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BFH 24.07.2014 - III B 28/13
BFH 24.07.2014 - III B 28/13 - Keine Zusammenveranlagung für verschiedengeschlechtliche Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft - Übertragung des Kinderfreibetrages auf einen Elternteil
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 26 EStG 2009, § 26b EStG 2009, § 32 Abs 6 EStG 2009, Art 3 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 GG, EStG VZ 2009
Vorinstanz
vorgehend FG München, 23. Januar 2013, Az: 9 K 3419/11, Urteil
Leitsatz
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NV: Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass zusammenlebende verschiedengeschlechtliche Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit einem gemeinsamen (minderjährigen) Kind keine Zusammenveranlagung wählen können.
Gründe
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Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Der vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) liegt teils nicht vor, teils entspricht die Rüge nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
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Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. Januar 2013 X B 84/12, BFH/NV 2013, 771). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung erforderlich machen (z.B. Senatsbeschluss vom 14. Juni 2013 III B 119/12, BFH/NV 2013, 1417). Macht ein Beschwerdeführer mit der Nichtzulassungsbeschwerde verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine gesetzliche Regelung geltend, so ist darüber hinaus eine substantiierte, an den Vorgaben des Grundgesetzes (GG) und der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des BFH orientierte Auseinandersetzung mit der Problematik erforderlich (Senatsbeschluss in BFH/NV 2013, 1417).
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a) Die vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam angesehene Rechtsfrage, ob es gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, dass die Zusammenveranlagung (der Splittingtarif) für verschiedengeschlechtliche Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft ausgeschlossen sei, selbst wenn sie in dem Veranlagungszeitraum gemeinsam wirtschafteten und der eine dem anderen nach § 1615l des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zum Unterhalt verpflichtet sei, ist nicht klärungsbedürftig; diese Rechtsfrage ist höchstrichterlich geklärt.
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aa) Nach der Rechtsprechung des Senats verstößt es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass zusammenlebende verschiedengeschlechtliche Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft keine Zusammenveranlagung wählen können (Senatsurteil vom 27. Oktober 1989 III R 205/82, BFHE 158, 431, BStBl II 1990, 294; Senatsbeschluss vom 21. März 2012 III B 52/11, BFH/NV 2012, 1125). Das Splittingverfahren baut auf dem die Ehe bestimmenden zivilrechtlichen Grundgedanken auf, nach dem die Ehe eine gesetzlich verfasste Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs ist. Die eheähnliche Lebensgemeinschaft ist keine derartige Gemeinschaft.
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bb) Die vom Kläger vorgebrachten Gesichtspunkte begründen keinen erneuten Klärungsbedarf.
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Eine erneute Überprüfung der Rechtsfrage ist nicht deshalb angezeigt, weil --wie der Kläger behauptet-- die genannten Entscheidungen des Senats zur Rechtslage vor Geltung des § 1615l BGB ergangen seien. Insoweit ist klarzustellen, dass diese --letztmals mit Wirkung zum 1. Januar 2008 durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 (BGBl I 2007, 3189) geänderte-- Vorschrift bereits durch das Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder vom 19. August 1969 (BGBl I 1969, 1243) in das BGB eingefügt worden ist. Abgesehen davon begründet § 1615l BGB allein einen zwischen den Eltern eines nichtehelichen Kindes bestehenden Unterhaltsanspruch, nicht eine der Ehe vergleichbare Gemeinschaft des Verbrauchs und Erwerbs. Die Ehe ist insbesondere durch die wechselseitige Verpflichtungsbefugnis bei Geschäften zur Deckung des Lebensbedarfs (§ 1357 BGB), die Eigentumsvermutung zugunsten der Gläubiger des anderen Partners (§ 1362 BGB), die eingeschränkte Verfügungsberechtigung über eigenes Vermögen (§§ 1365 bis 1369 BGB) sowie die Regelungen über den Zugewinnausgleich (§§ 1371 bis 1390 BGB) und den Versorgungsausgleich (§ 1587 BGB i.V.m. den Vorschriften des Versorgungsausgleichsgesetzes) geprägt. Für die eheähnliche Lebensgemeinschaft fehlen solche Vorschriften. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, wonach die genannten Vorschriften über die Ehe abdingbar seien. Entscheidend bleibt, dass der Splittingtarif an die Ehe als eine --wenn auch in Teilbereichen dispositive-- gesetzlich verfasste Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs anknüpft.
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Ein erneuter Klärungsbedarf ergibt sich auch nicht aus dem BVerfG-Beschluss vom 21. Juli 2010 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 (BVerfGE 126, 400), der die verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Ehegatten und den Partnern einer gleichgeschlechtlichen eingetragenen Lebenspartnerschaft im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz betrifft. Das BVerfG hat zwar mit weiterem Beschluss vom 7. Mai 2013 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07 (BVerfGE 133, 377) entschieden, dass auch die Versagung der Zusammenveranlagung für Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Für das BVerfG war hierfür aber ausschlaggebend, dass das Lebenspartnerschaftsgesetz die eingetragene Lebenspartnerschaft zu einer Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs ausgestaltet hat, die mit der Ehe vergleichbar ist (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 133, 377, Rz 95). Für die eheähnliche Lebensgemeinschaft trifft dies, wie bereits dargelegt, gerade nicht zu.
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Im Übrigen resultiert eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung --entgegen der Ansicht des Klägers-- auch nicht daraus, dass kinderlose Ehegatten anders als Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft die Zusammenveranlagung wählen können. Nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) in der für den Streitzeitraum maßgeblichen Fassung setzt die Gewährung des Splittingtarifs eine Ehe voraus (§ 26 Abs. 1 Satz 1 EStG; vgl. jetzt auch § 2 Abs. 8 EStG n.F. betreffend die eingetragene Lebenspartnerschaft). Unbeachtlich ist demgegenüber das Vorhandensein von Kindern. Dem entspricht auch die Systematik des EStG. Der kindbedingte Mehrbedarf der Eltern wird nicht durch den Splittingvorteil ausgeglichen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 10. November 1998 2 BvR 1057/91, 2 BvR 1226/91, 2 BvR 980/91, BVerfGE 99, 216), sondern durch eigene Vorschriften im EStG (vgl. §§ 32, 33a EStG) berücksichtigt.
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b) Soweit der Kläger die Rechtsfrage als grundsätzlich bedeutsam erachtet, ob es gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG verstoße, dass die von seiner Lebensgefährtin ungenutzten Freibeträge i.S. des § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG (Kinderfreibetrag sowie Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf --BEA-Freibetrag--) nicht auf ihn übertragbar seien, fehlt es an schlüssigen Darlegungen, die einen erneuten Klärungsbedarf rechtfertigen.
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aa) Der Kläger trägt vor, dass sich bei zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten die Freibeträge i.S. des § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG "verdoppeln" würden (vgl. § 32 Abs. 6 Satz 2 EStG), während in den übrigen Fällen die Übertragung dieser Freibeträge von einem auf den anderen Elternteil nur unter weiteren Voraussetzungen möglich sei (§ 32 Abs. 6 Satz 6 EStG).
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Der BFH hat hinsichtlich des Kinderfreibetrags entschieden, dass die fehlende Möglichkeit für nicht zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eltern, den (halben) Kinderfreibetrag einvernehmlich auf einen Elternteil zu übertragen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (BFH-Urteil vom 26. Februar 2002 VIII R 90/98, BFH/NV 2002, 1137; vgl. auch Senatsbeschluss vom 15. Oktober 2007 III B 188/06, juris). Lebens- und Erziehungsgemeinschaften, die keine gesetzlich verfasste Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs sind, haben keinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gleichbehandlung mit zusammenveranlagten Ehegatten, auch nicht hinsichtlich der steuerlichen Entlastung wegen eines unterhaltberechtigten Kindes. Den verfassungsrechtlichen Vorgaben ist genügt, wenn sichergestellt ist, dass jeder Elternteil im Rahmen seiner Veranlagung zur Einkommensteuer die ihm unter Berücksichtigung der Höhe seines Einkommens verfassungsrechtlich zustehende Entlastung wegen des für sein Kind geleisteten Unterhalts erhält (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 1137 zu geschiedenen Ehegatten). Daneben hat der beschließende Senat entschieden, dass die Regelung zur Übertragung des BEA-Freibetrags nicht gegen das Grundgesetz verstößt (Senatsurteil vom 27. Oktober 2011 III R 42/07, BFHE 236, 10, BStBl II 2013, 194).
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bb) Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, welche neuen gewichtigen Gesichtspunkte aufgetreten sind, die eine erneute Prüfung dieser Rechtsprechung erforderlich machen.
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Der Kläger führt zwar unter Verweis auf den Senatsbeschluss vom 15. Oktober 2007 III B 188/06 (juris) aus, dass diese Entscheidung nicht die Situation zusammenlebender Eltern betreffe, für die § 1615l BGB gelte. Es erschließt sich aber nicht, weshalb § 1615l BGB --eine Vorschrift, die eine Unterhaltsver-pflichtung des Klägers gegenüber seiner Lebensgefährtin regelt-- den Betrag beeinflussen soll, der beim Kläger von Verfassung wegen infolge geleisteten Kindesunterhalts freizustellen ist.
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Schließlich hat der Kläger nicht substantiiert aufgezeigt, dass es verfassungsrechtlich verboten ist, andere "Familienformen" gegenüber zusammenveranlagten Ehegatten zu benachteiligen. Der Kläger behauptet zwar, dass sich ein derartiges Gleichbehandlungsgebot aus dem BVerfG-Beschluss in BVerfGE 99, 216 ableiten ließe und das Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 GG eine Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen könne. Es entspricht aber ständiger Rechtsprechung des BVerfG, dass die in Art. 6 Abs. 1 GG getroffene Wertentscheidung, wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen, ein sachlicher Differenzierungsgrund ist, der eine Besserstellung der Ehe gegenüber weniger verbindlichen Paarbeziehungen rechtfertigen kann (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 126, 400, Rz 90, m.w.N.; in BVerfGE 133, 377, Rz 83, m.w.N.). Dass die eheähnliche Lebensgemeinschaft eine solche weniger verbindliche Paarbeziehung ist, steht außer Frage.
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2. Ebenso ist die Revision nicht wegen der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen.
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Dieser Zulassungsgrund stellt einen Spezialfall der grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO dar und setzt daher ebenfalls die Darlegung und das Vorliegen einer klärungsbedürftigen und klärbaren Rechtsfrage voraus (Senatsbeschluss vom 30. Januar 2012 III B 153/11, BFH/NV 2012, 705, m.w.N.). Hieran fehlt es (dazu oben 1.).
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3. Von der Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 2 FGO.
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