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BFH 16.06.2015 - XI R 15/13
BFH 16.06.2015 - XI R 15/13 - EuGH-Vorlage zur Reichweite des Vorsteuerausschlusses bei Erwerb eines Gegenstands, der zu weniger als 10 % für steuerbare und steuerpflichtige Tätigkeiten genutzt wird (unternehmerische Mindestnutzung)
Normen
§ 15 Abs 1 S 2 UStG 2005, § 2 Abs 1 UStG 2005, § 2 Abs 3 UStG 2005, § 15 Abs 1 UStG 2005, Art 13 EGRL 112/2006, Art 26 Abs 1 Buchst a EGRL 112/2006, Art 168 Buchst a EGRL 112/2006, Art 1 EGEntsch 817/2004, Art 17 Abs 2 EWGRL 388/77, Art 6 Abs 2 EWGRL 388/77, UStG VZ 2008, § 15 Abs 1 S 2 UStG 1993 vom 24.03.1999
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 17. Januar 2013, Az: 7 K 7132/10, Urteil
nachgehend EuGH, 15. September 2016, Az: C-400/15, Urteil
nachgehend BFH, 16. November 2016, Az: XI R 15/13, Urteil
Leitsatz
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Dem EuGH wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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§ 15 Abs. 1 Satz 2 des deutschen UStG bestimmt, dass die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt, nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt - und schließt insoweit den Vorsteuerabzug aus.
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Die Regelung beruht auf Art. 1 der Entscheidung des Rates vom 19. November 2004 (2004/817/EG), der Deutschland ermächtigt, abweichend von Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG Ausgaben für solche Gegenstände und Dienstleistungen vom Abzug der Mehrwertsteuer auszuschließen, die zu mehr als 90 % für private Zwecke des Steuerpflichtigen oder seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke genutzt werden.
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Gilt diese Ermächtigung --entsprechend ihrem Wortlaut-- nur für die in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG (Art. 26 MwStSystRL) geregelten Fälle oder darüber hinaus in sämtlichen Fällen, in denen ein Gegenstand oder eine Dienstleistung nur teilweise unternehmerisch genutzt wird?
Tenor
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1. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
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§ 15 Abs. 1 Satz 2 des deutschen Umsatzsteuergesetzes bestimmt, dass die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt, nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt - und schließt insoweit den Vorsteuerabzug aus.
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Die Regelung beruht auf Art. 1 der Entscheidung des Rates vom 19. November 2004 (2004/817/EG), der die Bundesrepublik Deutschland ermächtigt, abweichend von Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern Ausgaben für solche Gegenstände und Dienstleistungen vom Abzug der Mehrwertsteuer auszuschließen, die zu mehr als 90 % für private Zwecke des Steuerpflichtigen oder seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke genutzt werden.
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Gilt diese Ermächtigung entsprechend ihrem Wortlaut nur für die in Art. 6 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Art. 26 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem) geregelten Fälle oder darüber hinaus in sämtlichen Fällen, in denen ein Gegenstand oder eine Dienstleistung nur teilweise unternehmerisch genutzt wird?
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2. Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgesetzt.
Tatbestand
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I. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens
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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein Landkreis – das ist eine regionale Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts, die in eigener Verantwortung alle die Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden und Ämter übersteigenden Aufgaben erfüllt.
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Dem Kläger obliegt im Rahmen der öffentlichen Gewalt u.a. als hoheitliche Aufgabe der Bau, die Unterhaltung und die Erhaltung der Verkehrssicherheit der Straßen in seinem Gebiet (§ 10 Abs. 1 Satz 1 des Brandenburgischen Straßengesetzes vom 31. März 2005, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg I 2005, 218). Diese Aufgaben erfüllte der Kläger durch einen Eigenbetrieb ohne Rechtspersönlichkeit mit der Bezeichnung "Kreisstraßenbetrieb".
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Der Kreisstraßenbetrieb war nach seiner Betriebssatzung neben der Ausübung der hoheitlichen Aufgaben zur Kapazitätsauslastung auch dazu befugt, Leistungen an Dritte zu erbringen, die in gleicher Weise von privaten Bau- oder Landschaftsgestaltungsunternehmen erbracht werden (z.B. Entasten und Fällen von Bäumen, Fräsen von Baumstümpfen, Mäharbeiten, Winterdienst sowie Kehr- und Reparaturarbeiten). Insoweit war der Kläger im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art wirtschaftlich (unternehmerisch) tätig und erbrachte steuerbare und steuerpflichtige Leistungen.
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Im Besteuerungszeitraum 2008 (Streitjahr) erwarb der Kläger verschiedene Gegenstände (Arbeitsmaschinen, Nutzfahrzeuge und Zubehörteile). Diese verwendete er im Wesentlichen für die von ihm im Rahmen der öffentlichen Gewalt als Träger der Straßenbaulast erbrachten Leistungen und zu 2,65 % für die Erbringung von steuerpflichtigen Leistungen gegenüber Dritten.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ließ die geltend gemachten Vorsteuerbeträge nicht zum Abzug zu, da die angeschafften Gegenstände nicht gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zu mindestens 10 % für das Unternehmen des Klägers genutzt worden seien. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens gewährte das FA aus anderen Gründen einen Teil des begehrten Vorsteuerabzugs. Im Übrigen blieb der Einspruch erfolglos.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 987 veröffentlicht.
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Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, die Versagung des Vorsteuerabzugs verstoße gegen Unionsrecht; denn die Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) sei durch die Entscheidung des Rates vom 19. November 2004 zur Ermächtigung Deutschlands, eine von Art. 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern abweichenden Regelung anzuwenden (2004/817/EG --Entscheidung 2004/817/EG--), nicht ermächtigt worden, den Vorsteuerabzug auch für den Fall auszuschließen, dass --wie im Streitfall-- ein Gegenstand zu mehr als 90 % für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werde, die nicht vom Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer erfasst werden, aber nicht als unternehmensfremd angesehen werden könnten. Ihm stehe daher ein anteiliger Vorsteuerabzug von 2,65 % aus den mit Vorsteuer belasteten Kosten zu. Er könne sich insoweit auf das für ihn günstigere Unionsrecht berufen.
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Die Versagung des Vorsteuerabzugs verstoße außerdem gegen den Grundsatz der Wettbewerbsneutralität. Der Ausschluss führe dazu, dass die nichtabziehbaren Vorsteuerbeträge als direkter Aufwand in die Preiskalkulation eingingen, obwohl die von ihm in Konkurrenz zu privaten Unternehmern ausgeführten Ausgangsumsätze (in vollem Umfang) besteuert würden. Damit liege ein struktureller Wettbewerbsnachteil für ihn vor.
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Der Kläger beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 2008 vom 4. Februar 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. April 2010 dahingehend zu ändern, dass der Vorsteuerabzug um ... € (2,65 % von ... €) erhöht wird,
hilfsweise, die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zur Vorabentscheidung vorzulegen.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Zur Rechtslage nach nationalem Recht
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1. Maßgebliche Vorschriften
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a) Ein --zum Vorsteuerabzug berechtigter-- Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt, wobei das Unternehmen die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers umfasst (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG). Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG).
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b) Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 des Körperschaftsteuergesetzes --KStG--) und ihrer land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig.
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c) § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG sieht vor, dass der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen kann. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug für Leistungen, die der Unternehmer verwendet für steuerfreie Umsätze (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG) oder für Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG).
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d) Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt, nicht als für das Unternehmen ausgeführt (sog. unternehmerische Mindestnutzung). Diese Vorschrift wurde mit Wirkung zum 1. April 1999 durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (BGBl I 1999, 402) in das UStG eingefügt.
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Bis zum Jahr 1992 bestand eine vergleichbare Verwaltungsregelung (zuletzt in Abschn. 192 Abs. 17 Nr. 2 der Umsatzsteuer-Richtlinien --UStR-- 1988), die jedoch im Jahr 1992 nach Ergehen des EuGH-Urteils Lennartz vom 11. Juli 1991 C-97/90 (EU:C:1991:315, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --EuZW-- 1991, 539, Rz 35) aufgegeben wurde.
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2. Rechtliche Würdigung
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Der Kläger ist nach nationalem Recht nicht zu dem von ihm geltend gemachten Vorsteuerabzug berechtigt. Denn er verwendete die von ihm angeschafften Gegenstände im Wesentlichen zur Erfüllung seiner hoheitlichen Aufgaben, d.h. nicht im Rahmen seines Unternehmens (§ 2 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG und § 4 Abs. 5 KStG), und nur zu 2,65 % im Rahmen seines Unternehmens zur Ausführung von nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbaren und mangels Steuerbefreiung auch steuerpflichtigen Leistungen. Für diesen Sachverhalt ist der Vorsteuerabzug des Klägers nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG ausgeschlossen, da der Anteil der Nutzung für das Unternehmen des Klägers weniger als 10 % beträgt.
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III. Zur Anrufung des EuGH
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Es ist aber aus den nachfolgenden Gründen fraglich, ob die Versagung des Vorsteuerabzugs gegen Unionsrecht verstößt.
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1. Maßgebliche Vorschriften des Unionsrechts
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a) Als --zum Vorsteuerabzug berechtigter-- Steuerpflichtiger gilt nach Art. 9 der im Streitjahr maßgeblichen Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL), wer eine der in Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt.
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b) Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nach Art. 13 MwStSystRL nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Umsätzen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Falls sie solche Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, gelten sie für diese Tätigkeiten oder Umsätze jedoch als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL).
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c) Nach Art. 168 Buchst. a MwStSystRL ist der Steuerpflichtige, der Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen. Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) enthielt eine entsprechende Bestimmung.
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d) Nach Art. 395 MwStSystRL kann der Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig jeden Mitgliedstaat ermächtigen, von dieser Richtlinie abweichende Sondermaßnahmen einzuführen, um die Steuererhebung zu vereinfachen oder Steuerhinterziehungen oder -umgehungen zu verhindern, wobei die Maßnahmen zur Vereinfachung der Steuererhebung den Gesamtbetrag der von dem Mitgliedstaat auf der Stufe des Endverbrauchs erhobenen Steuer nur in unerheblichem Maße beeinflussen dürfen. Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG enthielt eine entsprechende Bestimmung.
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Nach Art. 411 Abs. 1 und 2 MwStSystRL gilt ein Verweis auf Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG als Verweis auf Art. 395 Abs. 1 MwStSystRL.
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e) Auf der Grundlage von Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG traf der Rat die Entscheidung 2004/817/EG vom 19. November 2004. Diese Entscheidung wurde am 2. Dezember 2004 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABlEU) L 357/33 veröffentlicht und war bis zum 31. Dezember 2009 befristet; sie galt also auch im Streitjahr 2008.
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Art. 1 dieser Entscheidung lautet:
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"Deutschland wird ermächtigt, abweichend von Artikel 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG Ausgaben für solche Gegenstände vom Abzug der MwSt. auszuschließen, die zu mehr als 90 % für private Zwecke des Steuerpflichtigen oder seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke genutzt werden."
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Die entsprechenden Ermächtigungen in den vorangegangenen Entscheidungen vom 28. Februar 2000 (2000/186/EG, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 59/12) und vom 13. Mai 2003 (2003/354/EG, ABlEU L 123/47) und in den nachfolgenden Entscheidungen vom 20. Oktober 2009 (2009/791/EG, ABlEU L 283/55) und vom 13. November 2012 (2012/705/EU, ABlEU L 319/8) sind im Wesentlichen identisch formuliert.
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f) Eine vergleichbare Ermächtigung besteht für die Republik Österreich (Entscheidung des Rates vom 13. Dezember 2004, 2004/866/EG, ABlEU L 371/47). Von dieser Ermächtigung hat der österreichische Gesetzgeber in § 12 Abs. 2 Z 1 lit. b) des österreichischen Umsatzsteuergesetzes für von einem Unternehmer bezogene Lieferungen und --insoweit über § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG hinausgehend-- für sonstige Leistungen Gebrauch gemacht.
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2. Rechtliche Würdigung
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a) Für den Fall, dass eine bezogene Leistung --wie im Ausgangsverfahren-- bestimmten Ausgangsumsätzen zugeordnet werden kann, ist für den Vorsteuerabzug zwischen drei unterschiedlichen Verwendungszwecken (Bereichen bzw. Sphären) zu unterscheiden.
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aa) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzhofs (BFH) ist der Steuerpflichtige (Unternehmer) zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 9 MwStSystRL) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (wirtschaftliche Tätigkeiten) zu verwenden beabsichtigt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29. Januar 2014 XI R 4/12, BFHE 244, 131, BFH/NV 2014, 992, Rz 49, m.w.N.).
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Beabsichtigt der Unternehmer eine (teilweise) Verwendung für eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit, ist er insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (vgl. z.B. EuGH-Urteile Securenta vom 13. März 2008 C-437/06, EU:C:2008:166, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2008, 344, Rz 30 und 31; Vereniging Noordelijke Land- en Tuinbouw Organisatie --VNLTO-- vom 12. Februar 2009 C-515/07, EU:C:2009:88, UR 2000, 199, Rz 37; Gemeente 's-Hertogenbosch vom 10. September 2014 C-92/13, EU:C:2014:2188, UR 2014, 852, Rz 36; BFH-Urteile vom 3. März 2011 V R 23/10, BFHE 233, 274, BStBl II 2012, 74, Rz 12 und 16; vom 19. Juli 2011 XI R 21/10, BFHE 235, 14, BStBl II 2012, 434, Rz 28 und 29).
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Beabsichtigt der Unternehmer eine von ihm bezogene Leistung ausschließlich für unternehmensfremde Zwecke i.S. von Art. 26 MwStSystRL, § 3 Abs. 9a UStG zu verwenden, steht ihm kein Vorsteuerabzug zu (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 9. Dezember 2010 V R 17/10, BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53, Rz 10; in BFHE 244, 131, BFH/NV 2014, 992, Rz 53). Bei der Lieferung eines Gegenstands, den der Unternehmer sowohl für steuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeiten als auch für unternehmensfremde (private) Zwecke i.S. von Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL, § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG verwenden will, kann er allerdings den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und aufgrund dieser Unternehmenszuordnung in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt sein; er hat dann aber die unternehmensfremde Verwendung des Gegenstands zu versteuern (vgl. z.B. EuGH-Urteil Puffer vom 23. April 2009 C-460/07, EU:C:2009:254, UR 2009, 410, Rz 39; BFH-Urteil in BFHE 235, 14, BStBl II 2012, 434, Rz 30 und 31, jeweils m.w.N.).
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Ergänzend hat der EuGH im Urteil VNLTO (EU:C:2009:88, UR 2009, 199, Rz 38) entschieden, dass Tätigkeiten, die nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallen, nicht allgemein als "unternehmensfremd" i.S. des Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL betrachtet werden können.
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bb) Die Finanzverwaltung unterscheidet insoweit zwischen der gewerblichen und beruflichen Tätigkeit und den nichtunternehmerischen Tätigkeiten, welche sie weiter in die nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten im engeren Sinne und die unternehmensfremden Tätigkeiten unterteilt (Abschn. 2.3 Abs. 1a Sätze 1 und 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses --UStAE--; ebenso z.B. Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange, § 15 UStG Rz 153a).
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cc) In der Literatur werden die wirtschaftlichen Tätigkeiten (so z.B. Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 245; Lippross, Umsatzsteuer, 23. Aufl., S. 474) auch als unternehmerisch bezeichnet (vgl. z.B. Bunjes/Heidner, UStG, 13. Aufl., § 15 Rz 121; Nieskens, EU-Umsatz-Steuer-Berater --EU-UStB-- 2009, 19; Sterzinger, UR 2010, 125, 129).
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Bezüglich der nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten ist in der Literatur umstritten, ob dieser Bereich zur unternehmerischen (so z.B. Küffner/von Streit, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2012, 581, 588; mit anderer Bezeichnung: Oelmaier in Sölch/ Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 245 "nichtwirtschaftliche Tätigkeiten im Rahmen des Satzungszwecks"; Pull, Mehrwertsteuerrecht 2013, 611, 612 "nicht-wirtschaftliche unternehmenseigene Sphäre") oder zur nichtunternehmerischen Tätigkeit des Steuerpflichtigen gehört, wobei unterschiedliche Bezeichnungen verwendet werden, z.B. nichtunternehmerisch, aber nicht unternehmensfremd (vgl. z.B. Bunjes/Heidner, a.a.O., § 15 Rz 121; Korn, DStR 2009, 372, 373; Nieskens, EU-UStB 2009, 19; Sterzinger, UR 2010, 125, 129) oder nichtunternehmerisch, aber unternehmensnah (Lippross, a.a.O., S. 474).
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Die privaten Zwecke werden überwiegend als unternehmensfremd (vgl. nur Bunjes/Heidner, a.a.O., § 15 Rz 121; Sterzinger, UR 2010, 125, 129; Küffner/von Streit, DStR 2012, 581, 588; Lippross, a.a.O., S. 474) oder auch als nichtwirtschaftliche Tätigkeiten außerhalb des Satzungszwecks (Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 Rz 245) bezeichnet.
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b) Nach diesen Grundsätzen ist der Vorsteuerabzug (zwingend) ausgeschlossen, soweit der Kläger die von ihm im Streitfall angeschafften Gegenstände --zu 97,35 %-- für seine hoheitlichen Aufgaben verwendete.
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Denn diese von ihm als sonstige Einrichtung des öffentlichen Rechts i.S. von Art. 13 Abs. 1 MwStSystRL im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausgeübten hoheitlichen Tätigkeiten als Träger der Straßenbaulast stellen nicht von der Mehrwertsteuer erfasste nichtwirtschaftliche Tätigkeiten dar (vgl. EuGH-Urteil Gemeente 's-Hertogenbosch, EU:C:2014:2188, UR 2014, 852, Rz 25).
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c) Im Übrigen verwendete der Kläger die angeschafften Gegenstände --zu 2,65 %-- direkt und unmittelbar für Zwecke seiner besteuerten Umsätze. Insoweit steht ihm nach Art. 168 Buchst. a MwStSystRL (grundsätzlich) ein Vorsteuerabzugsrecht zu.
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aa) Das in den Art. 167 ff. MwStSystRL geregelte Recht auf Vorsteuerabzug ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH integraler Bestandteil des Mehrwertsteuersystems und kann grundsätzlich nicht eingeschränkt werden (vgl. z.B. EuGH-Urteile BP Soupergaz vom 6. Juli 1995 C-62/93, EU:C:1995:223, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1995, 606, Rz 18; Kittel und Recolta Recycling vom 6. Juli 2006 C-439/04 und C-440/04, EU:C:2006:446, UR 2006, 594, Rz 47; Mahagében und Dávid vom 21. Juni 2012 C-80/11 und C-142/11, EU:C:2012:373, UR 2012, 591, Rz 38; Macikowski vom 26. März 2015 C-499/13, EU:C:2015:201, UR 2015, 354, Rz 55, m.w.N.).
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Durch die Abzugsregelung soll der Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden (vgl. z.B. EuGH-Urteile Gabalfrisa u.a. vom 21. März 2000 C-110/98 bis C-147/98, EU:C:2000:145, UR 2000, 209, Rz 44; Halifax u.a. vom 21. Februar 2006 C-255/02, EU:C:2006:121, UR 2006, 232, Rz 78; Tóth vom 6. September 2012 C-324/11, EU:C:2012:549, UR 2012, 851, Rz 25; Idexx Laboratories Italia vom 11. Dezember 2014 C-590/13, EU:C:2014:2429, UR 2015, 70, Rz 32).
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bb) Steuerpflichtige können sich gegenüber einer mit Art. 168 Buchst. a MwStSystRL unvereinbaren nationalen Regelung bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen unmittelbar auf das günstigere Unionsrecht berufen (vgl. zu Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG z.B. EuGH-Urteile BP Soupergaz, EU:C:1995:223, HFR 1995, 606, Rz 35, und PARAT Automotive Cabrio vom 23. April 2009 C-74/08, EU:C:2009:261, UR 2009, 452, Rz 36).
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cc) Ein Ausschluss des Vorsteuerabzugs ergibt sich nicht aus Art. 173 Abs. 2 Buchst. e MwStSystRL.
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Nach dieser Bestimmung können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Betrag der Mehrwertsteuer, der vom Steuerpflichtigen nicht abgezogen werden kann, nicht berücksichtigt wird, wenn er geringfügig ist. Das Ausgangsverfahren betrifft jedoch den umgekehrten Fall, dass eine Leistung nur zu einem geringen Teil für besteuerte Umsätze verwendet wird. Diesbezüglich enthält die Bestimmung keine Regelung.
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3. Zur Vorlagefrage
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Die Vorlagefrage betrifft die Auslegung der Entscheidung 2004/817/EG. Deutschland könnte durch Art. 1 der Entscheidung 2004/817/EG zur Versagung des Vorsteuerabzugs (auch) in Fällen der vorliegenden Art ermächtigt sein.
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a) Soweit § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG den Vorsteuerabzug ausschließt, weicht er von Art. 168 Buchst. a MwStSystRL ab.
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Denn das Recht auf Vorsteuerabzug nach dieser Vorschrift besteht für den Steuerpflichtigen uneingeschränkt, "wie gering auch immer der Anteil der Verwendung für unternehmerische Zwecke sein mag. Eine Vorschrift oder eine Verwaltungspraxis, die das Recht auf Vorsteuerabzug im Falle einer begrenzten, gleichwohl aber tatsächlichen unternehmerischen Verwendung allgemein einschränkt, stellt eine Abweichung von Artikel 17 der Sechsten Richtlinie dar und ist nur gültig, wenn sie den Anforderungen des Artikels 27 Absatz 1 oder des Artikels 27 Absatz 5 der Sechsten Richtlinie genügt" (vgl. EuGH-Urteil Lennartz, EU:C:1991:315, EuZW 1991, 539, Rz 35).
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b) Die Entscheidung 2004/817/EG beruht auf Art. 27 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG. Der Senat hat Zweifel daran, ob Art. 1 der Entscheidung 2004/817/EG nicht nur --entsprechend dem Wortlaut dieser Bestimmung-- dann zum Vorsteuerausschluss ermächtigt, wenn ein Gegenstand für private Zwecke des Steuerpflichtigen oder seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke genutzt wird, sondern auch in den Fällen gilt, in denen ein Gegenstand --wie im Ausgangsverfahren-- zu mehr als 90 % für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten, die nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallen, verwendet wird.
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aa) Diese aus dem Wortlaut von Art. 1 der Entscheidung 2004/817/EG folgenden Zweifel werden durch die Entstehungsgeschichte dieser Ermächtigung verstärkt.
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Das angestrebte Ziel dieser Ausnahmeregelung ist in den Nrn. 3 und 4 der Begründung des von der Kommission am 13. Dezember 1999 vorgelegten Vorschlags für eine Entscheidung des Rates zur Ermächtigung der Bundesrepublik Deutschland, von den Artikeln 6 und 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern abweichende Regelungen anzuwenden (KOM (1999) 690 endgültig, www.eur-lex.eu), wie folgt wiedergegeben:
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"3. Die erste Ausnahmeregelung zielt darauf ab, den Abzug der Mehrwertsteuer auf Ausgaben im Zusammenhang mit Gegenständen und Dienstleistungen, die zu weniger als 10 % für Zwecke des Unternehmens verwendet werden, vollkommen auszuschließen.
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4. Gemäß Artikel 27 können von der Sechsten MwSt-Richtlinie abweichende Sonderregelungen eingeführt werden, um die Steuererhebung zu vereinfachen oder Steuerhinterziehungen oder -umgehungen zu verhüten. Auf der Grundlage dieser Bestimmung ist eine Regelung, die einen unbesteuerten Verbrauch verhindern soll, gerechtfertigt, da sie die Anwendung der Steuer insofern vereinfacht, als sie die Verwaltung von der erforderlichen Kontrolle der Ausübung des Rechts auf Abzug der Mehrwertsteuer auf Ausgaben im Zusammenhang mit Gegenständen und Dienstleistungen entlastet, die zu mehr als 90 % für unternehmensfremde Zwecke verwendet werden."
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Entsprechende Formulierungen werden in den nachfolgenden Vorschlägen verwendet (Abs. 3 der Begründung zum Vorschlag vom 14. März 2003, KOM (2003) 116 endgültig; Abs. 3 der Begründung zum Vorschlag vom 2. September 2004, KOM (2004) 579 endgültig, verfügbar über www.eur-lex.eu). Auch wenn die deutschen Sprachfassungen unterschiedlich formuliert sind, so ergibt sich aus dem Vergleich mit den französischen und englischen Fassungen ("dont l’utilisation pour les besoins de l’entreprise est de moins de/inférieure à 10% de l’utilisation totale" bzw. "when less than 10% of those goods and services are used for business purposes"), dass in allen Fällen die Ermächtigung zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs für Gegenstände und Dienstleistungen begehrt wurde, die zu weniger als 10 % für Zwecke des Unternehmens verwendet werden.
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bb) In Art. 1 der Entscheidung 2004/817/EG wird die Ermächtigung dagegen wie folgt formuliert:
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"Deutschland wird ermächtigt, abweichend von Artikel 17 Absatz 2 der Richtlinie 77/388/EWG Ausgaben für solche Gegenstände und Dienstleistungen vom Abzug der MwSt. auszuschließen, die zu mehr als 90 % für private Zwecke des Steuerpflichtigen oder seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke genutzt werden."
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Diese Formulierung entspricht inhaltlich der zum Zeitpunkt ihres Ergehens im Jahr 2004 geltenden Bestimmung in Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG (seit dem 1. Januar 2007 in Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL), wonach einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt wird "die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke". Das gleiche gilt jeweils für die englische und französische Fassung.
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cc) Diese Formulierung in Art. 1 der Entscheidung 2004/817/EG steht im Einklang mit dem Anlass, aus dem der deutsche Gesetzgeber die Ermächtigung zu § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG eingeholt hat.
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Die Einführung der Bestimmung in § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG begründete der Gesetzgeber wie folgt (BTDrucks 14/443, S. 38, zu Nr. 11 Buchst. a):
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"Beim Erwerb eines Fahrzeugs, das nur ganz geringfügig für unternehmerische Zwecke genutzt wird, tritt zwar der 50%ige Vorsteuerausschluß ein, zugleich entfällt aber die Besteuerung der Privatnutzung. Daraus entsteht ein unangemessener Steuervorteil, der durch Einführung einer 10%igen unternehmerischen Mindestnutzung deutlich abgemildert werden soll. Die Mindestnutzung von 10 v.H. soll nicht nur für Kraftfahrzeuge, sondern für alle Gegenstände gelten."
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Zur Umsetzung dieser Bestimmung beantragte die Bundesregierung die Erteilung einer Ermächtigung zur Anwendung abweichender Regelungen.
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c) Nach der in Deutschland im Jahr 2004, in dem die bezeichnete Ermächtigung beantragt und erteilt worden ist, und auch noch im Streitjahr 2008 herrschenden Rechtsauffassung wurden für den Vorsteuerabzug (lediglich) zwei unterschiedliche Verwendungszwecke (Bereiche bzw. Sphären) einer von einem Unternehmer bezogenen Leistung unterschieden: Eine Nutzung für Zwecke des Unternehmens, d.h. für die selbständig ausgeübte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 Sätze 1 und 3 UStG) und eine Verwendung für nichtunternehmerische Zwecke, wobei Letzteres sowohl die nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten als auch die "unternehmensfremden Zwecke" i.S. von Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL umfasste (vgl. z.B. Abschn. 212 Abs. 3 Nr. 2 UStR 2008; ebenso die Stellungnahme Deutschlands in der Rechtssache VNLTO, wiedergegeben in Rz 22 der Urteilsgründe EU:C:2009:88, UR 2009, 199; Klenk in Sölch/ Ringleb, Umsatzsteuer, 60. Aufl. 2008, § 3 Rz 621; Küffner/ Zugmaier, DStR 2005, 280, 282; Lange, Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft 32 (2009), S. 303, 310; Korn, DStR 2009, 372; Sterzinger, UR 2010, 125, 129; Klenk, UR 2012, 663, 666; Radeisen, Betriebs-Berater --BB-- 2013, 151).
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Dieselbe Auffassung wurde auch in Österreich (vgl. z.B. Korn, Österreichische Steuerzeitung 2009, 262) und --wie die Vorlage im Fall VNLTO zeigt-- in den Niederlanden vertreten (EuGH-Urteil VNLTO, EU:C:2009:88, UR 2009, 199, Rz 26).
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aa) Das FA und ihm folgend das FG legen dementsprechend die Ermächtigung in Art. 1 der Entscheidung 2004/817/EG dahingehend aus, dass sie auch eine von der MwStSystRL abweichende Regelung umfasst, die den Vorsteuerabzug bei einer Verwendung von mehr als 90 % für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten vollständig ausschließt (ebenso Lohse, Internationales Steuerrecht 2009, 486, 488; Abschn. 15.2c Abs. 1 Satz 3 UStAE; Birkenfeld in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 170 Rz 152; Hundt-Eßwein in Offerhaus/Söhn/Lange, § 15 UStG Rz 153a; Sterzinger, UR 2012, 213, 220).
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Legt man die Ermächtigung in Art. 1 der Entscheidung 2004/817/EG in diesem Sinne aus, wäre die Revision des Klägers als unbegründet zurückzuweisen.
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bb) Andererseits wird aufgrund des EuGH-Urteils VNLTO (EU:C:2009:88, UR 2009, 199) vertreten, dass der dort verwendete Begriff des Unternehmens --im Gegensatz zur früheren herrschenden Auffassung-- sowohl die wirtschaftlichen Tätigkeiten als auch die nichtwirtschaftlichen, aber nicht unternehmensfremden Tätigkeiten umfasst (vgl. z.B. Sterzinger, UR 2010, 125, 131; Küffner/von Streit, DStR 2012, 581, 588; Ehrke-Rabel/von Streit, UR 2015, 249, 253). Daher sei die Ermächtigung in Art. 1 der Entscheidung 2004/817/EG dahingehend auszulegen, dass sie den --von den Vorschriften der MwStSystRL abweichenden-- Ausschluss des Vorsteuerabzugs nur in den Fällen zulasse, in denen der angeschaffte Gegenstand zu mehr als 90 % für die in Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL abschließend aufgeführten unternehmensfremden Zwecke verwendet wird. Die in § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG vorgesehene Regelung sei daher nicht von der Ermächtigung gedeckt, soweit der Vorsteuerabzug auch bei nichtwirtschaftlicher Verwendung von mehr als 90 % ausgeschlossen werde (vgl. z.B. Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 15 Rz 865; von Streit, Umsatzsteuer-Berater 2012, 197, 202; Küffner/von Streit, DStR 2012, 636, 638; Baldauf, Deutsche Steuer-Zeitung 2013, 516, 520; Pull, Die Sphärentheorie im Mehrwertsteuerrecht, Diss. 2014, S. 101; Wagner/Kurzenberger, BB 2014, 1111, 1112).
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Für diese Auffassung spricht --neben der dargelegten Entstehungsgeschichte der Ermächtigung-- die Ähnlichkeit der Formulierungen in Art. 1 der Entscheidung 2004/817/EG und Art. 26 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL. Dass bereits vor Ergehen des EuGH-Urteils VNLTO (EU:C:2009:88, UR 2009, 199) zwischen nichtwirtschaftlicher Tätigkeit und der Nutzung für unternehmensfremde Zwecke i.S. von Art. 26 MwStSystRL unterschieden wurde, zeigt z.B. der Bericht der Kommission an den Rat vom 22. Dezember 1992 bezüglich einer ähnlichen Ermächtigung Frankreichs (vgl. KOM (1992), 591 endgültig, S. 6 unter IV.3.).
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Legt man die Ermächtigung in Art. 1 der Entscheidung 2004/817/EG in diesem Sinne aus, wäre ein anteiliger Vorsteuerabzug zu gewähren.
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IV. Rechtsgrundlage für die Anrufung des EuGH ist Art. 267 Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union.
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V. Das Revisionsverfahren wird bis zu einer Entscheidung des EuGH ausgesetzt (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 74 der Finanzgerichtsordnung).
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