. EuGH-Urteil Planzer Luxembourg, EU:C:2007:397, UR 2007, 654, Rz 62, m.w.N.).
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Er hat in diesem Urteil daran erinnert, dass die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität ein grundlegendes Kriterium für die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist (vgl. Urteil Planzer Luxembourg, EU:C:2007:397, UR 2007, 654, Rz 43). Ein bloßer "Briefkastensitz" bildet aber die wirtschaftliche Realität gerade nicht ab, sondern verschleiert sie (so BFH-Urteil in BFHE 250, 559, BStBl II 2015, 914, Rz 28).
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c) Der Senat hält es nach Ergehen des EuGH-Urteils PPUH Stehcemp vom 22. Oktober 2015 C-277/14 (EU:C:2015:719, UR 2015, 917) für zweifelhaft, ob diese Auslegung des Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL der Auffassung des EuGH entspricht.
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aa) Der EuGH hat in seinem Urteil PPUH Stehcemp (EU:C:2015:719, UR 2015, 917) u.a. festgestellt, dass ein etwaiger Verstoß des Lieferers der Gegenstände gegen die Pflicht, die Aufnahme seiner steuerbaren Tätigkeit anzuzeigen, das Abzugsrecht des Empfängers der gelieferten Gegenstände in Bezug auf die dafür entrichtete Mehrwertsteuer nicht in Frage stellen könne. Selbst wenn der Lieferer der Gegenstände ein Steuerpflichtiger sei, der nicht für mehrwertsteuerliche Zwecke registriert sei, stehe dem Empfänger daher das Recht zum Vorsteuerabzug zu, wenn die Rechnungen über die gelieferten Gegenstände alle nach Art. 22 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG --nunmehr Art. 226 MwStSystRL-- vorgeschriebenen Angaben enthielten, insbesondere diejenigen, die zur Bestimmung des Ausstellers der Rechnungen und der Art der Gegenstände erforderlich seien (vgl. EuGH-Urteil PPUH Stehcemp, EU:C:2015:719, UR 2015, 917, Rz 40, m.w.N.).
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(1) In Bezug auf den Lieferer ("Finnet") erschien dem EuGH in seinem Urteil PPUH Stehcemp eine wirtschaftliche Tätigkeit nicht deshalb ausgeschlossen, weil nach Ansicht des vorlegenden Gerichts der heruntergekommene Zustand des Gebäudes, in dem sich der Gesellschaftssitz von "Finnet" befinde, keinerlei wirtschaftliche Tätigkeit gestatte, "da eine solche Feststellung nicht ausschließt, dass diese Tätigkeit an anderen Orten als dem Gesellschaftssitz ausgeführt wurde" (vgl. EuGH-Urteil PPUH Stehcemp, EU:C:2015:719, UR 2015, 917, Rz 35).
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(2) In den Rechnungen, die dem Ausgangsverfahren zum EuGH-Urteil PPUH Stehcemp vorlagen, waren u.a. die Art der gelieferten Gegenstände und der Betrag der geschuldeten Mehrwertsteuer wie auch der Name des Lieferers, dessen Steueridentifikationsnummer und die Anschrift des Gesellschaftssitzes ausgewiesen. Daher konnte nach Ansicht des EuGH aufgrund der vom vorlegenden Gericht aufgezeigten Umstände weder der Schluss gezogen werden, dass der Lieferer nicht die Eigenschaft eines Steuerpflichtigen aufweist, noch dem Leistungsempfänger infolgedessen das Recht auf Vorsteuerabzug versagt werden (vgl. EuGH-Urteil PPUH Stehcemp, EU:C:2015:719, UR 2015, 917, Rz 42).
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(3) Der Vorsteuerabzug ist dagegen nach diesem Urteil nur zu versagen, wenn aufgrund objektiver Anhaltspunkte und ohne von dem Steuerpflichtigen ihm nicht obliegende Überprüfungen zu fordern dargelegt wird, dass dieser Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass diese Lieferung im Zusammenhang mit einer Mehrwertsteuerhinterziehung steht (vgl. EuGH-Urteil PPUH Stehcemp, EU:C:2015:719, UR 2015, 917, Leitsatz, Rz 49, m.w.N.).
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Dies lässt möglicherweise den Schluss zu, dass der EuGH die von "Finnet" ausgestellten Rechnungen als ordnungsgemäß ansieht, obwohl an der angegebenen Anschrift keine wirtschaftliche Tätigkeit stattfand.
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bb) Danach ist nach Ansicht des Senats im Hinblick auf das Vorsteuerabzugsrecht des Leistungsempfängers nach Art. 168 Buchst. a MwStSystRL möglicherweise nicht entscheidend, ob unter der in der Rechnung angegebenen Adresse i.S. von Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL eine wirtschaftliche Tätigkeit des Leistenden ausgeübt wird. Ob der Lieferer unter der angegebenen Rechnungsadresse eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder nicht, könnte mithin keine Voraussetzung für den Vorsteuerabzug sein (vgl. dazu von Streit/Luther, Der Umsatz-Steuer-Berater --UStB-- 2016, 51 [56 f.]). Trifft dies zu, dürfte bezogen auf den Streitfall der Vorsteuerabzug der Klägerin nicht deshalb versagt werden, weil D unter der von ihr angegebenen Rechnungsadresse, an der sich zudem ihr statuarischer Sitz befand, keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet hat.
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c) Überdies dürfte in Anbetracht der technischen Fortentwicklung und der Änderung von Geschäftsgebaren die Anforderung, dass unter der vom Lieferer angegebenen Anschrift geschäftliche Aktivitäten stattfinden, in vielen Fällen nicht (mehr) der wirtschaftlichen Realität entsprechen (vgl. dazu FG Köln, Urteil vom 28. April 2015 10 K 3803/13, EFG 2015, 1655, Rz 28). Der klassische Unternehmer mit Büro und Personal, dessen Firma immer einen Sitz hatte, an dem eigene wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet wurde, existiert heute vielfach nicht mehr. Das Berufsbild des Einzelunternehmers wird tatsächlich oftmals durch minimale Betriebsstrukturen geprägt, die weder ein herkömmliches Geschäftslokal noch einen Geschäftsbetrieb benötigen, sondern --wie z.B. im Fall eines Online-Händlers-- Laptop und Mobiltelefon zur Abwicklung der Geschäfte ausreichen lassen (vgl. dazu Weymüller, Mehrwertsteuerrecht --MwStR-- 2015, 816 [821]).
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Möglicherweise ist deshalb für die Anforderungen an die Angabe der vollständigen Anschrift i.S. von Art. 226 Nr. 5 MwStSystRL nach dem Gegenstand und/oder Umfang des Unternehmens des Steuerpflichtigen bzw. des Erwerbers oder Dienstleistungsempfängers zu unterscheiden.
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3. Zur zweiten Vorlagefrage
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Im Streitfall stellt sich ferner die Frage, ob Art. 168 Buchst. a i.V.m. Art. 178 Buchst. a MwStSystRL unter Beachtung des Effektivitätsgebots einer nationalen Praxis entgegensteht, die einen guten Glauben des Leistungsempfängers an die Erfüllung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen nur außerhalb des Steuerfestsetzungsverfahrens im Rahmen eines gesonderten Billigkeitsverfahrens berücksichtigt. Möglicherweise kann sich der Unternehmer insoweit auf Art. 168 Buchst. a i.V.m. Art. 178 Buchst. a MwStSystRL berufen.
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Wäre dies der Fall, könnte die Klägerin --unter Gewährung von Vertrauensschutz im Steuerfestsetzungsverfahren-- den streitigen Vorsteuerabzug bereits dann beanspruchen, wenn sie --wie sie geltend macht-- weder wusste noch hätte wissen können, dass D unter der angegebenen Rechnungsanschrift nur einen "Briefkastensitz" unterhalten hat.
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a) Zwar sind mangels einer einschlägigen Unionsregelung Verfahrensmodalitäten, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaats (vgl. BFH-Urteil in BFHE 250, 559, BStBl II 2015, 914, Rz 32, m.w.N. zur Rechtsprechung des EuGH). Auch ist das der Finanzverwaltung in § 163 AO eingeräumte Ermessen auf Null reduziert, wenn --wie beim Schutz des guten Glaubens an die Erfüllung der Vorsteuerabzugsvoraussetzungen-- unionsrechtliche Regelungen eine Billigkeitsmaßnahme erfordern (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 8. März 2001 V R 61/97, BFHE 194, 517, BStBl II 2004, 373, unter II.5., Rz 30; vom 30. Juli 2008 V R 7/03, BFHE 223, 372, BStBl II 2010, 1075, unter II.5., Rz 49; in BFHE 250, 559, BStBl II 2015, 914, Rz 32).
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b) Der Senat hält es jedoch nicht für ausgeschlossen, dass unionsrechtlichen Belangen nur dadurch ausreichend Rechnung getragen wird, wenn --abweichend von der nationalen Praxis-- der Vorsteuerabzug trotz des Fehlens einzelner materieller oder formeller Merkmale wegen des guten Glaubens des Leistungsempfängers an deren Vorliegen im Rahmen der Steuerfestsetzung zu gewähren ist (vgl. den in diesem Rechtsstreit ergangenen Senatsbeschluss vom 26. September 2014 XI S 14/14, BFH/NV 2015, 158; für die Berücksichtigung von Vertrauensschutz im Festsetzungsverfahren FG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 3. April 2014 7 V 7027/14, EFG 2014, 1445, Rz 33 ff.; vom 27. August 2014 7 V 7147/14, EFG 2014, 2096, Rz 30; Wagner in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 96; Stadie in Rau/ Dürrwächter, UStG, § 15 Rz 882; Drüen, Der Betrieb --DB-- 2010, 1847; von Streit, UStB 2012, 288; Stapperfend, UR 2013, 321; Hassa, UR 2015, 809; Weymüller, MwStR 2015, 816; Grube, MwStR 2015, 964; Neeser, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 2015, 331; von Streit/Luther, UStB 2016, 51; ablehnend Heuermann, MwStR 2015, 798; ders. Deutsches Steuer-Recht 2015, 2077; Bunjes/Heidner, UStG, 14. Aufl., § 15 Rz 30).
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aa) Aus der jüngeren Rechtsprechung des EuGH (vgl. z.B. EuGH-Urteile Dankowski, EU:C:2010:818, UR 2011, 435; Mahagebén und Dávid, EU:C:2012:373, UR 2012, 591; Tóth vom 6. September 2012 C-324/11, EU:C:2012:549, UR 2012, 851; Bonik vom 6. Dezember 2012 C-285/11, EU:C:2012:774, UR 2013, 195; Maks Pen vom 13. Februar 2014 C-18/13, EU:C:2014:69, UR 2014, 861; PPUH Stehcemp, EU:C:2015:719, UR 2015, 917) könnte sich ergeben, dass ein nicht vorliegendes Tatbestandsmerkmal des Vorsteuerabzugs durch den guten Glauben des Leistungsempfängers an dessen Vorliegen ersetzt werden kann. Der EuGH sah im Kern die materiellen und formellen Voraussetzungen für die Entstehung und die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug als erfüllt an, obwohl nach den zu beurteilenden Sachverhalten dieser Entscheidungen die Vorsteuerabzugsvoraussetzungen nicht vorlagen bzw. zumindest zweifelhaft waren.
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bb) Es ist klärungsbedürftig, ob der EuGH das Recht auf Vorsteuerabzug durch Vertrauensschutzgesichtspunkte inzwischen auch erweitert hat oder --wie der V. Senat des BFH in seinem Urteil in BFHE 250, 559, BStBl II 2015, 914, Rz 36 meint-- nach wie vor (nur) begrenzt, indem er den Vorsteuerabzug, wie bereits in seinem Urteil Kittel und Recolta Recycling vom 6. Juli 2006 C-439/04 und C-440/04 (EU:C:2006:446, UR 2006, 594), selbst dann versagt, wenn dessen Voraussetzungen zwar tatsächlich vorliegen, jedoch aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine vom Lieferer oder von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe der Lieferkette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war (vgl. dazu auch Heuermann, MwStR 2015, 798).
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cc) Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nach seinem Verständnis in der Rechtssache PPUH Stehcemp (EU:C:2015:719, UR 2015, 917) nicht alle materiellen Voraussetzungen für die Entstehung des Rechts auf Vorsteuerabzug vorgelegen haben; denn nach Rz 46 war nicht "Finnet" leistende Unternehmerin und es war nicht zu ermitteln, wer die Lieferung tatsächlich ausgeführt hat.
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Wenn jedoch der (tatsächliche) Lieferer unbekannt ist, steht z.B. nicht fest, dass --wie für die Gewährung des Vorsteuerabzugs erforderlich-- die Lieferung überhaupt von einem Steuerpflichtigen (Unternehmer) ausgeführt wurde und dass die Lieferung steuerpflichtig war und z.B. keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vorgelegen hat.
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Die Rechnung von "Finnet" war eine Rechnung i.S. des Art. 203 MwStSystRL (§ 14c UStG), die kein Recht zum Vorsteuerabzug eröffnet, weil das Recht auf Vorsteuerabzug nur für diejenigen Steuern besteht, die geschuldet werden --d.h. mit einem der Mehrwertsteuer unterworfenen Umsatz in Zusammenhang stehen-- oder die entrichtet worden sind, soweit sie geschuldet wurden (EuGH-Urteile Genius Holding vom 13. Dezember 1989 C-342/87, EU:C:1989:635, Neue Juristische Wochenschrift 1991, 632, Rz 13; Schmeink & Cofreth und Strobel vom 19. September 2000, C-454/98, EU:C:2000:469, UR 2000, 470, Rz 53; Fatorie vom 6. Februar 2014 C-424/12, EU:C:2014:50, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2014, 383, Rz 39 f.).
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dd) Falls bereits auf Tatbestandsebene des Art. 168 Buchst. a MwStSystRL Vertrauensschutzgesichtspunkte berücksichtigt werden müssen, könnte außerdem von Bedeutung sein, dass nach der Rechtsprechung des EuGH die Voraussetzungen für die Entstehung und der Umfang des Rechts auf Vorsteuerabzug so klar, genau und unbedingt geregelt sind, dass sich ein Einzelner gegenüber einem Mitgliedstaat vor einem innerstaatlichen Gericht darauf berufen kann (vgl. EuGH-Urteile Stockholm Lindöpark vom 18. Januar 2001 C-150/99, EU:C:2001:34, BFH/NV Beilage 2001, 44, Rz 31 ff., m.w.N.; PARAT Automotive Cabrio vom 23. April 2009 C-74/08, EU:C:2009:261, UR 2009, 452, Rz 32 ff.). Der Unternehmer könnte sich dann vor den nationalen Gerichten auf Vertrauensschutzgesichtspunkte bereits im Verfahren der Steuerfestsetzung berufen dürfen. Von einem Berufungsrecht bereits im Festsetzungsverfahren geht der BFH aus, soweit es um andere Voraussetzungen des Art. 168 MwStSystRL geht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 22. Juli 2010 V R 19/09, BFHE 231, 280, BStBl II 2010, 1090, Rz 33; vom 16. Juni 2015 XI R 15/13, BFHE 250, 276, BStBl II 2015, 865, Rz 49).
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c) Die Verweisung der Steuerpflichtigen in Fällen der vorliegenden Art auf den Billigkeitsweg könnte außerdem dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot widersprechen (so z.B. Drüen, DB 2010, 1847, 1850, m.w.N.; von Streit/Luther, UStB 2016, 51).
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aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH dürfen die Modalitäten der Verfahren, die den Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nicht ungünstiger sein als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln --Äquivalenzgrundsatz-- und sie dürfen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren --Effektivitätsgrundsatz-- (vgl. z.B. EuGH-Urteil Surgicare vom 12. Februar 2015 C-662/13, EU:C:2015:89, UR 2015, 359, Rz 26, m.w.N.).
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bb) Der Senat hält es für möglich, dass das Festhalten an der Zweistufigkeit des Verfahrens bei Gutgläubigkeit des vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmers in Bezug auf die Rechnungsangaben des Lieferers die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte i.S. dieser EuGH-Rechtsprechung übermäßig erschwert.
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Denn die in Fällen der vorliegenden Art praktizierte verfahrenstechnische Aufspaltung verzögert eine effektive Durchsetzung des Gutglaubensschutzes und erschwert den Rechtsschutz des Unternehmers (vgl. Drüen, DB 2010, 1847, 1850). Insbesondere wird dem Steuerpflichtigen mit dieser nationalen Praxis ggf. zugemutet, zwei gerichtliche Verfahren mit dem doppelten Prozessrisiko zu führen (vgl. dazu Weymüller, MwStR 2015, 816; von Streit/Luther, UStB 2016, 51, m.w.N). Hinsichtlich des vorläufigen Rechtsschutzes kommt nach Ablehnung einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 oder § 227 AO ausschließlich ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung i.S. von § 114 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in Betracht, die anders als eine Aussetzung der Vollziehung eines angefochtenen Umsatzsteuerbescheids nach § 69 FGO strengere Voraussetzungen ("höhere Hürden") hat (vgl. Weymüller, MwStR 2015, 816; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 114 FGO Rz 18, m.w.N.; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 114 FGO Rz 11, m.w.N.).
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cc) Andererseits könnte eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs es erfordern, das Steuerfestsetzungsverfahren weitgehend von subjektiven Merkmalen und Prüfungsgegenständen freizuhalten und den guten Glauben des den Vorsteuerabzug begehrenden Unternehmers in einem gesonderten Verfahren zu prüfen.
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dd) Zwar ist es Sache des Senats, festzustellen, ob diese nationale Praxis mit dem Effektivitätsgebot vereinbar ist. Der EuGH kann dem vorlegenden Gericht hierzu allerdings im Rahmen der Vorabentscheidung alle zweckdienlichen Hinweise geben (vgl. z.B. EuGH-Urteil Surgicare, EU:C:2015:89, UR 2015, 359, Rz 27, m.w.N.).
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4. Rechtsgrundlage für die Anrufung des EuGH ist Art. 267 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
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IV. Das Revisionsverfahren wird bis zu einer Entscheidung des EuGH ausgesetzt (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 74 FGO).
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